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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends, Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inserat« bis vormittag z» Uhr. Inserate werden mit zo Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 154. Freitag, den 25. Dezember 1903. 2. Jahrgang. Weihnachten. Nun stimmet an das Weihnachtslied, Laßt tönen alle Weisen, Mit dankbar kindlichem Gemüt Den Herrn der Welt zu preisen. Laßt klingen hell den frommen Lang, Der einst vor langen Jahren So tief uns in die Leele drang, Als wir noch Rinder waren. Zum Tische tretet rings heran, Der voller Gaben pranget, Und hebt die lieben Lieder an, Die ihr so oft schon sänget, Von stiller Nacht, von heil'ger Nacht Und von dem Ltern, dem Hellen, Der sich in seiner ganzen Pracht Tat über Bethlehem stellen. Und auch vom deutschen Tannenbaum Mögt ihr das Lied heut singen, Das euch der Kindheit sel'gen Traum Loll in Lrinn'rung bringen. Ihr wißt: Nicht nur zur Sommerszeit Grünt er; gleich deutscher Treue Im Winter auch, wenn's friert und schneit! Hebt an das Lied aufs neue. Es höret, der die Welten lenkt 2o gern die alten Lieder, Gr hat euch heute reich beschenkt, Beschenkt euch immer wieder. Lr gab gar seinen eig'nen Lohn, Die Menschheit zu beglücken! Wollt' drum in reinem Herzenston Ihm euren Dank ausdrücken. Das Weihnachtslied, ein Dankgebet Lei's für die guten Gaben, Die wir, so lang' die Welt besteht, Vom Herrn empfangen haben. — Lo stimmet an das Weihnachtslied In frohen Iubelchören, Um Ihn, der Gutes nur beschied, Zu preisen und zu ehren. OerMches und Sächsisches. GttenLorf-Gkrilla, L^. Dezember 1903. Der heutigen Nummer liegt der Gratis-Wandkalender für das Jahr 1904 bei. Des WeihnachtöfesteS wegen erscheint die nächste Nummer Dienstag, cken Ly. Derember zur gewöhnlichen Zeit. — Sonntag nachmittags 5 Uhr findet die öffentliche Christbescherung des Frauenvereins im Gasthof zum Hirsch in Groß-Okrilla statt. — Aus den Sitzungen des Gemeinderates Oltendorf-Moritzdvrf: In der am 13. Oktober dieses Jahres unter Vorsitz des Herrn Ge meindevorstandes Lincke abgehaltenen Gemeinde ratssitzung wurd. beschlossen, die freigewordene Freibankverkäuferstelle ouszuschreiben. Mit der in Vorschlag gebrachten Durchführung der Straßenbeleuchtung erklärt sich das Kollegium einverstanden, nur sollen zwei Laternen weniger ausgestellt werden. Ferner wurde Beschluß über die bei der bevorstehenden Verhandlung über die Vereinigung der Gemeinde Großokrilla mit der hiesigen zu stellenden Bedingungen gefußt. Erste öffentliche Sitzung am 5. Novbr. dieses Jahres. Von den Mitteilungen des Vorsitzenden, betr. a) Ausleihung von Hypotheken an drei hiesige Grundstücksbesitzer aus hiesiger Sparkasse, b) Errichtung von Sp irmarkenver- kaufc-ste. en un hüsigen Orte und in den Nachbargemeinden, v) Bewilligung von 400 Mark Wegebanbeihilfe für 1903 aus Bezirks- Mitteln der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden-N, ä- Uebcrtragung der Schankbesug- niS auf Herrn H. Hausdorf, s) Errichtung einer Probeanlage zur Gewinnung von Spiritus aus Fäkalien auf Hermsdorfer Flur, k) Steuer sache nicht exemter Grundstücke, z) Verhand lungsergebnis in Sachen der Vereinigung der Gemeinde Großokrllla wird Kenntnis genommen. Ferner beschließt das Kollegium die zur Vor lage gelangten Gemeinde-, Armen- und Feuer löschkaffenrechnungen dem Finanz- und Ver- fassungsausschuffe zur Prüfung zu übergeben und die ebenfalls vorliegende, geprüfte und für richtig befundene Sparkaffenrechnung für 1902 richtig zu sprechen und den Reingewinn auf Einrichtungsunkosten abzuschreiben. — Ein vor liegendes Gewächshausbaugesuch des Gärtnerei befitzers H. Rauh wird bedingungsweise befür wortet. — Mit der Erweiterung des Bezirks bezüglich Ausschließung säumiger Abgaben- pflichnger vom Schankstättenbesuch usw. auf die Nachbarorte Großokrilla und Cunnersdorf erklärt sich der Gemeinderat einverstanden. — Das Gesuch des Vrauereibcsitzers Wäntig in Medingen, um Uebertragung der Schankbefugnis für das vnn ihm käuflich erworbene Restaurant „Füedrich-Wilhelms-Bad" wird einstimmig nach Anerkennung der Bedürfnisfrage befürwortet. — Der Rückgabe der von Herren Rießner und Haase hinterlegten Baukaution wird nach Er füllung der Baubedingungen zugestimmt. — Als Laternenwärter wird der Mitbewerber, Stellmacher Gustav Tamme gewählt, während die Petroleumlieferung zur Straßenbeleuchtung dem Mindestfordernden Herrn Robert Gneuß übertragen wird- — Die Sätze für Verwertung von Sckllachttieren auf hiesiger Freibank werden dahin abgeändert, daß in Zukunft für Ver- pfundung und Reinigung der Freibank 3 bis 5 Mark für ein Rind, 1,50 bis 3 Mack für ein Schwein und andere Schlachttiere, für Be nutzung der Freibank 2 bis 2,50 Mark in Anrechnung gebracht werden. Die zu besetzende Freibankverkauföstelle wird dem Bewerber Btskop übertragen. — An Stelle des freiwillig zurückwetenden Trichinenschauers Findeisen wird der Trichinen- und Fleischbeschauer Ernst Küttner gewählt. — Mit der Ausschließung einer Anzahl erfolglos gepfändeter Steuer- restanten erklärt sich das Kollegium einver- stanven. — Lie Besch.ußsaffung in Sachen der Herstellung eines erhöhten Fußweges entlang der Radeburger Straße wird veralt. — Zwei vorliegende Armensachen werden vorschlags gemäß erledigt. Schluß der Sitzung ^11 Uhr- — Der zur Förderung des Feuerlöschwesens bestimmte Feuerwehrfonds befindet sich in einer recht kritischen Lage. Während bei ihm in früheren Jahren Ersparniffe erzielt werden k nnten, mußte er seit etwa fünf Jahren trotz äußerster Beschränkung in den Unterstützungen oen feststehenden Betrag von jährlich 30000 Mk. überschreiten und zwar wurden verausgabt 1898: 32786 Mk., 1899: 38201 Mk., 1900: 47039 Mk., 1901: 49526 Mk. und 1902: 50878 Mk. Die Ueberschreitungen wurden immer aus den erwähnten Ersparniffe» früherer Jahre gedeckt. Auch dieses Jahr wird sich nach Aufbrauchung der Ersparniffe ein ganz wesent licher Fehlbetrag ergeben und ein großer Teil der in Aussicht gestellten Beihilfen auf das kommende Jahr verwiesen w.rden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das sächsische Zeuerwehrwesen dank der fortgesetzten Förder ung durch die Behörden und der emsigen, zietbewußten Tätigkeit des Landesverbandes sächsischer Feuerwehren sich immer mehr aus dehnt und jedes Jahr besser organisiert wird zum Dienste für die Allgemeinheit. Angesichts dieser Tatsachen beabsichtigt das Königliche Ministerium des Innern vom Jahre 1904 ab eine Ei Höhung des Feuerwehlfonds von 30000 Mack auf 50 000 Mark eintreien zu lassen, eine Tatsache, die in Feuerwehrkreisen mit großer Befriedigung begrüßt werden wird- — Am 1. Januar 1904 treten bekanntlich die neuen Bestimmungen über das Kranken- kaffen-Wesen in Geltung, durch welche u. a. alle kaufmännischen Angestellten (mit einem Jahreseinkommen bis zu 2000 Mark) dem Versicherungszwange unterworfen werden, und die Dauer der Kranken-Unterstützung und Be handlung auf das Doppelte der bisherigen Fust — von 13 auf 26 Wochen — erhöht wird. Diese Neuerungen rufen nach zwei Seiten hin bedeutsame Folgen hervor: Sie erhöhen die Verpflichtungen der Krankenkaffen, machen also eine Steigerung der Beiträge überall unabweisbar, wo nicht ganz besonders günstige Verhältnisse herrschten, und sie legen auch den Aerzten eine erhöhte Arbeit auf, für welche diese natürlich eine Entschädigung bean spruchen können. Und hieraus entsteht eine weitere Notwendigkeit, eine Erhöhung der Kaffen beiträgs in Betracht zu ziehen. In sehr vielen Städten finden zur Zeit Verhandlungen darüber statt, wie die Neuregelung im neuen Jahre erfolgen soll, und es erscheint nicht immer leicht, einen befriedigenden Ausweg zu finden. Da die lokalen Verhältnisse sehr verschieden sind, bei einer starken industriellen Bevölkerung die Unkosten naturgemäß viel höher sind, weil sich mehr Krankheitsfälle finden, als im kleinge werblichen Betrieb, so ist eine allgemein gleich mäßige Behandlung unmöglich. Selbstverständ lich werden die Mitglieder der Krankenkassen stets so viel wie möglich darauf hinarbsiten, die neuen Lasten nicht zu hoch anschwellen zu lassen, aber es wird auch nicht ohne Entgegen kommen nach allen Seiten hin abgehen. — Größere Truppenübungen im Vogtlands sollen für das nächste Jahr in Aussicht ge nommen sein. Zu diesem Zwecke sind taktische Uebungsreisen unternommen morden. Dresden. Montag abend nach 10 Uhr entstand in der Niederlage eines Warenbazars, im Erdgeschoß des Hintergebäudes Wilsdruffer Straße 43 in Vorstadt Löbtau durch eine um gefallene brennende Petroleumlampe ein Brand, durch den ganz bedeutender Schaden an Waren, Ä bäudeteilen, der Lagereinrichtung und ver schiedenem anderen angerichtet wurde. Der Geschäftsinhaber beziffert seinen Schaden aus etwa 3000 Mark, hat aber versichert. Die herbeigerufene Berufsfeuerwehr mußte eine Schlauchleitung vom Straßenfeuerhahn in Be trieb bringen, mit deren Hilfe sie die Gefahr bald beseitigen und eine Weiterverbreitung des Feucrs verhindern konnte. Zur Beruhigung der Bewohner des zweiten Obergeschosses wurde, da das Treppenhaus vollständig verqualmt war, die große Schiebeleiter aufgestellt, aber nicht benutzt. Die umfänglichen Abräumungsarbeiten beschäftigten die Löschmannschaften bis nachts in die erste Stunde. Die in dem Raums bei Ausbruch des Brandes beschäftigte Verkäuferin kam glücklicherweise mit dem bloßen Schreck davon. Nur deren Kleider und das Kopfhaar rvaren angescngt- — Die Ehe des prinzlich schönburgischen Ehepaares ist gestern geschieden worden. Meißen. Das Befinden des Fabrik wächters Bienert hierselbst, des Vaters der sechs vergifteten Kinder, ist ein zufriedenstellen des und soweit gediehen, daß er das Kranken lager wieder verlaffen kann. Als ihm die Mitteilung von dcm unseligen Ausgange des Dramas gemacht wurde, zeigte er sich tief erschüttert. Im übrigen ist sein Benehmen kein aufgeregtes, sondern im Gegenteil ein sehr harmloses. Döbeln. Am Dienstag vormittag ist in Döbeln bei der Ausfahrt eines Güterzuges nach Leipzig zu der drittletzte Wagen entgleist. Der letzte Bremser hat dies zuerst bemerkt und den Zug zum Halten gebracht. Betriebsstörungen und Verlust an Menschenleben sind zum Glück nicht vorglkommen. Leipzig. Vor einiger Zeit stürzte das 8jährige Kind einer rumänischen Famile, die nach Amerika auswanderte, auf der Eisenbahn fahrt aus einem Waggon auf die Gleise und zog sich mehrere Knochenbrüche zu. Da die Leute keinen Bescheid mit der Notleine wußten, mußte das Kind solange auf den Schienen liegen bleiben, bis der Zug die nächste Station erreicht hatte; dann hob man es auf und brachte es ins hiesige Kinderkrankenhaus, während die Ettern, um nicht den Anschluß an den für sie bestimmten Ueberseedampfer zu ver säumen, weiterreisten. Dank der sorgsamsten Behandlung des Kindes durch Herrn Medizinal rat Prof. Dr. Tillmanns konnte dasselbe jetzt als geheilt aus dem Kinderkrankenhause ent lassen werden und mit dem nächsten Trupp rumänischer Auswanderer, die hier durchreisen, wird man das Kind seinen Eltern in Amerika wieder zuführen. — In Plagwitz stürzte der achtjährige Sohn des Geschirrführers Sternberg aus einem Fenster der im Erker gelegenen elterlichen Wohn ung in den Hof hinab. Das Kind war sofort tot. Lungwitz. Ein Bauunglück trug sich hier bei einem Treppenbau zu. Als man dort eine schwere Treppenstufe transportierte, stürzte ganz unerwartet der obere Teil des Baues in sich zusammen. Der Maurer Berger brach dabei beide Beine, der Zimmermann Schmidt und der Besitzer des Gasthofes erlitten weniger er hebliche Verletzungen. Crimmitschau. Die unverkennbare Erbitterung der Streikenden über das Weih nachtsverbot wird noch verstärkt durch die Ab lehnung des Gesuches des Gistwirtövereins um Verlängerung der Polizeistunde bis 2 Uhr nachts vom 24. bis 27. Dezember, sowie durch den abschlägigen Bescheid, den die Saalinhaber auf ihr Gesuch um Aufhebung des Tanzver bots während der Weihnachtsfeiertage erhalten haben. So wird Crimmitschau am Weihnachtsfeste eine tote Stadt sein, zumal die gesamte Textil arbeiterschaft sich zur Festbescheerung jenseits ver sächsischen Grenze begeben will. Die Streikkasse ist vorläufig angeblich bis Mitte Februar gedeckt. — Bei einem Jahresumsatz der 80 Textilfabriken von über 40 Millionen Mark läßt sich heute beim Eintritt des Streiks in die 18. Woche der Produktionsausfall auf über 13 Millionen Mark berechnen. Der Wohlstand der Stadt hat einen empfindlichen Schlag erlitten, da die Kaufkraft der Arbeiter bedeutend geschwächt ist, die Hotels bekommen nur noch wenige Reisende zu beherbergen und die Gastwirtschaften und VergnügungSetabliffe- ments werden durch die bekannten Verbote dec Kreishauptmannschaft schwer geschädigt. Kein Wunder, daß die Stimmung innerhalb der Bürgerschaft äußerst gedrückt ist. Schwere Befürchtungen, namentlich in den Kreisen der Streikenden, hat der Artikel des „Konfektionärs" hervorgerufen, der den Nachweis versucht, daß vie Crimmitschauer Fabrikanten bei längerer Dauer des Streikes ihr Absatzgebiet verlieren müssen, nachdem ihnen bereits die ganze Sommecsaison und ein großer Teil der vorigen Wintersaffon leere Kaffen gebracht haben. Selbst wenn es den Fabrikanten trotz des Streikes gelingen sollte, neue Winterkollektionen heraus zubringen, würden die Abnehmer nicht geneigt sein, Muster aufzunehmen, deren Lieferung fraglich sei. Falkenstein. Die Lage in der Stickerei industrie scheint kritischer zu werden, als bisher anzunehmen war. Während einige Fabrikanten noch kleinere Ordres aufzuarbeiten hatten, mußten mehrere, gleichwie in den letzten Tagen in Plauen und Auerbach, hier ihre Betriebe am Montag bis Weihnachten wegen Mangels an Beschäftigung einstellen. Plauen i. V. Infolge der eigenartigen Witterungsverhältniffe (Abendnebel und kalte Nächte) treten im oberen Vogtlande die Rauch fröste auf, die der Landschaft zwar ein geradezu bezaubernd schönes Bild verleihen, aber oft großen Schaden, namentlich an Telegraphen drähten, anrichten. In Schöneck z. B. sind gegen 30 Telegraphenarbeiter mit der Wieder herstellung der gerissenen Leitungen beschäftigt. Die Rauchfröste haben dort die Leitung bis zu Armstärke mit Eis umhüllt. Oelsnitz i. V. Vor kurzem fand auf einem Nachbarrevier eine große Treibjagd statt, wobei nur ein einziger Hass erbeutet wurde. Man versteigerte den Hasen und löste sechzig Mark, welche zu einer Christbescherung für arme Kinder verwendet wurden.