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Ottendorfer Zeitung. Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »an Inseraten bis vormittag is Uhr. Inserate werden mit p Pf. sfür die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck und Vertag von Hermann Rühle in Gross-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Nr. 130. Freitag, den 30. Oktober 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Vkrilla, 29. Oktober 1903. — Von österreichischen Talern, die schon längst in Deutschland keinen Geldwert mehr besitzen, ist noch eine große Anzahl im Verkehr. Bei Annahme von Talern ist deshalb größte Vorsicht geboten. Die Besitzer österreichischer Taler erleiden an jedem Stück einen Verlust von 1 Mk. 55 Pfg., da nur der Silberwert ersetzt wird. — Wie das amtliche „Zentralblatt für das Deutsche Reich" soeben mitteilt, ist der Nachbar ortsverkehr von Dresden nunmehr auch auf die Vororte Gorbitz, Stetzsch und Kemnitz ausgedehnt worden. Noch immer aber fehlt Radebeul, so daß nach wie vor ein Brief von Dresden nach Radebeul 10 Pfg. kostet, während er nach Bühlau, Stetzsch Leubnitz-Neuostra rc. nur mit 5 Pfg. frankiert wird. Mit Recht hat der Radebeuler Gemeindevorstand in zwei ausführ lichen Eingaben bei der Oberpostdirektion gegen diese Benachteiligung Einspruch erhoben. Auch die Dresdner Handelskammer hat dieses Vor gehen beide Male unterstützt. Dabei wurde besonders betont, daß Radebeul vollen Anspruch darauf hat, von der Post als „Nachbarort" Dresdens behandelt zu werden, denn es grenzt unmittelbar an die jetzt einverleibten Vororte Kaditz und Trachau, und die bebauten Straßen von Dresden und Radebeul sind nur stellen weise durch zur Zeit noch unbebaute Flächen getrennt. Andererseits genießt Bühlau die billigeren Sätze der Ortstaxe im Verkehr mit Dresden, wiewohl es durch die Ortschaften Loschwitz und Weißer Hirsch von der Stadt getrennt ist. Es ist für das industrie- und verkehrsreiche Radebeul sehr zu wünschen, daß es endlich von der Postverwaltung nicht mehr als Stiefkind behandelt wird. — Nach § 25 Absatz 8 des Reichsstempel gesetzes unterstehen gewerbsmäßige Vermittler von Wetten der Aufsicht der Steuerbehörden nach näherer Bestimmung des Bundesrats. Die gedachten Personeu sind verpflichtet, binnen zwei Wochen nach Eröffnung des Geschäftsbetriebes der Steuerbehörde des Bezirks, worunter das Hauptzoll- oder Hauptsteueramt desjenigen Be zirks zu verstehen ist, in welchem der Vermittler seinen Wohnsitz oder sein Geschäftslokal hat, hiervon Anzeige zu machen. In welcher Weise die unter Ziffer 50 und 57 der AusführungS- bestimmungm zum obigen Gesetz erwähnten Anschreibungen vom Weltenvermittler zu führen sind, bestimmt das Hauptamt des Bezirks. Bisher sind von feiten der Stempelfiükale nur in seltenen Fällen Revisionen dieser Anschreib ungen vorgenommen. Da jedoch auf höhere Anordnung gegenwärtig Verzeichnisse über die Wettenvermiitler angefertigt und den Stempel fiskalen zugcsandt werden, so steht zu erwarten, daß eine Prüfung über die Erfüllung der Ob liegenheiten der Wettenvermiitler in größerem Umfange auSgeführt werden wird. Dresden. Im Zirkus Henry hier zeigt der Radfahrer Leinert auf dem Zweirad wieder etwas Neues: „Den Todessprung durch die Manege". Leinert saust eine kaum einen halben Meter breite Holzbahn aus der Höhe von 191/2 Meter auf dem Zweirad ohne Schienenführung hernieder und setzt mit ge waltigem Luftsprung über eine neun Meter breite Kluft hinweg, wobei er gegen fünf Meter hoch geschleudert wird. — In eine nicht geringe Aufregung wurden am Dienstag das gesamte Zugpersonal, sowie die Passagiere des nachmittags 3 Uhr 35 Min. von Bischofswerda abfahrenden Personenzuges versetzt. Als der Zug einige Minuten die Station Klotzsche verlaffen hatte, wurde die Notbremse von einem Herrn gezogen, weil sich drei junge Leute, welche in Klotzsche zugestiegen waren, im Wagenabteil Zigaretten anbrannten und selbiger Herr annahm, dieser Wagen sei für Nichtraucher. Es dauerte eine Weile, ehe der Zug zum Stehen kam. Nach Halten des Zuges rief der betreffende Herr den Schaffner und ersuchte, ihm ein anderes Kupee anzuweisen, weil hier geraucht würde. Nach einer Ver spätung von acht Minuten konnte der Zug wieder weiterfahren. In Dresden wurde der betreffende Herr zur Feststellung seinerPersonalien der Bahnhofsinspektion zugeführt. Kötz scheu broda. Hier besteht Neigung zu einer Vereinigung mit Niederlößnitz. Der Gemeinderat beschloß, bei der Gemeinde Nieder lößnitz anzufragen, wie sie sich zu einer Ver einigung stelle. Der Gemeinderat von Nieder lößnitz wird sich heute Donnerstag mit dieser Frage beschäftigen Kleinzschachwitz. Schon seit Wochen werden die Gasthäuser von hier und Umgebung von einem Einbrecher heimgesucht. Zum dritten Male brach er im Gasthaus zur „goldenen Krone" ein, konnte aber seine diebischen Ab sichten nicht ausführen, weil eine Schlagvorrichtung gut funktionierte und den Eindringling ver scheuchte. Er nahm seinen Weg über ein Dach und wäre hierbei von dem hiesigen Schutzmann Ittner festgenommen worden, wenn nicht der schwere Dienstmantel die Verfolgung des leicht füßigen, gewandten und anscheinend jungen Mannes gehindert hätte. Der Dieb floh nach Großzschachwitz zu. Sporbitz bei Kleinzschachwitz. Von einem schweren Unglücksfall wurde am Dienstag früh ein Geschirrführer des Gutsbesißers Karsch be troffen. Bei dem Vorhaben, seine durchgehenden Pferde aufzuhalten, wurde ihm ein Unterschenkel aufgerissen. Le üben. Das plötzliche Verschwinden eines auf der Königsallee ansässigen Hausbesitzers erregt Aufsehen. Er galt als gut situiert. Nachdem er erst vorher den Mietzins einkassiert hatte, ist er spurlos verschwunden. Er war früher Markthelfer bei der Firma Aktiengesell schaft für Kunstdruck in Niedersedlitz. Großenhain. Zu dem am Dienstag hier abgehaltenen Roß-, Vieh- und Brettermarkt, zu dessen Belebung die schöne Witterung ein gut Teil beitrug, waren 15 Rinder, 42 Pferde, 138 Schweine, 649 Ferkel und ca. 5 Schock Bretter zum Verkauf gebracht worden. Der Geschäftsgang war als mittelmäßig zu bezeichnen. Schweine kosteten 25—70 Mark, Ferkel 6—12 Mark. — Der Herbst-Viehmarkt bestand mit heute 25 Jahre, er wurde 1878 zum ersten Male abgehalten. Brockwitz. Am vergangenen Sonntag hatte hier eine Magd das Unglück, beim Tanzen ein Bein zu brechen. Der Unfall geschah bei der ersten Tour. KottbuS. Am vergangenen Sonntag machten vier junge Burschen von hier einen Ausflug nach dem benachbarten Schmellwitz. Dort zechten sie nach Herzenslust. Auf dem Nachhausewege kam einer der jungen Burschen, der öfters von epileptischen Anfällen heimgesucht ist, zu Falle und blieb besinnungslos liegen. Zwei der berauschten Zechgenoffen hielten den Unfall des Verunglückten für ein auf Ver stellung beruhendes Manöver. Um ihn wieder auf die Beine zu bringen, hielten sie ihm brennende Streichhölzer unter die Nase (!) und brachten ihm dadurch Brandwunden an Mund und Nase bei. Als dieser wieder zum Bewußt sein kam, waren die Kumpane verschwunden. Nun entdeckte er auch noch, daß aus seiner Tasche das Portemonnaie mit 5 Mark Inhalt verschwunden war. Die Untersuchung gegen die Zechgenossen ist eingeleitet. Oschatz. Der Kellnerlehrling Willy Nau mann aus Bischofswerda, der im Löwenhotel in der Lehre war und in der Zeit vom 23. Juni bis 5. Juli d. I. zu vier verschiedenen Malen versuchte, das Grundstück durch Feuer einzu. äschern, wurde vom Leipziger Landgericht, nachdem er mehrere Wochen auf seinen Geistes zustand hin untersucht worden war, zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis verurteilt. — Wurzen. Der Leichnam des seit vorigen Donnerstag Abend vermißten 18jährigen Sohnes des Zigarrenfabrikanten Fleischer wurde in der Mulde hinter den Schießmauern auf gefunden und geborgen. Königstein. Im Anschluß an eine Schein werfer-Uebung auf hiesiger Festung am ver gangenen Freitag Abend in Gegenwart Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen fand noch eine zweite ebenfalls hochinteressante Uebung statt. Sie bezweckte den Versuch, ob eine Ab teilung Pioniere mittelst Sturmleitern über den Außenwall der Festung hereinkommen und möglichst ungesehen an das Tor der Festung gelangen könne, um es in die Luft zu sprengen. Auf der Torbastion war eine Abteilung In fanterie in Deckung postiert, um den etwaigen Angriff abzuschlagen. Gleichzeitig wurde vom Horn der Festung die Walllampe, deren Licht stärke einem kleinen Scheinwerfer nicht nachsteht, in Betrieb gesetzt und die gefährdeten Punkte beleuchtet. Nach geraumer Zeit konnte man die Pioniere, welche sehr geschickt operierten, an ihren Sturmleitern sehen. Sofort wurden sie von einem lebhaften Schützenseuer von der Torbastion aus empfangen, trotzdem gingen die wackeren Pioniere weiter vor und erkletterten eine Position nach der andern, bis sie schließlich unter lebhaftem Gewehrfeuer der Besatzung das Tor stürmten und zu sprengen versuchten. Im Ernstfälle freilich würde unter diesen Umständen wohl keiner der Angreifer bis zum Festungstore gelangt sein. Die Festung wird für jeden An greifer eine „harte Nuß" bleiben. Die Pioniere, welche die Angreifer darstellten, trugen zu diesem Zwecke grasgrüne Uniformen, um an den grünen Wällen nicht aufzufallen. Der Kronprinz be obachtete die erste Uebung nach dem Elbtale von der Friedrichsburg aus und nahm nach beendeten Uebungen im Offizierskasino einen Imbiß zu sich, worauf die Rückfahrt zu Wagen über Pirna erfolgte. Königstein. Zeugen eines aufregenden Vorganges wurden am Montag Abend die Fahrgäste des 7 Uhr 4 Min. vom Bahnhof Pirna abgegangenen Personenzuges auf Bahn hof Königstein. Als der Zug dort zur Abfahrt bereit stand, kam noch ein etwa 30 Jahre alter Mann, dem Anscheine nach ein Böhme, durch die Sperre geeilt, um mitzusahren. Dies wäre ihm auch noch möglich gewesen, wenn er nicht das Mißgeschick gehabt hätte, die Fahrkarte zu verlieren. Während der Suche nach derselben seßte sich der Zug in Bewegung. Jetzt fand der Mann die Karte, eilte zum fahrenden Zuge hin und sprang auf. Im selben Augenblicke wurde er herumgeschleudert und geriet der Tollkühne zwischen zwei Wagen, wo es ihm mit großer Geistesgegenwart gelang, sich fest zuhalten. Das Beamtenpersonal gab natürlich sofort Haltesignale, trotzdem ward der Mann ein Stück mit fortgeführt, ehe der Zug zum Stillstand kam. Der Leichtsinnige kam ohne Verletzungen davon. Zittau. Am Montag früh ist im Zimmer- mannschen Steinbruch in Pethau der Arbeiter Goldmann infolge eines Fehltritts aus einer Höhe von etwa 15 Meter in den Steinbruch hinabgestürzt. Er erlitt einen Schädelbruch, der den sofortigen Tod herbeiführte. — Im hiesigen AmtsgerichtSgefängniS er hängte sich in seiner Zelle der 53 jährige Fabrikweber Mahne, dec am Montag voriger Woche wegen Brandstiftung verhaftet worden war. Freiberg. Ein bedeutender Brand entstand Dienstag morgen kurz vor 8 Uhr in dem an der alten Frauensteiner Straße gelegenen „Sachsenhose". Das Gehöft besteht aus vier Gebäuden. Das größte, das Wohnungen ent hält, steht isoliert. Ihm gegenüber befindet sich das Scheunengebäude, an welches die Giebel der anderen beiden zu Wirtschafts- und Wohn zwecken bestimmten Gebäude stoßen. Der Brand war in der mit Erntevorräten und Wirtschafts geräten gefüllten Scheune entstanden. An eine Rettung derselben war nicht zu denken. Da gegen fiel der Feuerwehr die schwierige Aufgabe zu, die anderen Gebäude zu decken, in denen etwa zwanzig, meist dem Arbeiterstande an gehörende Familien wohnen. Nach etwa ein stündiger angestrengter Tätigkeit hatte die Wehr jede Gefahr für die anstoßenden Gebäude be seitigt. Die Bewohner hatten ihre nur zum Teil versicherte Habe zumeist schon in Sicherheit gebracht. Dabei wurde den armen Leuten vieles zertrümmert. Bei den Rettungsarbeiten sind leider zwei Feuerwehrleute verunglückt. Als der Kaufmann Joh. Butze eine Leiter erstieg, brach dieselbe zusammen und Butze erlitt einen Unter schenkelbruch. Ein anderer Feuerwehrmann erlitt eine Armverrenkung. — Die Entstehungs ursache des Brandes ist unermittelt. St. Michaelis bei Freiberg. Im Erb gericht war am 23. d. M. ein junger Mensch, der zu Ostern die Schule verlassen hat, an der Dampfdreschmaschine beschäftigt. Bei den Arbeiten geriet ein Strohhaufen in Bewegung, auf dem der junge Mensch stand. Unglücklicherweise fiel der letztere hierbei in den sogenannten Presser der Dampfdreschmaschine, der den Körper des Unglücklichen zermalmte. Der Tod trat so fort ein. Leipzig. Der 59 Jahre alte Maler Holl mann stürzte infolge eines Fehltritts so un glücklich die Treppe hinab, daß er an den Folgen dieses Sturzes im>Krankenhause verstarb. Ein Kollege des Verunglückten, der 49 Jahre alte Maler Seismann, ward in der Südstraße in dem Augenblicke durch ein Automobil nieder- gerissen, als er von der Straßenbahn abstieg; schwerverletzt wurde er nach dem Krankenhause gebracht. Nach Zeugenaussagen soll der Führer des Automobils, ein Schrittmacher, nicht schuld los an dem Unglück sein. Callnberg. Im Dorfe Rödlitz haben Bauern die Meßvorrichtungen und Schleusen stücke der von hier dort durchgeführten Wasser leitung zerstört. Dem Vorfälle liegt dem „Leipz. Tagebl." zufolge nachstehender Tat bestand zugrunde: Die Stadtgemeinde Callnberg muß mit ministerieller Genehmigung ihre Wasser leitung durch das Dorf Rödlitz legen. Hier gegen sträubte sich nun vor allem aufs heftigste ein dortiger Gutsbesitzer, dessen Standpunkt auch von den übrigen Dorfbewohnern vertreten wurde. Tas Ende war, daß von dem betreffenden Gutsbesitzer die Vermeffungsvorrichtungen von seinem Grundstücke gewaltsam entfernt wurden, und daß die erregten Dorfbewohner gegen die Vermessungsbeamten eine drohende Haltung einnahmen. Auch wurden einige Felder derart mit Jauchs begossen, daß die Beamten auf ihnen nicht zu arbeiten vermochten. Zum Schutze letzterer mußten vier Gendarmen und der Calln- berger Ratswachtmeister in Rödlitz stationiert werden. Gegen den Gutsbesitzer wird gerichtlich vorgegangen werden. Chemnitz. Auf dem Bahnhofe Hilbersdorf entgleisten Dienstag vormittag die Lokomotive und der Arbeiterwagen eines Bauzuges. Störungen im Betriebe sind dadurch nicht ein getreten, auch Verletzungen an Personal sind nicht zu beklagen. Burgstädt. Hier wurden mittelst Einbruchs gestohlen: 32 goldene Damenuhren, 4 goldene und 30 silberne Herrenuhren. An sämtlichen Uhren befinden sich rechts am Scharnier Nummern und ein Es wird vermutet, daß die Uhren nach Leipzig geschafft worden sind. Zwickau Auf dem Hilfegottesschacht geriet am Montag der 31jährige Tagarbeiter Näser aus Schönfels in die Transmission des Dampf aufzuges, wobei er mehrmals mit dem Kopfe auf den Boden ausschlug und ihm der Brust kasten eingedrückt wurde. Planitz. Die Pferde des Dr. med. Prätorius hier scheuten vor einem Automobil und gingen durch. Der Kutscher rettete sich durch Abspringen, Dr. Prätorius wurde aus dem Wagen ge schleudert und schwer verletzt, der Wagen gänzlich zertrümmert. Des Neformationsfestes wegen erscheint die nächste Nummer schon Freitag abend. Inserate für diese Nummer erbitten wir bis vormittag Uhr«