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Die „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag Uhr. Inserate werden mit p Pf. für die Spaltzetle berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. M. Sonntag, den 2. August 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, i.. August 1903. — Nach Falb haben wir im August ver hältnismäßig trockenes Wetter zu erwarten. Nur in der ersten Woche, dann in der Mitte und am Ende des Monats sollen Gewitter auftreten. Die Temperatur ist — immer nach Falb — sehr schwankend, meist normal in der ersten, ziemlich tief unter der Mitte aber in der zweiten Hälfte. Für die Zeit vom 1. bis 10. August tündigt Falb sehr trockenes Wetter an. Nur ganz vereinzelt sollen Niederschläge vorkommen. Kritische Tage giebl es im August nur wenige, und zwar einen 3. Ordnung (8. August), der etwas Regen und erhöhte Tempe ratur vorübergehend bringen dürfte, und einen kntischen Tag 1. Ordnung (22. August). — August-MonatI Er löst den Juli ab, von welchem die Wetterkundigen einen sehr netten, alle Sommerfrischler, Touristen und auch die Landwirte besriedigenden Verlauf vor hergesagt hatten; aber, wie in der Regel kam cü anders. Nicht bios Lie von den Regen güssen und Überschwemmungen überaus hart milgenommenen östlichen Gebiete können von einer entgegengesetzt normalen Witterung er zählen, auch in Mitteldeutschland, im Westen und Süden ist an reichlichem Regen, zum Teil allerdings nach erheblicher Trockenheit, kein Mangel gewesen, und Erholungssuchende und fecienfrohe Wanderer haben manches liebe Mal das Wetterglas geschüttelt und bepocht, um es zur Raison zu dringen. Das streikte aber unerschütterlich. Die Landwirtschaft ist, außer in jenen hart betroffenen östlichen Ge bieten, zumeist leidlich fortgekommen, sie wird im allgemeinen mit der Ernte nach Qualität wie nach Quantität zufrieden sein können. Das gewerbliche Leben war im Sommer nicht ge rade allzu lebhaft, besonders die Baulust war vielfach nicht bedeutend, und größere Betriebe litten zum Teil immer noch unter der ge schwächten und mangelnden Kaufkraft. Gereist aber ist trotz aller Zeltenmisere tüchtig worden, warenS nicht längere Reisen, so warens kürzere, die Eisenbahnverwaltungen haben ein flottes Geschäft gemacht. Für die gestiegene Reiselust auch des 'Mittelstandes war der starke Besuch der großen Schützen- resp. Turnerfestlichkeiten in Hannover resp. Nürnberg Zeuge, und wie die statistischen Aufstellungen aus diesen beiden Festorten beweisen, hat im Laufe der Zeit der deutsche Durst nicht gelitten und ebensowenig die rührende Ansichtspostkartenschreiberei nack Hause. Der August beschert nun der ferien frohen Jugend den Ferienschluß, draußen packen die Ausgeflogenen nachgerade die Koffer zur Heimkehr, tue Nachsaison beginnt, die Zeit der billigeren Preise, aber auch der seyon länger und länger werdenden Abende. — Bekanntlich darf das alte Zeichen des roten Kreuzes in Zukunft aus eine ministerielle Verfügung hin nur noch von der der Kranken pflege gewidmeten internationalen Vereinigung und den unmittelbar damit in Verbindung stehenden Institutionen geführt werden. In folgedessen hahen sich Geschäfte, in denen die für die Krankenpflege notwendigen Artikel ver kauft werden und die bisher auf ihren Firmen schildern das alte rote Kreuz als Sinnbild führten, nach einem anderen Wahrzeichen um gesehen. Viele haben das Johanniterkreuz in roter Farbe gewählt, dessen breit endigende Arme aber nicht stumpfwinklich ausgeschnitten sind, sondern einen glatten Rand haben. Das alte Zeichen, das sie bisher führen durften, ist dagegen das sogenannte griechische Kreuz, dessen gleich lange Arme auch gleichmäßig breit sind. Da aber auch darüber Zweifel bestehen, ob auch dieses Kreuz nicht verboten ist, haben manche Geschäfte ein weißes Kreuz auf rotem Felde eingeführt. Dresden. Im hiesigen Böttchergewerbe ist schon seit einigen Wochen eine Lohnbewegung im Gange. Eine Kommission der Böttcher gehilfen hat mit den Meistern betreffs der Lohnfrage Unterhandlungen angebahnt. Von mehreren Geschäften wurden schon die in einem Rundschreiben an sie gerichteten Wünsche er- üllt- Die Gehilfenschaft beschloß, die noch zögernden Arbeitgeber zu veranlassen, sich bis zum 1. August zu erklären. — Wie der „Dr. Anz." erfährt, ist die gegen den Haftbefehl eingereichte Beschwerde vom Gericht abgelehnt worden. Eine neuer- iche Beschwerde soll nunmehr bei der höheren Instanz eingereicht werden. — Die Bewegung der hiesigen Straßen bahnangestellten ist in einer in letzter Nächte 2 Uhr abgehaltenen, von etwa 1100 Personen resuchten Versammlung für beendet erklärt worden, nachdem zwischen den beiden Direk tionen und den Kommissionen der Angestellten Verhandlungen gepflogen worden waren und vor dem Oberbürgermeister Beutler ein Einig ungsverfahren staitgefunden hatte. Die Direk tionen haben den Angestellten erhebliche Zu geständnisse gemacht, während andererseits auch oiese auf einen Teil ihrer Forderungen, ins- lesondcre auf die Wiederanstelluug der Ent lassenen, verzichten. — Auch die Lohnbewegung der Fensterputzer ist nun beendet. So beschlossen die Fenster putzer in einer Donnerstag abend im „Volks hause" stattgefundencn Versammlung. — Am Dienstag nachmittag kamen 14178 Mark Forderungen an Garantiezeichner vom letzten hier stattgefundenen Deutschen Bundes schießen bei Auktionator Reichel zur Versteiger ung. Es waren nur zwei Bieter da, wovon der eine die Forderungen für 100 Mark er stand. Es wäre demnach manchem Garantie fondszeichner günstige Gelegenheit geboten, seine Schuld billig zu erstehen, wie auch einer der anwesenden Bieter für einen seiner Bekannten besten Schuld billig zurückkauste. — In der Nacht zum Donnerstag gegen 11 Uhr stürzte ein Glasarbeiter aus Löbtau von dem steilen Felsen gegenüber dem Bahn hofe von Vorstadt Plauen auf die Straße hinab. Ter erste Verband wurde ihm in der Felsenkellerbrauerei angelegt. Später wurde er nach dem Friedrichstädter Krankenhaus ge bracht. Der Verunglückte hatte einen sehr ge fährlichen, am Abhange entlang führenden Fuß weg eingeschlagen. Weinböhla. Die im Alter von 6 bis 12 Jahren stehenden Kinder der Eheleute Hopfstock gingen vor einigen Tagen in den Wald, um Heidelbeeren zu sammeln, kehrten jedoch am Abend nicht wieder zurück. Die Eltern be fürchteten Schlimmes, als die Kinder auch am andern Morgen nicht eintrafen. Am späten Nachmittag kamen jedoch die Kinder, ermattet und hungrig, aber unversehrt in der Wohnung der Eltern wieder an. Sie erzählten, sie seien, von zwei Strolchen verfolgt, tief in den Wald geflüchtet, wobei sie sich unter hohes Farren- kraut versteckt hätten. Dort seien sie, da die Nacht eingebrochcn war, eingeschlafen. Um nun aber den Eltern ein Quantum Beeren heimzubringen, — die gesammelten hatten sie bei der Flucht verloren —, so hätten sie den anderen Tag bis zum Abend gepflückt. Wilsdruff. Mit Schwierigkeiten war am Donnerstag abend hier die Proklamation des neuen Schützenkönigs verknüpft. Büchsenmacher Rost hatte für einen anderen Schützen den besten Schuß getan, welchen dieser aber nicht anerkennen wollte. Es blieb dem Schützen also nichts anderes übrig, als selbst die schon vor 9 Jahren innegehabte Würde wieder zu übernehmen. Meißen. Eine Belohnung von 60 Mark hat das Königliche Justizministerium dem hie sigen Kriminalschutzmann Bach zuerkannt, der den Doppelmörder Kamprath aus Leisnig er mittelte, dem in Massanei der Gutsbesitzer Müller und seine Wirtschafterin zum Opfer fielen. Vom Königlichen Ministerium des Innern erhielt derselbe Beamte vor kurzem 100 Mark Belohnung für die Ueberführung zweier Brandstifter. Rabenau. Bei dem Festzuge der Schützen gesellschaft hierselbst ereignete sich ein bedaucr- icher Unglücksfall. Ein alter, lange Zeit außer Gebrauch gewesener Wagen sollte nach Unter rabenau gefahren werden. Ein Markthelfer, welcher mit dem Wagen wenig vertraut war, übernahm den Transport und lud auch noch vier Knaben auf. An der steilen Lindenstraße begann der Wagen zu schwanken, das Schleif zeug versagte, das Ortscheit ging dem Pferde in die Beine und nun lief das Tier im Galopp die Straße hinab. Der Wagen fiel um und vie Knaben wurden hinausgeschleudert. Drei von ihnen kamen mit geringen Wunden davon, dagegen erlitt der älteste Sohn des Lehrers R. nicht unbedeutende Verletzungen und wurde be wußtlos vom Platze getragen. Glücklicherweise erwiesen sich die Wunden nicht als lebens gefährlich, sodaß sich der Patient wieder auf dem Wege der Besserung befindet. Bautzen. Mittwoch den 22. Juli ist in folge einer erhaltenen Zurechtweisung ein 15 Jahre alter Realschüler von hier auf einem Zweirade fortgefahcen und seitdem nicht zurück gekehrt. Der junge Mensch ist in Löbau ge wesen, von da aus fehlt jede Spur über seinen Verbleib. Schulgenossen wollen den Ver schwundenen in der Nähe von Dresden gesehen haben. Seine Angehörigen sind in großer Sorge um ihn, da sie befürchten, daß ihm auf einer weiteren Radtour ein Unglück zugestoßen ist. Der junge Mann trägt dunklen Jackett- anzug, Stiefeletten und Stehkragen. Über dem einen Auge hat er eine Narbe. — Bei der Tat ertappt und verhaftet wurde gestern früh in fünfter Stunde der Hausmann des hiesigen Rathauses und Polizeigebäudes, als er einem Kassendiener aus dem verschlossenem Tischkasten eine Summe Geldes stahl. Dem Kastendiener, welchem wiederholt Geldsummen abhanden ge kommen waren, über deren Verbleib er nicht Auskunft erteilen konnte, wurden durch die Festnahme des Diebes weitere Unannehmlich keiten mit seiner Anstellungsbehörde erspart. Oberkunnersdorf. Ein wegen seiner Derbheit bekannter und beliebter Gastwirt in der Nähe von hier hat an seinem Grundstück folgende Warnung angebracht: „Diejenigen, welche bei mir Holz, Kalk und Heu nehmen wollen, werden ersucht, sich vorher zu melden. Für unangemeldete Entnahme fliegt Schrot in die Knochen. W. B." Oschatz. Auf dem benachbarten Rittergut Seerhausen, Herrn Baron v. Fritsch gehörig, hat man soeben in dem zum Bierbrauen in der Rittergutsbrauerei verwendeten Master im Niederschlag Blättchen von echtem feinem Gold gefunden. Schon in einer alten Chronik wird das Vorkommen von fünf Goldadern auf jenem Rittergute gemeldet, doch scheute man damals die Kosten zur Ausbeutung des Edel- medalls. — Eine besondere Leistung vollführten zwei Automobilen auf den 314 Meter hohen, als Wahrzeichen der hiesigen Gegend dienenden Collmberg fuhren. Öderan. Der vor einigen Monaten hier verstorbene Rentner Schönlebe hat der hiesigen Stadt letztwillig eine Stiftung von 600 Mark vermacht, deren Zinsen alljährlich am Todes tage des Stifters an 16 Arme zu verteilen sind. Crottendorf a. E. Zwei hiesige Ein wohner wurden verhaftet, da sie im Verdacht stehen, andere um größere Summen durch Vor spiegelung falscher Tatsachen gebracht zu haben. Buchholz. Der Eisenbahnunfall in unserer Stadt hat leider ein fünftes Opfer gefordert. Der im hiesigen Stadtkrankenhause untergebrachte Geschäftsreisende Faust aus Plauen ist am Mittwoch nachmittag an den erhaltenen schweren Verletzungen gestorben. Buchholz. Die Teilnahme der hiesigen Stad mit den durch die hier stattgefundene Eisenbahnkatastrophe jäh aus dem Leben Ge- chiedenen kam auch bei der gestrigen Über- ührung der Leiche des fünften beklagenswerten 2pfers, des Geschäftsreisenden Faust aus Plauen, zu pietätvollem Ausdruck. Auf Ver anlassung des Stadtrates fand in der Gottes ackerkirche eine Gedächtnisfeier statt, an welcher die städtischen Kollegien teilnahmen. Ebenso hatten sie wieder einen kostbaren Sargschmuck gespendet. Auch eine Deputation der hiesigen Eisenbahnbeamten nahm an der Trauerfeierlich- 'eit teil. Mittels städtischen Leicherwagens er- olgte sodann die Überführung nach dem Bahn- wfe, von wo aus die Leiche nach Döbeln zur Bestattung gebracht wurde. Unter der kleinen Trauerversammlung befand sich die tiefgebeugte Mutter, die in Sörmitz bei Döbeln ihren Wahn itz hat. Cossen. Oberhalb des berühmten Göhrener Eisenbahnviaduktes der Linie Chemnitz-Leipzig wird gegenwärtig eine große Brücke über die Zwickauer Mulde gebaut. Dieselbe wird in einer Weite von 60 Metern mit einem einzigen lachen Bogen in Höhe von 6^ Metern den Fluß Überspannen und auf jeder Seite drei ogenannte Entlastungsbogen erhalten. Über )ie Brücke geht die neue Staatsstraße Göhren- Bahnhof Cossen, die nahezu vollendet ist. Der Brückenbau wird unter staatlicher Oberaufsicht von der Baufirma Liebold L Co. in Langebrück ausgeführt und ist gegenwärtig etwa bis zur Hälfte gediehen. Der zum Bau nötige Beton wird mit einer an Ort und Stelle befindlichen Betonmischmaschine hergestellt. Bärenstein bei Annaberg. Über ein trau riges Wiedersehen wird von hier gemeldet: Den Kaufmann Grund hier, den Apotheker Fritsch in Weipert, den Kaufmann Opitz hier und den Kaufmann Haase in Wien verband eit längerer Zeit ein inniges Freundschaftsband. Dieser Tage kam nun der vierte dieses Freund schaftskreises aus Wien nach dem Erzgebirge, um mit den übrigen ein frohes Wiedersehen zu feiern. Dieses wurde aber in tragischer Weise durch den Allbezwinger Tod vereitelt. Der erste der genannten Freunde kam bei dem Buchholzer Eisenbahnunglück ums Leben, der zweite starb am Sonnabend und der dritte am Sonntag. Anstalt mit ihnen an heiteren Er innerungen sich zu ergötzen, konnte Haase seine drei Freunde nur zu Grabe geleiten. Lengenfeld. Seit einigen Tagen sind hier gegen 50 Personen erkrankt, und zwar nach dem Genüsse von Bratwurst, die einem Restau rant entnommen war. Oberwiesental. Nach Eingang des Zuge» 4 Uhr 51 Minuten sprang am Dienstag beim Rangieren die Maschine aus dem Gleis. Die Ursache der Entgleisung soll die sein, daß beim Beschottern ein Stein auf das Gleis gesprungen ist. Die Maschine war so defekt, daß sie zu nächst nicht mehr zu verwenden war. Eine Stunde darnach war das Gleis frei, der Zug 7 Uhr 22 Minuten verspätete sich, da eine andere Maschine erst angeheizt werden mußte, um 35 Minuten. In Cranzahl und Annaberg wurden die Anschlüsse aufrecht erhalten. — Kirchennachrichten für Ottendorf-Okrilla. 8. Sonntag nach Trinitatis. Vormittags halb 9 Uhr Beichte, um 9 Uhr Predigtgotteödienst und Feier des heiligen Abendmahls. Nachmittags 2 Uhr Taufen. Kirchennachrichten für Lonrnitz. 8. Sonntag nach Trinitatis. Früh 8 Uhr Predigt, Ap.-Gesch. 3, 14—15. Kirchennachrichten für Beckingen und Grossckittrnannsckorf. 8. Sonntag nach TrinitatiS. 'Medingen: Vorm, halb 9 Uhr Predigt. Großdittmannsdorf. Nachm. 1 Uhr Predigt.