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Amerikanischer Reklame-Unfug wird jetzt auch in Deutschland immer mehr getrieben. So findet sich in einem großen Dresdener Blatt folgende Anzeige: „Verschenkt wird eine Villa. Näheres durch A. Sch. in K." Auf eine schrift liche Anfrage ging folgende Antwort mit nächster Post ein: „Geehrter Herr! Im Falle mir bis 30. Juni 1907 30 000 Aufträge auf je 500 so genannter Hamburger oder Bremer Qualitäts zigarren zum Preise von 20 bis 50 Mk. oder auch je 500 Stück nikvtinschwache do. zum Preise von 22Vr bis 75 Mk. oder auch je 2000 Stück echt ägyptischer Zigaretten zum Preise von 50 bis 110 Mk. erteilt werden, so schenke ich meine Villa im Werte von mindestens 20 000 Mark bezw. den vollen Verkaufspreis meinen Auftraggebern zur beliebigen Verfügung. Er teilen Sie mir bitte einen Auftrag .... hoch achtend Sch." — Da gewisse Leute nicht alle werden (fallen doch sogar noch immer genug aus den bekannten spanischen Schwindel herein) so ist gar nicht ausgeschlossen, daß das billige Inserat sich sehr gut rentiert. Infolge Einatmens von Kohlenoxyd gas erstickten auf dem Dominium Oberschlaube bei Guhrau von neun jugendlichen polnischen Arbeitern sieben. Die beiden andern, die noch Lebenszeichen von sich gaben, wurden in das Guhrauer Krankenhaus gebracht. Ein Mädchengymnafium ist dieser Tage in Bamberg eröffnet worden, das junge Damen bis zur Reifeprüfung vorbereiten wird. Dazu sollen drei Jahreskurse ausreichen, unter der Voraussetzung, daß die in die erste Gymnasial klasfe eintretenden Schülerinnen eine höhere Töchterschule hinter sich haben oder daß sie durch eine zu bestehende Prüfung das erforder liche Maß von Kenntnissen nachweisen. Für Volksschülerinnen ist eine Vorbereitungsklasse vorhanden. Ein eigenartiges Mistverständnis ver ursachte, einer Meldung der,Ostpr. Ztg.' aus Königsberg i. Pr. zufolge, kürzlich der Tele phonteufel. Ein detachiertes Bataillon erbat per Telephon von einem in der Nähe garni- sonierenden Regiment anläßlich einer größeren Abschicdsfeier zehn Mann Streichmusik. Mit dem angegebenen Zuge kommen denn auch zehn Musiker an, aber sämtlich mit Blasinstrumenten und an Noten nur mit — Trauermärschen ver sehen. Das anfängliche Befremden hierüber wich allgemeiner Heiterkeit, als der Führer des Trupps „zehn Mann Leichenmufik" zur Stelle meldete. Das romantische Wildbad Gastei«, daS Kaiser Wilhelm so oft aufgesucht hat, wurde nicht nur durch Unwetter und Überschwemmungen schwer heimgesucht, sondern es haben infolge der Unterspülungen des Geländes auch Erd senkungen stattgefunden, infolge deren mehrere Hotels einstürzten. Nachklänge zum Budapester Waren hausbrand. Wegen der Versäumnisse beim Brand desBudapesterWarenhauses sind derOber- kommandant der Feuerwehr, der Bezirksingenieur und der Bezirksvorstand unter Disziplinar untersuchung gestellt und ihrer Stellungen ent hoben worden. Bei der Katastrophe haben, wie seinerzeit gemeldet, zahlreiche Personen den Tod in den Flammen gefunden. An den Kaffenschaltern der Drahtseil bahn in Paris ist nachstehendes Plakat ausge hängt worden: „Kundmachung an die Einbrecher! Wir benachrichtigen die Einbrecher, daß wir abends weder Geld noch Wertgegenstände in den Stationen der Drahtseilbahn lassen. Es ist daher unnütz, sich in diese Stationen einzu schleichen. Bitte hiervon der Körperschaft Nach richt zu geben, damit Unbequemlichkeiten und Zeitverlust vermieden werden." Blumenfreund oder Blumenfeind? Die französische Gartenbaugesellschaft hat soeben eine unerwartete Erbschast gemacht. In Paris starb vor kurzem ein Herr Leser, ein in seinem Viertel bekannter Wohltäter, und hinterließ in seinem Testament die Verfügung, daß ergänz „blumen los" beerdigt zu werden wünsche. Um seinen zahlreichen Freunden Mühen und Kosten zu ersparen, verbat er sich bei seinem Begräbnis alle Art Blumenarrangements und Kränze. Aber, so ging seine Überlegung, diese erfreuliche Nachricht für die einen könnte andere wiederum kränken. Er verfügte demgemäß also: „Ich hinterlasse der sranzöstschen Gartenbaugesellschaft die Snmme von Eintausend Frank in dem Sinne einer Entschädigung dafür, daß ich den Blumen- und Kranzhändlern ein gewisses Unrecht zuge fügt habe, indem ich alle Blumenspenden bei meinem Begräbnis verbeten und verboten habe." Mn, nachdem er diese letztwillige Verfügung iwtariell richtig gemacht hatte, legte Herr Leser sich hin und starb ohne Gewissensbisse. War dieser sonderbare Testator nun ein Freund oder ein Feind der Blumen? Auf wunderbare Weise gerettet wurde ein Bäuerlein, das in der Nacht vom Montag danken. Es hat sich herausgestellt, daß die meisten Mitglieder der Polizei Mitarbeiter der Verbrecher waren. Sie teilten mit den Dieben und Betrügern und fungierten als Beschützer von Dirnen, als Hehler und Besitzer von Spiel höllen und öffentlichen Häusern. Trauung im Vorbeigehen. Während Pastor Greening in Danville (Illinois) am offenen Grabe einer Frau Stevens sprach, durchbrachen Samuel Smiley aus Indianapolis und Frau Anna Wagener aus Beckwith (Indiana) die Reihe der schluchzenden Leid tragenden und baten den Geistlichen, sie sofort ehelich zu verbinden. In fliegender Hast fügten sie hinzu, sie wären durchgebrannt, und die Angehörigen der Dame seien ihnen auf den neun Monat Gefängnis, davon wurden sechs Wochen als durch die Untersuchungshaft verbüßt erachtet. Düsseldorf. Gelegentlich der hiesigen Reichs tagsstichwahl hatte der Redakteur der hier er scheinenden Wochenschrift Düsseldorfer Mostert' große Plakate durch die Stadt tragen lassen, auf denen Ochsen, Esel und Kamele mit der Unterschrift: „Die wählen Kirsch!" (den Kandidaten der Zentrums partei) abgebildet waren. — Eine große Anzahl von Zentrumswählern hatte sich durch diese Veranstaltung beleidigt gefühlt und die Staatsanwaltschaft hatte dementsprechend die Klage wegen öffentlicher Beleidi gung erhoben. Das hiesige Schöffengericht erachtete jedoch die letztere als nicht vorliegend, verurteilte da gegen den Angeklagten wegen Verübung groben Un fugs zu 160 Mk. Geldstrafe. Tum Kesucke Kaiser Mlkelms in Men. Anläßlich beS Besuches Wilhelms H. in Wim find es hauptsächlich drei Gebäude der Kaiserstadt an der Donau, die das allgemeine Interesse er regen: die Wiener Hofburg, das Lustschloß des Kaisers von Österreich Schönbrunn und das kaiser lich deutsche Botschaftshotel in Wien. Der inter essanteste Bau ist die Wiener Hofburg. Sie stellt die Geschichte der Macht und Größe der Habsburger dar. Jeder Stein, möchte man sagen, hat hier seine Geschichte. Wir sehen den Schweizerhof, den allen aus dem 13. Jahhundert herrührenden Schloßbau, die in gotischem Stil erbaute Burgpfarrkirche, in der alle Festgottesdienste, an denen der Hof teilnimmt, abgehalten werden. Der alte Schweizerhof zeigt noch den Burggraben. Aus dem 18. Jahrhundert stammt der Leopoldinische Trakt. In diesem Ge ¬ bäude befinden sich die großen Fremdenappartements, die Kaiser Wilhelm bewohnt. Der Rittersaal ist im Jahre 1804 erbaut worden. In dem Gebäude des Amalienhofes befanden sich die Gemächer der so tragisch ums Leben gekommenen Kaiserin Elisabeth. Die glänzendsten Bauten der Hofburg sind die Reichs kanzlei, wo Kaffer Franz Joseph wohnt, die Winter reitschulen, die Redoutensäle und die Hofbibliothek. zum Dienstag mit seinem voll beladenen Gemüsewagen von Deuil nach Paris fuhr. Bei einem Eisenbahnübergange fuhr nämlich ein Eilzug auf das kleine Gefährt, warf das Pferd beiseite, das, ohne Schaden erlitten zu haben, sofort aufsprang, und nahm den Wagen selbst auf seine — Puffer. Der Maschinist ließ sofort den Zug halten, worauf man den Bauern, den der Stoß natürlich aus süßem Schlafe aufge schreckt hatte, unversehrt auf seinem Gemüse liegen fand. Der Wagen hatte keinerlei Be schädigungen erlitten. Wegen bedeutender Betrügereien, die kürzlich bei der Madrider Polizei vorgekommen find, ist der Chef der Polizei seines Amtes ent hoben und durch einen Beamten des Sicher heitsdienstes ersetzt worden. Sämtliche Polizei agenten find ebenfalls abgesetzt worden. Die Ursachen dieser Entschließung werden amtlich be kannt gegeben werden. Das Vorgehen der Re gierung ist den Enthüllungen der Presse zu ver Fersen, um ihre Vereinigung zu verhindern. Zum nicht geringen Erstaunen der Trauerver sammlung kam der ,Vosf. Zta/ zufolge der Geistliche dem Wunsche des Pärchens nach, und sobald der Eheknoten geschürzt war, setzte er die Grabrede fort. Die Goldausbeute i« Klondyke wird laut Nachrichten aus Dawson City in dieser Arbeitsperiode mindestens zehn Millionen Dollar betragen. buntes Allerlei. Keine grauen Haare mehr! Wie der ,World' aus Richmond (Indiana) gemeldet wird, hat Dr. R. K. Hawley in zwei Experimenten nachgewiesen, daß durch Anwendung von Röntgenstrahlen graues Haar seine ursprüngliche Farbe zurückerhält. -I- * * Aus einer Bereinsrede. Vorstand eines Alpenvereins: „Als ein Zeichen des Blühens und Gedeihens unseres Vereins kannJhnen dienen, daß wir Heuer bereits 17 Abgestürzte zählen." Beim technischen Examen. Professor: „Was stellen Sie sich unter einer Kettenbrücke vor?" — Kandidat: „Wasser!" (,D-rfb.q Boshaft. A.: „Meine Frau habe ich ge legentlich eines Eisenbahnunfalles kennen ge lernt!" — B.: „Können Sie da nicht Schaden ersatz von der Eisenbahnverwaltung bean spruchen?" (AI. Bl.-) GericktskMe. Chemnitz. Die Strafkammer des hiesigen Landgerichts verurteilte nach zweitägiger Verhand lung den Verwalter des Haltepunktes Buchholz bei Annabcrg Reinhardt, der angeklagt war, das Eisen bahnunglück auf dem Haltepunkt Buchholz am 24. Juli, bei dem fünf Personen getötet und eine Anzahl verletzt wurden, verschuldet zu haben, zu „Gewiß, ich erinnere mich Ihrer, Baron Altheim, und freue mich aufrichtig, Sie wieder zu sehen." Sie stand, während sie so sprach, an einen Pfeiler gelehnt, das Licht des Armleuchters, den er trug, schien hell auf ihre Gestalt und mir schien, als ginge ein leises Zittern durch ihre Glieder, während die weißen Finger in nervöser Unruhe den dunklen Federsächer entfalteten und wieder schlossen. „Sieh da, alte Bekannte seid ihr? Also, I-ktz0ll xrövenus!" lachte die Marquise. „Wie mich das freut, meine Lieben! Ich überlasse es euch nun, die alte Bekanntschaft wieder aufzu frischen, Mich ruft die Pflicht der Hausfrau wieder von eurer Seite." Und behend wie eine Eidechse entschlüpfte sie, um neue Gäste zu begrüße. Eine Sekunde lang standen wir uns sprach los gegenüber, keins konnte das Wort finden, das die Vergangenheit mit der Gegenwart ver binden sollte. Liane war es, die zuerst wieder zu sprechen begann und ihre Stimme verriet keine Erregung mehr. „Sind Ihre Mutter und Ihre Gemahlin mit Ihnen hier, Herr Baron? Dann bitte, führen Sie mich denselben zu, ich werde mich herzlich freuen, sie begrüßen zu dürfen." Ich blickte ihr tief in die Augen, indem ich antwortete: „Nur der Umstand, daß Ihr Aufenthaltsort mir unbekannt geblieben, kann es entschuldigen, wenn ich an solcher Stelle Ihnen sagen muß, daß beide nicht mehr unter den Lebenden weilen. Ich bin ein einsamer Mann, Liane!" Eine jähe Flamme stieg in Lianens zartes Antlitz und die dunklen Augen senkten sich tief auf die Wangen, als sie mir die Hand entgegen streckte und zu mir sagte: „Ich bedauere, so trübe Erinnerungen ge weckt zu haben, denn ich weiß, was es heißt, einsam im Leben stehen! Verzeihen Sie, Altheim, wenn meine Frage eine kaum vernarbte Wunde unsanft berührte." Ich hielt ihre zarten Finger länger als es schicklich sein mochte, umfangen; denn sie ent zog sie mir, ohne den Druck meiner Hand zu erwidern, aber ich hatte an dem leisen Zucken ihrer Finger erkannt, daß auch ihre Seele sich im Aufruhr befand, daß die Ver gangenheit unvergessen in ihrem Herzen lebte, und in diesem Augenblick Liane fast mehr noch litt als ich. Aber mit so großem Jubel mich diese Wahr nehmung auch erfüllen mochte, ich drängte die Worte der Zärtlichkeit und Liebe zurück, die mir auf den Lippen schwebten, ich vermied es, Liane heute zu erregen, um sie nicht in die Flucht zu treiben. Langsam und allmählich wollte ich ihr Herz immer sester umstricken, wollte ihr unentbehrlich werden und ihre Seele so iunig mit der meinen verbinden, daß sie alles vergessen sollte, was trennend zwischen uns lag. Ich lenkte daher sachte das Gespräch auf ihren Vater. Sie erzählte mir von seinem Leiden und seinem Tode, von ihrem eigenen Schmerze, der nie schweigen würde um diesen Vater. Sie sprach mir von ihrem Leben mit der Geheimrätin von Karsten, welche Freundin der Tod ihr ebenfalls entrissen, von ihren Bezie hungen zu der Marquise Dorset, die sie liebe wie eine teure Schwester, und als wir uns an jenem Abend wieder trennten, schieden wir wie zwei gute Kameraden, die nichts anderes mehr zu wünschen schienen, als in herzlicher Freund schaft sich ergeben zu bleiben. Und wie wir an jenem Abend schieden von einander, so fanden wir uns scheinbar am nächsten Tage wieder. Tage und Wochen vergingen uns in diesem harmlosen Verkehr. Ich sah Liane täglich im Hause der Marquise, ich folgte ihr wie ein Schatten, aber ich hielt noch immer mein Herz zurück; denn mir bangte vor dem Augenblick, in welchem ich den Kampf heraufbeschwören mußte in Lianens Seele zwischen dem Ver sprechen an den toten Vater und ihrer Liebe zu mir. 9. Der Winter neigte endlich zum Schluffe, und nachdem der April, in seinen ersten Tagen, uns noch mit Schnee und Eis gebracht, hatten wir mit einem Schlage das schönste Frühlingwetter, welches in meinen Freunden, den Dorsets, die Sehnsucht nach ihrem schönen Schlosse in der Normandie erweckte. Sobald die Longchamps- Fahrt am ersten Mai vorüber war, gedachten sie, die Metropole zu verlassen. Ich erschrak bis ins tiefste Herz, als die die Marquise mir diese Mitteilung machte und gleichzeitig einen Haufen bunter Seidenlappen auf den Tisch vor mich hinwarf, aus welchen sie mich bat, eine Auswahl zu treffen für Lianens Kostüme bei dem nahenden Korso. Ich mochte wohl recht hilflos auf den Modcplunder herab gesehen haben, denn das einzige, was ich von der Rede der jungen Frau erfaßt hatte, war die Tatsache, daß dieser gefürchtete Korso und mithin der erste Mai und die bevorstehende Abreise Lianens sehr nahe sein mußten. Ein mutwilliges Lachen der Marquise weckte mich aus diesem quälenden Bewußtsein. „Aber, lieber Baron," rief sie, „was schnei den Sie denn für ein melancholisches Gesicht? Man sollte meinen, ich hätte Ihnen ein Todes urteil zur Begutachtung unterbreitet! Bezwingen Sie jetzt ein wenig Ihren Widerwillen gegen unsere Modeschwachheit und enthalten Sie mir Ihren wohlgemeinten Rat nicht, auf daß unsere liebe Liane recht hübsch und vorteilhaft ansscben möge. Sie wissen ja, von welcher W-chiigkeit dieser erste Mai für uns ist! Eö handelt sich für uns Frauen darum, ob wir für immer von der Liste der bemerkenswerten Erscheinungen ge strichen werden, oder ob der Ruf unserer Schön heit und Eleganz auf immer festgestellt bleibt. Sie begreifen doch, daß dies keine Kleinig keit ist! — Doch , hier kommt Liane, selbst," rief sie, als diese ins Zimmer trat. „Tritt hierher, mein Kind, vielleicht bist du jetzt in besserer Stimmung als vorhin, wo du dich von diesem bunten Kram abwandtest, als seien es die Muster zu deinem Leichenhemde. Komm, Baron Altheim soll deine Wahl unterstützen!" L«r» (Fortsetzung folgt.)