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eitung. Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „5piel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inseraten bi, vormittag s» Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 85. OerMches und Sächsisches. Dttendorf-Gkrilla, ch. Juli 1S03. — * Am Sonntag kam in einem hiesigen Gartenrestaurant ein junger Mann dadurch zu Schaden, daß er durch eine abwärts gehende Schaukel schwer am Kopfe verletzt wurde, sodaß er ärztliche Hüfe in Anspruch nehmen mußte. — * Am Dienstag fanden Kinder in dem an der Radeburger Straße gelegenen Gehölz einen total betrunkenen Vagabunden, weicher in das Gemeindeamt gebracht und gestern nach Dresden abgeliefert wurde. — * Die Bewirtschaftung des Gasthofes zum Teichhauö geht mit 1. Oktober d. I. in die Hände des Herrn Hausdorf in Ottendorf über. — Mit der Obstzeit des Sommers er scheint ein Feind auf der Bildfläche, der recht heimtückisch ist und vor dem man sich nicht ge nug in acht nehmen kann. Er bringt die ge sunden Glieder der Menschen in die höchste Gefahr. Man liegt plötzlich auf der Straße und entdeckt, nach der Ursache des Falles forschend, Obstschalen oder Fruchtkerne, die achtlos sortgeworfen wurden und nur zu leicht ein Ausgleiten Hervorrufen. Nicht immer geht der Fall glimpflich ab, vielmehr waren Arm- und Beinbrüche schon oft die Begleiterscheinung. Im Winter dringt die Polizei auf Beseitigung des Glatteises; strenge Strafen treffen die Hausbesitzer, Ne gegen die polizeilichen Vor schriften betreffend Vas Asche over Sandstreuen und Vie Entfernung des Schnees und Eises vom Bürgersteig verstoßen. Es ist das eine sehr tödliche Fürsorge, die allgemeine Anerkenn ung findet. Wir wollen nun nicht etwa nach dec Polizei rufen, auf daß sie eine Verfügung erlasse, welche die Schaffung des aus den Obst schalen und Kirschkernen bestehenden Glatteises des Sommers mit Strafe bedroht, sondern Wenden uns an das Publikum. Vor allem sind die Kinder zu ermahnen, die Neste der Früchte nicht auf die Straße zu werfen; man belehre sie über die schlimmen Folgen, die aus solcher üblen Angewohnheit entstehen können. Feder Erwachsene aber sollte soviel Selbstzucht besitzen, daß er inmitten fröhlichen Genusses die Regeln der Straßenpolizei beachtet. — Ein zeitweises Verbot des Verkaufs von Zigarren in Gastwirtschaften, nämlich während der für die offenen Ladengeschäfte ver botenen Zeit, strebt der Zentralverband deutscher Tabak- und Zigarren-Ladeninhaber an. Er hat in dieser Sache eine Eingabe an den Bundesrat gerichtet, in dec er die Schädigung der Zigarrenhändler durch den Zigarrenverkaus in Gastwirtschaften nachzuweisen versucht. — Lebensversicherungs-Gesellschaft zu Leipzig, auf Gegenseitigkeit errichtet 1830 (alte Leipziger), In der ersten Hälfte des Jahres 1903 sind 3802 Anträge über Mark 29 166800 Ver,icherungssumme (M. 2006600 mehr als in der gleichen Zeit des Vorjahres) eingegangen und 3236 Versicherungen über M. 24 233200 (M. 1094800 mehr als in dec gleichen Zal des Vorjahres) abgeschlossen wetten. Es hat sich damu der Veisichcrungs- besiand aus 663 Millionen Mark gehoben, während das Vermögen auf 232 Millionen Mark angewachsen ist- Bei der allen Leipziger Gesellschaft, die eine reine GegenseitigkeilS- ünstalt ist, fließen alle Überschüsse in Gestalt von DividenVen den Versicherten wieder zu, die aus diese Weise bis jetzt 83 Millionen 'Mark erhalten haben. Im laufenden Jahre beträgt die Dividende für die länger als fünf Jahre bestehenden Versicherungen beim Dividenden plan wie seit mehr als einem Jahrzehnt, 42 Prozent der ordentlichen (lebenslänglichen) Jahresbeiträge, bei abgekürzten Versicherungen außerdem noch 1.5 Prozent der Summe der gezahlten Zusatzprämien; beim Dividendenplan L gellen steigende, nach der Dauer der Versicher ung abgeslufle Dividendensätze, die die Leipziger Gesellschaft in der von Anfang an in Aussicht gestellten Höhe fortgewährt, während viele andere Freitag, den Gesellschaften sich gezwungen gesehen haben, ihre steigende Dividende herabzusetzen. Dresden. In nichtöffentlicher Sitzung ver- sandelte die Strafkammer Hanau gegen den rüheren, 1869 in Aachen geborenen Kaplan Peter Wilhelm Knipp, zuletzt hier wohnhaft, dem die Anklage Verbrechen und Vergehen im Sinne der HZ 175 und 176,3 des Strafgesetz buches zur Last legt. Der Angeklagte, der im März dieses Jahres hier wegen ähnlicher De likte zu zwei Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt worden war, befand sich rüher als Seelsorger und Erzieher an der Knabenzwangserziehungs-Anstalt zu Sannerz (Kreis Schlüchtern). Dort verging er sich an den ihm anvertrauten Zöglingen. Das Gericht beschloß, den Angeklagten zur Beobachtung seines Geisteszustandes der Irrenanstalt Marburg zu überweisen, da nach Aussage des Sachverstän digen der Verdacht vorliegt, daß Knipp geistig nicht normal ist. Dresden. Aus einem hiesigen Hotel sind am Sonntag von dem aus der Irrenanstalt Herzberge entsprungenen Hochstapler Manolescu ein Herrenanzug und ein grauer Sommer überzieher gestohlen worden. Manolescu ließ in dem Hotel die Anstaltssachen zurück Wahr- cheinlich ist der verwegene Hochstapler mit den Oertlichkeiten des Hotels von einem früheren Aufenthalte her bekannt gewesen. — Ein Taschendieb hat am Montag in der Markthalle am Antonsplatz mit Erfolg gewirkt. Das Menschengedränge benutzend, entwendete er einer Dame ein Portemonnaie mit 17 Mk. Inhalt. Großenhain. Dienstag mittag 12 Uhr 34 Minuten traf auf hiesigem Cottbuser Bahn hofe mittelst eines 40 Achsen starken Militär- sonderzuges, von Schönfeld bez. Königsbrück kommend, das 1. Inger-Bataillon Nr. 12, be stehend aus 16 Offizieren und 563 Mann nebst 8 Pferden, ein. Der Sonderzug fuhr nach einem Aufenthalte von 10 Minuten über Priestewitz-Röderau nach dem Truppenübungs plätze Zeithain weiter. Der Weg von Königs brück nach Schönfeld ist von dem Bataillone per Fußmarsch zurückgelegt worden. In der Nähe von Schönfeld hat das Bataillon mit dem 1. Husaren-Regiment Nr. 18 „König Albert" Felddienst abgehalten. — Wie durch ein Wunder dem Tode ent rissen wurde am Dienstag durch einen eigen artigen Zufall ein Auszügler, der sich, wahr scheinlich infolge überkommener Schwermut, im Quersaer Holze durch Erhängen selbst den Tod geben wollte. Auf der Straße, die beimQuer- faer Holze vorüberführt, kam eine Abteilung Husaren, die nach der Garnison ritt. Tie Retter bemerkten den dort seitwärts im Holze an einem Baume Hängenden, schnitten ihn ab und stellten, trotzdem anscheinend kein Leben mehr in dem Körper war, Wiederlebungs- versuche an, die auch zur Freude der wackeren Retter nach einiger Zeit von Erfolg waren. Auf einem Zettel, den man bei dem Lebens müden fand, gab derselbe die Gründe für seine Tat an. Zu seinen Füßen lag ein Gesang buch aufgeschlagen. Schnell benachrichtigte Ver wandte holten den dem Leben Wiedergegxbenen nach Hause, wo er sich voraussichtlich wieder völlig erholen dürfte. — Der hier auf der Meißner Straße wohnende Delikatessenhändler G. machte am Dienstag gegen Abend seinem Leben durch Er schießen ein Ende. Der Grund zur Tat ist in mißlichen Gesundheits-, Ehe- und Vermögens- Verhältnissen zu suchen. Pillnitz. In Birkwitz ist der 26 Jahre alte Schlossergehilfe Paul Götting am Sonn tag beim Baden in der Elbe ertrunken. Die Untersuchung soll ergeben haben, daß er während des Badens einen Gehirnschlag erlitten hat. Dieser Fall ist deshalb besonders tragisch, weil Götting ichon einmal mit knapper Not dem Tode des Ertrinkens in der Elbe entgangen ist. Er befand sich am 5. Januar d. I. mit unter 17. Juli 1903. , -2 den vom Birkwitzer Bootsunglück Betroffenen, wobei bekanntlich zwei Fahrgäste ertranken, wurde aber damals gerettet. Pulsnitz. Wegen Unterschlagung im Amte wurde der 51 Jahre alte Ratssekretär Karte von hier vom Schwurgericht in Bautzen zu zwei Jahren Gefängnis und drei Jahren Ehren rechtsverlust verurteilt. Bautzen. In einem Anfalle hochgradigster Erregung hat der Gymnasialoberlehrer a. D. Dr. phil. E. Neubner von hier in seiner Sommer wohnung in Ebersdorf seinem Leben durch Er- ;ängen ein Ende bereitet. Der aus dem Leben Geschiedene war stark nervenkrank. Der Um land, daß seine Frau vor einigen Wochen den Versuch machte, sich die Pulsader aufzuschneiden, weswegen sie in eine Irrenanstalt untergebracht werden mußte, wirkte auf den beliebten Pädagogen vollends zerrüttend. Zittau. Wegen umfangreicher Unterschlag ungen, deren Höhe auf 25 000 M. angegeben wird, wurde hier am Sonntag die 41 Jahre alte, aus Böhmen stammende Frau Marie Weigelt verhaftet. Sie war seit etwa zwei Jahren in dem Detailverkauf der mechanischen Weberei von Wagner L Co. in Olbersdorf als Verkäuferin tätig und hat der Firma Waren entwendet und unter der Hand verkauft und vermutlich auch die Tageskasse bestohlen. Ostrau. Auf dem Gute Beutig kam eS am Donnerstag zwischen dem Oberschweizer und dem Gärtner Grünberg, die beide dort bedienstet sind, zu einem heftigen Streite, der den Grün berg in derartige Erregung versetzte, daß er ein Gewehr holte und auf den in seiner Stube befindlichen Oberschweizer schoß. Dieser wich dem Schüsse glücklicherweise noch aus, eilte dann aber zu Grünberg, entriß ihm die Flinte und schlug ihm mit derselben so wuchtig über den Kopf, daß die Waffe in Stücke ging, und der Mißhandelte blutüberströmt zu Boden fiel. Auf Grund der von dem Oberschweizer alsbald erstatteten Anzeige sind nunmehr beide Übel täter verhaftet und in das Amtsgerichtsgefängnis in Döbeln eingeliefert worden. Liebenwerda Ein schrecklicher Unglücks fall ereignete sich am Sonnabend abend auf der hiesigen Eisenbahnbrücke. Der 6 jährige Sohn des Handelsmannes Deutsch aus der Torgauer Straße, der mit mehreren Alters genoffen gegen 8 Uhr abends nach dem Knaben badeplatz an der Eisenbahnbrücke zum Baden gegangen war, erkletterte die Eisenbahnbrücke, um nach dem Zuge zu schauen. Inzwischen kam der hier 8,24 fällige Schnellzug heran gebraust, erfaßte den durch Angst in Verwirrung geratenen Knaben und trennte ihm beide Beine und den linken Arm buchstäblich vom Rumpfe. Die durch das Notsignal des Schnellzuges her beigeeilten Personen holten sofort den Arzt zur Unglücksstelle, der die Überführung des be jammernswerten Knaben nach dem Krankenhause anordnete. Hier gab das vollständig ver stümmelte Kind unter den gräßlichsten Schmerzen in der zehnten Stunde seinen Geist auf. Stolpen. In Altstadt ereignete sich ein schweres Radfahrerunglück. Ein Radfahrer stürzte über einen Schubkarren, den ein Knabe schob, wodurch beide Personen schwer verletzt wurden. Crimmitschau. Im Gondelteiche des SahnparkeS hier fand man am Freitag früh die Leiche des Materialwarenhändlers Limmer aus Leitelshain. Um mit dem Oberkörper unter Wasser zu bleiben, hatte der Lebensmüde ein Säckchen Kieselsteine im Gewicht von 40 Pfund sich an einen Arm gehängt. Müh lb erg a. d. E. In der hiesigen Unier- suchungssache wegen Nahrungsmittelvergehens ist einer der Verhafteten, der Roßschlächter eines sächsischen Nachbarortes, wieder aus der Haft entlassen worden, während die Untersuchung gegen die anderen in Haft genommenen fort dauert. Leipzig. Mit Spannung wird hierselbst dem Verlaufe der Schwurgerichts-Verhandlungen 2. Jahrgang. gegen den Millionär Friedrich entgegengesehen, welcher sich am 15. und 16. d. Mts. gegen die Beschuldigungen des Betrugs, des Meineid» und der versuchten Verleitung zum Meineide zu verteidigen hat. Friedrich, ein alter Geiz hals, welcher nicht genug zusammenscharren konnte, ist namentlich als Bedrücker der Bau handwerker übel bekannt geworden. Werdau. Wegen fahrlässiger Tötung wurde die Schlossersehefrau Böhme hierselbst vom Landgericht Zwickau zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Durch ihre Unachtsamkeit wurde ein zwei Jahr altes Kind von einem auf dem Tische umgekippten Topf heißen Kaffee über schüttet und verbrüht. Der Tod trat nach einigen Stunden ein. Falkenstein. In der Nacht zum Dienstag brannte im benachbarten Ellefeld die Mühle mit Kaffee-Salon des Herrn Barth nieder. Über die Entstehungsursache ist nichts bekannt. Die Nachbargebäude konnten gerettet werden. Plauen i. V. Der Maurerstreik scheint immer heftigere Formen anzunehmen. So wurde ein Möbelwagen von etwa 200 streiken den Maurern überfallen. In dem Möbel wagen vermuteten die streikenden Maurer Arbeits willige, sie hielten die Pferde an und sagten zu dem Kutscher, sie hätten ein Recht, den Wagen zu untersuchen. Der Kutscher wurde tätlich angegriffen und man schlug nun die Tür des Möbelwagens auf, fand aber nur Eßwaren, die ein hiesiger Restaurateur nach einem gern besuchten Ort bringen wollte, um dort seinen Stammgästen ein Picknick zu bieten, und 12 Herren. Die Maurer ergriffen darauf die Flucht, vorher aber hatten sie noch die Guirlanden, die den Wagen schmückten, herab- geriffen. Die Täter wurden zum Teil erkannt und der Staatsanwaltschaft angezeigt. Auch in den inneren Stadtvierteln mehren sich die Un ruhen, besonders in den von Arbeitswilligen bewohnten Straßen. Letztere haben sich in ver schiedenen Häuser konzentriert, um vor Über fällen von feiten der Streikenden sicher zu sein. — Der hiesige Maurerstreik dauert zwar noch fort, doch ist das Angebot von aus wärtigen Maurern, wie von Seiten der Arbeitgeber berichtet wird, so stark, daß in absehbarer Zeit auf die Streikenden überhaupt vollständig verzichtet werden kann. — Zu den in der Lohnbewegung befindlichen Maurern, Klempnern und Tischlern treten nun auch noch die hiesigen Maler und verwandten Bcrufögenossen. In einer am Montag abend abgehalteaen Versammlung wurde die Lohn bewegung beschlossen und folgender Tarif ge fordert. Vom 1. April bis 1. Oktober zehn stündige Arbeitszeit, ausschließlich ^/, Stunde Frühstücks- und V/2 Stunde Mittagspause. Der Lohn muß um soviel erhöht werden, daß ein Gehilfe während der neuen Arbeitszeit ebensoviel verdient wie früher, außerdem tritt noch eine lOprozentige Lohnerhöhung ein. Für Gehilfen nach dem zweiten Lehrjahre wird ein Minimallohn von 40 Pf. pro Stunde, für ältere Gehilfen 45 Pf. und für Anstreicher und Lackierer 38 Pf. pro Stunde gefordert. Für Überstunden und Sonntagsarbeit werden 25 und 50 Prozent Aufschlag bezahlt. Die Akkordarbeit wird abgeschafft. Schon jetzt steht fest, daß die Meister diesen Tarif nicht be willigen werden. — Am Osterfelde bei der Hammersbacher Alpe ist am 11. Juli die Leiche des seit dem 27. Juni vermißten Studenten Reinhard Teuscher von hier aufgefunden worden. Teuscher hatte am 27. Juni von München aus, wo er die Rechtswissenschaft studierte, einen Ausflug in die Vorberge und nach den Seen unternommen und ist hierbei verunglückt- Der Körper deS Verunglückten war schon arg verstümmelt, wohl infolge der schlechten Witterung und des langen Liegens. Die Beerdigung Teuschers fand in Garmisch statt.