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Ottendorfer Zeitung. Die „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Rloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inseraten bi» »ormittag ja Uhr. Inserate werden mit jo Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Sonntag, den 19. Juli 1903. 2. Jahrgang Oertliches und Sächsisches. Vttcndorf-Dkrilla, j8. Juli 1903. —* Gewitter berührten gestern nachmittags mehrfach die hiesige Gegend. Die begleitenden Regen brachten eine kleine Abkühlung der den ganzen Tag herrschenden schwülen Luft. — Ferien in Sicht. Die schönen Tage von Aranjuez sind nun in Sicht I — Die Ferien! Mit welchem Jubel seitens der Kinder werden dieselben'begrüßt. Und mit den Kindern freuen sich die Eltern und denken sich aus. welche Freuden sie an ihren Kleinen haben werden, die dann im Gefühle voller Freiheit den Bücher staub von sich schütteln dürfen. Übermütig schleudert der Knabe den Ranzen in die Ecke, heiter singend eilt das Mädchen herbei und nun beginnt die langersehnte Zeit der Ruhe. Das Kind soll in guter Luft sich körperlich und geistig erquicken, damit es dann, wenn der erste Schulgang wieder zur Pflicht ruft, mit neuer Kraft und neuem Eifer an die Arbeit ziehen kann. An schön verlebte Ferien wird jeder gern zurückdenken, auch wenn sie schon jahre lang hinter ihm liegen. — Die Gerichtsferien haben begonnen und dauern bis 15. September. Während dieser Zeit werden nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen getroffen. — Infolge der starken in Böhmen und Sachsen niedergegangsnen Regen ist der Elb- spiegel jetzt wieder so hoch gestiegen, daß der Schiffahrtsverkehr stromauf- und -abwärts wieder in vollem Umfange ausgenommen Worden ist. — Wie alljährlich, so ergießt sich auch in diesem Jahre in den Monaten Juli und August eine Hochflut amerikanischer Touristen, und zwar vermögender Amerikaner, über Europa. Dieser Exodus hat nunmehr eingesetzt. Alle erstklassigen Personendampfer von New-Jork auS kommen mit dichtgefüllten Kajütten in Bremen und Hamburg an. Man rechnet in diesem Jahre auf ungefähr 125000 dieser Ozeantouristen, denn die sämtlichen Schnell dampfer deö Norddeutschen Lloyd mit 16, der Hamburg-Amerika-Linie mit 12, der White Star-Linie mit 7, der Cunard- und Atlantic- Linie mit je 6, sowie der American and Red Star-Linie mit je 4 Dampfern sind bis auf den letzten Platz belegt. Welch ein wichtiges volkswirtschaftliches Moment diese Einwander ung darstellt, läßt sich leicht begreifen, wenn Man die Aufwendungen dieser 125000 ameri kanischen Besucher, welche durchweg dem be güterten, zum Teil dem reichsten Publikum entstammen, ins Auge faßt. Und daß der Amerikaner auf seinen Reisen nicht kargt, gilt als selbstverständlich. — Die Ziehung der 2. Klaffe der 144. Königlich sächsischen Landeölotterie findet am 3. und 4. August statt. Die Erneuerung deö Loses bat bis zum 25 Juli zu erfolgen. Klotzsche-Königswald. Der Gemeinde rat hat beschlossen, zur Benutzung des Kronprinz- Friedrich-August-Bades Ferienkarten für Er wachsene zum Preise von 3 Mark und für Schüler und Schülerinnen jeden Alters zum Preise von 2 M. auszugeben. Diese Karten werden schon jetzt ausgegeben und sollen bis -um 24. August gelten. Die Benutzung des PrießnitzbadeS ist bisher schon so stark gewesen, daß sich ein Mangel an Zellen bemerkbar Machte und der Badeausschuß deshalb beschlossen hat, eine weitere Anzahl Zellen errichten zu kaffem Die Bauarbeiten sollen sofort begonnen, aber möglichst auf die Abendstunden beschränkt werden, damit der Betrieb nicht darunter leidet. Königsbrück. Das Königliche 2. Jäger- Bataillon Nr. 13 hält in der Zeit vom 21. bis mit 25. Juli täglich von 6 Uhr vormittags bis 6 Uhr abends und das Gardereiter-Regi- Ment am 27. Juli auf hiesigem Gefechtsschieß platze Schießen in größeren Abteilungen ab. Dresden. Der auf der Hechtstraße 11 Wohnhafte 42jährige Dachdecker Wilhelm Süß- wilch stürzte am Donnerstag vormittag von dem Dache eines Hauses auf der Fürstenstraße auf das Straßenpflaster und brach das Rückgrat. Bei dem Transport nach dem Krankenhause er lag der Verunglückte seinen Verletzungen. Er hinterläßt eine sehr starke Familie. — Der 187 Mitglieder zählende Bund deutscher Tanzlehrer hält gegenwärtig seinen 5. Bundestag hier ab. Die Verhand lungen begannen am Montag in Meinholds Sälen unter dem Vorsitz des Herrn Henschel- Kiel. Als Leiter der Hochschule wurde Herr Ballettmeister Dequine-Hamburg, als dessen Stellvertreter Herr Tanzlehrer Kiffelstein-Hanau gewählt. Nach einem fachlich interessanten Vortrage des Herrn Ballettmeisters Jerwitz- Dresden beschloß Vie Versammlung, den nächsten Bundestag 1904 in Kassel abzuhalten. — Nachdem der Wasserspiegel der Elbe in den letzten Wochen infolge der andauernden Trockenheit einen für die Schiffahrt außerordent lich bedenklichen Tiefstand erreicht hatte, ist nun mehr durch die Regenfälle im oberen Strom gebiete wieder normaler Wafferstand eingetreten. Derselbe hält bereits seit mehreren Tagen an und wird von den Lastschiffen, die mit voller Fracht fahren können, lebhaft ausgenutzt. Die Personcndampfer, die bei dem niedrigen Wasser auf großen Strecken nur mit ziemlich erheblichen Verspätungen ihr Endziel zu erreichen vermochten, verkehren wieder mit größter Pünktlichkeit. — Seit einigen Tagen ist hier die erste Automobil-Droschke (elektrisch) in Betrieb gesetzt worden. Man kann sie hier und da auf den Haltestellen der Droschken erster Klaffe stehen sehen, sie ist jedoch meist unterwegs, da sie vom Publikum offenbar gern in Anspruch genommen wird. Sie trägt die Aufschrift „Automobil- Droschke Nr. 1", ist mit Fahrpreisanzeiger ver sehen und Eigentum einer Vereinigung der hiesigen Droschkenbesitzer. Dem Vernehmen nach wird in nächster Zeit eine zweite Droschke, mit Benzinmotor versehen, folgen. Für später ist eine entsprechende Vermehrung in Aussicht genommen. ' — Der Tenorist Georg Anthes ist auf 5 Jahre der Königlichen Oper in Budapest ver pflichtet worden. — Der Redakteur Peters von der „Dresdn. Rundschau" wurde wegen Majestätsbeleidigung und Beleidigung eines Mitglieds des landes herrlichen Hauses zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt, wovon ein Monat als verbüßt gilt- — Einen Einbrecher ertappte man am Frei tag früh, als er gegen 3 Uhr in das Restau rant Carolasee im Königlichen Großen Garten durch eine eingedrückte Fensterscheibe einzusteigen im Begriffe war. Durch das dabei verursachte Geräusch wurde die wachthabende Patrouille aufmerksam und nahm den Einbrecher, in dem man einen 20jährigen Mechaniker feststellte, fest. Lo schwitz. Der hiesige Ortsverein hat be schlossen, 300 bis 600 M. zur Anlegung eines Parkes im Staatswalde, dem Weißen Adler an der Bautzner Straße gegenüber, zu ver wenden. Großenhain. Am Donnerstag früh nach 7 Uhr passierte die Reitende Abteilung des 1. Feldartillerieregiments Nr. 12 unsere Stadt. Die Abteilung befand sich auf dem Marsche nach der Garnison Königsbrück und kam vom Truppenübungsplätze Zeithain. — Vor dem elterlichen Hause von einem unvorsichtigen Radfahrer umgefahren und nicht unerheblich verletzt wurde das noch nicht schul pflichtige Söhnchen eines Anwohners der Marien allee. Das Kind mußte in ärztliche Behandlung gegeben werden. Vielleicht empföhle es sich überhaupt, an der Marienallee-Ecke beim Bis marckdenkmale wegen des dort starken Gefälles der Straße die Warnung anzubringen: „Rad fahrer langsam fahren!" oder „Radfahrer ab steigen I" — Gestern begannen am Wafferübungsplatze bei Forberge und auf der Stromstrccke „Untere Elbhäuser" bis Zschepa die Pionierübungen auf der Elbe. Dieselben dauern fort bi» zum 28. d. Mts. und finden je von früh 6 bis 12 Uhr mittags statt. Vom 29. d. Mts. bis 1. August je von früh 6 bis nachmittags 2 Uhr sind militärische Übungen auf der Elb- stromstrecke Meißen-Seußlitz angesagt. Bauda. Am Mittwoch ertränkte sich in der Röder in der Nähe der Mühle der beim Guts besitzer Reißig in Diensten stehende 25 Jahre alte Knecht M. Hirsch. Derselbe war mittags noch bei seinen Eltern im Nachbarorte gewesen und hatte dort verlauten lassen, daß sie ihn nicht wieder sehen würden. Die Mutter und eine jüngere Schwester sind ihm bei seinem Weggange, weil es ihnen doch bange wurde, nachgelaufen. Jedoch die Mutter konnte ihn, an dem Üfer der Röder angelangt, nachdem sie die Tochter in die Mühle nach Hilfe geschickt hatte, nicht abhalten und vor ihren Augen sprang er in die Fluten und ertrank, ehe Hilfe herbei kam. Die Tat soll aus Verzweiflung geschehen sein wegen zu zahlendem Ziehgelde, welches er glaubte nicht aufbringen zu können. Lichtensee. Mittwoch wohnte Se. Majestät König Georg dem Gefechtsschießen auf dem Infanterie-Schießplatz zu Haidehäuser bei. Bei der Rückkehr durch unsern Ort, welcher unter dessen FlMenschmuck angelegt hatte, wurde von der 10 jährigen Johanna Kleinstück, Tochter des Kantors, Sr. Maj. ein Rosenbouquett überreicht und huldvollst entgegengenommen. Die Schul kinder mit ihren Fahnen bildeten Spalier. Ortrand. Ein eigenartiger Unglücksfall ereignete sich am Donnerstag in den Groß kmehlener Weinbergen. Die Kinder des Ein wohners Richter in Großkmehlen suchten in der Kirschenallee nach Kirschen. Dabei gerieten sie an einen Baum, an dessen einem Aste ein Ge wehr hing. Die Kinder schüttelten an dem Baume, daS^Gewehr fiel dabei herab, es ent lud sich und der Schuß ging der nicht weit davon stehenden Mutter ins Gesicht. Der her beigeholte Arzt ordnete die Verbringung der Verletzten ins Krankenhaus an. Das geladene Gewehr gehörte dem Kirschenpächter Jurig aus Großkmehlen. Kleinzschachwitz. Gestern morgen i/z10 Uhr stürzte hier das zweijährige Söhnchen des Arbeiters Israel in einem unbewachten Augen blick aus einem Fenster des ersten Stockwerkes Margarethenstraße 2 in den gepflasterten Hof raum. Schwer verletzt hob man da» Kind auf. Ärztliche Hilfe war sofort zur Stelle. Die Mutter liegt infolge des Schrecks krank dar nieder. — Der Aufklärung bedarf ein Vorfall, über den der „Pirn. Änz." folgendes berichtet: Am Schalter des Kaiserlichen Postamtes hier hatte Herr Major a. D. F. nach seinen An gaben einen Geldbetrag von 850 M. einge zahlt und dann die hierüber ausgestellte Post quittung verloren. Der Verlustträger erbat sich über die Einzahlung ein Duplikat, wobei sich herausstellte, daß ein Posten in dieser Höhe nicht gebucht ist, weshalb das Duplikat versagt werden mußte. Herr F. bezeichnete nun sofort den Schalterbeamten als denjenigen, welcher das Geld in Empfang genommen haben soll. Der Beamte hatte jedoch, wie feststeht, an dem betreffenden Tage überhaupt diesen Dienst nicht- Auch derjenige junge Mann, welcher den Schalterdienst versehen hat, weiß von der an geblichen Einzahlung nichts und stellt sie fest in Abrede. Eine an den Empfänger des Geld betrages gerichtete telegrapische Anfrage kam als unbestellbar zurück. Vorläufig ist der er wähnte junge Mann vom Dienste suspendiert worden. Die von einem höheren Postbeamten au» Dresden geleitete, nach verschiedenen Richt ungen hin unternommene Revision hat nichts ergeben was zu Bedenken Veranlassung geben könnte. Der Vater des unter dem Verdachte eines Vergehens im Amte stehenden Postgehilfen hat sofort 1000 M. Kaution geleistet und das weitere bei dem Amtsgerichte veranlaßt. Großharthau. Am 10. d. M. fand die feierliche Einweihung der neuerbauten Schule statt. Prinz Sizzo von Schwarzburg-Rudol- sladt, welcher dem Akte beiwohnte, schenkte der Schule die Bilder des Kaisers und des König». Dem Gemeindevorstande wurde die fürstlich Schwarzburgische Ehrenmedaille in Silber ver liehen. Meißen. Donnerstag früh kurz vor drei Uhr entstand in unserer Stadt Feuerlärm und weckte die Bewohner aus dem Morgenschlafe. In einem an die Wettinstraße und das frühere photographische Atelier von Delling grenzenden Schuppen der Eisengießerei und Maschinen fabrik von Schindler und Grünewald war Feuer entstanden und verbreitete sich, da der Schuppen mit Brettern und Pfosten angefüllt war, aufs schnellste. Den bereits seit halb drei Uhr an der Brandstelle tätigen Bewohnern der Fabrik gelang es, durch fortwährendes Zutragen von Wasser in Eimern usw. den Brand bis zum Eintreffen der Feuerwehr zu lokalisieren. Die Feuerwehr griff dann mit fünf Schlauch leitungen an. Der abgebrannte Schuppen war massiv gebaut und hatte eine Länge von 10 Metern und eine Tiefe von 7 Metern. Leider hat sich bei den Löscharbeiten der Sohn des Fabrikbesitzers Schindler ziemlich erhebliche Brandwunden an den Händen und im Gesichte zugezogen, sodaß er sich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Döbeln. Bei der 7. Kompanie de» hier garnisonierenden König!. Sächsischen Infanterie regiments Nr. 139 ist ein Soldat am Typhu» erkrankt. Der Patient ist sofort isoliert und außerdem sind alle Maßnahmen getroffen worden, um dem Umsichgreifen der Krankheit nach Möglichkeit vorzubeugen. Bautzen. Am 14. Juli nachmittags trafen hier wieder 40 Gefangene aus der Landes strafanstalt Zwickau und am Mittwoch die gleiche Anzahl aus Hoheneck bei Stollberg i. S. ein und wurden unter den üblichen Sicherheits maßnahmen nach der Strafanstalt überführt. Riesa. Aus einem eigenartigen Grunde mutzte am Donnerstag die hiesige Straßenbahn den Verkehr einstellen. Infolge einer mili tärischen Übung wurden nämlich eine Anzahl in Privatbesitz befindlicher Pferde eingezogen, unter anderen auch die der Straßenbahn. Eibenstock. Der Handarbeiter Gerber in Hundshübel, der am Dienstag abend zum Grashauen gegangen war, wurde Mittwoch vormittag im Walde, an der Straße nach Schneeberg, tot aufgefunden. Neben dem Toten steckte in der Erde ein Taschenmesser. Die rechte Brust weist eine klaffende Wunde auf. Ob Mord oder Selbstmord vorliegt, wird die Untersuchung ergeben. An einer Fichte zeigt sich ein Streifschuß. Gerber war verheiratet und hatte 4 Kinder. Cunnersdorf bei Kirchberg. Beim Feld- dienst des Zwickauer Regiments hier wurde ein Soldat durch eine Platzpatrone nicht unerheblich am Kopfe verletzt. Der Verletzte lag längere Zeit bewußtlos. Meerane. Auf Anordnung der Polizei wurde der der Brandstiftung angeklagte Wirt schaftsgehilfe Rudolph, der vom Schwurgericht zu Zwickau wegen geistiger Störung freige sprochen und sofort auf freien Fuß gesetzt worden war, dem hiesigen Krankenhause zu geführt, um die Anwohner der Zwickauer Straße, wo Rudolph die Brände angelegt hatte, zu be ruhigen. Wegen Unterbringung Rudolph» in einer Heilanstalt sind bereits Schritte eingeleitet. Plauen i. V. Auch am Dienstag mußten wieder mehrere Verhaftungen von streikenden Maurern vorgenommen werden, die Arbeits willige mit Gewalt von der Arbeit abhallen wollten. Plauen i. V. Einem hiesigem Jäger ist ein schwerer Unfall zugestoßen. Der Jäger hatte die linke Hand auf die Mündung seine» Gewehres gelegt, als durch irgend einen noch unaufgeklärten Umstand ein Schuß losging, durch welchen ihm der Mittelfinger weggerissen und die Hand auch sonst noch arg zerfleischt wurde.