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»I » » UMUM FA^AMB MM --M MA THUNUM VlfflVU II»«« ZN I VR^IÄZIIIII ßlVWH'ß-H^ ^D^H-AWA^LR^ Die „Vtlendorscr Acilun»' erscheint Dienstag, vonncr»- wg und Sonnabend abend». Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch dir Post bezogen 1,20 Mark. Annahme van Inseraten tt» »»rmittag s« Uhr. Inserate werden mtt <o Pf für dir Spaltzetl» berechnet Tabellarischer Satz nach b,. sonderem Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 143. Mittwoch, den 29. November 1905 4. Jahrgang. Orrtliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, 2«. November zqo5 — Die schöne, pietätvolle Sitte, zum Toten sonntag die Grabstätten teurer Dahingeschicdener mit Zeichen der Liebe zu schmücken, hat mit jedem Jahre an Ausdehnung gewonnen. Schon am Sonnabend norm Totensonntag bildete der Friedhof das Ziel zahlreicher Wanderer, die hinauszogen, um in stillem Gedenken an Grabeshügeln zu weilen oder Blumengewinde aus die öden Stätten vor Einbruch der rauhen Winterszeit niederzulegen. Freilich jene Pracht, die der ebenfalls als Gedenktag der Toten geltende Johannistag entfaltet, vermag der Totensonntag nicht zu bringen. Weniger leuchtend sind die Farben des Schmuckes, ost besteht er nm in künstlichen Nachbildungen, aber nicht weniger herzlich sind alle diese Gaben gemeint. Und sie sind alle aus jener Stimmung heraus hin an die Grüfte getragen worden, die das ernste Mohnwort „Gedenke des Todes" in jedes Menschen Brust weckt. Die Toten sind nach dem erhebenden Christenglauben bei Gott und zu diesem führt ihre Feier darum vor allem hin. — Das Kgl. Oberhofmarschallamt erläßt folgende Ansage: Allerhöchstem Befehle zufolge werden am Kgl. Hofe an dem bevorstehenden NeujahrStage Beglüüwünschungs-Couren und die Affemblde, am 10- Januar, 7. und 27. Februar 1906 große Hofbälle abgehalten werden, bei welchen Gelegenheiten Vorstellungen angemeldetcr Damen und Herren erfolgen können. Außerdem finden zwei Kammerbälle statt, und zwar am 24. Januar und 14. Februar Betreffs anderer Hoffestlichkeiten sind noch keine Bestimmungen getroffen Diejenigen am Kgl. Hofe vorgestellten Damen und Herren — so wohl die in Dresden als die außerhalb der Residenzstadt wohnenden — welche den Wunsch hegen, mit Einladungen zu den großen Hos- bällen bedackt zu werden, wollen ihre Karten mit einem bezüglichen Vermerk an das Kgl. Obermarschallamt gelangen, oder ihre Namen in feine zu diesem Zwecke daselbst von vor mittags 9 Uhr bis abends 6 Uhr ausliegende Liste eintragen lasten. — In den Lohnkampf in der sächstsch- thüringischen Gespinstinduftrie tritt nun auch die Textilarbeiterschaft der Niedcrlausitz zwecks Erringung des zehnstündigen Arbeitstages und einer 20prozentigen Lohnerhöhung und An erkennung der Organisation ein. In Forst fanden starke Arbeiterversammlungen statt, denen sich solche in Sorau, Cottbus, Syrern- berg, Sommerfeld und Finsterwalde anschließen. Dresden. Ein Unbekannter, der sich Schlafstellen mietet, von den Wirtsleuten kleine Geldbeträge leiht und nach Verübung von Diebstählen wieder verschwindet, tritt jetzt in Dresden und umliegenden Orten auf. Die Schlafstelleninhaber werden deshalb vor dem Betrüger, der etwa 45 Jahre alt, von unter setzter Gestalt ist und blonden Schnurrbart trägt, hiermit gewarnt. Pulsnitz. Ein bedauerlicher Unglücks- sall ereignete sich am 24. d. M. Nachmittag im Schöne'schen Steinbruch an der Eierberg straße bei Lichtenberg, indem der daselbst be schäftigte Maurer Großmann aus Lichtenberg von einem sortgeschleuderten Sprengstück tövlich verletzt wurde. Während der Abgabe eines Sprengschustes befand sich Großmann mit dem WarnungSzejchen auf der am Steinbruch vorbciführenden Straße, als ein kleiner ver sprengter Stein ihn dermaßen am Kopf traf, daß die Schädeldecke zertrümmert wurde. Bald nach der Uebcrführung in seine Wohnung verstarb Großmann, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben. Derselbe war seii dem Sommer dieses Jahres verheiratet als fleißiger und solider Mann geachtet und beliebt. Sein trauriges Schicksal ruft daher die allgemeine Teilnahme hervor. Meißen. Das Stadtverordnetenkollegium genehmigte einen Nachtrag zum Steuerregulativ durch den die Einkommen von rund 300 bis 400 M. von der Steuer befreit, die Klosten bis 800 M. entlastet werden und der soge nannte Kinderparagraph eingesührt wird. Der Ausfall von rund 19000 M. jährlich wird den Einkommen über 4000 M. auferlegt, deren es hier 436 gibt bei insgesamt 12791 Steuer zahlern. Der einzelne von diesen Höchsl- besteuerten wird um 4 bis 860 M. höher be- lastet als bisher. Die Steigerung der Steuer geht nach den neuen Bestimmungen bis 4,55 Proz. während sie bisher bei 3,73 Pro^ aufhörte. Döbeln. Die Arbeiten am zweigleisigen Ausbau der Strecke Döbeln —Niederstriegis sind soweit beendet, daß die Inbetriebnahme des zweiten Gleises auf dieser Strecke am 1. Dezember wird erfolgen können. Die Er öffnung der Güterverkehrsanlagen auf dem bisherigen Haltepunkte Döbeln-Ost wird sich noch einige Tage verzögern und voraussichtlich erst am 11. Dezember stattfinden. Mühlberg a. d. E. Ein auf einem nahen Rittergute beschäftigter polnischer Arbeiter besaß einen Taschcnrevolver. Auf dem Wege von Liebersee nach Belgern schoß er be- lustigungshalder mit dem Revolver, wobei er unglücklicherweise den neben ihm stehenden Ar beiter Bauer aus Liebersee in die rechte Hals feite traf, sodaß das Geschoß oberhalb der rechten Bocke neben dem Auge sitzen blieb. Der Schwerverletzte wurde sofort in ärztliche Behandlung genommen. Der leichtsinnige Schütze, der in den nächsten Tagen nach seine, Heimat zurückreisen wollte, ist nun verhaftet worden. Krippen. Donnerstag erlegte in dem Maxdorfer-Niedergrunder Reviere, nahe der Königsmühle, ein Jagdgast des Grafen Thun aus Tetschen einen Ächtzehnender- Mittweida. Wegen gefährlicher Körper verletzung wurde vom hiesigen Amtsgericht der Käsefabrikat Friedrich Neuhäuser aus Ottendorf mit sechs Monaten Gefängnis bestraft Er hatte im September d. I. gemeinschaftlich mit dem Privatmann Richter, ebenfalls aus Ottendorf, nach vorauSgegangcnem Streit einen dortigen Güterbodenarbeiter dermaßen zugerichtet daß der Geschlagene erst am anderen Morgen im Frankenberger Stadtkrankenhause die Be sinnung wiedererlangte. Richter kam mit 500 Mk. Geldstrafe davon. Neudörfchen. Ein Unglücküfall mit tödlichem AuSgange ereignete sich in einer hiesigen Fabrik. Der daselbst seit langen Jahren beschäftigte Arbeiter Eduard Wolf ge riet beim Auflegen eines Riemens in die Transmission und stürzte von einer Leiter herab. Der Bedauernswerte erlitt einen schweren Sckädelbruch, an deren Folgen er bald starb. Rosenthal. Bei der Spar- u. Dahrlehenskaffe zu Rosenthal eingetragene Genossenschaft, ist durch eine Revision ein Fehlbetrag in Höhe von un gefähr 12000 Mark aufgedeckt worden. Der Kassierer hat darauf beim Amtsgericht Kamenz selbst Anzeige erstattet. Leipzig. Vor dem hiesigen Schwurgerichte beginnen am Mittwoch die Verhandlungen gegen den Genosten Bock, den früheren sozial demokratischen Stadtverordneten und Leiter des Connowitzer Konsumvereins. Fast ein Jahr sitzl der Angeschuldigte bereits in Untersuchungs haft; auf den Ausgang der Sache ist man sehr gespannt. — Von der Staatsanwaltschaft zu Darm stadt wurde der 17 Jahre alte Schlosser Hans Küfner wegen Verübung mehrfacher Diebstähle steckbrieflich verfolgt. Küfner hatte sich nach Leipzig gewandt und lebte hier unter der Bezeichnung eines 19 jährigen Malers, nach dem er am 15. d. M. in Gera gegen den 84 Jahre alten Rentier August Scheer einen Totschlagsversuch verübt hatte, als der alte Mann ihn bei den Ausräubern seiner Wohnung überraschte. Durch einen Schlag mit einem großen Hackemesser erhielt Scheer eine schwere Verletzung. Den jugendlichen Verbrecher hat man glücklicherweise jetzt hier festnehmen können. — Die Königliche Staatsanwaltschaft ließ am Sonnabend die in der Peterstraße ge legene Geschäftsstelle der „Bera-Diamanten- Kompagnte" amtlich schließen. Die Maßregel soll als Zwangsmittel gelten, damit der nach Bukarest geflüchtete frühere Geschäftsführer der Firma, Blitzstein, welcher wegen unlauteren Wettbewerbs angeklagt ist, sich dem Gerichte stelle. Lengenfeldi. V. Eine große Feuersbrunst rief die hiesige Feuerwehr zu angestrengter Tätigkeit. Es brannte zunächst im Hintergebäude der ThomaSschen Färberei. Der Feuerwehr gelang es nicht, den Brand, der an einer ge fährlichen Stelle ausgebrochen war, aus seinen Herd zu beschränken Nicht nur das Hinter gebäude, sondern auch das zur Zeit unbewohnte Wohnhaus der genannten Firma fielen dem verheerenden Element zum Opfer. Johanngeorgenstadt. In Platten ist die Handschuhfabrik der Firma Stengel und Link seit einem Jahre im Betriebe einer Berliner Gesellschaft durch Feuer vollständig zerstört worden. Große Waren- und Ledervorräte sind mit verbrannt. Der Schaden beläuft sich auf über 50000 Kronen. Gleichzeitig wurde eine Tischlerei eingeäschert. ^Zwickau. Von hier wird die irrige Meldung verbreitet, die Grubenbesitzer hätten die Forderungen der Bergleute bereits ab gelehnt. Diese sind ihnen erst am Donnerstag zugestellt worden und die Werkverwaltungen haben 14 Tage Zeit zur Entscheidung. Eine Verschärfung der Lage ist also durchaus nicht eingetretcn. Reichenbach i. V. Am Bußtag früh brannte das Haus Burgstraße 20 vollständig nieder. Der im oberen Stockwerke wohnenden Arbeiterfamilie verbrannte alles; es war nichts versichert. Erhebliche Brandwunden erlitt der Steigerzugführer Kölbel durch herabstürzenden glühenden Schutt. Frau Spindler mußte eine klaffende Kopfwunde zugenäht werden. Sie hatte versucht, noch etwas zu retten, wobei ihr ein Beil aus der Höhe auf den Kopf fiel. Plauen i. V. Einen Ueberfall auf einen Schutzmann verübte nachts in der Polizeiwache der Plauener Südvorstadt der als roher und gewalttätiger Mensch bekannte ^Handarbeiter Kügel. Der nahezu 60 mal wegen Diebstahls und Roheitsverbrechen vorbestrafte Rowdy, der über große Körperkraft verfügt, beleidigte den diensthabenden Schutzmann, schleppte ihn nach der Hausflur und schlug mit einem Spazier stock auf ihn ein, auch am Halse würgte er ihn. Glücklicherweise kamen den hart Be drängten zwei andere Schutzleute zu Hilfe; aber auch jetzt gelang es nur durch Aufbietung aller Kräfte und unter Benutzung der blanken Waffe, den rabiaten Menschen zu überwältigen Er hat bei dem Kampf erhebliche Wunden am Kopf davongetragen und mußte zunächst nach dem Kcankenhause gebracht werden. Aus der Woche. Die Lage in Rußland beginnt sich etwas aufzuhellen. Die Kreise derjenigen, die zu Witte halten, werden immer größer, und die Gewalttätigkeiten nehmen ab. Zwar ist nicht etwa darauf zu hoffen, daß nun alles glatt wie am Schnürchen gehen wird. Aber das arg verfitzte Knäuel entheddert sich allgemach und es gewinnt den Anschein, als ob die Reationäre so leicht nicht wieder zu Einfluß kommen sollten. Als ganz besonders günstiges Zeichen dafür, daß nach und nach in weiteren Kreisen Beruhigung Platz greift, dürfen woh die Telegramme angesehen werden, die aus sehr vielen Teilen des Landes an Witte ge langen. Es wird ihm darin daS Vertrauen ausgesprochen, er werde die verwickelten Ver hältnisse einer befriedigenden Lösung entgegen ¬ führen und insbesondere wird ihm versprochen, daß man aus der Grundlage des Zarenmani- festes vom 30. Oktober die Regierung unter- iützen wolle. — Während sicb die Wogen im Zarenreiche allmählich glätten, beginnt in der österreichisch-ungarischen Monarchie der Sturm. Am 28. d. M. soll der Reichsrat zusammen- reten, aber schon jetzt sind die Regierungs gegner eifrig bei der Arbeit, um für diesen Tag das Progamm einer allgemeinen Straßen- kundgebung auözuarbeiten. Dieser Umstand allein kündet für die Monarchie überaus erregt« Tage und Wochen an. Aber es kommt noch sinzu, daß die Regierung, wohl oder übel, da» Programm für diese gegen ihre Absichten ge richtete Kundgebung genehmigt hat. allerdings unter der Bedingung, daß sich dir Führer der Volksmaffen verpflichten, für Aufrechterhaltung der Ordnung Sorge zu tragen. Die Haltung der Regierung ist eine mehr als merkwürdige: Sie gestattet nicht nur den Mafsenaufzug, der einen Einspruch gegen die Tagung des Reichs- ratö bedeuten soll, sondern bittet auch noch die Anführer der Teilnehmer an der Kundgebung um Aufrechterhaltung der Ordnung I Die Flottenkundgebung der Mächte gegen die Pforte ist bis heute immer noch nicht zur Tatsache geworden, obwohl sich schon eine Anzahl von lriegsschiffen auf dem Wege zur friedlichen Nockade befindet. Der Großsultan, der seit Monaten immer eine Hintertüre fand, um recht zeitig zu entwischen, wenn die Mächte wegen )er mazedonischen Reformen bei ihm anklopften cheint jetzt allerdings ein wenig in der Klemme u sein. Obwohl er alle Register gezogen hat und alle diplomatischen Künste spielen ließ, rückt ür ihn nunmehr die Stunde der Entscheidung ;eran. Man kann ihm nachfühlen, daß er Herr in seinem Lande bleiben will und daß er gegen Finanzreformen eine gewisse Abneigung wt. Denn eine jüngst von dem Palastminister vorgenommene Finanzänderung hat für den „kranken Mann" .die Folge gehabt, daß er von seinem 300 Haremsdamen 100 aufgtben mußte. — Raisuli, der ehemalige Räuber hauptmann und jetzige Gouverneur in Tanger vereinigt seine beiden Eigenschaften meisterhaft, und der Sultan ist damit scheinbar einvrr- tanden. Ab und zu allerdings erfaßt den Räuberhauptmann die Großmannssucht. In einer solchen Anwandlung drang er kürzlich in mehrere Basare zu Tanger und verkündete, der Sultan von Marokko sei entthront. Daß er sich für die Mitteilung dieser hochwichtigen Nachricht reichlich bezahlt mache, indem er die Basare in Gemeinschaft mit seinen Getreuen ausplünderte, ist beinahe selbstverständlich. Es wäre zu wünschen, daß die Konferenz von Algeciras der beachtenswerten Tätigkeit dieses merkwürdigen Scherifenstellvertreters ihre volle Aufmerksamkeit schenkt. — Castro der famose Präsident von Venezuela, wird schon seit Wochen von Nordamerika mit einer Flotten- kundgebung bedroht und da nun auch Frank reich einen Kreuzer zu ihm entsenden will, wählt er die Vorsicht, den besseren Teil der Tapfer keit, zur Beraterin und zieht sich ins Innere seines Landes zur Jagd zurück. Weit davon ist gut vorm Schuß. — Nun hat auch der Einzug Königs Haakons XII. in Lhristiania stattgefunden. Englische, dänische und deutsche Kriegsschiffe gaben dem neuen Herrscher in sein Land das Geleit. Von Schweden war aller dings niemand erschienen. Aber schließlich darf man nicht vergesten, daß die Wunde, di« das verlorene Königreich gerissen hat, noch jung und unvernarbt ist. Das Storthing hat beschlosten, mit Schweden freundschaftliche Beziehungen au« zubahnen — und da kommt die Meinung des Herrschers nicht in Betracht. Haakon XII, wird das alte Königreich nach außen würdig vertreten, im Innern aber klug genug sein zu schweigen, denn er hat ja selbst erlebt, daß die Norweger kurzerhand einen König hinaus- kvmplimentieren, wenn er eine eigene Meinung Dec innere norwegische Angelegenheiten hat.