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Ottendorfer Zeitung : 29.10.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190510290
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19051029
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19051029
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-10
- Tag 1905-10-29
-
Monat
1905-10
-
Jahr
1905
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 29.10.1905
- Autor
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Von l^ak uns fern. Ler deutsche Flottenverri« zählt nach Rlung der .Flotte' jetzt 810 000 Mit- ter. An Grabdenkmal ist auf dxm Friedhöfe > Beaune la Rolande für die im Jahre 1870 dem hier stattgehabten Gefechte gefallenen Wen Soldaten enthüllt worden. Bei der tz, der ein Vertreter der deutschen Botschaft Paris sowie mehrere andere Deutsche bei zten, hielt der Maire eine Rede, in der er Äste, daß die Stadt der deutschen Regierung Grundstück, auf dem das Denkmal steht, ! ewige Zeiten übergebe. Tolle Fahrt in de« Tod. Zwischen Basel und dem Nachbarorte Riehen wurden die Insassen eines in rasender Geschwindigkeit fahrenden Automobils herausgeschleudert. Ein Herr aus Lörrach (Baden) namens Zimmermann wurde getötet. Das Ende eines historischen Klosters. Das weltberühmte Benedikünexkloster von San Oreste (Sorakte), das 1870 in Staatsbetrieb Überging, ist jetzt an Private veräußert worden, und die Mönche haben den ehrwürdigen Berg verlassen. Test dem fünften Jahrhundert hatte das Kloster bestanden, dessen Insassen ein wahres Eden ins Leben riefen und ein Segen A« ungeheurer Sonuenfleck ist gegen- tilg auf der Mitte der Sonnenscheibe zu W Im Fermohr zerfällt das Gebilde in yig Einzelflecke, deren Gesamtausdehnung H ist dem Sechsfachen des Erddurchmessers. Die Spielkartenherstellung in Teutsch- 'd ist im letzten Rechnungsjahr wesentlich Kegen. In den 31 Spielkartenfabriken find Rechnungsjahre 1904 nach der amtlichen Mrolle 7 203 908 Spiele hergestellt gegen M474 im Jabre 1903, also jetzt 407 434 p'le. mehr. In Verkehr gekommen find ^5802 Spiele gegen 6 928 351 im Jahre W also 237 401 mehr. Der größte Teil - erhöhten Absatzes entfällt auf das Aus- das 1651 078 Spiele erhielt gegen ^7061 im Jahre 1903, also 184 017 mehr, Ehrend aus dem Auslände nur 43 488 Spiele Vngen gegen 50 596 im Jahre 1903 Deutsch - französtscher Grenzzwischen- Der 20 jährige Sohn eines Turnlehrers Ane in Nancy wurde an der Grenze, als sich nach Metz begeben wollte, von deutschen bannen ohne weiteres verhaftet und sofort H Dietz abg-sührt. Französtscherseits find M Schritte unternommen, um seine Frei- Wg zu erwirken. Man vermutet, daß ein kum vorliegt und daß die Behörden den "Sen Matm für' den Sohn des früheren ^Menschen Abgeordneten Antoine hielten. K»trrir-isch« Brände find fest längerer "i in der Gegend von Duisburg-Meiderich M hohen Eisenbahndämmen, die mit Zechen denstein angeschütlet find, zum Ausbruch Wmen. Alle Versuche, diese Feuer zu er- find bis jetzt ohne Erfolg geblieben, 'brennt es nicht nur am Bahnhof Ober- ^en-West lustig weiter, sondern auch in dem an der Oberhausener Straße. Der Irdische Brand wird voraussichtlich erst dann i finden, wenn er bis zu der nahegelegenen Helmauer der Eisenbahnunterführung vor- Mgen ist. Erstickt. Zwei hiesige Mainzer Volks- Aer wollten am Freitag nachmittag im be- Mrten Goirmheimer Walde in einen Sand- Afi eine Höhle graben. Als sie schon bis in ^Uitte des Hügels gekommen waren, stürzte zusammen und begrub beide Kinder, He erstickten und nur als Leichen zutage Mert werden konnten. billige Reise. Am Bahnhof zu Kaisers- Mn wurde der General-Agent Mey wegen Mung eines 'Kilometerheftes verhaftet. Er U auf dieses durch falsche Einträge schon H Kilometer abgefahren. Beleidigung der Schusterbube«. Ein Mener Blast veröffentlicht nachstehende Me Zuschrift: »München, 24. Oktober 1905. Arljche Redaktion! In der Sitzung des ^eindekollegiums vom 12. d. fiel bei einer ^ina'ndersetzung zwischen den Gemeinde- Nmächngten Kellner und Wacker der Aus- H .Schusterbub'*.- Diesen Ausdruck hielt ? Dr. Wacker für eine Beleidigung, wegen glaubte, Klage stellen zu müssen. Als Meister der Schuhmachermetsterzwanas- Hg muß ich nun doch den entschiedensten Druch dagegen erheben, daß die Bezeich- I.Schusterbub'* eine Beleidigung bedeute, s Gewerbe der Schuhmacher steht zu hoch, Mß es durch solche Kränkungen getroffen xM könnte. Hochachtungsvollst Jos. Ziegler, Lacher-Innung in München." > Aien. Dieses Werl, das siegesbewußt von . Baronesse von Bingen ausging, war in H einen Stünde mit allen MSUüationen M und sollte unerbittlich geahndet werden. Ho schieden Graf von Rohden und. Dokior Msvoueinanher als unverbrüchliche Freunde stelle'Verbündete. ' . i-^12. ^er.^Graf vermochte es nicht über sich-zu ^ven, noch an diesem Abend in das von Mische Haus zurückzukehren. andern Vormittag empfing die Bmoneß Gingen ein Billett von seiner Hand, in l^in er in sreundlichster Weise um Ert- Mng seines Nichterscheinens und zugleich Maubnis seines baldigen Besuches bat. er allein in seinem Zimmer an dem der Begegnung mit Dr. Kühns war, ," mit fich selber zu Rate. ^.We Ewigkeit ist zu kurz,* sagte er fich in s, " "hu noch beherrschenden Erregtheit, »wieder Machen, was mein grausamer, wahn- Verdacht an Berta verbrach.* Aber mit ?? Ruhe beschloß er, Rache an der Baroneß ^en. hMe soll büßen, wie sie gesündigt hat,* er. »Schlag auf Schlag soll folgen soll zwischen den Rädern ihrer schäm- ^..Selbstsucht moralisch zermalmt werden. Ur,, R mich, das weiß ich, wie diese unedle H.M lieben vermag, an der jede Faser schmutzigste Eigenliebe, gepaart mit Herzigkeit ist. Außer fich ist diesem schreck- -«lleibe niemand etwas, sie würde Vater Ausnahmen durch Len elektrischen Zernphotographen. Uebrrlragung eines Textes, mit Tinte ans Metall- joU« geschrieben und durch den Fernphotagraphe« telegraphiert. Porträt des Prinzregenten Luitpold, übertragen durch den Korwcheu Kerupoolographeu über eine« LeUungs- wlürrstans von ÜMÜ Ohm, «miprechend einer LeUungS« tänge von ca. 1200 Nitometer. für die umwohnende Bevölkerung wurden, die bis zuletzt — es handelt fich um zahllose Aime — tagtäglich ihr Stück Brot und ihren Teller Supve erhielt. Ei« Denkmal für Papst PiuS » In Pienza, dem Geburtsorte Pm8 II., wurde an läßlich der Zentenarfeier dieses Papstes ein Denkmal enthüllt, das in einem Marmor sockel mit dem Bronzemedaillon Pius II. besteht. AN der Feier nahmen sämtliche Zivilbehörden, die kirchlichen Autoritäten, eine Vertretung aus Trieft, Deputationen der Provinz und der um liegenden Städte und Gemeinden teil. Der Bischof von Pienza sowie Graf Piccolomini (aus der Familie des Papstes) hielten die Fest reden. Enthüllungen über den Dampfer „John Grafton". Tie gebeiunisvolle Affäre der Lamp'erS »John Grafton", der bekanntlich vor einiger Zett an der finnischen Küste strandete und von der eigenen Bemannung in die Luft gelprengt wurde, erhält jetzt durch eine .Koveuharener Zeitung' eine gewisse Beleuchtung. Im Juni kam in Kopenhagen der Dampfer „Ella" mit einer Ladung von Revolvern und Patronen an, die aus einer Hamburger Fabrik stammten. Bald darauf kam ein englischer Schiffsbesitzer und kaufte die Ladung namenS einer Frma auf, deren Par m-r erwar. Ernadmvonder Hamburger Firma u. a. 35 O K) G me re, für die er 280 000 Mk. zahle, und 7 500 000 Patr nm für und Mutier vernichten, ständen sie ihrem Selbst zweck im Wege. Ich bin ein schlechter Schau spieler, ich vermag meine Gelühle nicht zu ver leugnen, aber es muß sein." Und Graf v. Rohden wurde von jetzt ab fast Tagesgast bei von Gelderns. Er zeigte .sich öffentlich alS Begleiter der Baroneß, die Gesellschaft beneidete dieselbe um das Glück, den reichen, liebenswürdigen, schwärmerischen Grafen nun doch ganz und gar gesesselt zu haben. Sie hatten stets Gelegenheit, miteinander allein zu verkehren; der Graf war liebens würdig, zuvorkommend, er ging auf all die Scherze ein, welche bei Liebenden gewöhnlich einer ernsten Erklärung vorangehen, aber das offene Geständnis seiner Liebe, was die Gesell schaft auch wohl mit »formell* bezeichnet, war noch nicht erfolgt. „Warum sehen Sie mich mitunter gar so seltsam'-m, lieber Karl?" fragte die Baroneß eines Nachmittags nach dem Kaffee, als ihre Mütter fich entfernt hatte. »Sind Sie durch meine herzliche Zuneigung nicht befriedigt? Was soll ich tun, um Ihnen zu beweisen, daß ich Lihnen von Herzen zugetan bin?* - Graf Rohden fuhr mit der Hand über die Stirn. „Haben Sie Geduld mit mir l* sagte er. Dann plötzlich fragte er: „Würden Sie mich lieben können, Ida, — lieben, nur meiner selbst wegen?" Er hatte nie das Wörtchen „lieben* aus gesprochen, er tat es jetzt zum ersten Male. „Zweifler l* rief sie und senkte wie schüchtern 281OOO Ms. Seme Firma hatte angeblich VureauS in Paris, London und Kopenhagen, imd er war nach seiner eigenen Aussage für ein Syndikat tä ig. Die Ladung der „Ella* wurde überwiesen und mrt den andern Ankäufen nach Stockholm geschafft. Nach Verlassen des letztgenannten Hafens wurde die ganze Ladung auf hoher See auf den Dampfer „John Grafton" übergeführt. Die Kopenhagener Zeitung behauptet, daß ein Vertreter der Ham burger Firma fich nach der F rma erkundigt habe, deren Name der englische Agent angab. Die Hamburger Firma soll nämlich noch mehrere andre Aufträge bis zur Ablieferung erledigt haben, aber nicht imstande sein, die spurlos verschwundene Firma zu finden. In Antwerpen sollen für die ver schwundene Firma ebenfalls 15000 Gewehre zur Abnahme bereMegen. Kuropatkins Guter unter dem Hammer. Die dem bekannten russischen General und Heerführer Kuropaikin gehörenden ausgedehnten Besitzungen im Bezirke Pikow sollen, dem Königen amtlichen Anzeiger zufolge, wegen rückständiger Steuern in öffentlicher Ver steigerung verkauft werden. Das Budget für de« Harem des Sultans beläuft fich auf die nicht unbeträcht liche Summe von 60 Mill. Mk. jährlich. Etwa 100 Frauen scheiden jedes Jahr aus, um fich zu verheiraten, wobei dann jede eine Mitgitt von 150 000 Mk. erhält, aber doch find me weniger als 300 Frauen in dem Harem. Jeder Beamte strebt danach, seine Tochter in den Harem zu bringen, denn jede Frau hat zehn Dienerinnen, einen Wagen mit vier Pferden und überdies die Möglichkeit, Einfluß auf den Sultan zu gewinnen. Gericktskalle. Mönche«. Ein eigenartiger Spezialist scheint der Ma)sr Hermann Oberwetter zu sein, der unter der Anklage des Hausfriedensbruchs vor dem Schöffen gericht stand. Der Angeklagte ist bereits sechsmal weaen Hauser edensbruchs vorbestraft. Er selbst äußerte vor Gericht, er sei ein bißchen faul in den Bein n und könne nie so schnell aus einem Lokal keranKkommen, wie man es verlange. Dieser an- da u inden Faulst an*heit in den Beinen schob der Angeklagte auch vor Gericht die Schuld an dem zur Anklage stehenden Vergehen zu. In ver Nacht zum 30. Juli diewS Jabres er schien O. stark angetrunken in einer Ko ditorei und begann sich damit zu Vergnügen, den Pariser Ein- zuxSmarsch zu pfeifen und dazu mit seinem Spa fer st ck einen regel-echten Trommelwirbel zu voll- sührcn. Wiederholte Proteste gegen die Mungen des pfeifenden Gastes blieben erfolglos, auch ein Schutzmann brachte ihn nicht aus dem Texte. Schließlich wurde O. mit G-walt an die frische Lust befördert. Der Gerichtshof erkannte auf drei Monat Gefängnis. Posen Vor dem Kriegsgericht der 10. Division hatte sich Leutnant v. Lekow vom 56. Fildartillerie- Regiment in Lissa wegen der Tötung des Haus dieners Joseph Roos zu verantworten. Die Tat ist noch in frischer E innerung. Bei Beginn der Verhandlung beschloß das Gericht, die Öffentlichkeit für die ganze Dauer der Verhandlung auszu schließen. Geladen waren 21 Zeugen, die jenen Vorgängen rn Lissa beigewohnt hatten Die An- klave geucn Lekow lautete auf Körperverletzung mit Tod «erfolg. Der Vertreter der Anklage beantragte 4 Wochen Gefäncnis. Das in später Abendstunde vom Gericht gefällte Urteil lautete auf drei Wochen und einen Tag Gefäncnis. ZnäaluMcke Lriganten. Eine Folge der Hungersnot, die jetzt in Südspanien herrscht, ist die Wiederkehr des alten Brigantentums in Andalusien. Wieder einmal muß der friedliche Reisende für sein Leben fürchten, und die Erinnerung an die Namen und Taten der Helden ver spanischen Landstraße, des dunkelfarbigen, stutzerhaften Jose Maria, des Rubio von Espera und Bmquero of Chantillano, der „Sieben Kinder von Ecija* und Chato von Benameji wird wieder lebendig. Besonders verwegen trieb es jene geheimnisvolle Gesellschaft, die fich die „Sieben Kinder von Ecija" nannte. Denn die Zahl dieser Kinder betrug immer gerade sieben; satzungsgemäß durften nicht mehr oder weniger sein. Wenn einer getötet oder ge fangen wurde, folgte ihm mit' zauberhafter Schnelligkeit ein andrer. So verbreitete diese die Augen; „für diese Frage sollten Sie. bestraft werden. Liegt mein Herz nicht offen vor Ihnen? Wer hat Argwohn in das Ihre gesät?* Argwohn — sprach es in seinem Innern — wäre es nur das, du teuflische Heuchlerin! Wärest du ein Mann, auf der Stelle forderte ich Genugtuung. Als er schwieg, fuhr fie lächelnd fort: „Beichten Sie, Karl, wer wagt es, fich zwischen uns beide zu drängen?" „Ich bin wohl nur ein Tor," sagte er, „ich dachte nämlich soeben, wenn ich nun einfach Karl Rohden hieße, ohne Reichtum, ohne Titel, ob Sie auch dann, wenn ich wagte, Ihnen meine Liebe zu gestehen, meiner Bewerbung um Sie Gehör schenken würden?" „Welch sonderbarer Einfall!" lachte fie laut auf. „In solchem Falle wären wir überhaupt doch nicht miteinander bekannt geworden. Mesalliancen haben fich noch nie als glücklich erwiesen. Meine eigene Familie weiß davon zu reden." „Ja, ja, ich erinnere mich," erwiderte er im Tone tiefsten Ernstes. „Sie meinen die kurze Ehe Ihrer verstorbenen Tante, der Mutter Bertas.' ' „Ja, und mein armer Großvater leidet ge rade jetzt hart unter dem letzten Schlag, der ihn aus derselben Quelle traf. Meine Unglück liche Cousine ist, wie Sie wissen, verschwunden, und wenn man einem uns unter Diskretion zu gekommenen Gerüchte aus Hamburg Glauben schenken dürfte, ist ihr Betragen ein derart un würdiges, daß fie in unserm Haufe nicht mehr erwähnt zu werden verdient." kleine, aber schreckliche Gruppe Schrecken ir« ganzen Lande, raubte und mordete- und zer sprengte ganze Reg-menter Soldaten, die zu ihrer Verfolgung ausgesandt waren. Aber nach mehreren Jahren fielen die sieben Kinder in einen Hinterhalt und wurden alle hingerichtet. Bei dem Leiter der Gesellschaft sand man, als man ihn gefangen nahm, eine Liste von 64 um, Aufnahme bittenden Kandidaten Der neueste Vertreter dieses „romantischen Spaniens* ist, wie ein englischer Korrespondent berichtet, ein Mann aus Estepa, der unter dem Spitz namen Vivillo, d. h. der kleine lebhafte Mann, bekannt ist. Vor zwei Monaten. lauerte« Vivillo und seine lustigen Leute einem reichen Grundbesitzer aus Anteguera auf, . erschaffen seinen Kutscher und verwundeten seinen Ver walter schwer. Einige Zett darauf hatten fie eine belebte Landstraße Andalustens wenigstens zwei Stunden lang besetzt und er leichterten jeden gutgekleideten Reisenden um seine Börse. Bor einigen Tagen glaubten die Bürgergarden der Post in Sevilla, Vivillo und feine Anhänger in einem Dickicht lauern zu sehen, und fie hielten den Zug an, um eine kräftige Verteidigung zu organisieren. Der Schrecken vor Vivillo und seinem bloßen Namen ist so groß, obwohl sein persönliches Auftreten nicht würdevoll und imponierend ist. Er ist dick und untersetzt und über vierzig Jahre alt. Trotzdem ist er ein Künstler m fernem Beruf, der Liebling und Stolz seiner Mitbürger in Estepa; keiner würde das Ver brechen des Verrats an ihm begehen. Er ist ein Genie im Verkleiden und erscheint als Arbeiter, als Privatmann, manchmal auch als Geistlicher. Dazu schießt er vorzüglich, ist ein unermüdlicher Reiter und kennt mit ver bundenen Augen die Wege in Andalusien von einem Ende zum andern. Die Gerichte „suchen* ihn wegen einer langen Reihe von Verbrechen, zum Teil wegen Bluttaten, und doch ping Vivillo noch vor einigen Tagen in seiner Vaterstadt umher und belustigte fich im Theater und in den Casäs. Ein Mitbürger Vivillos hat eine schöne Menge Geld angehäust, daS er nach einem unverbesserlichen spanischen Brauch zu Hause verschlossen hält. Eines Nachts, als er erst spät nach Hause kam und vor der Tür stehend den Hausschlüssel herausziehen wollte, sah er auf der gegenüberliegenden Seite der Straße Vivillo mit vier Leuten stehen, die ihn aufmerksam beobachteten. Der Räuber ging zu ihm herüber und sagte ungeduldig: „Komm, komm, wo ist dein Schlüssel, hast du ihn ver gessen?" Der andre hatte ihn nicht vergessen, war aber vor Schreck halbtot. Schließlich aber holte er den Schlüssel doch heraus und gab ihn Vivillo. Dieser öffnete erst die äußere und dann die innere Tür, sah fich um und händigte dem erstaunten Eigentümer den Schlüssel wiedex em: „Nein, danke," sagte d«r Räuber, „diesmal will ich nicht hereinkommen, ich habe anderswo zu arbeiten. Aber ich will dir einen Rat geben. Wenn dein Haus voller Gold liegt, so komme tu Zukunft nicht so spät zurück." Damit verließ er den andern, der nur seinen Dank stammeln konnte, pfiff seinen Leuten und ging weiter. Die Tatsache läßt fich nicht be stretten, daß der andalusische Räuber immer eine populäre Figur bei den andalusischen Bauern gewesen ist. Sie halten ihn für einen liebenswürdigen, gutgesinnten Menschen, den das Sch cksal vom rechten Wege abgedrängt hat, der aber nur die Reichen, ihre Feinde, be raubt und ihnen, den Armen, gibt, der nicht selbst arbeitet, sondern von der Arbeit der andern lebt, der schöne Frauen und schöne Pferde liebt, der eine Mischung von Zigeuner und Maure ist, dunkelfarbig und lächelnd, kühn, mutig und reich an Hilfsmitteln, kurz eine Art Cid des zwanzigsten Jahrhunderts. . . . Kunres Allerlei. Si« junger Realist. „Mama, du bist mir schon zweimal das Sonntagsgeld schuldig, gib's gleich her!" — „Was fällt dir denn ein, in solchem Ton mit mir zu reden?" — „Na, Mama, du weißt doch, in Geldsachen hört die Gemütlichkeit auf I" (,M-gg.y Der Graf erhob fich rasch von seinem Sitz, der in ihm aufsteigende Zorn brachte ihn um seine momentane Fassung. Sein Ellbogen stieß dabei an eine neben dem Diwan auf einem Ständer befindliche Porzellanvase, die auf den Teppich fiel und zersplitterte. „O wie schade, die herrliche Vase l* rief er schreckt die Baroneß. „Das Unglück ist nicht so groß," äußerte der Graf, „ich ersetze fie Ihnen durch eine noch kostbarere. „Der Bruch da ist leicht zu heilen,* setzte er mit finsterer Stirn hinzu, „ein gebrochenes Menfchei Herz oft nie mehr." „O, nicht um die Sache ist's,* sagte fie rasch ablenkend, „wissen Sie nicht, daß der Aberglaube sagt, wer Glas zerbricht, hat sieben Tage oder sieben Wochen Unglück?* „Ich Unglück?" lachte er, und die hinzuge fügten Worte klangen fast ironisch: „Wie kann denn ich unglücklich sein, dem das schönste der vornehmen Mädchen zugetan ist? Aber im Ernst, ich bitte um Entschuldigung meiner Un geschicklichkeit wegen. Aber wir sprachen von Ihrer Cousine, haben Sie denn niemals ver sucht, fie ausfindig zu machen? Es mutz mich das interessieren, da ich Ihnen ehrlich gestand, daß ich einst für das Mädchen ein warmes Ge- M hegte." - „Sie ausfindig -u machen? — Nein, daS ist doch zu viel verlangt. Warum lief fie davon? Sie soll, wie schon gesagt, in Hamburg sein, und ist recht wohl imstande, fich ielbft zu behüten. Ich bt.te, lieber Karl, berühren wir die Sache nicht weiter." ^t ^Fortsetzung folgt.)
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