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Ottendorfer Zeitung. Annahme von Instkaten bi» »ermittag w Uhr. Inserat» werben mit io Pf sitr bie Sxaltzrile berechnet Tabellarischer Satz nach b«. sonberem Tarif. »Ottendorfer Zeitung" ^scheint vrenrtag, Donners- und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich i Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 125. Mittwoch, den Itt. Oktober 1905. Vertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, 17. Oktober i»05. Lausa-Weixdorf. Vor etwa 10 Tagen der Bauarbeiter B. aus Friederüdorf Zurücklassung seiner Familie spurlos ver- Munden. Am Montag fand man ihn im Me zwischen hier und Klotzsche-KönigSwald der Nähe des „Fuchsberger" erhängt auf. Beweggründe zum Selbstmorde sind un- Mannt- Klotzsch«. Sein 40jährig«a Amtsjubiläum »erte am Mittwoch Herr Oberlehrer Hempel tn aller Stille. Seit 30'/, Jahren Widmet Herr Hempel seine Kraft der hiesigen Mule, vorher war er in Kaditz tätig, woselbst » am 11. Oktober 1885 seine Lehrtätigkeit MIM. Königsbrück. Bei dem Viehmarkte am Montag betrug der Auftrieb: 46 Rinder, Läuserschweine und 125 Ferkel. Läufer- chlvein« wurden zum Preise von 80 bis lLg Mk- und Ferkel zum Preise von 48 bis ^8 Mk. das Paar verkauft. Rinder erzielten Stück 280 bi» 350 Mk. Moritzburg. Mittwoch den 18. und Donnerstag den 19. Oktober findet die Aus- Wng des Dippelsdorfer Teiches statt. Dresden. Von den beim letzten Zigaretten- ^eiterstreik AuSgesperrtcn, soll demnächst im «use an der Falkenbrücke 2 a (neben dem ^staurant 3 Falken) eine Zigarettenfabrikations- inioffenschaft ins Leben gerufen werden. — Der „Dr. Anz." schreibt: Im Monat ^ptember d. I. betrug die Zahl der vom Mutivpersonal der hiesigen Königlichen Mzeidirektion angezeigten Verbrechen, Ver ben und Uebertretungen 3167, die Zahl der Zeigen 3393. Die Gesamtzahl der im Mstgen elektrischen Straßenbahnbetriebe vor- i'kommencn Unfälle betrug 46, darunter 8 Zusammenstöße. Es wurden bei 10 Um Men 8 männliche und 2 weibliche Personen ^rletzt. Unglückssälle im Personensuhrwerks- »riebe ereigneten sich 6. im Lastfuhrwerks- Griebe 10, im Fahrradverkehr 20. Sonstige Unglückssälle betrafen unter anderem: die Msfindung von Leichnamen (8), Schaden- 'urr (26) usw. Die Zahl der Festgenommenen ^»rug 582. Ala Einwohner wurden gemeldet von auswärts zugezogen 5560. nach aus- ^rts verzogen 5127, Wohnungswechsel er sten 8558. Dienstboten zogen von aus- ^rts zu 1502, dagegen ab 1229. Dienst- Achsel fanden 2015 statt. Fremde kamen an 8273 und 33158 reisten ab. Gewerks- Msen reisten zu 4192 und ab 3861, ^ibstmorde wurden gemeldet 11, Selbstmord- "»suche 6. Die Selbstmorde betrafen Ver Uung 1, Erschießung 4 und Erhängen ° Personen. , — Die verstorbene Mutter des in Bautzen M vierjährige Gefängnisstrafe verbüßenden Untiers Geh. Kommerzienrat Hahn, Frau Schulrat Hahn, deren verstorbener Ehemann in M achtziger Jahren Bezirksschulinspektor für ^esden-Land war. wurde am Sonntag nach- ^tag 2 Uhr auf dem Trinitatissriedhofe be- ^!gt. Unter den Leidtragenden erblickte man len unglücklichen Sohn Viktor Hahn, der um ^laub zur Bestattung seiner Mutter ein- ^°wmen war. nicht- Es ist deshalb anzu- !^M«n, daß das Urlaubsgesuchs abschlägig be reden worden ist. Tie Trauerrede hielt M Oberkonsistorialrat O. Dibelius. In der ^auer-Versammlung bemerkte man die früheren E^chäftsfreunde Hahns, seinen Rechtsbeistand EibeS und einige frühere Angestellte des ^»Hauses Rocksch Nachfolger Der Komponist Richard Strauß weilte Sonnabend in Dresden, um den Regie- ?u«gium und den darstellenden Künstlern der Hofoper sein Musikorama „Salome", das Ende November zur Uraufführung ge- Men soll, vorzuspielen. Das großartige ^rk rief die ungeteilte Bewunderung aller Hörer hervor. Am Nachmittag des Sonnabend hörte sich der „Feuersnot"-Komponist seine 16 stimmige Hymne für gemischten Chor „Jakob, dein verlorener Sohn kehret wieder") » der Vesper der Kreuzktrche an. Laube gast. Hier mußte ein Mann fest- genommen werden, der auf den hier vor Anker iegenden Dampfer „Wehlen" einen Einbruchs- diebstahl ausgeführt hatte. Pulsnitz. Für die hiesige Kirche sind neue Glocken beschafft worden Die neuen Glocken sollen am 26. Oktober d. I. feierlich zeweiht werden. Der Weiheakt findet, nachdem )ie Glocken im festlichen Zuge vom Bahnhof abgeholt worden sind, auf dem Marktplatze tatt. Bischofswerda. Von den abends halb 7 Uhr von hier nach Dresden verkehrenden Güterzuge ist am Freitag auf dem hiesigen Bahnhofe die Scheuerfrau Paul der hiesigen Bahnmeisterei mit ihrem fünfjährigen Knaben überfahren und etwa 100 Meter weit geschleift worden. Die ^Frau wurde hierbei getötet, während der Knabe nur gering verletzt wurde. Pirna. Von einem geschäftlichen Besuche nach Hause kehrend, riß ein Herr versehentlich einen Fünzigmarkschein aus der Tasche, ohne es sofort bemerkt zu haben. Der in der Stube befindliche Hund sah das Papier fallen schnappte es auf und fing an, dasselbe zu zerkauen- Jetzt wurde man auf den Hund und Une Beschäftigung aufmerksam, und konnte )urch schnelles Eingreifen noch einige Fetzen von dem kostbaren Scheine retten. Zum Glück befand sich auf diesen Ueberresten die Nummer des Scheines und einige sonstige Abzeichen, sodaß zu erkennen war, von was die Papierstückchen herrührten. Auf Grund dieser Ueberreste nahm die Reichsbank keinen Anstand, sür den zerrissenen Schein Ersatz zu leisten. Ntederoderwttz. Zu einem eigenartigen Streik kam es am KirmeSsonntage beim Tanz in zwei hiesigen Gasthäusern. Die jungen Leute wollten für die Tour nicht mehr 10 Pfennige, sondern nur noch 5 Pfennige zahlen. Darauf ging der Musikdirektor Neu mann aus Spitzkunnersdorf nicht ein und infolgedessen streikten die Tänzer, Die Säle waren vollbesetzt, die Musik spielte auch fort während, aber es tanzte niemand, höchstens ein mal ein Fremder, der dann allerdings genug Platz hatte. Endlich gegen 10 Uhr erklärte sich der Musikdirektor sür besiegt und be willigte die gestellte Forderung der Tänzer, was mit lauten Bravorufen ausgenommen wurde. Freiberg. In Naundorf (Bezirk Dresden) wurde im August v. I. ein Selbstmörder be graben. Der herrschenden Vorschrift gemäß fand die Beerdigung erst gegen Abend statt. Der Geistliche erschien ohne Ornat. Einige Freunde des Toten nahmen Anstoß an den Worten des Geistlichen und entfernten sich, wobei sie sich sehr laut benahmen und die An dacht der Zurückbleibendcn störten. Das Kgl. Landgericht zu Freiberg hat deshalb den Schlaffer Greif und noch sieben Mitangeklagte auf Grund des Z 167 Str.-G.-B. (Störung eines Gottesdienstes) zu Gefängnisstrafen ver urteilt. Die von den Angeklagten gegen das Urteil eingelegte Revision, welche unrichtige Anwendung des Gesetzes rügt, hat das Reichs gericht aber verworfen, weil keinerlei RechtS- irrtum in dem angefochtenen Urteil zu er kennen war. Leipzig. Die Besitzer der „alkoholfreien" Cafes, denen die Polizeistunde 10 und 11 Uhr droht, haben sich zu einem Verein zusammen- gesunden, der korporativ allen Maßregeln be gegnen will, welche die Existenzmäglichkeit solcher Schankstätten bedrohen, insbesondere auch Front machen soll gegen die Angriffe, welcke aus dem Lager der Gastwirtsvereinigungen gegen diese Cafes erfolgen. — Seit Jahren wurde beobachtet, daß Postpakete öfters unterwegs eröffnet und „er- cichtert" wurden, ohne daß trotz eifrigster Mühen die Ermittelung des Täters gelang Aus eigenartige Weise hatte sich nun in einem Falle der Postschaffner Oskar Louis Bär verraten. In einem Pakete, das durch Bärs Hände gegangen war, fand der Adressat einen 'Postlaufzettel", den er der Post zurückschickte, >a er annahm, daß der Zettel versehentlich in ms Paket hineingeraten sei. Bei der Unter- üchung des Vorganges wurde festgestellt, daß )er Laufzettel Bär gehörte und daß dieser das Paket auch mit anderem Bindfaden umgeschnürt zatte; von seinem Inhalte fehlte nichts. Bär wurde wegen Verletzung von H 354 des Strafgesetzbuchs zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Chemnitz. Bei Herstellung von Eisenbeton konstruktionen im hiesigen Schlacht- und Vieh hofe verunglückten am Sonnabend vormittag beim Verlegen der Träger zur Deckenkonstruktion drei Arbeiter, davon einer tödlich, während zwei andere teils schwerere, teils leichtere Ver letzungen erlitten. Das Unglück geschah durch den Absturz einiger Träger. Die Ausführung der Arbeiten erfolgt durch eine Spezialfirma. Bad-Elster. Bei der Ankunft des Früh güterzuges von Reichenbach i. V. auf dem hiesigen Bahnhofe ist am Sonnabend früh der Bremser Bachmann vom Wagen gestürzt und durch die Schiebemaschine überfahren worden. Der Unglückliche, dem die Maschine über das rechte Bein gefahren war, wurde in das Adorfer Krankenhaus übergeführt. Aus der Woche. Die vergangene Woche gehört Herrn Delcaffk und den Engländern, Das was Delcasss ausplaudert, braucht nicht wörtlich wahr zu sein, denn dazu ist «S zu dumm — aber wo Rauch aufsteigt, da ist auch Feuer. Etwas ist an der Sachei Und was daran ist genügt, um die Umwege zu erklären, auf denen im vergangenem Sammer König Eduard seinem kaiserlichen Neffen auSwich. Als der „Matin" seine Enthüllungen brachte, als deren Vater nur Delcaffs gelten konnte, meinte die erstaunte Welt, daß es sich um eine große Fälschung und Täuschung handele, mittels deren Delcaffs seine Amtsnachfolger und vor allem Rouvier ärgern wollte, der sich vor Deutschland gebeugt hatte, ohne es nötig zu haben. „Da war ich doch ein ganz andrer Kerl", mag sich Delcaffe gesagt haben, „zu mir hatten die Engländer Zutrauen und wir zusammen hätten den Deutschen zeigen wollen, was eine Harke ist." Die englischen Staatsmänner sind schlau genug sich nicht bloßzustellen. Das Versprechen an Delcaffe erfolgte einstweilen nur mündlich, mit dem Versprechen, es nötigenfalls auch zutreffend, daß Delcaffe iiy Ministerrat vom 4. Juni d. I. die Angelegenheit vorgebracht hat. Der Sozialistenführer Jaures, der bei der französischen Regierung liebes Kind ist, hat die Angaben von drei Ministern bestätigt erhalten. Möglich, daß in der Angabe Un genauigkeiten untergelaufen sind, die mit der Unkenntnis DeleaffeS mit den geographischen Verhältnissen Deutschlands zu entschuldigen wären. Denn wie die Engländer es anstellen sollten, den Nord-Ostseekanal zu beschlagnahmen und wie es ihnen möglich werden könnte, 100 000 an der schleswigholsteinischen Küste zu landen, das bleibt ihr militärisches Geheim nis. Die Hauptsache ist und bleibt ihr böser Wille, ihr Haß gegen Deutschland und ihre Schlauheit, andere die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen. Es genügt, daß sie Delcaffe haben glauben machen: „Dir kann nichts passieren. Feste los gegen das Deutsche Reich, wir stehen mit unserer Seemacht und 100 000 Mann hinter dir! Die Franzosen sind gewiß politische Heißsporne, denen das überpatriotische Herz mit dem Verstände durch geht; aber ebenso unzweifelhaft haben sie seit 1870 vieles gelernt und find nicht auf die 4. Jahrgang. englischen Leimruten gegangen, die ihnen Delcaffe legte. Sie haben vielmehr ver nünftigerweise Herrn Delcaffe beseitigt und der Premier Rouvier hat das naturgemäße getan, was in dem verfahrenen Falle geschehen konnte er hat sich wegen Marokkos mit Deutschland in ruhiger Weise ausrinandrrgesetzt. Die englischen Herren aber stehen nach den Ent hüllungen wie die begossenen Pudel da. Die Diplomatie hat ihre besondere Sprache und ihre besonderen Formen und mittel» derselben wird es den Herren im Lande wohl gelingen, die klare Sache wieder zu verwirren und sich als das unschuldige Lamm, das kein Wässerchen trüben kann, hinzustellen. Und in Berlin wird man so tun, als ob man den Versicherungen )er angelsächsischen Vettern glaubt und wird äußerlich wieder Friede und Einigkeit sein. — Die nordische Krisis geht ihrer Lösung ent gegen. Man hat beiderseitig schon wieder ab gerüstet und die nächsten Wochen werden auch die Antwort auf die Frage bringen, was für eine Verwendung der norwegische Thron er halten soll: ob er wieder besetzt werden oder als historisches Möbel im Schlosse zu Christianta sein zukünftiges Dasein verbringen soll. Die ungarische Krisis dagegen besteht noch immer in alter Schärfe fort und dürfte sich zu einer Verfaffungskrisis auswachsen. Allerdings hat Feiervary mit seiner angedrohten Wahlrechts vorlage der Opposition einen derben Pfahl in» Fleisch getrieben. Aber es könnte doch sein, daß sich die einzelnen Gruppen der Regierungs gegner miteinander zu einem Gegenschlag ver einigen und so würde die Kluft zwischen Ungarn und seinem Herrscher immer größer. — Wenn man Tag für Tag aus Rußland Berichte über Mord und Totschlag liest, so stumpft das all mählich ab. Wenn hier und da ein höherer Beamter niedergeschoffen wird, so empfindet man das kaum als etwas Außerordentliches, besonders da die Radikalen drüben jetzt wieder mit erneuter Energie vorgeheu. Kaum ist'» im Kaukasus wieder ruhig geworden, so flammt es schon wieder in Moskau auf, wo jetzt 200 000 Mann streiken. Auch in ruhiger Zeit ist die Hungersnot im Innern Rußland» kein seltener Gast- Wie soll es aber erst in diesem Winter werden, wo eine Mißernte war und Hunderttausende von der politischen Bewegung ergriffen die Arbeit verließen und durch den Mangel an Verdienst und infolge dessen an Nahrungsmitteln den Unbilden de» Winters noch widerstandsloser ausgesetzt sind wie bisher! Da kann auch die schönste Reichsduma nichts nützen. — Bei uns im Hause tobt der Kampf um di« Fleischnot. Kaninchen und Hunde kommen allmählich wenigstens zu der Ehre, um die Pferde und Seefische sich so lange vergeblich beworben haben. Die Verwaltungen kleinerer Orte werden sich zukünftig über den Ausfall an Hundesteuer zu beklagen haben und die durch elektrische Bahnen und Automobile überflüssig werdenden Pferde brauchen ferner nicht mehr sorgenvoll in die Zukunft zu blicken, denn in der Form der „warmen Wiener" werden sie ihre Seelenwanderung antreten und sich mit dem süßduftenden Knoblauch verbündet finden. Aber nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Menschen wird in Deutschland noch besser gesorgt werden und zwar durch die Finanz reform, zu deren Beratung die bundesstaatlichen Finanzminister dieser Tage in Berlin beratend zusammen waren. Da wurde darüber beraten, was alles mehr bluten muß und es soll eine solche Menge von Objekten herangezogen worden sein, daß die Reichskaffe zukünftig nur so im Fett schwimmen wird. Kleine Banknoten zu 50 und 20 Mark sollen auch hergestellt werden und wer davon immer die Brieftasche voll hat, der braucht sich um des Lebens Not durft nicht allzusehr zu bekümmern. „Was frag ich viel nach Geld und Gut, wenn ich ein Rothschild bin?!"