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Vie „Mttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 4,20 Mark. Druck und Annahme von Inseraten bl, vormittag 40 Uhr. Inserate werden mit 40 Pf. für die Sxaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" Verlag von Hermann Rühle in Groß-VkriLa. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 106. Sonntag» den 3. September 1905. 4. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendors-Wkrilla, 2. August 4 »05. — Steht eine Oeffnung der Grenzen für Schlachtvieh infolge der Fleischteuerung bevor? Seitdem in der vorigen Woche bekannt ge worden ist, daß der preußische Landwirtschafts- Minister von Podbielski in den Städten, aus welchen die lautesten Klagen über die Fleisch teuerung kommen, amtliche Erhebungen über die Ursachen des PreiS-Aufschlagcö hat an stellen lassen, ist verschiedentlich die bestimmte Erwartung ausgesprochen, cs werde eine gewisse Erleichterung erfolgen. Wir meinen auch, e» wäre am besten, für eine gewisse Frist die Erweiterung der Einfuhr zur sofortigen Schlachtung in Schlachthäusern zu veranlassen, es würde ja dann die Probe auf die Be hauptung zu machen sein, daß sofort eine er hebliche Verbilligung einträte. Wir fürchten nur, die unerwartete Billigkeit wird sich bald „verkrümeln", weil die Mehr-Einfuhr von Schlachtvieh auch bald wieder in festen Händen sein wird. Auf solche Konkunkturen wissen unsere Markt-Spekulanten ausgezeichnet zu laufen. Lausa. Die Zweigkonferenz Klotzsche-Lausa des Bezirkslehrervcreins Dresden-Land hielt am Mittwoch eine Versanimlung im Hennigschen Gasthose ab, der Herr Schulrat Dr. Lange, König!. Vezicksschulinspektor für Dresden III beiwohnte. Herr Lehrer Muntschick - Klotzsche beantwortete die Frage: Welche Maßnahmen sind geeignet, die körperlichen, geistigen und sittlichen Ziele unserer Heranwachsenden Jugend zu fördern. Klotzsche-Königswald. In dieser Woche haben auf dem hiesigen Kaiser Wilhelm-Platz die Vorarbeiten zum Bau der daselbst zu er richtenden neuen Kirche mit dem Ausschachten des Grundes begonnen, so daß, wie man hofft noch in diesem Herbst die Grundsteinlegung wird erfolgen können. Der Bau ist vom Kirchenvorstand Herr Baumeister Petritz in Radeberg übertragen worden. Dresden. Die Aktiengesellschaft vocmals Seidel und Naumann veröffentlichte am Donnerstag folgenden Anschlag: „Unsere Schleifer haben auö nichtigen Gründen die Arbeit niedergelegt. Wir haben versucht, sie zur Rückkehr zur Arbeit zu veranlassen, leider aber ohne Erfolg. Im Interesse unser gesamten Arbeiterschaft fordern wir die Schleifer hierdurch nochmals auf, bis Sonnabend, den 2. September, morgens */,7 Uhr ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Geschi-Ht dies nicht, so sehen wir uns genötigt, im Einvernehmen mit dem Verbände der Metall-Industriellen in der Kreishauptmannschaft Dresden, Sonnabend, den 2. September, abends den gesamten Betrieb Unserer Fabrik zu schließen und sämtliche Arbeiter zu entlassen. Die Nichtorganisierten Arbeiter haben sich in eine im Lohnbureau ausliegende Liste einzutragen; sie werden von uns während des Stillstandes der Fabrik entsprechend entschädigt. — Die Direktion." Cossebaude. Als dieser Tage der Fleischermeister Große aus Cossebaude mit seinem Geschirr beim Stellmacher Uhlemann in Sachsdorf bei Wilsdruff hielt, schob das Pferd >n einem unbewachten Augenblicke den Wagen zurück und kam an einen Schuppen, ;n dessen Eingang das einhalbjährige Mädchen Uhlemanns 'M Wagen lag. Das Pferd packte das Kind Asi den Zähnen und verletzte es durch diesen M so schwer an der Hüfte, daß das bedauernswerte Kind nach zweitägigem, schweren "eiden am Wundstarrkrampf verstarb. Kamenz. Im Hause des Glasmachers Fincke, Elstraer Straße 13, brach am Donners- mg früh ^5 Uhr ein Brand aus, der den schuppen und den Dachstuhl teilweise ver- Mchtcte. Die in der Pcnterrekammer schlafenden b.Personen.^die 35jährige Ehefrau Lincke, die jährige Schwiegermutter Zehme und die Kinder der Lincke im Alter von 4 bis 10 Jahren wurden in ihren Betten mit zertrümmerten Schädeln ausgefunden. Es liegt zweifellos Mord vor. Der Ehemann Linke ist als der Tat verdächtig verhaftet worden. Kamenz. Die Kunde von einem furcht baren Verbrechen, welchem sechs Menschenleben zum Opfer gefallen sind, durcheilte am DonnnerStag in den frühen Morgenstunden unsere Stadt, deren Bewohnerschaft vorher durch Feuersignale aufgeschreckt worden war. Gegen Uhr hatten Nachbarbewohner des HausgrundstückS Nr. 13 in der sonst so ruhigen Elstraer Straße, das von dessen Besitzer, den 35 Jahre alten Glasmachermeister Wilhelm Lincke nebst dessen 32 jähriger Ehefrau und vier Kindern (Knaben im Alter von 4, 7 10 und 11 Jahren), sowie von der 65jährigen Schwiegermutter bewohnt ward, den Ausbruch eines Brandes bemerkt. Den in das Haus Eindringenden bot sich ein schrecklicher Anblick dar. In dem mit dichtem Rauche erfüllten Raume der Schlaskammer im Hochparterre lagen die Schwiegermutter und die Kinder Linckes mit eingeschlagenen Schädeln in den Betten tot da, während die Ehefrau ebenfalls ermordet auf den Fußboden zwischen den Betten lag. Die Leichen, die sämtlich Spuren eines Verbrechens trugen, wurden sofort aus dem Hause getragen, während sich das weiter ver breitende Feuer von den inzwischen erschienenen Feuerwehren bekämpft wurde- Allem Anschein nach ist sowobl in dem Schuppen, der in Asche gelegt worden ist, sowie in dem Parterrezimmer Feuer angelegt worden, um die Spur der Tat zu verwischen. Der Besitzer hatte sein Schlaf zimmer tm ersten Stock inne, wo er durch Rufe von der Straße aus angeblich auf geweckt wurde. Er wußte von dem furcht baren Ereignis nichts anzugeben. Von der Polizei wurde später die blutbefleckte Hose Linckes unter dem Bette gefunden. Die Leichen wurden in die Totenhalle übergeführt. Lincke, auf dem sich der Verdacht der Täterschaft lenkte, wurde durch die anwesenden Polizei organe in Sicherheit gebracht. Der Bewohner schaft hat sich wegen dieser schändlichen Tat eine große Aufregung bemächtigt und während des ganzen Tages war der Tatort von einer großen Menschenmenge umlagert. Vormittags traf der Staatsanwalt Martini aus Bautzen hier ein, worauf die Staatanwaltschaft Erhebungen im Haufe Linckes anstellte. Nach Besichtigung der Leichen begann '/,12 Uhr im Königlichen Amtsgericht die Zeugenvernehmung. Vorläufig entzieht sich der Beweggrund der Tat jeder näheren Beurteilung. Eins nur steht fest, daß nämlich Lincke anscheinend ein glückliches Familienleben führte und daß er als ein solider Mensch galt. Und doch lastet der furchtbare Verdacht dieses entsetzlichen Verbrechens auf ihm. Oberspaar. Ein erheblicher Unfall trug sich nachts auf der Meißen-Dresdner Straße in Oberspaar zu. Einem von Dresden heim kehrenden, zweispännigen Wagen, der vor schriftsmäßig beleuchtet war und auf der Straße rechts fuhr, begegnete in rasendem Tempo ein Automobil, das trotz Zurusens und Schreiens des Geschirrführers direkt in die Pferde hineinfuhr. Mit welcher Wucht der Zusammenstoß stattgefunden hat, geht daraus hervor, daß der beladene Wagen samt Pferden und Insassen quer über die Straße und den Abhang hinuntergeschleudert wurden. Auch das Automobil ist mit hinuntergestürzt. Glücklicherweise ist kein Personenschaden vor- gekommen, von kleineren Quetschungen ab gesehen. Dagegen wurden dem einen Pferde welches von dem Automobil ungefähren wurde, die Beinknochen gebrochen, sodaß es getötet werden mußte. Wagen und Automobil sind demoliert worden. Der Besitzer des Kraft wagens ist erkannt und angezeigl worden. Nossen. Von einem bedauerlichen Unfall wurde am vergangenem Sonntao '.ter Besin der Nossener Stern-Drogerie, Feodor Otto be troffen. Auf der Rückfahrt von Obergruna begriffen, stürzte abends kurz nach zehn Uhr zwischen diesem Ort und Siebenlehn Otto so unglücklich mit seinem Rad, daß er nickt mehr weiter konnte. Er hatte sich am Kopfe schwere Verletzungen zugezogen. Diese hilflose Lage des Verunglückten benutzte ein des Weges kommender Mann, der Otto bis an den nächsten Baum führte, indem er das Ottosche Fahrrad sowie einen von ihm mitgeführten photographischen Apparat nebst Kassetten an sich nahm und das Weite suchte, Otto aber seinen weiteren Schicksal überlassend. Der Bedauernswerte schleppte sich nun bis an die ersten Häuser von Sieben- lehn, wo er früh gegen fünf Uhr bemerkt und bald darauf mittels eines Wagen seiner Wohnung in Nossen zugeführt wurde. Strehla a. d. E. Trotzdem der am Donnerstag begonnene Lorenzkirchener Vieh- und Jahrmarkt unter kühlem, stürmischem und regnerischem Wetter 'zu leiden hatte, gestaltete sich doch der Geschäftsgang im Viehhandel ziemlich lebhaft. Der Auftrieb war ein besserer als im Vorjahre. Zum Verkauf standen 431 Pferde, darunter sehr viele Luxuspferde, und 23 Rinder. Die Marktlieferanten freilich werden mit ihrem Geschäft wenig zufrieden sein, denn der Besuch des Marktes war an betrachte der Ungunst der Witterung nur ein mäßiger. Glauchan b. Ostrau. Im Gegensatz zu allen anderen Landwirten, deren Ernte nun in Sicherheit ist, scheint es ein Landwirt in Glauchau bei Ostrau nicht allzueilig damit zu haben. Von der Lommatzscher Chaussee aus sieht man auf seinen Feldern große Stücken 'Korn und Weizen noch ungeschnitten auf dem ! Halme stehen. Reichenau. Durch Unvorsichtigkeit hat der Kontorlehrling Fritz Bochmann in Reichenau sein Leben schwer gefährdet. Er ging so dicht an eine amerikanische Luftschaukel heran, daß diese ihn traf, ihm die Kinnlade völlig einschlug und ihm ferner noch weitere schwere Ver letzungen zufügte. Der junge Mann liegt im Zittauer Klinik noch sehr bedenklich erkrankt darnieder. Eibenstock. Hier erschoß sich der 17 jährige Fortbildungsschüler Max Bruno Bahlig mit einem Desching. Ursache zu diesem Schritt ist Liebeskummer (I). Die Geliebte deö jungen Mannes hatte diesem erklärt, daß ihre Eltern das Verhältnis nicht duldeten und sie des wegen nicht mehr mit ihm verkehren dürfe. Am Montag Abend nun hat sich Bahlig vor die Wohnung seiner Geliebten begeben, diese wiederholt beim Namen gerufen und dann, als diese nicht erschien, die Tat vollführt. Seine Absicht war jedenfalls, erst das Mädchen und dann sich zu töten. Jugend von heute I Niederhaßlau, Seit einer Reihe von Jahren ist unter der Bevölkerung in der hiesigen Gegend der Glaube verbreitet, in Holland liege eine Erbschaft von über 200 Mill. Mk., die von einem gewissen Schramm herrühre, der aus der hiesigen Gegend stamme und von hier nach Holland ausgewandert, dort aber als reicher Mann gestorben sei. In diese angebliche Erbschaftsangelegenheit hat sich seit längerer Zeit ein in Zwickau wohnhafter Agent gemischt, der den hier und in der Um gegend wohnhaften Schrammschen Erben vor spiegelt, es sei ihm ein leichtes, die Erd chaft zu heben und zur Zahlung zu bringen. Die Beteiligten haben ihm merkwürdigerweise auch Glauben geschenkt und es finden unter ihnen von Zeit zu Zeit Zusammenkünfte statt, in denen über die zu ergreifenden Maßregeln beraten und Beschluß gefaßt wird. Herbei werden von dem Zwickauer Beiträge kassiert, die angeblich zur Deckung dec Unkosten Ver wendung finden sollten. Bisher hat es der Agent immer verstanden, die hoffnungsreichen Erben zu vertrösten, indem er ihnen einmal die'en, eir nal jenen HindernngSgrund glaubhaft machte, ihnen sogar Urkunden vorlegte, von denen man jetzt annimmt, daß sie gefälscht seien. Trotzdem werden die Beiträge noch wie vor forterhoben und eS sollen schon mehrere tausend Mark in die Tasche des Agenten ge flossen sein, von denen man nicht weiß, wo sie hingekommen sind. Allmählich wird man in den beteiligten Kreisen mißtrauisch und man hat deshalb nun Anzeige gegen den Agent erstattet. Zwickau. Ricardo Sacco zeigt hier gegen wärtig seine Hungerkünste und hat sich zu diesem Zweck in seinen Käsig einschließen lassen. Auch sein Impresario, Herr Fuchs, entbehrt seit einigen Tagen der Freiheit, aller dings nicht mit seinem Willen, sondern al» un freiwilliger Gast des städtischen Polizeiamteü. Seine Internierung ist, wie die „Zwick. Ztg." schreibt, auf Ansuchen des Kaiserlich Königlichen Militärgerichts in Tschernowitz erfolgt. Der Grund dafür ist nach der einen Angabe darin zu finden, daß Herr Fuchs, der österreichischer Offizier a. D. ist, seit geraumer Zeit unter lassen hatte, seiner vorgesetzten Behörde Kenntnis von seinem Aufenthaltsort zu geben. Von hier aus erst hat Herr Fuchs das Ver säumt« nachgeholt und daraufhin ist von Tschernowitz das Ansuchen gestellt worden, ihn bis auf weiteres festzuhalten. Plauen. Ein Postkuriosum teilt eine hiesige größere Firma dem „Vogtl. Anz." mit. Das Geschäft hat einen Kunden in Breslau, der starken Bedarf und schon ungezählte Male Sendungen erhalten hat. Im Laufe des Geschäftsverkehrs war es letzthin nötig, der Firma einen Einschreibbrief zu senden. Der Brief wurde adressiert an Herrn H. S. — genau wie die Aufschrift am GeschästSlokal der Firma lautet. Das Schreiben kam jedoch mit dem Vermerk zurück, daß ein Herr H. S. in Breslau nicht zu ermitteln sei, in dem an gegebenen Hause befinde sich eine Frau Henriette S., die ein Weißwarengeschäft be treibe. Da das hiesige Geschäft mit der Frau nichts zu tun habe, schrieb er an die Firma H. S., in der Meinung, nunmehr das Rechte getroffen zu haben. Weit gefehlt. Auch dieser Einschreibebrief kam mit dem Vermerk zurück, eine Firma H. S. sei nicht handelsgerichtlich eingetragen, sondern nur Frau Henriette und Herr Daving S-, infolgedessen sei die Post nicht in der Lage, den Brief zu verabfolgen. Die hiesige Firma fragt sich nun mit Recht, auf welche Weise sie dem Weißwarengeschäft H, S-, dem sie zahlreiche Senden einfacher Art gemacht, diesen Einschreibebrief zustellen kann, da sie nicht mit Herrn und Frau S. geschäftlich zu tun hatten, sondern lediglich mit der Firma. — Die „Eheirrung", welche am 8. August in Hof mit dem Selbstmord des Haupt beteiligten, den Reisenden Fromm aus Mann heim, endete, hat auch für die ungetreue Ehe frau des Expedienten Böhme in Plauen i. V. ein schlimmes Nachspiel gehabt. Sie war im Krankenhaus zu Hof von den schweren Ver letzungen, die ihr Fromm durch Revolverschüsse beigebracht, wieder hergestellt nach Plauen zurückgekehrt, hat aber bei ihren Gatten keine Aufnahme gefunden. Aus dem Vogtlande. Die Kartoffel ernte, die für die vogtländische Bevölkerung von ausschlaggebender Bedeutung ist, wird in diesen Jahre weit hinter den Erwartungen zurück bleiben. Zwar haben die weißen Sorten schön angesetzt, doch läßt die Quantität zu wünschen übrig, während die klonen Roten gänzlich ab gestorben und sehr klein sind. Ihnen hat beim Ansehen die Trockenheit geschadet. Wenn die Kartoffelernte dürftig ausfällt, so ist im Hin blick auf die hohen Fleischpreise ein sehr kost spieliger, für die ärmere Landbevölkerung trauriger Winter zu erwarten. — Hier hält eine herbstlich kühle Witterung an u"d leidet die Grummeternte unter der kühlen Witterung empfindlich.