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lade zu ta u> Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- iag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften OtLendorf-Gkrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bt, »»rmtttag i« Uhr. Inserate werden mit ,o Pf. für dir Spaltzrü» berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Taris. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. l«. r und sehe Ud. - - und 1v«r- L aalität chtigen M cal.) LkL-L ersdorser> eliebten kes, sowie lib ergebens! lUlkbllU' ten« i»W Nr. 110. Mittwoch, den 13. September 1905. 4. Jahrgang. Vertliches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, 12. September iqo5. — Dem Anschein nach versprechen die Be mühungen einer Anzahl Interessenten, den neu iuschaffenden Truppenübungsplatz für das 2. sächsische Armeekorps in Sachsen anzulegen Erfolg. Die „Leipz. N. Nachr." bringen so eben die Mitteilung, daß die Verhandlungen Mit den preußischen Städten Belgern und Torgau, auf deren ebiete die Anlegung des Platzes geplant war, abgebrochen worden seien. Die Richtigkeit dieser Mitteilung vorausgesetzt, würde sonach de: einzig richtige Weg in dieser Zache, nämlich den Uebungsplatz innerhalb Zachsen anzulegen, begangen werden. — Von einem sogenannten „Coza Institut" (kä Chancery Lane, London ^V. 6.) wird wie nochmals erwähnt sei, als ein Mittel gegen Trunksucht sogenanntes „Cozapulver" in Zeitungen angepriesen. Zur Erlangung einer Tratisprobe soll ein Teil der Ankündigung, der folgende Bemerkung enthält: „Schneiden Tie diesen Kupon aus und schicken denselben Mich heute an das Institut. Briefe sind mit 2o Pfg. zu frankieren", an das Institut ge sandt werden. Sendet man einen solchen Ausschnitt an die angegebene Adresse nach London ein, so erhält man eine Zuschrift und üne ganz geringe Dosis des Mittels (in einem Miniaturkuvertchcn) zugesandt. Darauf erhält Man in einigen Tagen ohne ^besondere Be stellung unter Postnachnahme das Mittel selbst, das 30 kleine Pulverchen enthalten soll, von einem gewissen Adolph Flemming aus Calais, 35 Rue Royale, also aus Frankreich, zu- geschickt. Für das Mittel werden 10 Mark durch Postnachnahme erhoben. Das Mittel besteht, wie festgestellt worden ist, lediglich auS Enzianwurzel und doppelkohlensaurem Natrium »ad hat einen Wert von wenigen Pfennigen. Da das Mittel eine Heilung der Trunksucht Mcht herbeiführen kann, so handelt es sich um -ine Ausbeutung des Publikums. Da die Unternehmer des Schwindels sich im Auslande oushalten, so ist ihnen strafrechtlich nicht bei- iukommen. Zur Aufklärung und Warnung de« Publikums weisen wir auf dieses betrügerisches Gebaren hiermit hin. — Unter dem Namen „Nutin", „Eau de Passah", „Teinture africaine" usw. werden seit einiger Zeit Haarfärbemittel gewerbsmäßig ver- laust und feilgehalten, die, wie ihre chemische Untersuchung ergeben hat, eine wässerige Auf lösung von Paraphenylendiamin, einem äußerst Pftigen Körper darstellen. Da diese Lösung die Eigenschaft hat schwere Ausschläge und Entzündungen der Haut hervorzurufen, so wird °or dem Gebrauche der bezeigneten Haarfärbe mittel gewarnt. Dresden. Am Sonntag sind die Lehrer Piax Fischer, 25. Bezirksschule, und Georg Schilde, 14. Bezirksschule, in der Sächsischen Schweiz schwer verunglückt, indem sie von dem ^euzturm in dem Schrammsteingebicte ab- blirzten. Dem Lehrer Fischer mußte noch in Nacht in dem Schandauer Krankenhause °kr linke Fuß amputiert werden. — Von anderer Seite wird noch gemeldet: Max Äscher stürzte von dem steilen Felsen ab, Mährend sein Freund sich hoch oben auf dem 'leinen Plateau befand. Um ihm Hilfe zu ?lngen, stieg Herr Schilde sofort herunter, in seiner Aufregung verließen ihn die Kräfte, so .ns> er nachstürzte. Beide wurden, nachdem wNen die erste Hilfe geleistet worden Ivar, im ^tadtkrankenhause zu Schandau untergebracht, Herrn Lehrer Fischer ist der linke Fuß ab- ^nonimen worden, während Herr Schilde gc- Mhrliche Kopfwunden erhalten hat. Beide find ^ßerdem innerlich schwer verletzt, so daß man bereu Auskommen zwnfclt. Oberhaid der Auguslusbrücke rettete bm Montag der Steuermann Otto Koch einen ^jährigen Knaben, der zuvor von einem beeren bisher noch nicht ermittelten Knaben am Terrassenufer in die Elbe gestoßen worden war, vom Tode des Ertrinkens. Der Kleine vermochte infolge des ausgestandenen Schreckes nicht zu gehen. DaS schnelle entschlossene Handeln seines Retters wurde von der Kgl. Polizeidirektion besonders lobend hervorgehoben. — Eine aus fünf Personen bestehende Einbrecher- und Hehlerbande ist vor einigen Tagen von der hiesigen Kriminalpolizei fest genommen worden. Es konnten den Tätern 13 Einbrüche nachgewiesen werden. — Die Explosion einer Spirituslampe hat wieder einmal schweres Unheil angerichtet. In einer Schuhmacherwerkstatt in der Thomasius- straße saß der Lehrling Müller fleißig bei der Arbeit, als die Lampe zersprang und den Burschen mit ihrem in Brand geratenen Inhalt überschüttete, sodaß dessen Kleider sofort Feuer fingen' Auf das Hilfegeschrei des Lehrlings eilte der Meister herbei und riß ent schlossen Ersterem die brennenden Kleidungs stücke vom Leibe. Beide Personen wurden so erheblich verletzt, (der Lehrling besonders am Unterleibe, der Meister au den Händen), daß sie sofort in ärztliche Behandlung gegeben werden mußten. — Vor der dritten Ferienstrafkammer des Dresdner Landgerichts wurde am Sonnabend unter Ausschluß der Oeffentlichkeit der seit drei Jahren in Dresden stationiert gewesene Gendarm Theodor Robert Paul Grünewald wegen des in voriger Nummer mitgeteilten Zwingeranlagen-Abenteuers zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Er ist 1872 in Berlin geboren, war früher Kapellmeister beim See bataillon, nahm aber wegen dienstlicher Differenzen mit seinen vorgesetzten Offizieren seinen Abschied. Er ist Inhaber der Kaiser Wilhelm-GedächtniS.Medaille und der Dienst auszeichnung, seit 1900 verheiratet und Vater eines zweijährigen Kindes. Kaditz. Im alten Dorfe hat ein Apfelaum auf dem Grundstück des Gutsbesitzers Papperitz die zweite Blüte angesetzt, nachdem die Früchte abgenommen worden sind. Weißig b. Bühlau. Freitag nachmittag überfuhr ein Radfahrer in rücksichtsloser Weise ein etwa fünfjähriges Kind. Die Schuld trifft den leider unbekannten Radfahrer, da er in rasendem Tempo links fuhr, ohne Glockenzeichen zu geben. Das Kind trug eine nicht unbedeutende Kopfwunde davon. Pötzscha. Ein größeres Unglück konnte sich am Freitag abend im Bahnhofsrestaurant Pötzscha ereignen. Kurz vor 8 Uhr ging das Licht aus. Um nun nach der Ursache des Versagens der Beleuchtung zu sehen, ging der Wirt mit seinem etwa 11jährigen Sohn mit offenem Licht in den Keller zu der Acetylen anlage. Kaum hatte der Wirt den Keller be treten, als das angesammelte Acetylengas mit lautem Knall explodierte. Nachdem sich die Aufregung unter den Gästen etwas gelegt und man Licht besorgt hatte, konnte man erst die Lage übersehen. Dem Knaben waren nur die Kopfhaare versenkt und kleinere Brandwunden an den Händen zugefügt morden. Schlimmer erging es dem Wirte. Ihm hatte das brennende Gas die Kopfhaare vollständig weg gebrannt, außerdem hatte er große Brand wunden an den Händen und im Gesicht. Oberlichtenau. Am Sonnabend abend hat ein Automobilfahrer, von Frankenberg in Niederlichtenau einen Mann derart angefahren, daß dieser sich überschlug und in einen Graben stürzte, wo er schwer verletzt liegen blieb. Der Automobilfahrer suchte das Weite ohne sich weiter um den Unglücklichen zu kümmern. Leipzig. Zum Tode des Rechtsanwaltes Dr. jur. Otto Reinshagen und seiner Gattin, die, wie mitgeteilt, auf S ilt ertrunken sind, wirv nach den „N. N." geschrieben: Am Donnerstag mittag V-1 Uhr beim Eintreten der Flut mit Südwestwind hat Rechtsanwall Reinshagen mit Gemahlin gegen Ende der Badezeit, als andere Badegäste nicht mehr an ¬ wesend waren, im Damenbade gebadet, um als Schwimmer seine Gemahlin unterstützen zu können. Dabei ist er wahrscheinlich der Südseite einer nahen Buhne zu nahe gekommen vom Rückstrom schnell hinausgetragen worden und mit seiner Frau binnen wenigen Augen blicken ertrunken. Die Badefrau konnte die vorhandenen Rettungsmittel nicht anwenden, da beide sofort leblos auf der Oberfläche schwamen- Die Körper der Ertrunkenen wurden von dem herbeigerufenen Badediener der die Rettungsjacke angelegt hatte, an der ruhigen Nordseite der Buhne herausgeholt, nachdem etwa 10 Minuten nach der Katastrophe vergangen waren. Drei zufällig anwesende Aerzte machten sofort energisch Belebungs versuche ohne Erfolg. — Bei der Firma PH. Reclam, dem Verlag der weltberühmten Universal-Bibliothek, waren Maurer im Kesselhause damit beschäftigt, einen 15 Zentner schweren Heizkörper, einen Ueber- hitzer, auf den Kessel zu ziehen. Der Ueber- hitzer kam ins Rutschen und dabei wurde der Maurer Hänel totgedrückt, während der Polier Larisch so schwere Verletzungen erlitt, daß er nach kurzer Zeit im Krankenhause starb. Treuen. Der Streckenarbeiter Moritz Jubel aus Pfaffengrün wollte abends einen auf den Schienen der Bahnstrecke Eich-Trema laufenden Mann zur Rede stellen. Letztem ! sprang ihm entgegen und gab ihm einen ! wuchtigen Schlag auf den Kopf. Der Strecken wärter stürzte und erlitt einen Schädelbruch. Er mußte dem städtischen Krankenhause «Plauen zugeführt werden. Von dem Täter fehlt jede Spur. Aus der Woche. Unter friedlichem Kanonendonner und heiterem Knalle der Champagnerkorken ist am Dienstag der acht Tage zuvor vereinbarte Friede zwischen Rußland und Japan unterzeichnet worden und die beiderseitigen Delegierten befinden sich zur zeit wohl schon auf der Reise in die Heimat- Nach Befund der äußeren Umstände werden die Russen daheim eine bessere Aufnahme finden als die Japaner. Wenngleich feststeht, daß die Abgesandten nur die Sprachrohre ihrer Regierungen und ihrer Souveräne waren, wird ihnen doch von der öffentlichen Meinung ihrer Länder die volle Verantwortung für die Bedingungen zugeschoben, unter denen der FriedenSschluß erfolgte. Und da werden die japanischen Delegierten keinen allzugünstigen Empfang finden. Sind doch in mehreren Städten Japans bereits förmliche Revolten vorgekommen, die die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den Friedensbedingungen auS- drücken sollen. Indessen ist zu allen Zeit Un dank der Welt Lohn gewesen. — Da unsre Blicke nun nicht mehr auf den Krieg im fernen Osten gelenkt werden, wendet sich unsre Aufmerksamleit wieder mehr unsern eigenen Kämpfen in den Kolonien zu. In Ostafrika ist offenbar eine große Kunstpause eingetreten; anstelle des Ausrottungsprogramms ist das der Unterhandlungen getreten und wenn man den Halbwilden, dem Witboi und dem Marengo, auch nicht über den Weg trauen darf, so wird in Zukunft auch keine Leutweinsche Vertrauens seligkeit die Flamme erst riesengroß werden lassen, ehe der Feueralarm ertönt. Uebrigens nicht nur in Ost- und Südwestafrika stehen unsre kolonialen Sachen nicht am besten, sondern auch in Kamerun sind die Verhältnisse nicht bakterienfrei. Diejenigen Schwarzen, die da offensichtlich zu den deutschen Herren halten sollen oft dem Appetit ihrer anders gesinnten Landsleute unterliegen, denen in ihrer naiven Anschauung der Mensch das höchste und also auch als Speise das edelste ist. Die nach und nach auch zu ihnen vordrirgende Kultur wirs sie hoffentlich doch von dieser übertriebenen Wertschätzung des Menschen abbringen. — Der englische Ostsee-Besuch ist zu Ende: die Flotte befindet sich auf dem Rückwege. Von „Uebungen" hat man so gut wie nichts gehört desto mehr von Gastereien und Ansprachen, die in Flensburg von dem dortigen Bürgermeister geradezu gekrönt wurden „Das Blut der Angeln und Sachsen rollt in unseren Adern, wie in denen der Engländer! Sehr richtig, und er hätte hinzufügen können, daß wir Menschen von Adam her ja alle Brüder seien. Unsre Verwandtschaft mit den Engländern, obwohl wir sie unsre „angelsächsischen Vettern" nennen, ist im Laufe der Zeiten recht un deutlich geworden. Die Vermischung mit den Kelten und später (nach Wilhelm dem Eroberer) mit dem Normannen ist den Deutschen nicht gut gekommen. Wo sind die Germanen in Nordafrika, in Italien, in Spanien geblieben, die zur Zeit der Völkerwanderung diese Länder eroberten und sich mit den Ureinwohnern ver mischten? In dem Sinne wie die Engländer sind auch die Franken und Goten in Frankreich, Italien und Spanien unsre Vettern, nur daß die englische Sprache der unsern näher steht, als die romanischen. — In Rußland hat sich die Lage noch um nichts gebessert und es ist dazu auch keine Aussicht vorhanden. Die politischen Morde, die Massenstreiks, die Ruhestörungen nehmen ihren schrecklichen Fort gang und schöpfen ihre Kraft aus der all gemeinen Unzufriedenheit mit den politischen und sozialen Verhältniffen Ob eine Aenderung eintritt, wenn die halbe Million Reservisten aus dem Osten heimtehrt und über da» ganze Land zerstreut wird, muß bezweifelt werden. — Der Schah war auf seiner Rückreise beim Zaren in Petersburg und daraus ergibt sich, daß Persien immer noch zu Rußland hält und den Lockungen der Engländer wacker widersteht. Diese haben sich durch ihr enges Bündnis mit dem siegreichen Japan in Asien den Rücken gedeckt und brauchen nun um Indien nicht mehr so stark zu bangen wie bisher. Die englischen Großen beziehen aus Indien jährlich 800 Millionen Mark, ohne dafür einen Finger zu rühren. Die Kosten seiner Verwaltung muß Indien allein tragen, genießt dafür aber die Ehre' in Eduard VII. einen eigenen Kaiser zu besitzen, der diesen Titel allerdings in der Tasche behält. — Der Konflikt zwischen Frankreich und Marokko ist beigelegt. Dem Sultan von Marokko war durch den Besuch Kaiser Wilhelms in Tanger gewaltig der Kamm geschwollen. Er meinte mohl, nun könne ihm nichts mehr passieren, und die zeit weisen Gegensätze in dieser Frage zwischen Paris und Berlin mochten ihn in diesem Glauben bestärken. Der deutsche Gesandte wird aber Seiner scherifischen Majestät den Star gestochen haben und der französischen Republick ist die geforderte Genugtnung zu teil geworden. Dadurch dürfte auch der Verlauf der bevorstehenden Marokko-Konferenz glatter vor sich gehen. — In Ungarn besteht das gespannte Verhältnis zwischen der Mehrheit der Volksvertretung und der Krone noch immer fort. Der neueste Schachzug der Opposition ist, das Ministerium FejervaryS in den An klagezustand zu versetzen. — Die Verhandlungen zwischen Schweden und Norwegen wegen Auf lösung der Union sind beendet, wenn auch über ihr Ergebnis noch nichts verlautet, Das Interesse ist jetzt auf die Frage gerichtet, wer nun den Thron Norwegens besteigen soll. König Oskar will zwar keinem Prinzen seines Hauses die Annahme einer Krone gestatten, die ihm selber ziemlich formlos entzogen worden ist. Indessen sind Schweden und Norweger ganz besonders auf ein gutes nachbarliches Verhältnis angewiesen und deshalb wäre es im Interesse beider Länder wünschenswert, wenn ihre Kronen von nahen Verwandten ge tragen würden Bleibt König Oskar bei seiner ablehnenden Heistmg, dann könnte Nor wegen leicht zur Republik werden, für deren Existenz schon die gegenwärtige Verfassung des Landes der Schären alle Vorbedingungen aufweist. f-