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nert. O« Druck un- verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. ve». Nr. 86 Mittwoch, den 19. Juli 1905. 4. Jahrgang ceter Herr hten» hten« Juli. rf- sicherungS- d dilli-ft« «Herten sn he Jahres- suli- dienst- mde. zu einem Aus der Woche. Wo man Bettelmanns Rock auch angreift — er reißt an allen Ecken und Ende, mürbe, wie Zunder — und von welcher Seite man auch die russischen Verhältnisse betrachtet: überall der BettelmannSrock. Da ist auch kein solides Fleckchen zu bemerken; alles, alles was besteht, ist wert, daß es zugrunde geht. Daß die Russen weder zur See noch zu Lande Krieg zu führen verstehen, daß hätte uns nach dem Krimkriege und nach Plewna nicht zu wundern brauchen; sie verstehen aber auch offenbar nicht Frieden zu schließen, sich mit Würde in das Unvermeidliche zu schicken. Die Beamten und Offiziere — bis in sehr hohe Stellen hinauf — stehlen, räubern und unterschlagen die Soldaten und Matrosen meutern; nur die Kosaken sind treu, weil sie bei Ausübung ihrer Treue plündern können. Menschenleben sind in Rußland wohlfeil wie Brombeeren. Die Kosaken schießen ohne vorherige Warnung in die demonstrierende Volksmenge und die Bomben der Attentäter sind auch nicht gerade wählerisch; neben den Ungerechten verschonen sie auch zuweilen die Gerechten nicht, wie's trifft. Man n.mmt das eben in Rußland nicht genau, denn wo Tausende ohne erkennbaren Zweck und Nutzen im fernen Osten aufgeopfert werden, da kommt es auch auf ein Dutzend mehr oder weniger daheim nicht an und niemand regt sich deswegen besonders auf. — Wie lange sich die Weststaaten die russischen Unordnungen noch gefallen lassen werden, steht dahin. Da das Zarenreich seine inneren Auf gaben offenbar nicht erfüllen kann, die dortigen Zustände ober ihre Rückwirkung auf das ganze übrige Europa haben, so wäre es an der Zeit, daß die Großmächte sich zusammentäten und ihr Machtwort sprächen, indem sie den Zarismus entweder dauernd oder doch vorübergehend aur dem russischen Organismus ausschalten uns jenseit der Weichsel der Einführung zivilisierter Verhältnisse freie Bahn schaffen. — Der Er folg, den Japan mit seiner letzten auswärtigen Anleihe gehabt hat, ist ein geradezu ungeheuer licher und müßte eigentlich den Russen zeigen, wie man selbst in Deutschland über ihre Kriegs aussichten denkt. Nach langem Hin und Her ist zwischen Deutschland und Frankreick eine Uebereinkunft wegen der Marokko-Konferenz erzielt worden, die auch von England beschickt werden wird. Dieser Frage wegen sind zwei große Völker während mehrerer Wochen in Gefahr gewesen, kriegerisch aneinander zu geraten wie man jetzt erst mit Schrecken erfährt. Daran ist die Geheimniskrämerei der zünftigen Diplomatie schuld. Sowie die Sache an die Oeffentlichkeit getreten war und von der Allerweltsweisheit der öffentlichen Meinung be- chienen werden konnte, zerschmolz ihr gefährlicher Charakter wie Märzenschnee vor der Sonne. Herr Delcassö hatte die Sache überaus schlau eingefädelt und war im Begriff, die Frucht seines siebenjährigen Strebens einzuheimsen, als sich Fürst Bülow — damals noch Graf — ins Mittel legte, um die Isolierung Deutschland» zu verhindern. Delcassö, der sich ertappt sah, mußte des lieben Friedens willen gehen, und als der geistvolle Führer der französischen Sozialisten, Jaurös, über die Friedens bestrebungen im allgemeinen den Berlinern einen Vortrag halten und damit gewissermaßen die Friedenspolitik des Fürsten Bülow unter stützen wollte, wurde er von diesem wie ein „gewöhnlicher Delcassd" behandelt, so drückt sich wenigstens der Pariser „Matin" aus. Aber das Blatt hat unrecht! AllerdiagS wurde Herrn Jauros auf dem Umwege durch die deutsche Botschaft in Paris nahegelegt, daß sein Erscheinen in Berlin ungern gesehen, d. h. ins praktische Diplomatendeutsch übersetzt, nicht geduldet werden dürfte. Aber diese not gedrungene Absage ist mit soviel Schmeicheleien verbrämt, sdaß Herrr JaursS ganz zufrieden sein konnte zudem er noch die nicht unbeträchtlichen Reisekosten gespart hat. Das Manuskript seiner von ihm selbst deutsch bearbeiteten Dar stellung ist vom Berliner „Vorwärts" wörtlich veröffentlicht worden und nach dem Lesen der selben wird sich Fürst Bülow vielleicht gesagt haben, daß er eine solche Rede halten könne. „So ungefähr sagt das der Pfarrer auch, nur mit ein bischen andern Worten." Daß ein Führer der Sozialdemokraten anders sprechen muß als der Kanzler des Deutschen Reiches, ist so selbstverständlich, daß man darüber keine Worte zu verlieren braucht. Anderseits aber wird man den Eindruck nicht los, daß von der Jaurösschen Rede in der Presse hüben und drüben ohne das Verbot bei weitem nicht so viel Aufhebens gemacht worden wäre, wie nun geschehen. — Die sonstigen Fragen, die die öffentliche Aufmerksamkeit zurzeit fesselln, spinnen sich langsam ab. Die ungarische Krisis ist glücklicherweise bis zum Herbst vertagt, auch der schwedisch-norwegische Konflikt löst sich in Güte. Norwegen scheint allen Ernste» geplant zu haben, sich einen eigenen König zu eeküren. obgleich man die führenden Geister des Landes bisher für Republikaner zu halten ge neigt war. Sonderbarerweise ist von irgend einer Seite der Plan aufgetaucht, nicht, wie es bisher hieß, einen Prinzen des Hauses Berna dotte, sondern Karl von Dänemark auf den Schild zu heben, was zwar von offiziöser norwegischer Seite bestritten wird. Wie sympathisch aber in Kopenhagener Kreisen diese Idee berührt hat, zeigt folgende Tatsache: Der 78 jährige König Christian, der den ganzen Sommer über bei hinein Schwiegersohn in Gmunden bleiben wollte, ist plötzlich in Be gleitung seines Enkels, eben des Prinzen Karl, nach Kopenhagen zurückgekehrt. Bisher hat sich zwar König Oskar anstandshalber gesträubt die Erlaubnis zu geben, daß den ihm ent rissenen Thron ein Prinz seines Hauses ein- nehme. Vielleicht trägt die dänische Konkurrenz- kandidatur dazu bei, ihn geneigter zu machen. Dieser Tage fand das Zusammentreffen des Königs Oskar mit unserm Kaiser Wilhelm statt und es ist im hohen Grade wahrscheinlich, daß auch diese interessante und nahezu brennende Frage von den beiden Herschern besprochen wurde, wenn auch in unverbindlicher Weise. Teil des beladenen Wagens mit dem Geschirr- ührer, einem 10 jährigen Knaben, und den »eiden Ochsen wurde zur Seite geschleudert. Wunderbarerweise haben weder der Geschirr- ührer, noch die beiden Zugtiere nennenswerte Verletzungen erhalten. Der Knabe jedoch wurde mit voller Wucht gegen einen Stein ge- chleudert und erlitt einen schweren Schädelbruch. Der Bahnwärter, ein seit vierzig Jahren im Dienste befindlicher treuer Beamter, dürfte sich wegen Fahrlässigkeit zu verantworten haben. Liebenwerda. Einem raffinierten Schwindel ist man hier auf die Spur gekommen. Der Viehhändler Naumann aus Neußen bei Belgern hatte in den Sparkassen von Liebenwerda, Uebigau und Wahrenbrück kleine Beträge von 3 — 5 Mk. eingezahlt und die Beträge in 3000 brzw. 5000 Mark im Sparkaffenbuch gefälscht. Unter Hinterlegung der gefälschten Bücher lieh er nun beim Liebenwerdaer und Wahrenbrücker Vorschußvereiu 4000 bezw. 1200 Mk. Nachforschungen bei den Spar kassen deckten den Schwindel bald auf. Mittels Automobils wurde N., der mit einem Motor rade in Liebenwerda gesehen worden war, von den leitenden Herren des Liebenwerda r Vorschußvereins verfolgt und auch bald gesteh. Er gestand seine Schuld sofor ein und ver sprach, bis zum Abend die Summe zurück zustellen. Mit dem erschwindelten Gelbe hatte er schon andere Schulden bezahlt. Anzeige wurde erstattet. N. scheint übrigens das Geschäft sehr umfangreich betrieben zu haben, denn es werden ihm ähnliche Manöver bei sächsischen Sparkassen zur Last gelegt. ach Ueberflutungen von Höfen und HauSfluren )erbeiführte. Potschappel. Der unter Hinterlassung ledeutender Schulden von hier verschwundene rühere Schweinsdorfer Gemeindevorstand Grafe st am Donnerstag in Zürich ongetroffen worden, und zwar von einem Potschappeler Bekannten, der von den Ursachen der „Reise" Grafes noch nichts wußte. Aus dem Plauenschen Grunde. Ein großes Gewerkschaftsfest wurde am Sonntag m Plauenschen Grunde abgehalten. An dem Feste beteiligten sich 26 Gewerkschaften mit über 5000 Mitgliedern. Von Wagners Gasthof in Deuben bewegte sich der Zug mit drei Musikchören nach dem „Steiger" in Potschappel. Dort wuchs die Zahl der Teil nehmer auf etwa 10 000. Im Zuge fuhren Radfahrer in weißen Anzügen mit roten Schärpen. Auf dem Festplatze erfreuten sich die Teilnehmer an turnerischen Aufführungen, Gesangs- und Konzertvorträgen und anderen Darbietungen. Die Festrede hielt der Reichs tagsabgeordnete Hoffmann-Berlin. Leisnig. Der seit vier Wochen andauernde Maurerstreik ist beendet. Die Arbeiter haben auf die Bekanntgabe des Arbeitgeberverbandes sin, daß sämtliche organisierten Maurer und Zimmerer in den Amtsgerichtsbezirken Leisnig, Waldheim, Döbeln und Roßwein ausgesperrt werden würden, die Arbeit zu den früheren Bedingungen wieder ausgenommen. Für nächstes Jahr haben die Arbeitergeber eine Lohn erhöhung zugesagt. Borna. Freitag früh kam auf den Braun kohlenwerk Ramsdorf bei Lucka der Rangierer Beier aus Ruppersdorf zwischen die Puffer zweier Eisenbahnwagen und wurde zerquetscht. Der Tot trat alsbald ein. Chemnitz. Schlachthofdirektor Kögler, der wegen widerrechtlichen Betretens eines fremden Grundstücks zum Zweck der Ausforschung von Geschäftsgeheimnissen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden ist, hat an den Magistrat der Stadt sein Entlassungsgesuch eingereicht, das auch genehmigt worden ist, Leipzig. Die großartigen Schwindeleien des ehemaligen Inhabers des famosen „Credit mobilier" hier, des Kaufmanns Karl Kaniß, beschäftigten die Geschworenen zwei Tage lang bis in die Nacht hinein. Kaniß hatte, obwohl er ungezählte Male erfolglos gepfändet war, öfters manifestiert hatte, den Konkurs hatte an melden müssen und kein Zwanzigmarkstück in der Tasche finden konnte, glänzende Prospekte verschickt, in denen er behauptete, das Problem der Unterseebahn gelöst zu haben. Eine englische Bank habe ihm 800000 Mk. bar und 4 Millionen in Aktien geboten, wenn er ihr seine Patente verkaufe, er wolle den Nutzen aber deutschen Kapitalisten zuwenden, deshalb sei er auf das Angebot nicht eingegangen. Die Adressaten wurden in den Prospekten auf gefordert, sich zu beteiligen; die Gelder nehme der „Credit mobilier", der zehnfache Sicherheit biete, entgegen. Kaniß brach jedoch mit seinem „Credit mobilier" zusammen, denn die ganze Sache war von vornherein fauler Zauber. Das Gericht verurteilte jetzt den phantasievollen Mann zu zwei Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust. Plauen i. V. Der Raubmörder Neumann jun. aus Hartmannsgrüu, der zu lebens länglichem Zuchthaus begnadigt worden ist, wurde nach dem Zuchthaus Waldheim gebracht. — Infolge eines Unfalles auf der Strecke zwischen Gulenfürst und Reuth erlitt der Hof—Leipziger Schnellzug am Sonnabend eine erhebliche Verspätung. Als der Schnellzug die Strecke mit voller Geschwindigkeit passierte fuhr ein mit zwei Ochsen bespannter Heuwagen über einen Bahnübergang, dessen Schranken geöffnet waren. Der Schnellzug zertrümmerte den Heuwagen und schleifte den Hinteren Tei noch 400 Meiler weit fort, bis der Zug zum Stehen gebracht werden konnte. Der vordere eise Dresden ^14 H n, 1169 eine, zusa.^ für 28-42 , Kalben/., Mk., 2« > Lebendge« Lebendig gewicht 6S^ t 50-55 -ertliches und Sächsisches. DttenSorf-Vkrilla, <s. Juli igos. — Jagd auf Edelwild. Nachdem in Lachsen und Preußen die sogenannte „Hohe Jagd" auf männliche« Edel- und Dammwild bereits am 1. d. M. aufgegangen ist, beginnt sie vom 15. Juli an auch in Oesterreich. Es ist dies für die deutschen Wildbretmärkte in- sofern von Bedeutung, als sich jetz; die böhmischen Bäder und Sommerfrischen die im Laufe der letzten beiden Wochen Hirschwild aus dem sächsischen Erzgebirge, sowie aus Preußisch- Schlesien vielfach bezogen haben, im eigenen Lande vollständig versorgen können, weshalb der Versand nach dort aufhört und die deutschen Märkte größere Zusendungen von Hirschwild -u verzeichnen haben werden als seither. Hier bei möge bemerkt sein, daß Oesterreich trotz seines bedeutenden Reichtums an allerlei Wild, das allein im Kronlande Böhmen an Jagd- ousbeute alljährlich im Durschnitt 1 Million Stück liefert, infolge der hohen Zölle an der Grenzt, sowie der meist ansehnlichen Transport kosten in Deutschland schon lange nicht mehr nennenswert zu konkurrieren vermag. Klotzsche-KönigSwald. Am Sonntag sand hier die Ordination und Einweisung des Hilfsgeistlichen Herrn Vikar Max Bundesmann »US Oberoderwitz statt, der berufen ist, den er krankten Ortsgeistlichen Herrn Pastor Vogel zu Vertreten. Der Einweisungsakt wurde durch Herrn Superintendent Kaiser von Radeberg vollzogen. — Herr Pfarrer Vogel ist Sonn- kag abend »/, 8 Uhr von seinen schweren Leiden durch den Tod erlöst worden. Dresden. Der Sächsische Pestalozziverein bat zwei neue Legate innerhalb der letzten Wochen erhalten: 6000 Mark durch Herrn Schuldirektor Enkel in Dresden zur Errichtung einer Margarethe Enkel-Stiftung; 3000 Mark v°n einem Herrn aus Königsbrück zur Er- sichtung einer Adolf Ritscher-Stiftung zur Er- >Unerung an den verstorbenen Oberlehrer Ritscher in Königsbrück. — Bei der bekannten Großfirma Oskar Renner hier haben sämtliche daselbst be lästigten Arbeiter und Arbeiterinnen die Arbeit wegen Tarifdifferenzen eingestellt. Kleinzschachwitz. Als die Königliche Mende Fähre Publikum, sowie Pferde und Wagen übersetzte schlug der Blitz in da» Fahr- k'ug dessen Wimpel abgeschlagen wurden, verletzt wurde niemand- -- Am Sonnabend sprang ein in Schwer st verfallenes Dienstmädchen in seldst- ^örderischer Absicht am Terassenufer in die ^kbe, wurde aber sogleich wieder herausgezogen ""d hierauf mittels Unfallwagens in das ^iechenhaus übergeführt. ^Radeberg. Der 44 Jahre alte, in Pfersdorf wohnende Brauereibesitzer Friedrich Ermann Reichert stand mit dem Gastwir Wunderwald in Radeberg in Geschästs- ^vbindung. Im Anfang Dezember vorigen "»hres erhielt Reichert einen von Wunderwald ^gestellten Wechsel über 150 M-, um darauf zu schaffen. Reichert verfügte über das kopier rechtswidrig im eigenen Nutzen, indem / es dem dortigen Kaufmann Schumann ." Radeberg, den er 33 Mk. schuldete, über- DenUeberschuß ließ sich Reichert heraus- Men, um ihn zu verwenden. Reichert war ?'?halb wegen Untreue und Unterschlagung zu Grafen. Da der Angeklagte nachträglich zur Mfte Ersatz geleistet hat, hielt das Gericht "o einmonatige Gefängnisstrafe als auS- "'chende Sühne. » Schwepnitz. Am 15. dieses Monats ver- ,?>ed nach längerem Kranksein der Besitzer der s/Ngen Glaswerke Herr Professor Eduard °vnhardi in Loschwitz. "amenz. Am Sonntag in den Abend- "vden und in der Nacht zum Montag über /Mr Stadt auftretende Gewitter waren von "'kenbruchartigen Regen begeleitet, welcher viel- sr. ung: Rnh^, : Weißer, A , amenkavA, 200 bis /« n, pro 10^ .44, Pres/,« 9. Gersts 7-175, böhmisch« uS cste 126-^ ländischer, 144, r« 1000 HL; scher grM/ ihN - 'M- e-150-, L- .o: inlaNM ten?pro 1OO rocken, Leinsaat' / reie 220^,/ ,-220, 5. Rüb-l^- teö 49- - F 13,00^-t tto ohne / -11,20.« k 12,00-