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Die .(Ottendorfer Zeiturig" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch di« Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr- Inserat« werden mtt w Pf. für die Spaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach br- sonderem Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 66. Donnerstag, den 1. Juni 1906. 4. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Dkrilla, zg Mai zgos. — Bericht des Herrn Pfarrer Redlich aus Ziegelheim über Gründung und Geschichte der Kirche zu Großdittmannsdorf. Redner leitete seinen Bericht ein mit dem Aus druck der Freude, daß es ihm vergönnt sei, zu seiner langjährigen Filialgemeinde ein Wort zu ihrem Jubeltage reden zu dürfen. Dem Bericht war das Bibelwort zu Grunde gelegt: Ep. 26, 8, „Herr ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnet." 1. Mit unserm Herrn und Heiland. 2. Von Haus zu Haus. 3. Von Ort zu Ort- Unser Gotteshaus ein festes Band mit unserm Herrn und Heiland, das zeigt sich teils in der Geschichte, teils in der Ausstattung und Be deutung desselben. Nach alten Urkunden ist das jetzige Gotteshaus 1604/5 erbaut und am 5. Mai 1605 geweiht worden. An seiner Stelle stand wohl früher eine Kapelle der heiligen Ottilia mit einem wundertätigen Bilde. Ein Bericht über die Weihe der damaligen Zeit fehlt; aber das älteste von Jahre 1640 beginnende Kirchenbuch von Großdittmannsdorf enthält einen solchen von der Hand des da maligen Pfarrers Hauffe. Dieser Bericht gibt Zeugnis van der Opferwilligkeit der Patronats- samilie von Zeidler auf Berbisdorf und Boden Und der Vorfahren, der noch heute in der Kirchgemeinde ansässigen Familien, denn es ist interessant zu lesen, das Familien, die wir heute da finden, schon damals hier vertreten waren. Nach anderthalb Jahrhunderten machte sich eine größere Reparatur der Kirche und des Turme» nötig. Die Gemeinde war aber sehr arm und es wurde ihr erlaubt, das vorhandene Kirchenvermögen, das freilich auch nicht hoch ivar, zu verwenden, auch bewilligte die kirchliche Behörde mehrere Kollekten im Lande. Eine Orgel scheint die Kirche erst 1775 bekommen zu haben, doch war e« wohl nur eine alte, denn aus den Berichten geht hervor, daß sich an ihr bald eine größere Reparatur nötig Machte. Bei der Reparatur der Kirche und auch der Orgel war e« besonders die Patronats- Herrschaft von Zeidler, die mit Rat und Tat helfend eingriff. Di« letzte größere Erneuerung geschah im.Jahre 189S, wo die Kirche in ihrer jetzigen Gestalt hergtstellt wurde. Bei derselben kamen eine Menge alter Monumente zum Vor schein, die da zeigen, daß da» Gotteshaus ein Zeughaus von der Geburt, vom Tode und von der Auferstehung de« Heilandes ist Redner ging dann über auf die seit der Zeit der Reformation in Medingen wirkenden Pfarrer die auch Großdittmannsdorf mit zu versorgen hatten. Aus der großen Menge derselben wurde besonders hervorgehoben der aus Dittmannsdorf gebürtige mütterlicherseits der Familie Kretzschmar angehörende P. Drescher, welcher im Alter von 39 Jahren al» Pfarrer von Döbeln starb und P. em. Berlet*, welcher, nachdem er seine Beteiligung am Kirchjubiläum zugesagt, von Gott heimgerufen wurde. Von berühmten aus Großdittmannsdorf stammenden Männern wurde der 1698 geborene und 1764 als Rektor der Kreuzschule in Dresden gestorbene Christoph Kretzschmar erwähnt. Ein kurzer Blick wurde dann auch geworfen au die Küster und Kirchschullehrer, welche an dieser Kirche gewirkt haben. Sehr intreffan war die Frage über die kirchliche Zugehörigke von Großdittmannsdorf. Zu Medingen hat e« wohl in frühester Zeit nicht gehört, denn die alten Berichte sagen, daß Mediam oder wie anderwärts^ heißt Medigau, sehr arm gewesen sei und einen eigenen Pfarrer nicht erhalten konnte, sondern mit von dem Pfarrer zu Lausa versorgt wurde und die Akten der Kirchen visitationen von 1539/40 und 1578 beweisen auch die Zugehörigkeit zu Radeburg. Wenn aber daneben her in den Akten von 1578 die Nachricht geht, daß Großdittmannsdorf nach Medingen eingepfarrt gewesen sei, so findet diese Verschiedenheit ihre Aufklärung darin, daß bei der Nachricht von der Einpfarrung mch Medingen steht, daß Großdittmannsdorf halb unter den von Los zum Tausch (Tauscha) und halb unter Peter von Zeidler zu Berbis dorf gehörte. Es war deshalb wohl zur Hälfte nach Radeburg, und zur Hälfte nach bedingen eingepfarrt. Daß es früher nach Radeburg gehört haben muß, geht ja auch daraus hervor, daß die Nutzungen des Groß- dittmannsdorfer Kirchenwaldes nicht dem jfarrern von Medingen, sondern dem Pfarrern on Radeburg zu Gute kommen, obwohl dieser Irchliche Verrichtungen hier nicht mehr zu be- orgen hat. Fest aber steht, daß es seit 1605 mit Medingen verbunden ist und darum ist dieses Fest auch ein Jubiläum der Zugehörig- eit zu Medingen. Von Bedeutung ist, daß in Niemier, wo einst unter der Bedrückung der Evangelischen 1627 Johann Siegmund von Zeidler, ein späterer Patronatsherr der Gemeinde Großdittmansdorf, geboren war, heute wieder um eine evangelische Predigtstation besteht. Redner schloß deshalb mit dem Wunsche, daß es schön wäre, wenn durch dieses Heimatsfest die Aufmerksamkeit auf diese fernen Brüder zur Hilfeleistung für ihr evangelisches Leben gerichtet würde. — Zur Frage des zweiten sächsischen Truppenübungsplatzes wird geschrieben: „In der kürzlich stattgefundenen Versammlung des Sächsischen konservativen Landesvereins, in welcher Herr Generalmajor Sachse über den geplanten zweiten sächsischen Truppenübungsplatz sprach und nachwies, daß der Truppenübungs platz eine Quadratmeile Landes benötige, sowie vaß die Anlagekosten eines solchen UebungS- platzes auf ca. 10 Millionen Mark und die laufenden jährlichen Ausgaben aus ca. 500000 M sich belaufen, behandelte Herr Kommerzienrat Ernst Grumbt - Dresden die Frage im be sonderen, welche großen Nachteile durch die Anlage des Platzes auf preußischem Gebiete dem sächsischen Verkehrsleben erwachsen müßten. Wird der UebungSplatz bei Belgern Torgau angelegt, so ungefähr führte Herr Grumbt aus, dann ist der Bau einer Eisenbahn von Torgau nach Wurzen nur eine Zeitsrage. Kommt aber diese Bahn zur Ausführung, so kann als selbstverständlich angenommen werden, daß die preußische Regierung die Bedingung stellen wird, den Torgauer Hafen an diesen neuen Schienenweg anzuschließen. Die Torgauer Hasenanlage hat bis jetzt Bahnverbindung mit Eilenburg bez. Leipzig, Die Entfernung von Torgau bis zum Eilenburger Bahnhof in Leipzig beträgt 52 Kilometer. Die Bahn Torgau—Wurzen würde nur 20 Kilometer Länge haben, also 32 Kilometer kürzer sein. Da die Entfernungen der beiden Stationen Leipzig und Wurzen — nach dem Hinterland, dem Erzgebirge, Bayern usw. ziemlich gleich sind, so ist anzunehmen, daß die Güter, welche in Torgau via Wurzen aufgegeben werden, auch preußischen Linien zur Weiterbeförderung überwiesen werden. Auf jeden Fall würde eine große Hafen-Anlage in Torgau, die Eisen bahnverbindung mit Wurzen hätte, unserer Riesaer Umschlagstation einen enormen Wett bewerb bereiten. Die Entfernung auf der Elbe von Hamburg bis Riesa beträgt 510 Kilo meter, bis Torgau aber nur 465 Kilometer, das sind weniger 45 Kilometer. Gewisse Güter die jetzt bis Riesa gehen müssen, werden in Torgau gelöscht werden, weil dadurch ein Fracht ersparnis von ungefähr 12 Prozent erzielt wird. Z. B. kosten heute Massengüter von Hamburg bis nach Riesa 37 Pfg. pro 100 Kilogramm, bis nach Torgau aber nur 32 bis 33 Pfg. Ein Fahrzeug von 500 Tonnen er spart also, wenn es in Torgau statt in Riesa löschen kann, ungefähr 200 bis 250 Mark Wird der neue Truppenübungsplatz bet Belgern-Torgau angelegt, dann besteht zweifel los die Gefahr, daß unser mit vielen Millionen Mark Kosten erbauter und jetzt ausgezeichnet funktionierender Riesaer Hafen-Umschlagplatz überflügelt werden könnte. Aus diesem Grunde können wir Sachsen es wohl begreifen, daß man uns in Preußen bezüglich des Truppen übungsplatzes so freundnachbarlich entgegen kommen will. Aber im Interesse unseres Landes liegt cs, daß volle Aufklärung darüber gegeben wird, ob den Anforderungen des Militärfiskus nach dieser Richtung in Sachsen selbst nicht denn dock entsprochen werden könnte. Es würde z. B. die Laußnitzer Heide in Frage kommen. Vie! bester dürfte jedoch das Gelände in den Fluren Olterschütz, Zeisholz und Krakau sich eignen. Wie versichert wird, ist es dort möglich eine Quadratmeile Bodenfläche zu er werben und zwar zu dem Preise von ungefähr 600 Mark pro Hektar. Das Terrain soll auch nicht ganz eben, sondern wellig sein und so den militärischen Anforderungen entsprechen. Eisenbahnverbindung ist vorhanden, die Station Schwepnitz liegt im Gelände, auch die neu- cplante Nordostbahn Kamenz—Großenhain würde durch die Gegend führen. Herr Grumbt vill als Laie in militärischen Dingen sich eines Urteils darüber enthalten, ob dieses Projekt ausführbar ist- Aber im Interesse unserer Volkswirtschaft, unserer Finanzen, unseres Eisenbahn- und Schiffahrts-Verkehrs hält er es für dringend wünschenswert, daß der neue Truppenübungsplatz nicht nach Torgau-Belgern gelegt wird. — Im Anschluße hieran teilte Herr Geh. Hofrat Dr. Mehnert eoch mit, daß ihm zuverlässige Nachrichten aus Grimma zu gegangen seien, wonach die Kosten für den Grunderwerb sich bedeutend billiger stellen würden, als man bisher angenommen habe. Wenn die sächsische konservative Partei dafür eintrete, daß der zweite Truppenübungsplatz unter allen Umständen in Sachsen errichtet werden solle, so wolle sie sich nicht etwa un befugter Weise in militärische Angelegenheiten einmischen, sondern weiter nichts erstreben, als die wirtschaftliche Kraft des Lande» unversehrt zu erhalten. — Zwischen Preußen, Hessen und den thüringisch-anhaltischen Staaten ist eine Lotterie verständigung zustande gekommen. Die hessisch thüringische Lotterie wird eingestellt. — Aus der englischen Fahrradindustrie. Nach Berichten aus Birmingham hat die Nach frage für Motor-Fahrräder so erheblich nach gelasten, daß viele Werke dort und in Coventry deren Fabrikation ganz einstellen wollen. Der Verkauf dieser Maschinen soll auf ungefähr ein Zehntel des früheren Umsatzes zurück gegangen sein, was man in der Hauptsache dem Umstande zuschreibt, daß der ziemlich komplizierte Mechanismus durch das Einbringen von Staub und Schmutz leicht versagt In Motorwagen und in gewöhnlichen Fahrrädern liegen indes umfangreiche Aufträge vor. — Wie weit sich die Wirkungen des ost asiatischen Krieges auch auf das japanische Wirtschaftsleben erstrecken, zeigt, daß gegen wärtig die Nachfrage von Nähmaschinen, Strick maschinen und Handwebstühlen außerordentlich stark ist, da jetzt sehr viele Frauen genötigt sind, durch Handarbeit im Hause ihren Unter halt zu verdienen, während die Männer vor dem Feinde stehen. Man sieht also infolge des Krieges die Hausindustrie neu aufleben, wobei allerdings auch der Umstand eine Rolle spielen mag, daß die Fabriken von männlichen Arbeitern größtenteils entblößt werden. Dresden. Die Nachricht, daß der ver storbene Geheime Kommerzienrat Eschebach die Stadt zur Erbin des Hauptteiles seines Ver mögens eingesetzt habe, soll sich nicht bestätigen Die Stadt soll nur für einen bestimmten Fa auf dessen Eintritt man kaum rechnen kann, als Nacherbin in Frage kommen. — Eine eigenartige Kahnladung. Auf der Elbfahrt zu Tal begriffen ist gegenwärtig ein Elbkahn, der eine wohl recht selten vorkommende Ladung birgt, welche von einem eigentümlichen Geschick ereilt wurde. Es sind dies Abfälle aus einer Tetschener Fischkonservenfabrik, und zwar hauptsächlich die abgeschnittenen, nicht zur Verwendung kommenden Köpfe der Fische. Der Kahn nahm die für Hamburg zu Dung« zwecken bestimmte Ladung ^auf dem Tetschener Umschlageplatze und fuhr dann nach Laube, wo die Ladung durch andere Zollgüter komplett gemacht werden sollte. Di« Fischabfälle, reiche schon ziemlich lange gelagert hatten und ich in Verwesung befanden, verbreiteten jedoch men so penetranten Geruch, daß der Führer )ieses Fahrzeuges dieses auf die andere Elb- eite bringen mußte, außerdem konnte er keine Zuladung erhalten, weil niemand selbst nur minderwertige Güter in eine in so „üblem Geruch stehende" Nachbarschaft bringen wollte' )ie Fischköpfe büßten natürlich, auf die andere Elbseite gebracht, nichts von ihrem „Aroma" ein. Irgend jemand richtete darauf eine An» zeige an die Sanitätsbehörde, welche den Erfolg ;atte, daß die Desinfizierung der Ladung an« eordnet und durchgeführt wurde. Das half wohl einigermaßen, aber nur für kurze Zeit, In Obergrund erhielt der Kahn jedoch eben« alls keine Zuladung. Als die Sache auch hier ,ruchbar" wurde, rückte der Kahn bis nach Niedergrund hinunter, ohne jedoch auch hier )as gewünschte Frachtgut zu erhalten. Und o war auch hier seines Bleibens nicht lange; elbabwärts fuhr er weiter und schwimmt gegen« värtig auf der sächsischen Elbstrecke. Der Kahn muß nun suchen, schleunigst seinen Be» timmungsort Hamburg zu erreichen, denn onst kann schließlich, bevor er dort anlangt, sie ganze Fischladung „verduftet" sein. Niederwartha. In der Nähe der hiesigen Eisenbahnhaltestelle wurde ein kaum erst aus )er Jrrenheilanstalt Sonnenstein versuchsweise entlassener Schlaffer noch lebend aus .der Elbe gezogen. Der Unglückliche, der sich außerdem an Hals und Stirn Schnittwunden beigebracht hatte, wurde einem Krankenhause zugeführt. Waldheim. Ein Gnadenakt des König« Friedrich August ist zur Feier des Königlichen Geburtstages vollzogen worden. Es wurden zwölf Insassen der hiesigen Strafanstalt, elf männliche und ein weiblicher, begnadigt. Grimma. Gutsbesitzer Buffe in Klein- bardau bei Grimma war mit einem Gewehr aufs Feld gegangen, um durch einen Schreck schuß die Tauben von einer Erbsensaat zu vertreiben. Als er nicht zurückkehrte, suchte man nach ihm und fand ihn auf dem Feld wege nach Leisenau tot auf. Das Gewehr hatte sich durch Zerreißen des Tragriemen» entladen und der Schuß war ihm durch den Kopf gegangen. Buffe, der in geordneten Ver hältnissen lebte, war Vatrr von sieben Kindern. Leipzig. Die kleineren Wäscherinnen und Plättgeschäfte haben ungemein unter der Konkurrenz der großen Dampfanstalten zu leiden; auch das Mädchenheim der inneren Mission in Borsdorf tut ihnen einen sehr merkbaren Abbruch. Üm eine Besserung der Verhältnisse herbeizusührcn, haben die Inhaber der kleineren Geschäfte jetzt beschlossen, eine Vereinigung zu gründen, welche einheitliche Preise festsetzen, eine Erhöhung der Preise für Krankenwäsche anzustreben und der übermäßigen Einstellung von Lehrmädchen entgegenarbeiten soll. — Gelegentlich der Pferderennen finden sich hier stets Leute ein, die das Glücksspiel ge» werbsmäßig im Umherziehen betreiben. So wurden denn auch jetzt zwei solche Jnstustrie- ritter abgefaßt und eingesteckt, welche in einem Restaurant der inneren Stadt beim Pharao die ins Netz gegangenen Gimpel rupften. — Der 21 Jahre alte Kontorangestellte Thomas aus Schandau hat im Walde bei Gohlis aus unbekannten Gründen einen Selbst mordversuch gemacht, indem er sich einen Revolverschuß beibrachte. Schwerverletzt ward der junge Mann von Spaziergängern auf gefunden und seine Ueberführung nach dem Krankenhause in die Wege geleitet.