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bl» lg öie „Vttendorfer Zeitung" »scheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten bi» vormittag zo Uhr. Inserate werden mit ,o Pf. für die Spaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Rioritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Nr. 53. Mittwoch, den 3. Mai 1905. 4. Jahrgang. e« h-OkriK -7IMu rife )re«den >: 3 t, 1223 M, ine, zusaE n für je 14—40 M Kalben Mk., E' Lebendge^ 56-70 E Mk., Schl°°! Lebendge^ ewicht 63 , , 47—53 'K t e htrn. Weißer, amerikamA 200 bis Ss. i, pro 1000 ' lex, 138-^ 44, preiE 1. Gerste,f l-175, böhmische ste 126- , ändischer,^ (44, russE 1000 scher grobk^ hn - -150. U o: ilüändi^ en.pro 100"? rocken, 1d0,, Leinsaat ceie 220—1 —220, E te«4S. 12,00, 1-8, 1- 1-8 netto ^ 13,00-lA ito ohne -11,20- M k 12,00-A Re für verstehe" offeln (50 ,5-2,6b- chockj 30^ April dienst. / stunde i"l HLen. April. s!' Mnterred^ü >rf. Nachdem die Ergebnisse der diesjährigen Einkommensteuer-Einschätzung den Beitrags pflichtigen bekannt gemacht worden sind, werden in Gemäßheit de: Bestimmung in § 46 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juli 1900 alle Personen, welche hier ihre Steuerpflicht zu füllen haben, denen aber der Steuerzettel nicht hat behändigt werden können, aufgefordert, Kegen Mitteilung des EinschätzungSergebnisscs sich bei der unterzeichneten Ortssteuereinnahme »"zumelden. Vtteudorf-Moritzdorf, den 28. April 1905. Der Geineindevorstand. Vertlichrs und Sächsisches. Ottendors-Vkrilla, r. Mai 1905. — Der von Grünberg nach Cunnersdorf führende Kommunikationsweg wird in der Flur Grünberg wegen Massenschüttung vom 4. bis l3. Mai d. I. für den öffentlichen Fährverkehr gesperrt. Letzterer wird über Hermsdorf ver wiesen. — Kaum ist der letzte Rest des Osterkuchens "ufgezehrt, da öffnet auch schon die Schule wieder ihre Pforten, um Jungdeutschland in ihre Arme aufzunehmen. Nach den schnell ver rauschten Ferienwonnen geht es wieder an die geregelte fleißige Arbeit. Unter denen, die ihren Fuß jetzt über die Schwelle des Schul hauses setzm, interessiert uns besonders die jüngste Generation. Die Sechsjährigen, deren Tätigkeit bisher lediglich dem Spielzeug ge golten, deren Welt das Elternhaus gewesen tun am nun Maimonat den ersten Schritt hinein in den Ernst des Lebens, das zunächst "och kleine, aber mit jedem Jahre wachsende Aufgaben auch an sie stellen wird, um sie zu vollwertigen Gliedern unsres arbeitsamen, harten Geschlechts heranzuziehcn. Tausend Hoffnungen und Wünsche begleiten die junge Schar. Was wird aus ihr werden? Wer wird seinen Lauf siegreich vollenden und das gesteckte Ziel erreichen, wer auf der mit Hinder nissen übersäten Rennbahn stürzen, überflügelt nnd zurückgedrängt werden? Die Gaben sind Io verschieden verteilt. Nicht der bewährt sich immer als der Tüchtigste, der wie ein Alter reden und gelegentlich eine treffende Bemerkung Machen konnte. Ost genug überraschen gerade diejenigen durch hervorragende Leistungen, von denen man es nach ihrem Verhalten vor der Einschulung am allerwenigsten erwartet hätte. Aber schon der Verlauf des ersten Schuljahrs dringt in der Regel Klarheit- Nicht selten ändert sich das Bild allerdings auch im Laufe der Schulzeit. Dem begabten Faulpelz kommt der energische Fleiß des minder Begabten zu vor. Durch Hebung wachsen die Kräfte. Wo gute Anlagen, wo Lust und Liebe, wo Fleiß und Eifer vorhanden sind, da soll man, wenn es die Verhältnisse nur irgend gestatten, diesen guten Eigenschaften Raum zur Betätigung ge währen. Jedes für diesen Zweck gebrachte Opfer macht sich reichlich bezahlt. Ein junger Mensch mag werden, was er wolle, tüchtige Schulbildung wird ihm in jedem Berufe förderlich sein. Wo dagegen alle die erwähnten guten Eigenschaften fehlen, da soll man nicht glauben, daß Bildung unter allen Umständen durch Geld zu erlangen sei. Invita Uivsrva, d- h. wenn die Weisheitsgöttin scheel blickt, ist alle Mühe von Eltern und Lehrern umsonst- And so bleibt es denn dabei: Die Gunst nach Kunst, den Stand nach dem Verstände, dann steht es in der Schule gut und wohl im Vater lande. — Zu Ende war wieder einmal die große Ziehung der K. S- Landeölotterie, zerronnen der Traum für alle die vielen Tausenden, die bei Anfang der Lotterie von Reichtum und Glück geschwärmt, Tag für Tag aber vergeblich ihre Nummern in den Ziehungslisten gesucht haben. Weder die Inbrunst und die Zahl der Wünsche, noch die von allen aufrichtig ab gegebene Versicherung, „daß man es gerade sehr notwendig gebrauchen konnte", vermochten irgendwelchen Einfluß auf den Ausfall der Ziehung auöüben. Nun, vielleicht glückt eS ei" nächstes Mal besser. Doch wer weiß, ob es nicht auch so gut gemeint war. Friedrich Bodenstedt sagt: Weiß doch Keiner, was ihm frommt — Hier auf dunklem Pfade, — Keiner zwingt das Glück, es kommt — Unverhofft als Gnade. König sbrüjck. Zu dem Viehmarkt waren aufgelrieben: 74 Rinder, 28 Läuferschweine, 95 Ferkel. Der Preis für Rinder stellte isich pro Stück von 220 bis 350 Mk. für Läufer schweine pro Stück 70 bis 120 Mk. und für Ferkel pro Stück von 22 bis 30 Mk. Dresden. Sämtliche zehn Zehntel der in die hiesige Kollektion von Richard Schulze ge fallenen Prämie der 147. K. S. Landeslotterie wurden von Dresdner Einwohnern, meist Minderbemittelten, gespielt. — Vor der II. Strafkammer des hiesigen Landgerichts begann am Sonnabend Vormittag die Hauptverhandlung gegen den 58 Jahre alten PrivatuS Johann Gottholt Dornig aus Obercunnersdorf bei Löbau wegen Betrugs Dem Angeklagten wird beigemessen, während der Jahre 1901 bis 1903 zu Radebeul und Dresden sechs Personen dadurch um 140000 M. am Vermögen geschädigt zu Habens daß er ihnen wahrheitswidrig angab, er habe eine Erfindung gemacht, aus menschlichen Fäkalieu Spiritus in großer Menge herzustellen. Obgleich mit der Erfindung absolut nichts zu machen war und das Kaiserliche Patentamt in Berlin sie Verhandlung mit Dornig abgebrochen und die Eintragung in das Patentverzeichnis ver weigert hatte, gründete der Angeklagte im Jahr 1904 die Spiritus-Gesellschaft, System Dornig. Das Stammkapital betrug 32000 M. Dornig rechnete auf seine Erfindung 28000 M. der Zeuge Prätorius zahlte bar 4000 M. Es wurde hierauf ein Aufsichtsrat gewählt und eine umfängliche Reklame gemacht. In den Geschäftsankündigungen wurde behauptet, daß für die Erfindung, die „Dorneol" genannt wurde, von Rußland 15 Millionen Rubel, von England 6 Millionen Pfund und von Frank reich 240 Millionen Franken geboten worden seien. Durch diese falschen Vorspiegelungen wurden die sechs Geschädigten bestimmt, dem Angeklagten die Summe von 140 000 Mk. anzuvcrtrauen. Ein Gewinn ist nicht erziel worden, die Leute find insoweit an ihrem Ver mögen geschädigt worden. Das Geld ist ver loren, Dornig will nicht wißen, wo es hin gekommen ist. Im Laufe der Beweisaufnahme kam zur Sprache, daß der Angeklagte seinem Sohne 47 000 Mk. zum Ankäufe eines Gutes gegeben nnd auch 3000 Mk. zur Anschaffung eines Automobils verwendet hat. Abends in der achten Stunde konnte die Verhandlung zu Ende geführt werden. Das Gericht erkannte den Angeklagten für schuldig und verurteilte ihn deshalb wegen Betrugs zu 2 Jahren Gefängnis und 1500 Mk. Geldstrafe eventuel noch weiteren 150 Tagen Gefängnis, sowie 5 jährigen Ehrenrechtgverlust- Da Dornig im Hinblick auf die Höhe der ihm zuerkannten Strafe der Flucht verdächtig erscheint, wurde er nach Schluß der Verhandlung in Haft ge nommen. Bautzen Hier beschlossen die Stadt verordneten, zur Erinnerung an den 100jährigen Todestag Schillers einem geeigneten Platze den Namen „Schillerplatz" zu geben. Ferner ge nehmigten sie für den Umbau des Bautzner Stadttheaters 110 000 Mk., wobei die Zinsen von 60 000 Mk. hiervon durch eine „Billet steuer" aufgebracht werden sollen. Leisnig. Zwischen Leisnig und Tanndor hat sich am Freitag Abend eine unbekannt Frauensperson von einem Personenzuge über- ahren laßen; sie wurde sofort getötet. Chemnitz. In der Nacht zum Montag ist das Sr. Exzellenz dem Oberstmarschall des Königs von Sachsen, Grafen Vitzthum von Eckstädt gehörige Schloß Lichtenwalde bei Braunsdorf fast völlig niedergebrannt. Nur der sogenannte alte Flügel mtt der Schloß- apelle blieb erhalten. Durch das Feuer, das auf einen Effendefekt zurückgeführt wird, sind auch viele Kostbarkeiten, wertvolle Gemälde, die Bibliothek, Gobelins, Porzellan und Glas ver nichtet worden. Das Feuer brach Sonntag abend 10^/, Uhr im Hauptgebäude des Grafenschloßes aus. Es ergriff nach und nach amtliche Schloßgebäude und zerstörte sie fast vollständig. Es waren jwohl viele Spritzen eingetroffen, doch konnten sie wegen des Waßermangels nicht löschend eingreifen; das Wasser aus der Zschopau heraufzudrücken, war wegen der hohen Lage des Schloßes unmöglich. Obersjachsenberg. Bezüglich des von hier gemeldeten Falles, betreffend die Auffindung der Leiche der unverehelichten Lina Männel, ist sestgestellt worden, daß ein Unglücksfall vorliegt. Plauen n V. Mit einer bedeutenden Nachforderung für die Plauensche Talsperre im Geigenbachtale werden sich demnächst die Stadtväter von Plauen i. V. zu beschäftigen haben. Die Negierung vrrlangt nämlich eine Verstärkung der Sperrmauer. Die Kosten hierfür betragen etwa 150 000 Mk. Die An lage kostet bereits mehrere Millionen. Aus der Woche. RoschdjestwenSkyS Operation — Marokko - konflikt—Tripolisaffäre — das sind die drei Hauptpunkte, auf deren Entwickelung sich die öffentliche interessierte Neugierde in der Berichts woche zusammenfand, Japans von England unterstützter Protest gegen das neutralttäts- brüchige Frankreich hat bei diesen Beachtung gefunden, denn tatsächlich hat Roschdjestwensky mit seinen Kriegsschiffen die schützende Kamranh- Bucht verlaßen und wimmelt nun — unbekannt wohin — wieder auf dem Gelben Meere. Auch ist die Nachricht gekommen, daß das Kabel, das die chinesische Insel Heinan mit dem Festlande verbindet, plötzlich zerschnitten worden sei. Wer das getan hat, darüber ist man noch im unklaren. Die japanfreundliche Seite behauptet, russische Agenten seien die Täter gewesen, die damit bezweckten, die japanische Spionage zu beeinträchtigen. Von rußenfreundlicker Seite dagegen sagt man, die Japaner fhätten das Kabel zerstört, um die telegraphische Verbindung RoschdjestwenSkyS mit dem ihm nachfolgenden dritten baltischen Geschwaders unmöglich zu machen. Wunderbar ist nur, daß keiner der findigen Berichterstatter da hinten, die doch jetzt, weiß der Himmel, ungemein wenig zu tun haben, nicht nach Europa gekabelt hat, ein riesiger Schwertfisch sei der Attentäter gewesen. Das hätte denn doch wenigstens den Vorzug der Originalität gehabt. Der Vorgang zeigt, daß es mit den Seerechtsbestimmungen im Kriege bisher noch sehr schwach bestellt ist; denn das zerschnittene Kabel ist englischer Besitz und hätte müßen unter allen Umständen, sowohl von den Rußen wie von den Japanern als fremdes Eigentum respektiert werden. Einstweilen und bis die Täterschaft nicht festgestellt worden ist, können die Engländer natürlich gegen die ihnen zu gefügte neue Unbill nichts tun. — Von mandschurischen Kriegsschauplätze ist wesendlich Neues nicht zu berichten gewesen. Lenewitsch will in einigen Scharmützeln und Vorposten gefechten Sieger geblieben sein; die Japaner auch. Wer recht hat, mögen sie untereinander ausknobeln. An der allgemeinen Lage hat sich durch jene Plänkeleien nicht das mindeste geändert. Das Geldbedürfnis ist hüben und drüben gleich stark, wenn auch einer dem andern vorzugaukeln für nötig hält, daß ihm die Auf bringung der finanziellen Mittel spielend leicht werde. — Die Berichte über den nichts sagenden Marokkokonflikt sind so öde, langweilig und haarspalterischer Natur, daß man sie ruhig übergehen kann. Die in Marokko interessierten Mächte haben schon vor langen Jahren in Madrid einen Vertrag geschloßen über das, was ste in Marokko tun und laßen wollen. Frankreich hat also nicht die geringste Ursache, sich eifersüchtig und erbost zu zeigen, wenn jetzt Deutschland in seinem Jntereße es für geboten erachtet, mit der scherifischen Majestät in nähere politische Beziehungen zu treten und seinen Handel in Marokko wirksam zu fördern. Das liegt genau innerhalb der Grenzen des Madrider Vertrags. Wenn neuerdings Frankreich und England in der ugendlichen Aufwallung ihrer neuen Freund- chaft noch einen besonderen Marokkovertrag zeschloßen haben ohne sich Deutschlands und )er andern an Marokko interessierten Mächte Zustimmung zu versichern, so kann uns das m höchsten Grade schnuppe fein, oder aber wenn Ursache sich zu ärgern vorhanden wäre, "o läge sie völlig auf seiten Deutschlands. Frankreich aber will mausen und schreit dabei überlaut: „Haltet den Dieb!" womit natürlich Deutschland gemeint ist. Vielleicht wäre man in Frankreich zufrieden, wenn unser Reichs kanzler einfach in Paris erklären ließe, man möge sich doch beruhigen, die Sache liege ja nicht so schlimm, und wenn er mit einem Wunschzettel bezüglich deßen hervorträte, was wir in Marokko beabsichtigen und wozu wir um Frankreichs Zustimmung bitten. Das aber fällt den Grafen Bülow garnicht ein. Marokko >st bisher als ein unabhängiger Staat be trachtet worden, mit dem jeder andre Staat Verträge abschließen konnte. Das haben wir getan, das war unser gutes Recht und wird unser gutes Recht bleiben, solange sie nicht eine andre Konferenz wie die von Madrid über andre allgemeine Bestimmungen betreff» Marokkos einigt. Von einer solchen schiedlich- friedlichen Konferenz, wie ste neuerdings halb amtlich von Deutschland angeregt worden ist, will Frankreich nichts wißen. Es betrachtet sich seit seinem Marokko-Vertrage mit England schon halb und halb als Oberherrschaft des scherifischen Sultans und hat für dieses Linsen gericht seine weit mehr begründeten Ansprüche auf die Oberhoheit in Aegypten an England abgetreten. Die Engländer sind ein anspruch loses friedliches Völkchen und haben schmunzelnd in ein Abkommen gewilligt, das ihnen keine Opfer auferlegte. Sie sind jetzt allerdings sehr böse darüber, daß Deutschland dieses Abkommen nicht so ohne weiteres anerkennen will und stellen sich erklärlicherweise ganz auf die Seite Frankreichs und König Eduard wird in nächster Zeit in Paris einen zweitägigen Besuch ab statten und dort die Erinnerungen an seine nicht nur feuchtfröhliche, überaus lange Jugendzeit auffrischen. Uebrigens muß bemerkt werden, daß auch in Frankreich von allen Seiten zum Frieden gerufen und die Marokko frage keineswegs als Kriegsfall betrachtet wird. Von Deutschland muß das gleiche als selbst verständlich gelten. — Wenn es wahr ist, daß eine französische Gesellschaft sich vom Groß-Sultan die Hafenrechte in Tripolis auf 99 Jahre hat verpachten laßen, so wäre das ein ebenso starker Faustschlag in das Gesicht Italiens wie es 1881 die französische Besitz nahme von Tunis war. Nebenbei ist den Italienern von den Franzosen ausdrücklich ver sprochen worden, daß ihnen Tunis freigehalten werden sollte, wenn es vom türkischen Baume abfallen würde. Die Nachricht von der neuen Perfidie Frankreichs ist noch nicht verbürgt genug, um ihr schon eingehendere Betrachtungen zu widmen. Die Italiener allerdings nehmen dies schon für bare Münze und die römische Preße gibt in ihren starken Ausdrücken gegen Frankreich ein Bild davon, wie es hergeht, Wenn sich zwei Herzen scheiden, Die einst sich treu geliebt.