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Ottendorfer Zeitung : 12.03.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190503120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19050312
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19050312
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-03
- Tag 1905-03-12
-
Monat
1905-03
-
Jahr
1905
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 12.03.1905
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Sw chmals zegen zwar den den mit »Ja, ja — eben!" — Sie sehen Gnädigste "vu rsvisnt tonjonr»." ^..Schritte und Stimmen verloren sich. Marie Mse sah auf und bemerkte plötzlich Herrn von Dornow am Eingang der Ni>che stehen. „Er M alles gehört/ durchfuhr eS sie, „meine KMze Schande!" Herr von Dornow sah mit einem eigen- AnUch weichen Ausdruck aus die Frau, deren s/lper wie im Fieber bebte — und deren Augen entsetzt anstarrten. . „ »Die Elenden," sagte er mit einer Gebärde »'s Ekels. » »Aber, — fix haben recht," sagte Marie Me und starrte ihn noch immer an ^ großen, aufgerissenen Augen. Er zuckte die rn. hlachtfeld« Weht, ü» iwart deS ig mit der af Perg«' und Ver« rer Blech« Wern sich lacht ver« m Kriegs' amt also an damit einzelnen r Wänden iktgel wird gestellt. Elchen, „er ist hier enk-mt x»tä!" „Wahrhasttg?" — Er soll ja schon nchlS vo« 'e suchten ng diese» d reizvoll achte sie, das alte, eele und mufik und Blumen« r sie mit genartige, sn, liehen )chmüiigt, ' Husaren« hr, „und n Man« raf, und köstliche« nfrei. Si« m kleine« j an ei« «pflanze« die Hand- vorüber, ichen und auf bei« munter« üe kom«« rß ihn e mir, !>° besonder ^Umm, das habe er nicht hcrausgebracht!" und sie klappte mst dem Fächer hin und her «ad lachte dazu. »Er weiß sich aber zu trösten," sagte eine Me Männerstimme mit frivolem, leichtsinnigen attung der ezügllch der »er Sozial« n Gegenteil des bäuer« imme eines von 10000 ) hält dir lsstg, da er nen wüibe. aus, seine !0 der Ver« reiSveihäll« llungnahme Richter g. Goth^N öreifswaid« e Preußische Heu. meist p«r- öie Anträge ^reifinntge« nn nur zur ner Volks- t auf das Außerdem r die Zahl l zugunsten 3ir würde» m den be« zu rütteln, lit Wähler achen. Wir den Antrag bestehende die Reich!« t und deS« iS ungleiche Sie unser« iß Sie die mden gebe« isch ruhige r bis zu« ne Freunde bestehende« allerdings werde doch n Bayern, i, außerdem Staaten je stimmungen ich weniger z. Paasche, >eine direkte ahlkreiseln« ungerechte, trum damit roße Wahl« ioll erst die m es wirk« ine Partei sthorst 1881 ahlgesetz ae- eise neu ein« irfnis vor. n, wie ge« esorm auf« daß durch iaaten eine essen sei. r »Das Leben ist brutal," sagte er und er Achte: Sie sollte daheim in einem ihrer «oben, geschnitzten Stühle sitzen, die schönen, sanken Hände im Schoß gefaltet und sollte H Märchen erzählen lassen — und dann im «ulenden Abendrot über die Heide gehen! »Und Sie? — Ist es Ihnen gleich ?" fragte Marie Luise leise, gequält. „Pah! - Mir? - Ich? - Ach, sprechen * nicht von mir! Aber Sie, Sie find I I» den Kruppschen Fabriken werden s Weit fast 26 000 Leute beschäftigt; diese hohe ist noch nie erreicht worden. Über den Baumeister John aus Fürsten- valde, der kürzlich in Berlin den überfall aus den Kassenboten Schmuhl aussührte, find viel- W unrichtige Nachrichten verbreitet worden. I Die ,Frankf. Od.-Ztg.' stellt über ihn folgendes ! fest: John war von Hause aus mittellos. Daß er sich in den wenigen Jahren seiner Tätig keit ein Vermögen hätte erwerben können, mußte als ausgeschlossen gelten, wenn man in Betracht Zog, daß er alle seine Bauten zu den niedrigsten Preisen übernahm und dadurch seine Konkurrenz Mm Teil lahm legte. Wenn er trotzdem bedeutenden Kredit genoß, so geschah es, weil mne geschäftliche Tüchtigkeit bekannt war. Ebenso unrichtig ist es, daß ihm 34 Häuser Wren. Richtig ist nur, daß er in dem letzten Jahre 34 Bauten, aber auf fremde Rechnung ausgesührt hat. Daß sich seine Schulden auf lveit über eine Million Mark beziffern sollen, ist auch stark übertrieben. Allerdings find die Ver luste der Fkrstenwalder Bauhandwerker und Liseranten schwer genug. Ein Steinlieferant bekommt allein 33 000 Mk. und ein Eisenwaren händler einige 20000 Mk. Ein Holzlieferant aus Krossen soll sogar mit 65 000 Mk. , beteiligt sein. Si« rüstiger Hundertjähriger. Die Hildesh. Allg. Ztg/ erzählt von einem über aus rüstigen Hundertjährigen, dem Gastwirt Ferdinand Gehrs in Hoheneggelsen: Vater «chrs, der seinen hundertsten Geburtstag am b- d. unter freudiger Teilnahme von ganz Hoheneggelsen in voller geistiger und körper licher Rüstigkeit beging, wurde 1805 in Hohen- Welsen geboren. Mühe und Arbeit ist das Leben dieses Greises gewesen, der von manchem Men Ereignisse zu erzählen weiß. Dennoch ist unser Hundertjähriger erstaunlich frisch ge blieben, der heute noch seine Gäste in der Wirt- Mft selbst bedient und seine Zeitung ohne PMe liest. Vater Gehrs wurde am Abend seines 100. Geburtstages durch einen groß- artigen Fackelzug geehrt, und der Männer- Sesangverein erfreute ihn durch schöne Lieder- borträge. Drahtlose Telegraphie. In einem Vor lage sprach m Nürnberg der Oberingenieur am dortigen Gewerbemuseum Wunder die Er- Wartung aus, daß man aus der nächstjährigen Landesausstellung von Nürnberg nach Berlin drahtlos telegraphieren könne. Die Berliner Gesellschaft „Telefunken" baue gegenwärtig eine Einrichtung für drahtlose Telegraphie auf Ent fernungen von über 4000 Kilometer. Sin «mstürzender Baum. Im Hagenauer Forst stürzte ein angerodeter Baum unversehens 'n eine essende Holzhauerschar hinein. Ein Holzhauer wurde gerötet, zwei andre wurden schwer verletzt. Der Postdiebstahl in München. Zu M großen Postdiebstahl im Münchener Haupt» dahnhof meldet der amtliche Bericht noch, daß zwei Postbeutel entwendet wurden, und zwar lNit einem deklarierten Wert von 15 000 Mk. Dazu bemerken die Abendblätter, daß die ge- Nohlene Summe eine erheblich höhere ist, da besonders größere Firmen die Wertbriefe mit nur 600 Mk. deklarieren und sich durch Rück- bersicherungen vor Schaden schützen. Der sür die Sendung verantwortliche Postschaffner Drickl wurde vorläufig seines Dienstes enthoben. Von den Tätern, die zweifellos der Diebesgesellschaft "«gehörten, die seit geraumer Zeit den Münchener Hauptbahnhof unsicher macht, hat man noch keine «Pur. Ein furchtbares Familiendrama hat sich Montag nacht in Budapest abgespielt. Der Hausbesitzer Georg Darmstädter wurde von Mem 32 jährigen Sohne Franz beim Offnen der Haustür mit einem Messer überfallen und sehr schwer verletzt. Der Vater nß sich loS "Ä eilte in sein Zimmer, wo er einen Revolver sw sich nahm und auf seinen Sohn, der '«zwischen von Hausgenossen und Polizisten ^genommen worden war, zwei Schüsse ab- wuerte, die diesen auf der Stelle töteten. Der Pater ringt mit dem Tode. Veranlassung zur Tat gaben Geldforderungen des ungeratenen Sohnes, die vom Vater zurückgewiesen worden waren. Starker Schneefall herrschte in den ersten Tagen dieser Woche in Frankreich, so daß viele Telegraphenleitungen unterbrochen wurden und auf mehreren Strecken die Eisenbahnzüge stecken blieben. Berbrecherstudien eines Schauspielers. Sehr ernst nimmt anscheinend der französische Schauspieler Max Drarly seinen Beruf. Er hat im Pariser CHLtelet in „Tom Pitt, der Räuberkönig" die Hauptrolle zu spielen, und um darin genügend echt' zu sein, hat er, wie erzählt wird, „unter dem Schutze eines eng lischen Lords" im Londoner East End Studien worden ist, hat neulich seine ersten Versuchs fahrten bei Genua gemacht. Dies Fahrzeug ist nicht zu Kriegszwecken bestimmt, sondern soll irgendwo Gegenstände vom Meeresboden auf lesen. Zu diesem Behuf ist es mit kräftigen Greifhaken ausgestattet, die elektrisch bewegt werden. Die größte bisher von dem Boot er reichte Tiefe betrug 58 Faden. Die Besatzung litt auch in dieser Meerestiefe durchaus nicht an Atemnot, sondern vermochte ihre Arbeit ohne Beschwerden zu leisten. Die Rauhen Reiter als Gratulanten. Präsident Roosevelt hat die Feier des Tages seines Präfidentschaftsantrittes mit vollen Zügen genossen. Er war übermütig und lustig, fast wie ein Knabe. Sobald die Parade vor Oie militärische I^age bei ^lukäen. unter Verbrechern gemacht. Er hatte einmal auch zum Mittagbrot eine Anzahl Taschendiebe eingeladen und sah nun, wie sich einer von ihnen die Taschen mit Eßwaren vollstopfte. Darauf nahm Drarly ruhig eine Wasserflasche, goß deren Inhalt in die Tasche nach und sagte: „Du hast jetzt genug zum Essen, alter Bursche. Nun mußt du auch etwas zum Trinken dazu bekommen." Über eine neue Pariser Skandalgeschichte erhält das ,Bert. Tgbl.' folgende Mutenungen: Graf Zawadski-Borkowsky, russischer Hofmarschall, ist wegen einer Reihe von Schwindeleien verhaftet worden. Er wird beschuldigt, von einem gewißen ThorreS für 20 000 Frank ein Bild aus der veneliantschen Schule gekauft, den Kaufpreis aber nie bezahlt zu haben. Graf Zawadrki behauptet, das Bild sei nur 200 Frank wert, und er habe diese Summe an ThorreS gesandt. Eine Frau Dusour will dem Grafen alte Spitzen im Werte von 6000 Frank ver kauft, aber gleichfalls kein Geld dafür erhalten habin. Der Graf hatte die Spitzen durch seinen Sekretär bei einer Zwischenhändlerin auslegen lassen, und von dieser Händlerin erwarb die Spitzen ein Gesandt- chaftsaltachä, der sie seiner Geliebten schenken wollte, le aber bet einer OmnibuSsahrt verlor. Der Artachä, >er übrigens dieser Angelegenheit wegen von seiner Frau mit einer Scheidungsklage bedroht wurde, zahlte für die Spitzen 2000 Frank, aber Graf Zawadski er klärt, daß die Händlerin ihm das Geld nicht ab- geliesert habe. Der Gras hat ferner bei einem gewissen Aulhriat für 4434 Frank Tapisserien er worben, die er seiner Braut zu ver-hien gedachte, dann aber versetzte und wiederum zu bezahlen ver gaß. Noch einige andre Fülle dieser Art scheinen zur Anzeige gebracht worden zu sein, deren Folge die Verhaftung des Grafen war. Ein neues Unterseeboot, das von dem italienischen Ingenieur Quenoli elfmden über war, empfing Präsident Roosevelt seine geliebten „Rauhen Reiter" aus Wild-West. In wildem Galopp und wie wahnsinnig schreiend stürmten sie heran. Einer von ihnen fing im An stürmen mit seinem Lhasso einen Polizisten ein. Die Beamten redeten ihnen zu, daß sie sich anständig benehmen müßten, und daß sie Roosevelt mit „Herr Präsident" anzureden hätten. Kaum aber hatte einer von ihnen den Präsidenten, mit dem er so manchen wilden Ritt gemacht hatte und so manches Mal am Lagerfeuer saß, erkannt, als er jubelnd ausrief: „Taddy! Diese Schaustellung möchte ich nicht entbehren für alles Geld von der Hölle bis nach Texas!" Damit war der Bann der Ernsthaftigkeit gebrochen, und die Rauhreiter taten sich keinen Zwang mehr an. Geld als KrankheitSträger. Dem Kongreß in Washington ist eine Gesetz»Vorlage unterbreitet worden, wonach schmutzige und beschädigte Geld scheine außer Kurs gesetzt werden sollen. Zu diesem Ende hat der Gesundbeitskommissar von New Dort einem Ausschüsse des Kongresses einen Bericht oor- gelegt über Experimente, die gemacht wurden, um festzustellen, welchen Einfluß Metall- und Papiergeld auf das Leben von Bakterien haben. Aus den Experimenten ist zu folgern, daß die metallischen Bestandteile der Münzen, wenn sie mit Bakterien in Berührung kommen, durch die töjende Tätigkeit von Feuchtigkeiten den Bakterien verderblich werden, während auf Papiergeld das allmählichere Ndsterben der Bakterien durch Trocknung ersolgt. Kupfer-, Silber-, Nickel- und Papiergeld wurde mit Wasser bespritzt, das mit Bazillen verseucht war und drei Stunden im Zimmer geirocknet. Die Zahl der auf jedes PrüfungSodjekt gekommenen Bakterien betrug 1500 000. (Genau gezählt? Red.) Nach drei Stunden fand man aus dem Papiergeld noch lebend ungefähr 170 000 Bakterien, auf dem Nickel- und anders," setzte er leise hinzu, „Sie werden sich nicht zurecht finden, Sie sollten zu Hause Reiben. Denn es gibt Ehen " Sie sah ihn wieder an und die Worte er- starben auf ihren Lippen, die sich flüsternd be wegten, ihre Züge wurden wie zu Stein, aus ihren Augen wich aller Glanz, mit kalter Hand griff sie wie bitiend nach der seinen und stoß weise formten sich wieder Worte auf den blassen, zuckenden Lippen: „Sagen Sie nichts — vergessen Sie, daß — ich — ich —" Er legte einen Moment wie schützend den Arm um fie und drückte sie sanst in die Polster deS Stuhles zurück, aus dem fie sich bei den letzten Worten erhoben hatte, dann ging er zum Ecfrischungstisch, nahm ein Glas Zitronenwasser und reichte es ihr behutsam zum Trinken. „Sie sollten nach Hause fahren," sagte er. Sie nickte mechanisch. Er ging in den Saal zurück und suchte Aurel. Er fand ihn am Arme seiner Frau, und die beiden solgten ihm sosort. „Was hast du, Liebste?" Aurel beugte sich besorgt über seine Frau. „Wollen Sie fich ein wenig in mein Toi lettenzimmer legen, liebe Frau von Varnheim?" sagte die Frau des Hauses mit liebenswürdiger Fürsorge. „Nein," erwiderte Marie Luise brüsk, „ich fahre nach Häusel" „Ist das wieder eine Laune?" Aurel sah in das kalte, hochmütige Gesicht seiner Frau, seine Summe klang gereizt. „Aber ich bitte Sie, lieber Varnheim, Sie sehen doch, daß Ihre Frau Gemahlin leidend ist," sagte Herr v. Dornow peinlich berührt und bemüht, der unerquicklichen Szene ein Ende zu machen. Marie Luise hatte fich erhoben und schritt ohne Gruß und Wort an der Gruppe vorüber zu den Garderoben. Aurel murmelte eine Ent schuldigung; Frau v. Dornow reichte ihm mit weichem, nachsichtigen Lächeln die Hand. -„Auf Wiedersehen, lieber Freund!" und er folgte seiner Frau mit bösem Gesicht und einem leisen Fluch auf den Lippen. „Die Fi au benimmt sich wirklich unerhört!" sagte Frau v. Dornow und blickte dem Paare mit einem Seufzer nach, „der arme Varnheim l" „Der Mann verdient die Frau nicht, das ist meine Ansicht," sagte Dornow kalt und sah an seiner Frau vorüber auf die leere Nische. „Gott — wie rührend," klang es spöttisch zurück, „du, der vollkommene Rouü. als Schutz engel dieser langweiligen Unschuld! Das Leben spielt wirklich unglaublich komisch," und fie lachte ausgelassen zu ihren Worten. „Laß das," sagte ihr Mann in heinahe ge- langweiltem Ton, „ich wünsche jedenfalls, daß du dich weniger mit Varnheim beschäftigst — oder — MN du wirst ja fehen l" und er steckte ge lassen die Hände in die Hosentaschen und schlenderte dem Ballsaal zu. Frau von Dornow war blaß geworden. Wie kam er plötzlich dazu, ihr zu drohen? — er, der fich nie in ihre Angelegenheiten milchte? Silbergeld ungefähr 40 000, auf dem Kupfergeld keine. Eine Anzahl schmutziger Münzen und Bank noten aus einem Bankhause erwies sich wie folgt infiziert: Pennys mit durchschnittlich je 26 lebenden Bakterien, Di Ms mit je 40, noch leidlich reine Geldscheine mit je 1250 und schmutzige Geldscheine mit je 73 000 lebenden Bakterien. Die Krankheits keime der Schwindsucht können sich auf Papiergeld einen Monat lang und auf Metallgeld 24 Stunden erhalten und durch den Geldverkehr von einer Person auf die andre übertragen werden. GerickrsbaUe. 88 Halle a. S. Der Bahnhofswirt R. war sowohl vom Schöffengericht als auch vom Land gericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er seinen Kellnerburschen nicht zum Besuch der Fort bildungsschule angehalten hatte. Gegen seine Ver urteilung legte R. Revision beim Kammergericht ein und betonte, die Vorschriften der Gewerbeordnung, welche die Grundlage für das in Betracht kommende OrtSstatut bilde, finden auf Eifenbahnunterneh mungen, zu welchen auch die Bahnhofswirtschaften gehören, keine Anwendung. Das Kammergericht ließ es dahingestellt sein, ob Bahnhofswirtschaften zu Eisenbahnunlernehmungen gehören, sprach aber oen Angeklagten frei, weil nach dem OrtSstatut nur solche Lehrlinge die Fortbildungsschule zu besuchen haben, Welchs im Handelsgewerbe, im Handwerks oder Fabrikbetriebe beschäftigt werden. DaS Schankgewerbe falle aber nicht unter das HandelS- gewerbe und sei weder zum Handwerk noch auch zum Fabrikbetriebe zu rechnen. Turin. Vor dem hiesigen Schwurgericht hat der Prozeß gegen die Mörder des Grafen Bon martini, der im Oktober unterbrochen wurde, wieder begonnen. Von den 5 Angeklagten wurden bisher der Arzt Dr. Naldi, das Dienstmädchen Rosina Bonetti, der Arzt Dr. Secchi und der Mörder deS Grasen, sein Schwager Tullio Murri, vernommen. DaS Verhör der Gräfin Linda Bonmartini, der Gemahlin deS Opfers, ist ebenfalls erfolgt. Dr. Naldi suchte den Nachweis zu führen, daß er an dem Morde unbeteiligt sei. Er war ein notorischer Spieler und Habenichts. Bei seiner Verhaftung fand man aber gegen 1500 Lira bei ihm vor. Er behauptet jetzt, daß er dieses Geld seinem Freunde Tullio Murrt an dem Mordtage gestohlen habe und mit dem Gelbe entflohen sei. Rosina Bonetti ist die am wenigsten unsympathische Gestalt unter den Angeklagten. Sie hing mit sklavischer Treue an Tullio Murri, ihrem Geliebten, und führte blindlings dessen Befehle aus. Sie wußte um die Absichten MurriS, wagte aber nicht, ihrem Geliebten abzuraten, sondern ging nach eigener An gabe an dem Mordtage von einer Kirche zur andern und rief die Madonna um Hilfe an. (II) Dr. Secchi, der Geliebte der Gräfin v. Bonmartini, mußte ein- räumen, daß ihm die Mordpläne beS jungen Murri ebenfalls bekannt waren. Er hat dem Bruder seiner Geliebten kurz vor dem Mordtage 3000 Lira ge liehen und har ihm auch eine Flasche Gist, Curare, übergeben, hinreichend, um damit zehn Menschen zu töten. Das Gift hatte sich Dr. Secchi auf einer Reise, die er in Begleitung der Gräfin Bonmartini nach Deutschland unternommen hatte, in Darmstadt, in der chemischen Fabrik Merck, verschafft. Er mußte auch einräumen, daß er in Gegenwart des jungen Murri einem Lamm Curare ein gespritzt und es dadurch gelötet habe. Das Curare betäubt seine Opfer und macht sie empfin dungslos. In höheren Dosen tötet es. In der Leiche hinterläßt eS keine Bergiftungsspuren. Die Opfer des Curare bieten einen SektionLbesund, als seien fie an Herzlähmung gestorben. Dr. Secchi suchte nachzuweisen, daß er seinem Schwager das Gist in harmloser Absicht übergeben habe, doch wirkten seine Darlegungen nicht überzeugend. Tullio Murrt wollte den Grafen Bonmartini durch die Rosina Bonetti zu einem Liebesabenteuer verlocken, dann über in herfallen und durch Curare töten. ES hätte dann den Anschein gehabt, als sei der Graf in einer erotischen Krise von einem Herzschlage befallen worden. Die Bonetti wollte sich zu diesem Plane auch hergeben. Tullio Murri entschloß sich aber im letzten Augenblicke, statt des Giftes den Dolch zu verwenden. In seinem Verhör hielt Tullio Murri die Behauptung aufrecht, daß er den Grafen in Notwehr getötet habe. Kuntes Allerlei. Guter Grund. „Ein Mann wie Sie sollte doch arbeiten und nicht betteln gehen!" — „Ja, arbeiten darf ich nicht, sonst entzieht mir die Stadt die Unterstützung." Jahrh.y Das Geschenk. „Was hast du denn zum Geburtstag bekommen, Hans?" — „Der Voater hat mir mein' hohlen Zahn ziag'n lassen." (Lugend-.) Das Ehepaar sprach während der Heimfahrt kein Wort miteinander. Sie fuhren, ein jedes mit erbitterten Gedanken, durch die Wmter- märchenvracht deS mondbeschienenen Waldes. Marie Luise hatte die Augen geschloffen, ihr tat die sriedvolle, glitzernde Schönheit weh, fie wollte nichts sehen — eS sollte Nacht um fie sein — ttefe, undurchdringliche Nacht. Aurel sah, wie die Schneedecken der Pferde fich blähten, er sah Kutscher und Diener stumm und bewegungslos vor fich fitzen, er sah den schimmernden Schnee und das träumende Mondlicht — er sah, wie hier die Tannen hell beschienen, dort dunkel und schwer wie eine ver schwommene Masse standen, an allem glitten fie schnell vorüber, und das Schellengeläute durch drang die weiße, tote Pracht mit etwas Leben. Er dachte an die Frau, die ihn wieder mit kalter Hand aus aller Fröhlichkeit gerissen, die die einfachsten Formen der Höflichkeit mit Füßen trat, und die versuchte ihn und fich lächerlich zu machen vor der ganzen Welt, diese Frau, die ihn tyrannisierte und quälte mit ihrer Halsstarrigkeit und hochmütigen Kälte. Und da — mitten in seine Gedanken hinein tauchte es vor seinen Augen auf — wie ein drohender, dunkler Punkt in der leuchtenden Nacht — das Heidehaus. Bis in den Himmel schien eS zu ragen und seine Arme nach ihm auszustrecken! ES legte fich lörmlich nach oo.n, als wolle es ihn umklammern, erdrückcnl Zwei Augen glühten ihm entgegen, immer heller, immer größer, immer unheunticherl LH » (Fortsetzung solgt.)
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