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D?e „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten bi, vormittag io Uhr. Inserate werden mit w Pf, für die Spaltzeile berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" »In erricht me erkauft sek c Stück luSsäen ^otersM u für uns!'' in gu^ älttmel irilla. ein mh°s M errn Kol^ -I Amann» nersdorf^ ien Druck und Verlag von Hermann Rühle in Hroß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 31. Sonntag, den 12. Mär; 1905. 4. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. (Vttendorf-Gkrilla März tyos — Kommenden Dienstag den 14. d. M. findet im Gasthof zum schwarzen Raß, daß von vielen Seiten mehrfach gewünschte Militär- Streich-Konzert ausgefühn von der Kapelle des 4. Infanterie-Regiments Nr. 103 statt. Die Leistungen dieser Knpelle welche auf einer hohen Stufe stehm, bieten einen jeden Musik freund die Gewähr einen wirklich genußreichen Abend verleben zu können und sei an dieser Stelle noch besonders darauf aufmerksam gemacht. Näheres stehe Inserat und Plakate. — Der Bezirksausschuß der Königlichen Amtshauptmannschait Dresden-Neustadt sprach zu der Zergliederung des Grundstücks Blatt 82 für Ottendorf dispensationsweise Genehmigung aus. — Gegen die Bewilligung weiterer Mittel zur Unterstützung von Baugenostenschaften macht itzt der Zentralverband städtischer Haus- und Grundstückvereine Deutschlands Front. Der Vorstand hat in seiner letzten Sitzung be schlosten, den Erlaß einer großen Menge von Petitionen gegen die Baugenostenschaften in die Wege zu leiten und trifft jetzt dazu die um fassendsten Vorbereitungen. Begründet weiden die Ausführungen der Petition mit einem Artikel von Professor Dr. Pohle-Frankfurt a. M. „Der Wohnungsmarkt unter der Herrschaft der privaten Bauspekulation" aus der „Zeitschrift für Sozialwifsenschaslen. Diese Ausführungen suchen in streng wissenschaftlicher Form und allenthalben gestützt auf die Ergebnisse der Statistik nachzuweisen, daß die Verwendung öffentlicher Mittel überflüssig ist. Diese Petition soll unverzüglich von den Landes vereinen an den Reichstag zur Absendung ge langen. Ein Erlaß der Normalpetition an die Landtage der verschiedenen Bundesstaaten ist für später in Aussicht genommen. Königsbrück. Die hier garnisonierende reitende Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 12 nahm gestern vormiltag auf Bahnhof Königsbrück und dann auf freier Strecke zwischen Schmorkau und Schwepnitz eine größere Uebung im Verladen und Entladen von Pferden, Geschützen und Fahrzeugen vor. Den Truppen stand hierzu ein Sonderzug zur Verfügung. Königsbrück. Vor der 1. Strafkammer des Kgl. Landgerichtes Bautzen wurde am Dienstag folgende Strafsache verbandelt. Der Steinarbeiter Friedrich August R. entwendete vm 13. Januar dieses Jahres auf dem Bahn hofe zu Königsbrück aus einem mit einer Plombe verschlossenen Güterwagen noch ge waltsamer Durchtrennung derselben aus einer von Schwepnitz nach Radeberg bestimmten Kiste deren Deckel er eingedrückt hatte 18 Päckchen Seifenpulver. Der wegen schweren Diebstahls Angeklagte will in betrunkenem Zustande, nur Um zu ruhen, in den Wagen eingedrungen sein und sich auf die Kiste gesetzt haben, wodurch der Deckel beschädigt worden sei. Diese Aus flucht wurde indes durch die Beweisaufnahme widerlegt. Drei Monate Gefängnis, woraus die Untersuchungshaft volle Anrechnung findet, Und zweijähriger Ehrenrechtsoerlust bilden die Strafe. Klotzsche-Königswald. Se. Majestät der König hat genehmigt, daß das idyllisch im Waldreichen Prießnitztale gelegene vor drei fahren von der Gemeinde im großen Stile ^richtete Kronprinz-Friedrich-August-Bad den Namen „König-Frievrich-August-Bad" führe. Dresden. Ueber einen interessanten Prozeß der jetzt das Dresdener Amtsgericht beschäftigt, schreibt das „Dr. I.": Seit dem Jahre 1881 besteht in Niederlößnitz-Kötzschenbroda das Kurinstitut „8piro sparo" (Institut für physi kalische Therapie), das van einem Direkior Wackwitz, der nicht als Arzt appropiert ist, ge leitet wird. An daü Institut wenden sich viele Heilung suchende Personen, die dann zunächst an die Zweiganstait Mildenstein bei Leisnig verwiesen und dort von dem leitenden Arzte nach der Art ihres Leidens befragt werden. Ist es den Kranken nicht möglich, diesen Weg zu unternehmen, so werden sie ersucht, in die allgemeine Sprechstunde nach Niederlößnitz zu kommen. Geschieht das nicht, dann erhalten die Leidenden von dem kaufmännischen Leiter des Instituts „8xiro sxsro" Fragebogen, die von den Kranken ausgefüllt werden. Aus den An gaben der letzteren über die verschiedenen Symptome ihrer Krankheit stellt man dann die „Diagnose fest!" Die Heilung soll dann auf brieflichem Wege (!) vor sich gehen. Seit langer Zeit verbreitet nun die Direktion des „Kurinstituts" zu Niederlößnitz Prospekte mit vielen Dankschreiben geheilter Personen. Diese Prospekte liegen den Tageszeitungen bei und enthalten unter anderem auch den für das große Publikum bestimmten Hinweis, daß es nicht erforderlich ist, daß die Kranken sich in das Institut begeben. Vielmehr könne die Be handlung auch auf brieflichen Wege erfolgen. In diesem Hinweis erblickt die Staats anwaltschaft eine prahlerische Anpreisung und erhob Klage gegen den Leiter des Instituts „8xiro opsro", Direktor Wackwitz Der Dresdner Bezirksamt Dr- Hesse bestätigte als Sachverständiger, daß auf brieflichem Wege eine Diagnose nicht festgestellt werden könne und in dieser Ankündigung unbedingt eine prahlerische Anpreisung liege. Der Angeklagie macht zwar geltend, daß er tatsächlich auf brieflichen Wege Heilerfolge zu verzeichnen habe, daß auch die veröffentlichten Dankschreiben ihm nur von wirklichen geheilten Personen zugegangen seien, aber dessenungeachtet pflichteie das Gericht dem medizinischen Sachverständigen bei, daß auf brieflichem Wege eine Diagnose nicht fest gestellt werden dürfte. Der Angeklagte wurde zu 120 Mk. Geldstrafe verurteilt. Bad-Gottleuba. Das bekannte Berg restaurant—Blockhaus „Albert-Hütte— auf dem von den Touristen sehr gern besuchten Augustus- berg mit Aussichtsturm ist seit 1- März dem Wanderer wieder geöffnet. Pirna. Hier wurde am Sonntag früh der Schmied Colosser, durch Messerstiche übel zugerichtet, bewußtlos aufgefunden, ohne daß Anhaltspunkte zur Aufklärung des in der Nacht Vorgefallenen vorhanden waren. Jetzt ist es nun der Polizei gelungen, den Messer helden in dem in Pirna wohnhaften 25 jährigen Fabrikai beiter Kühnel auszumitteln. Zunächst soll es sich bei der Sache um Scherz gehandelt haben, indem der Täter mit seinem 15 jährigen Bruder" den Verletzten als angetrunkenen Menschen auf der Strafe traf und mit ihm scherzte, worauf dann Colosser den einen der beiden Kühnels als Barbier bezeichnete. Auch soll der Verletzte dem Kühnel eine Ohrfeige gegeben haben. Der Täter, welcher das Messer sehr schnell zur Hand hatte, obwohl er sich durchaus nicht in Notwehr befand, ist geständig, er wurde zur Haft gebracht. Kühnel ist ein kleiner, unansehnlicher Mensch, den man eine solche Tat nicht zutraute. — Ein Muster-Obstgarten wird von dem Pirnaer Bezirksobstverein in Dorf Wehlen an gelegt. Es sollen darin geaen 80 Stück Obst bäume der verschiedensten Art und Form nebst allerlei Beerenobst Platz finden. Eine kleinere Anlage dieser Art wird in Pirna geschaffen. Seifhennersdorf. Auf dem hiesigen Postamte wurde seit einiger Zeit das Ab handenkommen von Bulteckistchen (nach und nach angeblich 15) gemeldet, Dienstag vor mittag erfolgte die Verhaftung des Post- schaffnens Donath- Ob diese mit dem an gedeuteten Vorfälle zusammenhängt, wird die gerichtliche Untersuchung ergeben. Rohnau b Zittau. Durch leichtsinnigen Umgang mit einem Teschin hat hier der 14 Jahre alle Sohn des Oberfärbers Ernst Besenbruch seine 12 jährige Schwester erschossen. Die Kugel drang dem Mädchen in die rechte Seite und durchbohrte die Lunge. Es antwortete noch auf die Frage seines Bruders, ob er sie etwa getroffen habe: „Jawohl, Du hast mich getroffen I" uud preßte die Hände auf die kaum blutende Wunde, die das 6 Millimeter-Geschoß verursacht hatte. Sodann brach das Kind laut stöhnend tot zusammen. Die Katastrophe hatte eine furchtbare Auf regung zur Folge. Der Bruder, der den verhängnisvollen Schuß abgegeben, wurde mit Gewalt von einem Selbmorde abgehalten; er wollte sich erst mit einem Küchenmesser die Kehle durchschneiden, dann hatte er sich einen Strick zu verschaffen gewußt, um sich zu er hängen. Später verfiel er in Krämpfe und Ohnmacht. Den Schmerz der bedauernswerten Eltern vermag keine Feder zu schildern, die Mutter geberdete sich wie wahnsinnig und äußerte, daß sie ins Wasser gehen wolle. Peth au b. Zittau. Der wegen Gatten mordes zum Tode verurteilte frühere Barbier und Heilgehilfe Hugo Walter hatte bekannt ich das Wiederaufnahmeverfahren auf Grund neuer bekannt gewordener Momente beantragt. Dieser Antrag ist aber jetzt zum zweiten Male abgelehnt worden, nachdem gegen den ersten ablehnenden Beschluß des Berliner Land gerichts II Beschwerde erhoben worden war. Walter wurde am 28. April vorigen Jahres in einer Aussehen erregenden Verhandlung vom Schwurgericht in Berlin schuldig befunden, seine Ehefrau Meta geb. Mehlborn bei Döberitz ermordet zu haben, und deshalb zum Tode verurteilt. Reichenau. Unter dem Verdachte, einen Einbruchsdiebstahl in der Fabrik von Bürger in Marlersdorf versucht zu haben, ist am Freitag der bei der Firma als Maschinenführer beichäfligte Hausbesitzer Ernst Julius Apelt aus Oberreichenau verhaftet worden. In der Bürgerschen Fabrik war am Freitag vormittag der Versuch gemacht worden, in der Treiberei- Expedition seinen Tischschub zu erbrechen, in welchem sich Lohngelder für die Treiber be fanden, es blieb jedoch beim Versuch, da der verschlossene Kasten nicht so leicht zu öffnen war und der Einbrecher jedenfalls auch gestört wurde. Dem Expedienten Gärtner, dem diese Kaffe unterstand, waren schon früher Geld beträge bis zu 50 Mark gestohlen worden, weshalb er den Kasten mit einem festen Schloß versehen ließ. Diesmal lenkte sich der Verdacht auf Apelt, der seit 30 Jahren in der Fabrik beschäftigt ist und der dort eine Art Ver trauensstellung inne hatte. Es gelang Gendarmen Sixtus festzustellen, daß sich Apelt bei einem hiesigen Schloffermeister einen Nach schlüssel zu dem betreffeuden Lokal hat an fertigen lassen. Unter diesen Umständen nützte dem Täter sein Leugnen nichts mehr. Er gab den versuchten Einbruch zu, will aber nur einen Schabernack gegen den Expedienten be absichtigt haben. Apelt gilt als ziemlich wohl habender Mann. Freiberg. Das für Reichenbach ein getragene Bergbaurecht der im Zellaer Walde gelegenen Silbergruben „Deutscher Kaiser" ist nach einer Mitteilung des Königlichen Berg amtes gänzlich aufgegeben worden. — Die Stadtgemeinde Freiberg ist un ablässig bemüht, für die durch Rückgäng der Erzbergbaus eingetretenen Verluste Ersatz durch andere Industriezweige zu schaffen. Mit der Porzellanfabrik Kahla ist der Vertrag bereits abgeschloffen, wonach in diesem Sommer eine Filialfabrik mit sechs Oefen errichtet wird. Ferner wird eine große Schuhfabrik durch Herrn Thomas-Lunzenau hierher verlegt. Mit den „Presto-Werken" in Chemnitz sind Ver handlungen zwecks Errichtung einer Zweigfabrik im Gange. Naunhof b. Grimma. Der hier wohnende Drogist Richard Bolz entwendete seiner eigenen Mutter 30 Mark bares Geld und dann nicht weniger als acht Sparkaffenbücher über ins gesamt 5500 Mk. Der hoffnungsvolle Sohn versetzte die Bücher in Leipzig und verjubelte das Geld in leichter Gesellschaft, ging dann nach Nürnberg, wurde aber dort erkannt und flüchtete schließlich nach Chemnitz. Hier wurde er gelegentlich eines ZechbetrugeS verhaftet. Die eigene Mutter stellte gegen den Leicht fertigen Strafantrag, da er sie um ihre ge samten Ersparnisse gebracht hat. Das Land gericht Leipzig verurteilte ihn zu neun Monaten Gefängnis. Lunzenau. Als ein reicher Bettler hat sich jetzt der in der ganzen weiten Umgegend als Sonderling bekannte, im nahen Langen leuba wohnhaft gewesene Boehlitz entpuppt, nachdem er jetzt in seiner einsamen Wohnung an Altersschwäche gestorben ist. Der Mann, ein alter Witwer, galt allgemein als verarmt und fristete sein Leben in stiller Einsamkeit in der kärglichsten Weise. Gutherzige Nachbarn nahmen sich des alten armen Mannes an und ve pflegten und sorgten für ihn. Als der Alte auf dem Sterbebette lag, kam auch der Gemeindeoorstand des Ortes und bei einer näheren Durchsuchung der stillen Klause fand man zur größten Ueberraschung in Lumpen versteckt — 10Ü00 Mk. in barem Gelbe vor. A-f Veranlassung des Gemeindevorstandes machte der Alte noch ein Testament, das ebenso merkwürdig ausfiel, wie sein ganzes Leben war. Einer Frau, die ihn einst eine Tasse Kaffee gespendet, vermachte er 300 Mk. eine andere, die sich auch seiner vielfach an genommen, bekam 600 Mk usw. Merk würdigerweise ließ der Sonderling aber gerade die Frau, die ihn am längsten gepflegt, voll ständig leer ausgehen, und zwar aus dem Grunde, weil der Mann dieser Frau ihn niemals gegrüßt hatte. Auch die Kinder des Sonderlings sollten, da sie sich garnicht um ihn kümmerten leer ausgehen. Auf Einreden des Gemeindevorstvndes erhielten sie schließlich doch noch etwas. Leipzig. Im Südviertel waren zahlreiche Hausfrauen in Aufregung, weil von Trocken plätzen vielfach Wäsche gestohlen wurde. Jetzt ha! man die Diebin erwischt, allein geschehen wird ihr nichts, da die Aermste geisteskrank ist uud in Willensunfreiheit die Diebstähle verübte. Plauen i. V. Gröblichster Beleidigung eines Bürgerschullehrers hat sich hier der Handarbeiter Jahn dadurch schuldig gemacht, daß er den Lehrer, bei dem eine Tochter von ihm in der Klasse war, eines Tages durch heftiges Schlagen an die Tür auö dem Schulzimmer herausrief und ihm im erregten Tone Vorhaltungen wegen angeblicher Miß handlungen seines Kindes machte. Bei der Gelegenheit rührte er einen seit 1892 gegen denselben Lehrer erhobenen, bereits mehrfach widerlegten Vorwurf auf, er habe „damals einen Jungen erschlagen." Hauptsächlich wegen dieses Vorwurfes und der darin enthaltenen schweren Beleidigung begnügte sich der Lehrer nicht mit der Entschuldigung Jahns und stellte Strafantrag. Jahn wurde zu drei Wochen Gefängnis verurteilt. — Einen eigenartigen Platz hatte sich ein hiesiger Pferdehändler zur Aufbewahrung seines Geldes erwählt — nämlich einen Häckselsack, der sich in der Schlafkammer befand. Dieser Ersatz für den Feuerfesten wäre ganz gut ge wesen, wenn der Pferdehändler etwas vor sichtiger gewesen wäre und nicht vor den Augen eines Unbekannten mit dem er im Wirtshause sich befreundet hatte, sem Portemonnai aus dem Häckselsack neu angefüllt hätte. Als die beiden weiterkneipten, verließ der Fremde auf kurze Zeit das Wirtshaus, ging in die Wohnung des Pferdehändlers und stahl das Geld trotz der Anwesenheit der Kinder, denen er vorlog, er habe sich nur etwas Häcksel aus dem Sacke geholt. Dem Pferdehändler kostet der Spaß 560 Mk.