Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 19.04.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190504198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19050419
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19050419
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-04
- Tag 1905-04-19
-
Monat
1905-04
-
Jahr
1905
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 19.04.1905
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
e werden salür mit dwch die wache in rschrieben, S Pol> viw.den ß. Länd chen. E! mit dem Innern. Ach noch rhielt am Schied?« r zweiten ol einen mg des »-'L alien hat n die Ur« ebiet de? n, ohne arbige zu n stolzen Premier« ikschreiben StadtM . Juni d. Von Köln ch Berlin- rte« in ind wird )t es b-> ms dein 2000 B n blühen heidekravt ein ad' MMUNgS' rn. m Kaiser« berichtet: ff „Bull' :n, fanden reiches sie klein sei. deten nch ber. Die lyssesinsel rten sich, »fall und „Waruol stüm die englische stät find kann gar ken ver' iitternaV r-Ecke i" r Wähn' nd hüpkte iohle dS igd einige er wurde Begleitung gebracht wurde >? ZanssouN besondere en Beeten DenkU^ rähe d° ck in den n sümtM erkauft, de«. 3^ Hannots - SchE ^stsch°^ chederft' gefunden- gen, den chs Lied Nan« abgenc'E > nur 'N duldZ c, die 'N ; ru en AUS ich E d Lack'" >ge TurinN, Hermans ck, das° war lich- Ä > ängL - bere> , u reradE llte --K gu -m ere jatteNL, Wahrn" Das Kanonenboot „Nautilus", das letz! - m Geburtsjahre oes Deutschen Reiches emsta.wene Kriegsschiff, kommt jetzt unter den Hammer; es wird am 22. d. aus der Kieler Werft meistbietend verkauft werden. Das zuletzt als Hulk verwendete Fahrzeug hat trotz seiner bescheidenen Größe und Bestückung eine ge schichtliche Bedeutung. Es beteiligte sich an den ersten Flottenkundgebungen des neuen Reiches im Auslande. Als die Karlisten 1874 den deutschen Kriegsberichterstatter Hauptmann «. D. Schmidt als angeblichen Spion erschaffen hatten, erschien der „Nautilus" an der Nord küste Spaniens und hatte vor Guetaria einen Zusammenstoß mit einer Karlistenabteilung, die mit Geschützen und Gewehren das deutsche Kriegsschiff beschoß; das gutgezielte Granat feuer des „Nautilus" vertrieb die Karlisten. 1885 erschien er vor Jaluit und hißte auf den Marschallinseln die deutsche Flagge. Ein halbes Menschenalter hindurch zeigte das Kanonenboot diese in fremden Gewässern, bis eS als Ver messungsschiff in der Heimat Verwendung fand. Denkmal für die „Göttinger Sieben". Die Göttinger Stadtverwaltung beschloß die Errichtung eines Denkmals für die „Göttinger Sieben". Die Kosten find auf rund 100 000 Mark veranschlagt, wovon drei Viertel aus Privatbeiträgen von ehemaligen Angehörigen der Georgia-Augusta-Univerfität gedeckt werden sollen. — Es handelt sich dabei um jene sieben Göttinger Professoren, die 1837 gegen den Verfaffungsbruch des Königs Ernst August von Hannover protestierten, und deshalb Amt und Land verlassen mußten. Die vergeßliche Generalstochter. Eine russische GeneralStochter vermißte im Schnellzug Prag—Nürnberg ihr Handtäschchen mit 15 000 Rubel und Schmucksachen. In der Meinung, daß ihr zwei Mitreisende das Täschchen ge stohlen haben, fiel fie die beiden an, packte sie an der Gurgel und gebärdete sich wie wahn sinnig. Einer der Reisenden zog die Notleine, berichtete dem Zugführer das Vorkommnis und stellte sich und seinen Freund als Söhne be kannter Adelsgeschlechter vor. Das Zugpersonal durchsuchte den Zug im Weiterfahren und fand das Täschchen unversehrt im Toilettenraum, wo es die Dame an den Haken gehängt und ver gessen hatte. Ravensburger Schiller-Würste — fie dürsten einen Weltruf erlangen. Und das kommt, laut ,B. T.', so: In Ravensburg — im Heimatlande Schillers! — war vom evan gelischen wie vom katholischen Schulrat vorge schlagen worden, jedem Volksschüler ein Schiller- Buch zu überreichen. Dieser Vorschlag fand aber nicht die Billigung der zur Vorbereitung eingesetzten Kommission, angeblich wegen zu großer Kosten. Dagegen wurde auf Antrag von Rechtsanwalt Graselli beschlossen, den Kindern zur Erinnerung an Schiller je — eine Wurst mit Brot zu verabreichen, und dieser Be.chluß Wurde von der Mehrheit der bürgerlichen Kollegien gutgeheißen. Herr Graselli begründete seinen Antrag u. a auch damit, daß er sagte: Wenn man die Kinder fragen würde, was ihnen lieber sei, ein Schiller-Buch oder eine Wurst, so würden fie sich zweifellos für die Wurst entscheiden. — Viktor Band behandelt die Angelegenheit im ,Berl. Tagebi/ in einem hübschen Gedichte, das mit -folgender Strophe endet: „So ward es denn beschlossen im schönen Schwabenland, — Nicht allzu fern dem Orte, wo Schillers Wiege stand: — Die Ravensburger Kinder still'n ihres Wissens Durst — Äm Tag deS großen Schiller mit — trocken Brot und Wurst!" Zeitungskörbe auf dem Münchener Haupi- bakmyof sind seit einiger Zeit eingeführt. Es sind dies verschlossene Körbe mit einer Einwurföffnnug, wie fie unsre Schalterbrief kästen aufweisen. Auf einer an den Körben angebrachten Tafel werden die Reisenden er sucht, Zeitungen und sonstige Reiselektüre in den Korb zu werfen. Der Inhalt der Körbe wird jeden Tag den Krankenhausverwaltuugen zur Verfügung gestellt. Perle« in einer Auster. Eine Fisch händlerin in Kettering hat das Glück gehabt, in einer Auster, die fie für einen Kunden öffnete, 10 Perlen zu finden. Sie bemerkte den reichen Inhalt der Auster, als eine der Perlen heraus fiel, und war klug genug, die Auster sofort bei seite zu legen und dem Kunden eine andre zu geben. Als fie die Auster genauer untersuchte, sand fie neun weitere Perlen. Sie hatte die Austern von Liverpool bezogen. Ein Juwelier erklärte, daß die Perlen, die in der Größe sehr verschieden find, vorzüglicher Qualität seien. Die größte Perle ist größer als sine dicke Erbse. Ei« Zweimillroneu-Diebstahl. In der Mittwoch-Nacht wurde in Hodmezo-Vasarhely Lei dem dortigen Millionär Nagy Toth ein Einbruch verübt, bei dem den Dieben Wert- objekte im Betrage von zwei Millionen Kronen in die Hände fielen. Eine kaum glaubliche Geschichte wird aus Salzburg berichtet: In der benachbarten Sommerfrische Marzg hatte sich in einer Arbeits hütte ein sechzigjähriger Torfstecher erhängt. Unmittelbar nach der Tat wurde der Lebens müde von Bauern aufgefunden. Trotzdem fie sahen, daß der Mann noch nicht tot war, wagten fie es nicht, die Schnur abzuschneiden; denn kürzlich hatte ihnen ein Gensdarm einge- sSLrft, daß aufgefundene Selbstmörder bis zum Eintreffen der gerichtlichen Kommission nicht aus ihrer Lage gebracht werden dürfen. Die biederen Bauern hatten diesen Auftrag so ernst genommen, daß sie den Todeszuckungen des Selbstmörders ruhig zusahen und nichts taten, um ihn am Leben zu erhalten. Sie beschränkten sich darauf, die Anzeige zu erstatten; als die Komnnsfion am Tatorte erschien, war es für den alten Torfstecher viel zu spät. Der Todessprung vom Triumphbogen. Von der Höhe des Triumphbogens, unter dem hindurch die siegreichen Deutschen im Jahre 1870 in Paris einzogen, hat sich kürzlich wiederum ein Lebensmüder herabgestürzt. Es war ein 40 jähriger Angestellter eines Waren hauses, der anscheinend in einem Anfalle von Nervenschwäche die Tat beging. Sein Körper war, als er auf dem Sternplatze aufschlug, nm noch eme leblose, unförmliche Masse. Auf dem Triumphbogen ist seit Jahren ein Wächter aufgestellt, der nur darüber zu wachen hat, daß die Selbstmordkandidaten ihre Absicht nicht aus führen können — so beliebt ist der „Arc de Triomphe" bei den Parisern, die das Leben in mutigem Kopfsprunge verlassen wollen. Die Eröffnung des Simplon-Tuuuels für den regelmäßigen Eisenbahnverkehr wird, falls nicht unvorhergesehene Hindernisse eine Verzögerung eintreten lassen, am 3. Oktober d. stattfinden. Ein offizieller Festakt in Brig, zu dem der König von Italien seine Teilnahme zugesagt hat, soll am 30. September der Er- öfftlung des Verkehrs auf der jüngsten Alpen- straße voraufgehen. Je näher der Termin rückt, an dem die neue Verbindung zwischen Mittel- und Südeuropa betriebsfähig sein wird, desto lebhafter wird in der Schweiz und in Frank reich die Notwendigkeit betont, durch Herstellung von Anschlußverbindungen tunlichst große Vor teile aus dem Bau der Simplonlime für den Verkehr des eigenen Landes zu ziehen. Die Schläferin von Sa« Remo. Ein fünfzenhnjähriges Mädchen namens Argentina Quaranta, das in der Nähe von San Remo wohnt, litt seit längerer Zeit an Lethargien. In der ersten Zeit dauerten die Schlasperiodeu drei bis sechs Tage; jetzt verlängern fie sich aber in geradezu beunruhigender Weise. Beim Erwachen empfindet daß junge Mädchen eine große Mattigkeit und heftige Nervenschmerzen. Vor etwa zehn Tagen verfiel es wieder in Schlaf und ist bis jetzt nicht aufgewacht. Do« der Verhaftung eines Vanderbilt berichtet die ,New Norker Staatsztg.': „Alfred G. Vanderbilt wurde von einem Bicycle- Polizisten nach langer Jagd unter der Be schuldigung verhaftet, die vorgeschriebene Fahr geschwindigkeit mit seinem Automobil über schritten zu haben. Die Verhaftung gelang nur dadurch, daß der Selbstfahrer des Millionärs auf der Flucht vor seinem Verfolger in einen Haufen Srraßenschmutz fuhr und darin stecken blieb. Vanderbilt und die Herren, die mit ihm in dem Automobil saßen, wurden nach der! nächsten Polizeistation gebracht. Dort stellte ! Mason Morris zweihundert Dollar Bürgschaft für Vanderbilts Erscheinen im Harlem-Polizei gericht. Hoffen wir, daß das große Vertrauen deS Herrn Mason Morris nicht getäuscht wird; wenn nämlich der Millionär jetzt durchbrennen und nicht vor Gericht erscheinen sollte, würde Herr Morris seine zweihundert Dollar niemals Wiedersehen, es wäre denn, daß fie ihm Vanderbilt heimlich zurückzahlte." Pocke« und Pest i« Japan. In den Militärkrankenhäusern von Hiroshima ist eine Person an Pest gestorben. Aus verschiedenen Orten Japans werden fünf Pockenfälle ge meldet; es sollen daher in Tokio alle Per sonen unter fünfzig Jahren der Schutzpocken impfung unterzogen werden. D«rch die letzte« Erdbebe« in Indien ist die Hauptstadt Mandi zerstört, die Stadt Sultanpur verwüstet worden. Tausend Menschen kamen umS Leben. GerickrskaUe. Hamburg. Im Fahre 1S01 wurde hier der Arbeiter Schröder wegen Ermordung seiner Ehefrau vom Schwurgericht zum Tode verurteilt, aber zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt. Ver schiedene Anträge auf Wiederaufnahme deS Ver fahrens wurden abgelehnt, doch hat ein von dem Verurteilten gestellter neuer Antrag jetzt den Erfolg gehabt, daß die Erhebung der beantragten neuen Beweise vom Landgericht beschlossen worden ist. Stuttgart. Der Unteroffizier Marx vom Ulanen-Regiment 19 war vom Kriegsgericht Ulm zu 45 Tagen Gefängnis verurteilt worden, weil er bei den Schießunterweisungen dem Rekmten Birnbmnn befohlen hatte, auf den Ulanen Gabler, der sich in der Nähe des Zieles aufhielt, zu schießen. Gabler wurde in die Schulter getroffen. Dem Gerichtsherrn erschien die Strafe zu milde. Er legte deshalb Berufung ein, die aber vom OberkriegSgericht zurück gewiesen wurde. Von einem Rekuck in ^arskoje Selo erzählt Gaston Leroux im Pariser Matt«': Ein Gitter, ein Soldat, das Gewehr mit aufge pflanztem Bajonett auf der Schulter . . . noch ein Gitter, noch ein Soldat, noch ein Bajonett ... ein Park, mit Mauern ringsherum und vor den Mauern Soldaten. Wer er auch sein mag, der Gefangene, den man bewacht, könnte garnichi entfliehen. Und der erlauchte Gefangene dieses kleinen Schlosses, das in diesem kleinen Parke liegt, ist der Kaiser. Man sagt, daß er sein Schicksal mit Ergebung trage, er macht keinen Fluchtversuch. Man hat ihn schon seit langer Zeit nicht mehr gesehen, auf irgend einer freien Straße von schnellen Pferden dahingetragen, fern von diesem Gefängnis, wo ihn jeder streng bewacht: seine Familie, seine Diener, seine Polizei. Er bemüht sich gar nicht seine Ketten zu brechen — er bleibt. Ich will einmal berichten, wie er lebt: Er steht um sieben Uhr auf; kleines Frühstück nach englischer Art, Tee und Brötchen. Um acht Uhr geht er an die Arbeit und arbeitet bis zehn. Von zehn bis elf Spaziergang im Gefängnishof — Verzeihung, in einer Parkallee. Von elf bis ein Uhr Empfang. Um ein Uhr Frühstück bis zwei Uhr dreißig — das dauert so lange, weil die Freude, in Familie zu sein hinzukommt. Der Kaiser kann mit seiner-Frau und seinen Kindern frei sprechen, wenn sie allein find, was manchmal vorkommt. Die Bediensteten ver stehen nichts von dem, was gesprochen wird; man spricht in ihrer Gegenwart Englisch oder Deutsch. Einige Einzelheiten: Der Kaiser ist ein Suppensreund und muß bei jeder Mahlzeit Suppe haben. Zigarren raucht er niemals, nur Zigaretten, ein Geschenk des Sultans; er trinkt nur einen Likör: Maraschino. Um 2 Uhr dreißig geht er wieder in den Park Luft schöpfen. Dann beginnt wieder die Arbeit, die bis 8 Uhr dauert — eine entsetzliche, kolossale Arbeit: Papierwische nnd Unterschriften. Kein Sekretär, der ihm das undankbare und bureau- kratische Geschäft abnehmen könnte. Hier heißt es unterzeichnen, unterzeichnen, unterzeichnen, lesen, lesen und immer wieder Berichte lesen. Es ist eine Arbeit ohne Anfang und ohne Ende. Berichte gehen, Berichte kommen. kW 8 Uhr Essen und dann wieder Unterschriften, Arbeit bis 11 Uhr. . . Um 11 Uhr schläft er ein und im Traume noch hört er den ryth- mischen Schritt der Schloßwachen. . . Wage es keiner, allzu nahe heranzukommen . . . Bevor man auch nur die Absicht hat, sich die Sache anzusehen, wird man festgehalten . . . Die ahnen schon, daß man vielleicht näher kommen wollte . . . Urü> dann heißt es: „Was machen Sie hier? Wer find Sie? WaS wollen Sie?" Das alles, das den Beweis liefert, daß die Polizei großartig organisiert ist, hindert nicht, daß nachstehendes Geschichten durchaus auf Wahrheit beruht: Der kaiserliche Gefangene ging vor einigen Wochen im Park spazieren, als ein Mann ihm den Weg ver sperrte, indem er sich ihm eutgegenstürzte und ihm zu Füßen fiel; dieser Mann war eis Parkangestellter, ein armer Wegekehrer, der durchaus nicht die Abficht hatte, den Kaiser zu befreien, sondern um eine Gnade bitten wollte. Er hatte noch nicht den Mund geöffnet, als er schon ergriffen, verprügelt, entfernt, ver schwunden war. Der Kaiser hat nie erfahren, was der Mann von ihm wollte; ich kann es aber erzählen. Der Wegekehrer des Zaren, den die Polizei genau zu kennen glaubte, wett er fest zwei Jahren im Palaste angesteN war, war ein aus Sibirien entwichener Sträfling, und er wollte wahrscheinlich bitten, daß man ihn nicht nach Sibirien zurückschicken möge. Wer könnte sagen, wo er jetzt ist? Er ist vielleicht nirgends mehr! . . . Der Kaiser ist traurig fest dem 9. Januar, seitdem man ihm „sein Volk massakriert" hat, leidet er Höllen qualen ... In diesem kleinen Palaste ver brachte er den verhängnisvollen Tag, und hier kam die Kaiserin-Mutter, die in einer Droschke (?) aus Petersburg geflohen war, zu ihm. Pobjedonoszew aber kommt nicht mehr Hierher, weil Pobjedonoszew nirgends mehr hinkommt — dafür kommt der Großfürst Wladimir, der sich melancholisch den Kopf kratzt und die Ver antwortlichkeit für den 9. weit von fich weist. Wer ist nun eigentlich für den 9. verantwortlich? An jenem Tage hatte der Kaiser die Absicht, nach Petersburg zu gehen, und nichts wäre passiert — aber er ging nicht. — Bei feiner Unlust in Zarskoje Selo fiel General Stöffel dem Kaiser zu Füßen und weinte: „Verzeihung, Batuschka! es ist meine Schuld!" Aber Väterchen küßte ihn und sagte: „Nein, Stöffel, meine Schuld ist es!" . . . In dem sonst leeren Wartesaal des Bahnhofs von Zarskoje Selo fitzen zwei Muschiks, zwei falsche Muschiks von der Geheimpolizei Md spielen mit Zünd hölzchen. Mit Hilfe dieser Zündhölzchen erklärt der erste Muschik dem zweiten, was eine Ver fassung ist: „Dieses Zündholz ist der Kaiser, dies die Kaiserin, jenes der Thronfolger, jenes dort der Großfürst Paul und jene die andern Großfürsten; und hier find die Minister, die Bureaukraten, die Generale und die Metro politen . . ." Jedes Zündhölzchen liegt auf der Bank ordentlich an seinem Platze, wie eS fich für ein Kaiserreich mit fester Rangordnung schickt. „Willst du nun wissen, was die Ver fassung ist? Schau Herl Das ist die Ver fassung!" Und der Muschik wirst alle Zünd hölzchen durcheinander. Der zweite Muschik versteht noch nicht. „Jetzt such den Kaffer!" sagt der erste. Diesmal hat Nr. 2 ver standen. . ." —>" ' - .. W Kuntes Allerlei. Chinefische Sprichwörter. Einen wahren Schatz an Sprichwörtern, denen es weder an Ironie noch an philosophischer Weisheit fehlt, besitzt die chinesische Sprache; einige Beispiele mögen dies zeigen: Das Geld ist ein guter Diener, aber ein gefährlicher Herr. — Wer leiht um zu bauen, baut um zu verkaufen. — Gute Nachbarn sind entfernten Verwandten vor zuziehen. — In der Gesellschaft hören die Männer einander zu, die Frauen betrachten ein ander. — Die hübschen Frauen find gewöhnlich sehr unglücklich; die häßlichen Frauen find dagegen kostbare Schätze. — Die Reue ist das Echo einer verlorenen Tugend. ' """ mung, daß Liebe fich nicht zwingen läßt. Sie freute fich seiner Gesellschaft, fie unterhielt fich gern mit ihm; er sprach klug und an regend, aber die geringste Liebkosung, ein Streicheln seiner Hand schon schreckte fie zurück. Am liebsten wäre fie dann geflohen, wenn ihre Dankesschuld fie nicht daran gehindert hätte — und doch empfand fie diese Schuld immer mehr und mehr als schwere Last. Sie wußte wohl, daß der Vater regelmäßig die Zinsen schickte, so geheim auch ihr Gatte diese Sen kungen zu halten bestrebt war. Er ahnte ja uicht, daß fie von des Vaters Schuld wußte, er ahnte nicht, daß fie ihrer Kindesliebe ein Opfer brachte, als fie seine Werbung annahm, und er glaubte, daß fie fich ihm freiwillig gegeben habe. Für alle seine Güte und Liebe täuschte sie ihn fortgesetzt. Aber gerade die Dankbar keit veranlaßte fie, ihm die Wahrheit zu ver schweigen, fie wollte und konnte ihm nicht so wrchibar wehe tun. Solche Gewissensbisse und Skrupel standen »wischen ihr und dem Gatten; fie verhinderten, daß das winzige Pflänzchen in ihrem Herzen, das für ihn sprach, gedeihen und zur Blüte ge langen konnte. Und auch noch jemand anders stand dazwischen: Beate. Hätte es fich gefügt, daß Elisabeth allein auf den Gatten angewiesen wäre, hätte fie für M wirken, denken und sorgen können, viel- Ut hätte fich dabei ihr Herz sür ihn er- wärmt. Für sein Wohl und Behagen, für die Wohlfahrt und das Gedeihen seines Gutes W8 allein Beate die Sorge. Sie führte das Regiment in Haus und Wirtschaft, fie ordnete an, fie gab Befehle, und jeder folgte ihren Winken. Einmal hatte Elisabeth fie gebeten, fie in die Lehre zu nehmen, ihr einen Einblick in das Getriebe des Haus- und Wirtschaftswesens zu gewähren. Beate hatte darauf nur gelächelt, fein, spöttisch, wie es Elisabeth kannte, was ihr stets demütigend und beleidigend erschien. „Sei zufrieden, Elisabeth, daß ich dir alle Last, alle Sorge abnehme, sei zufrieden, daß dir nur Freude und Genuß bleibt und daß du dich nicht zu Plagen brauchst. Du hast eine herrliche Bibliothek im Schlosse, du kannst lesen und deinen andern Neigungen nach gehen." „Deinen andern Neigungen nachgehen!" Elisabeth wiederholte die Worte in Ge danken und empfand dabei etwas wie Schmerz. Durste fie denn das? Durfte fie fingen und spielen, wie fie so gern wollte? Und Beate entzog ihr sogar, was ihr gutes Recht gewesen wäre. „Ich lehne mich gegen Beates Regiment, gegen ihre Vormundschaft auf, ich will die Herrin von Landegg in Wahrheit und nicht nur dem Namen nach sein," rief ihr Stolz in ihr. „Ich werde Herbert anrufen, daß er mir Beistand leistet." „Und willst Zwietracht und Unfrieden in sein Haus wagen," sprach dann eine andre Stimme dagegen. „Ist das dein Dank für ihn?" So trug fie Beates Regiment schweigend Wetter und duldete es, daß diese über alles bestimmte und entschied, und sügte fich wider standslos. Ein dritter in der Ehe, und sei er noch so gut und lieb, bringt niemals Segen; wie viel weniger konnte das bei Beate mit ihrem kalten, herrischen Wesen der Fall sein. Sie war von ausgesuchtester Freundlichkeit für Elisabeth, aber die letztere fühlte dennoch Beates Katzennatur heraus und ein seltsames Kältegefühl beschlich fie in der Nähe ihrer Schwägerin. Ihr anfänglicher Frohfinn litt darunter, wenn fie fich auch immer wieder aufraffte und besonders in Herberts Gegenwart ängstlich bestrebt war, ihr Unbefriedigtsein zu verbergen. Hätte fie wenigstens ihre Kunst, ihren Gesang als Trost gehabt. Aber die Rücksicht auf die Familientrauer hielt fie ab, in das Mufik- zimmer zu gehen und den herrlichen Flügel zu benutzen. Nur zuweilen sang sie leise, damit unberufene Ohren es nicht hören sollten, in ihrem Zimmer, doch das war keine Befriedigung für sie. Einst auf einem gemeinsamen Spaziergange mit ihrem Gatten war es Elisabeth trotz aller Mühe nicht gelungen, den gewohnten heiteren Ton anzuschlagen. Sie hatte fich einmal wieder so unbefriedigt und überflüssig gefühlt; dazu hatten Briefe von den Eltern ihre Sehn sucht nach diesen lebhafter wachgerufen. Sie hatte geweint und nicht erwartet, daß der Gatte fie gerade jetzt zum Spaziergange abholen würde. Sie war ihm bereitwilligst gefolgt, aber die Spuren vergossener Tränen waren nicht zu ver wischen. Heiß errötet fühlte fie, wie seine Blicke forschend auf ihrem Antlitz ruhten, und ihr Versuch, ihn über ihren Kummer hinwegzu täuschen, fiel ziemlich kläglich aus. Er sagte aber nichts, sondern ging, von gleichgültigen Dingen sprechend, an ihrer Seite den dunklen Buchengang entlang bis -um Walde. Hier blieb er plötzlich stehen und beugte fich zu ihr herab. „Elisabeth, WaS hast du, Kind? Du hast geweint?" fragte er besorgt. Elisabeth war heftig erschrocken, als fie fich verraten sah. „O, nichts . . . nichts!" stammelte fie verwirrt. „Du verbirgst mir etwas — eine Sorge, einen Schmerz. Hast du kein Vertrauen zu mir?" „Doch ... doch .. . aber es ist kindisch ... du wirst mich schelten ... ich weiß nicht . . ." „Ich schelte dich nicht — sprich nur l" unter brach er ihre stotternde Rede. Also in die Enge getrieben, fühlte sie wohl, daß fie ihm nicht mehr ausweichen konnte. „Ich ... ich komme mir hier. . . über flüssig vor." „überflüssig? Du?" fragte er erstaunt. ^Nennst du das überflüssig, wenn du meine Tage erhellst und mit Sonnenschein erfüllst?' „O, Herbert, du bist so gut, und ich schäme mich fast . . . dennoch ... ich sehne mich nach Schaffen und Wirken ... ich muß etwas haben, an dem ich meine Kraft üben kann, das mich befriedigt." S " (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)