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X- 24, 29, Januar 1931, Radaktioneller Teil. Börsenblatt f. t». Dtschn Buchhandel. die den Fehler enthaltende Zeile tbei größeren Einschaltungen oder Streichungen auch einige der nachfolgenden Zeilen) neu auf der Maschine gesetzt und unmittelbar vor dem Umbruch vom Handsetzer gegen die falsche ausgetaufcht. Der Zeitaufwand für das Einordnen der Korrektnrzeilen ist sehr geringfügig. Der Neusatz der Zeilen aber kostet das gleiche wie die Herstellung des Satzes, Daher ist in manchen Fällen schon die recht einfache und jede Differenz zwischen Verlag und Druckerei ausschaltende Übung mit Erfolg angewandt worden, jede Korrekturzeile, die nicht vom Setzer verschuldet ist, mit einem bestimmten Betrag in Rechnung zu stellen. Beim Handsatz und beim Monotypesatz bietet das Auswech seln einzelner Buchstaben, etwa eines n gegen ein u usw, keine Schwierigkeit, Aber solche Korrekturen kommen als Autor korrekturen nur selten in Frage, Sind einzelne Buchstaben in der Korrektur gestrichen oder eingefügt, so muß der Setzer die Zeile in den Winkelhaken nehmen und neu ausschließen, ebenso müssen beim Einfügen oder Herausnehmen einzelner Worte mehrere Zeilen neu ausgeschlossen werden (es muß umbrochen werden). Hierzu heißt es in der »Zeitschrift«: »Das Korrigieren von Monotypesatz erfordert weit mehr als der Handsatz die Zu hilfenahme und mehrmalige Stellung des Winkelhakens aus dem Grunde, weil der Monotypesatz mehr .federt' als der Handsatz und die Zeilen mitunter ganz ungleichmäßig ausgeschlossen sind«. Es wäre noch hinzuzufügen, daß es auch sonst mehr Zeit erfor dert als im Handsatz, weil einmal der fettige, neugegossene Mono typesatz schwieriger zu handhaben ist und weil der Ausschluß zwischen den Worten nicht wie im Handsatz auf wenige systema tische Stücke zurückgeht, wo manchmal nur ein paar Einpunkt- Spatien herausgenommen zu werden brauchen. Von den anderen Punkten, die in dem »Zeitschrift«-Aussatz erwähnt werden, sei noch auf die Schriftmischung hingewiesen. Der Monotyperahmen saßt 225 Matrizen, das sind etwa 3 Alphabete, also Grundschrift und zwei Auszeichnungen, aller dings fehlen einige weniger häufig vorkommende Zeichen, diese müssen nachträglich vom Handsetzer in den Satz eingefügt wer den, Der Typograph hat nur die Möglichkeit einfacher Schrift mischung, also Grundschrift und eine Auszeichnung (Halbfett oder Kursiv), Die Linotype kann bei der Doppelmagazin-Ma schine die Grundschrift mit 3 anderen Schriften mit allen Zei chen mischen, alle Sonderfiguren werden (auch beim Typograph) gleich in der Zeile mitgegosscn, sodaß auch komplizierter Satz so fort druckfertig ist und keine Nacharbeit verlangt. Bei der Vier- magazin-LinotyPe stehen sogar 8 (gegebenenfalls bis 12) Schrif ten zur beliebigen Mischung bereit, die auch verschiedene Größe haben können. Der Spielraum der zu mischenden Schriften ist bei der Monotype durch das Set-System, wenn auch in gerin gem Maße, eingeengt, bei den Mehrmagazin-Linotypes aber fast ohne Grenzen. Stehsatz ist in den Kosten verschieden, ob es sich um Einzel buchstaben- oder um Zeilen-Gußsatz handelt. Der Druckpreis- Tarif sieht für Einzelbuchstaben-Gußsatz für das Auf-Lager- bringen, Vom-Lager-nehmen, Fertigmachen und Druckfertiglesen etwa 50 Prozent mehr vor als für Zeilen-Gußsatz. Das hat seinen Grund in der leichteren Handhabung der Zeilen als der Einzelbuchstaben, Es wird nun gern behauptet, und Krüger hat es ebenfalls getan, die Aufbewahrung der gelochten Papier streifen mache das Aufbewahren des Satzes bei der Monotype unnötig. Sehr richtig ist darauf entgegnet worden, daß die Ver änderungen des Papieres durch atmosphärische Einflüsse die Wiederverwendung sehr in Frage stellen. Dabei ist noch zu be denken, daß in dem Papierstreifen noch alle Tippfehler ent halten sind, also tatsächlich viel Korrekturen auszuführen sind, sodaß für den Verleger jedenfalls kaum ein Vorteil gegenüber der Stehsatz-Aufbewahrung herausspringt. Bei Mouoü'pestehsatz gäbe es kaum eine Möglichkeit, solchen Jahre zurückliegenden Satz mit neu gegossener Monotypeschrift zu korrigieren,-da die Buchstaben andere Höhe haben und die Zurichtung solchen Satzes schier unüberwindliche Schwierigkeiten macht. Für wissenschaftliche Werke und manche andere Arbeiten wird der Monotypesatz vom Verleger oft mit der Begründung bevorzugt, daß beim Absetzen der Korrekturzeilen auf Typograph und Linotype neue Fehler entstünden, beim Monotypesatz durch das Korrigieren des Satzes jedoch nicht. In der »Zeitschrift« ist schon darauf hingewiesen worden, daß im Zeilen-Gußsatz reine Tippfehler sehr wenig Vorkommen, Bei der Linotype, bei der der Setzer die gesetzte Zeile an den Lescmarken der Matrizen im Sammler vor dem Guß Nachlesen kann, sind solche Buchstaben fehler in Korrekturzeilen tatsächlich sehr selten und von der Ge wissenhaftigkeit des Setzers abhängig, die aber auch bei der Kor rektur des Einzelbuchstabensatzes den Ausschlag gibt, denn wie leicht ist ein Buchstabe an die falsche Stelle gesteckt. Dafür ist aber beim Zeilengußsatz der für richtig befundene Satz unver änderlich, Handsatz und Monotypesatz hingegen sind der Gefahr des Abfallens der ersten und letzten Buchstaben der Zeilen und des Quirlens ausgesetzt, sodaß es sich bei der sichereren Korrek tur des Monotypesatzes um ein Vorurteil handelt, das nicht in den tatsächlichen Verhältnissen begründet liegt. Jedenfalls hat sich aus der Aussprache manches Interessante ablciten und weiterspinnen lassen, das für die Verleger- und Herstellungspraxis von Bedeutung ist, kSL, Biographie einer Bibliographie. Bemerkungen zur Umgestaltung des »Wöchentlichen Verzeichnisses« zur »Deutschen Nationalbibliographic«. Rundfnnkvortrag, gehalten am 22. Januar 1931 im Mitteldeutschen Rundfunk. Dieser Titel, aus einem schwierigen zu einem einfachen gemacht, bedeutet: Lebenslauf eines Bücherverzeichnisses. Eines? Ich kann ruhig sagen: des Bücherverzeichnisses, denn es handelt sich um das »Wöchentliche Verzeichnis«. — Wenn sein Lebenslauf heute von mir in kurzen Daten unter der Rubrik »Vom Tage« erzählt wird, so aus zwei guten Grün den. 1842, in den Räumen der Hinrichs'schen Buchhandlung in Leip zig geboren, hätten wir nun Gelegenheit, ihm zum Eintritt in sein 90. Lebensjahr unfern Glückwunsch zu bringen, wenn nicht , ja, gerade dieses »Wenn nicht« ist der zweite und triftigere Grund dieser Ansprache. — Das, wie sein vollständiger Titel lautet: »Wöchentliche Ver zeichnis der erschienenen und der vorbereiteten Neuigkeiten des deut schen Buchhandels« hat sich auf eine Weise, die ebenso rührend ist wie sein Name, allen Ovationen, die ihm zum Beginn seines 90. Lebensjahres vielleicht zugedacht waren, entzogen. Es hat sich hinter ein Pseudonym versteckt. Die Gratulationen kommen nicht mehr an die alte Adresse, als »Deutsche Nationalbiblio- graphie« beginnt es jetzt zugleich sein 90. und 1. Lebensjahr. Es gibt in Deutschland kaum einen Menschen, der mit Büchern zu tun hat — keinen Buchhändler — keinen Sortimenter — keinen Verleger — keinen Bibliothekar — kaum einen wirklichen Bücher freund —, der nicht an Hand des »Wöchentlichen Verzeichnisses« das literarische Leben des schreibendenDeutschlands mit seinen 30000 jähr lichen Druckschriften verfolgt hätte. Es gab seit 90 Jahren nur diesen Ort, um sich darüber zu orientieren, was alles unter Geburts hilfe des Buchhändlers das Licht der Buchläden erblickte. An der Dicke der wöchentlichen Hefte des »W. V.« konnte der Kundige die Jahreszeit ablesen. Von Mai bis August wurde das »W. V.« immer dünner, im November war es am dicksten; die Isothermen des Geistes standen mit denen der Natur in jenem reziproken Verhältnis, welches zwischen Natur und Geist auch sonst häufig zu bemerken ist. Das W. V. teilte die Kultur in 27 Abteilungen auf. In manchen Unbeholfenheiten und Umschweifungen seiner Organisation lebte das Biedermeier seiner Geburtsstunde noch sichtlich weiter — und seine 90jährige Tradition hat in seiner Figur bis heute sichtliche Reste hinterlassen. Kapotthütchen und Reifrock waren bis heute an dem liebenswürdigen Geschöpf der 40er Jahre noch sichtbar. Bis heute? Das stimmt nicht ganz. 1842 also im Hinrichs'schen Hause geboren, wuchs das bibliographische Kind zur Freude seiner Erzeuger heran, bis es 1910 zur weiteren Ausbildung dem Buch händler-Börsenverein übergeben wurde. Der hatte mit ihm seine Pläne. 1912 hatte er als Archiv des gesamten deutschsprachigen Schrifttums die Deutsche Bücherei gegründet — und wovon das W. V. berichtete, von den buchhändlerischen Neuerscheinungen, das sam melte und besaß die Deutsche Bücherei. Eine Verbindung von Biblio-thek und Biblio-graphie, also von Buch-Kartei und Buch- Sammlung lag nahe, und schon 1921 wurde die Ehe vollzogen. Die Herstellung des W. V. wurde der Deutschen Bücherei sauf Grund ihrer Bestände) aufgegeben. 83