Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 22.01.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190501229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19050122
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19050122
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-01
- Tag 1905-01-22
-
Monat
1905-01
-
Jahr
1905
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 22.01.1905
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
r sind gani' marck wollt« ner Zentral« :chcn. Von enn je. Di« s nationalen' z begrüßen. :r alljährlick! der Berück« Stimmung r den lebten '.triebSmittel« ercr Freude zen: „Wenn lbc zur Ge« Uriebsmitlst« erster Linie Pcrsoncn- ung beseitigt !Scherer: uf Anregung nm worden. ern Einzel- wß die Be- che Vorteile nach Süd« ir wünschen, Klasse ver« möchte ich Tarife ein« Men Inter« bin in de« der vierten d dieser Er« nen. süddeutschen Zusammen« isiung durch lieber unter üticlZemem« Süddeutsch« ässe ist eine z der große» ahmen sind i. Die Be« le fiskalische, nen wir zu rfassung ist cs müssen . >ten. wendet sich ertcn Klaffe, m (kons): »illigung der haben kein Der gegen« ollen daran Einen Schildbürgerstreich, wie er im Buche steht, lieferte unlängst ein städtischer Bau- Nhrer in Osnabrück.. Das Stadtbauamt hatte unzulässigerweise an einem öffentlichem Wege einen Stacheldraht ziehen lassen; er mußte also wieder entfernt werden. Der mit dieser Arbeit beauftragte Bauführer bewerkstelligte das nun in der Weise, daß er, anstatt den Stacheldraht einfach wegzunehmen und durch einen glatten zu ersetzen, einige Arbeiter mit Kneifzangen hinausschickte und sie zum großen Gaudium des Publikums drei Tage lang die Stacheln einzeln abkneifen ließ. Nach 28 Jahren zurückgekehrt! Der Arbeiter T. aus Itzehoe verließ vor 28 Jahren infolge ehelicher Zwistigkeiten seine Frau, die mit neun Kindern zurkckblieb. Nichtsdesto weniger schlug sich die Frau redlich durch und erzog ihre Kinder zu rechtschaffenen Leuten. Während der ganzen 28 Jahre ließ der Mann, der als Knecht bei Bauern im Hannoverschen arbeitete, nichts von sich hören. Am letzten Sonntag ist er jetzt als Siebzigjähriger, der Altersrente bezieht, plötzlich nach Itzehoe zurück gekehrt und hat seine Frau ausgesucht. Die Frau verzieh ihrem Mann und nahm ihn unter Tränen wieder auf. Über einen wertvollen Fund, den zu Freiburg i. Br. eine Frau auf ihrem Speicher unter allerlei Gerümpel machte, wird dem städtischen .Tageblatt' gemeldet, cs habe sich dabei um ein altes Ölgemälde gehandelt, das der Frau vor SO Jahren durch Erbschaft zuge fallen war. Schon wollte die Frau den ver goldeten Rahmen entkernen und das Bild ver brennen, als ein hinzngskommener Herr auf den Wert des Bildes aufmerksam machte und dasselbe für 800 Mk. der Frau abkaufte. Zu einer Messerstecherei zwischen Studenten kam es am Montag abend im Keller der Löwenbrauerei zu München. Der Student der Zahnheilkunde Hans Friedrich Neumann aus Berlin versetzte nach einem hef tigen Wortwechsel dem am gleichen Tische fitzenden Studenten der tierärztlichen Hochschule Swikalsky von Stargard mit einem grifseften Messer zwei lebensgefährliche Stiche in den Rücken. Der Täter wollte flüchten, wurde aber verhaftet. Er mußte von der Polizei gegen das Publikum in Schutz genommen werden, das ihn zu lynchen drohte. Ausreister. In Dieuze erbrachen nachts zwei Osfiziersburschen die Wohnung ihrer in Urlaub befindlichen Hauptleute, entwendeten Zivillleider und rissen aus. Laut,Pfälz. Kur/ wurden sofort 30 Radfahrer an die Grenze geschickt, sie kamen aber zu spät. Erörterung, des Reichs« ger.ehMgt. rrn. s Rheydt, obung mit e nach der aß es sich n handelte, Willen, des Lanb- SalzuKen, der Titel- en ist, daß politischer ang, viel- kann, daß M seinen war, und seinerzeit tsministers aß er den seine An habe. 'keu. Aus des Leut- s sie von er und er- Gedächtuistafel für Kriegsbericht erstatter. Die in London erfolgte Enthüllung einer Gedächtnistafel für gefallens Kriegs korrespondenten gab Lord Roberts Gelegenheit, zu beweisen, daß er keineswegs wie seine Kollegen in der japanischen und russischen Armee, lediglich ein unvermeidliches Übel in diesen Leuten erblickt. Der alte Feldherr sagte: „Es tut mir wohl, diese Gelegenheit zu haben, nicht nur den Männern, zu deren Ehre diese Tafel errichtet wurde, sondern auch vielen andern Korrespondenten, die zu verschiedenen Zeiten , mit mir in Verbindung standen, meine Anerkennung auszusprechen für die gewissenhafte Weise, in der sie ihre schweren und verant wortlichen Pflichten erfüllten." Attentat auf einen Richter. Der Stadt richter Spadini von Monza wurde an einer Straßenbahnhaltestelle in Sesto San Giovanni von einem gewissen Giussani, den er kurz vor her zu drei Monat Gefängnis verurteilt hatte, durch drei Schüsse lebensgefährlich verwundet. Der Attentäter, der nicht zurechnungsfähig sein soll, wurde verhaftet. Die Anklagen gegen den Exminister Nasi und seine Mitschuldigen sind jetzt nach den Ergebnissen der Voruntersuchung folgendermaßen zusammen gefaßt worden. Der Exminißer des öffentlichen Unterrichts ist des Unterfchleifs und der Fälschung angeklagt, weil er in den Jahren 1901—1903 für seinen persönlichen Gebrauch aus dem Fonds des Ministeriums Gebrauchs- und Kunstgegenstände sowie Pflanzen bei römischen Geschäftsleulen em- gekaust, und die betreffenden Rechnungen gefälscht hat; weil er in der Form eines Stipendiums dem Bildhauer Buemi 1080 Lira gewährt hat, eine «summe, dis jedoch nur den Kauf preis für eine von dem Künstler im Auftrage Nasis angefertigte Büste darstellt, endlich weil er 1901 bis 1903 dem Unterrichtsministerium Gelder durch falsche Angaben und falsche Qualifizierungen entzog und so etwa 20 Personen 3450 Lira zu- wandis. Nnst und sein Kabinstissekcetär Ignazio Lombardo stehen unter der Anklage des gemeinsam begangenen Unttrschlebs und dsr Fälschung, weil sie in'den Jahren 1901 bis 1903 auf Reisen in ver schiedenen Städten Italiens 50 OVO Lira hinterzogen und die dem Rcchnuugsfüyrcr des Ministeriums vorgelegteu Belege gefälscht hatten, und weil be:de Einkäufe in verschiedenen Geschäftshäusern Neapels und Noms in derselben betrügerischen Weise voll zogen haben. Dis Haupiangskiagten sind flüchtig, ihr Aufenthaltsort unbekannt. Fra» Loubet -ff. Präsident Loubet entstammt einer kleinbürger lichen Familie im Süden Frankreichs. Jetzt hat den ersten Beamten der französischen Republik ein großes Unglück betroffen — er hat seine Mutter verloren. Die Mutter des Präsidenten war die Witwe des früheren Maires von Marsanne, eines Dorfes m der Nähe von Montölimar. Sie selbst war eine schlichte Bäuerin, die mit einer Nichte in ihrem einfachen Landhause, „La Terrasse" genannt, lebte. Frau Loubet ist mehr als neunzig Fahre alt geworden, eine arbeitsame, sparsame Frau, deren ganzer Stolz natürlich ihr Sohn war, der schließlich den ersten Posteu in der französis chen Republik bekleidet. In ihrer Schlichtheit hätte sie gern auf alle die Ehren verzichtet, die ihrem Sohne zuteil wurden, sie hätte lieber gesehen, daß er öfter bei ihr gewesen wäre. Bis in ihr höchstes Alter war übrigens Frau Loubet von vollkommen geistiger Regsamkeit und bemerkenswerter körper licher Frische. Flutwelle in Norwegen. Aus Nord- sjorden wird gemeldet, daß eine große Flutwelle 3 Höse in Nesdalen mit sich fortriß, wobei etwa 60 Menschen verletzt wurden und zahl reiches Vieh ertrank. In einem Anfall von Geistesstörung hat der Hofbesitzer Sjölnus zu Hernösand in Nordschweden seine Frau, seine Tochter, seinen Bruder und dann sich selbst getötet. GericbtskaUe. Dessau. Von der hiesigen Strafkammer wurde der Kassierer Otto Werner, der dem Rheinischen! Aktien - Verein für Zuckerfabrikation in Dessau- Alten im Laufe der letzten Jahre 136 000 Mk. unterschlagen hatte, zu zwei Jahr Gefängnis ver urteilt, wovon sechs Monate als durch die Unter- snchungshast verbüßt erachtet wurden. Flensburg. Die Strafkammer verurteilte den Sattlermeister Oetzmaun-Schleswig wegen Beleidi gung der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der 11. Kompanie des Infanterie-Regiments Nr. 79 in Hildesheim, begangen durch eine Eingabe an den Kriegsminister, zu 100 Mk. Geldstrafe. Oetzmann hatte behauptet, sein Bruder werde beim Militär als Verbrecher behandelt und langsam zu Tode gemartert. UAsrUne? vs? Gericht, Die Vcrcinsrevolution. Der Angeklagte Bischof hat ein Exterieur, das sich in mehrfacher Hinsicht von dem Äußern des Durchschnittsmenschen unterscheidet. Seine Figur scheint aus einem ein zigen riesigen Enbsnpoint zu bestehen, dabei ist Herr Bischof noch nicht mittelgroß, und seine Nase weist jene violette Färbung cutt, von dsr die Besitzer derartiger Gesichiserker behaupten, daß sie vom Frost "herrührs, während der VolkSmund sagt, daß eine starke Vorliebe für geist-ge Getränks sich in der anormalen Nastnsarbe kundgsbe. Vorsitzender: Geben Sie den Ihnen zur Last ge legten groben Unfug zu? — Angekl.: Hochjcehrter Herr Jerichtshof, werte Schöffen! Wie Sie mir hier sehen, bin ick een janz bedauernswert,r Mann. Ick werde nämlich ununterbrochen dicker. Sämtliche Mittel, die et for klonische Zunahme jibt, habe ick schon durchprobiert, aber et helft nischt. Und wenn ick von weiter nischt leben würde, a'.s wie von- Karlsbadersalz und Bitterwasser, ick würde ooch denn wahrscheinlich noch zunc-hmen! Da riet mir een Frcind, der meine schwache Seiten kennt, ick solle et mal da mit versuchen, nischt Jebrautes oder Jebranntes mehr zu drinken, weder Bier noch Konjak, noch etwa eenen delikaten Nordhäuser. Da ick von vorncrln wußte, det diese Enthalisamkeet for mir een unjeheures Opfer bedeutete, so trat ick, nm eene moralische Stütze zu haben, den „Verein der Alkohol feinde" bei. Dis Satutcn, Parajraf 3 bis 13, handeln bloß von de Strafen, dis deijenije Vereins mitglied treffen, det eenen eenzijen Droppen Alkohol über die Lippen bringt. Also Sie können sich denken, wie strenge et da zujing. Bei dis Ver- einSsitzungen wurde manchmal eene alkoholfreie Bowle jebraut; sie bestand aus eene heeße, rote, süß-säuerliche Flüfsigkest, die von dis Alkoholfeinde mit eenen wahren Hochjsnuß vertilit wurde. Ick krietje in de Rejel nach det zweew Ilas Leib- schmerzcn davon. AIS det Unflücksjctränk eenes Abends wieder mal uffjefahren wurde, da stahl ick mir raus und kooste bei den Budiker nebenan eene Flasche ' Konjak. Als ick wieder zurück kam, erzählte ick, det draußen een scheenet junget Mcechen sei, die sich fürchte, allcene zu Hause zu jehn. Während die Alkoholfeinde raus- stürmten, joß ick die Pulle Konjak in die Bowle. — Verschiedene von die Alkoholfeinde haben sich an den Abend sehr über die Bowle jewundert. Et hieß alljemein, sie schmecke zwar anders als sonst, aber durchaus nich schlechter. Man rief den vejetarischen Wirt herbei, der beschwor, det er die Bowle so wie immer anjesetzt hätte. Schließlich wurde ihm uffjedragen, die Bowle stets so zu machen, wie heute. Allmählich kriejten die Alkoholfeinde rote Köppe und jlänzende Oogen. Erner nach den andern versicherte, det ihm plötzlich janz komisch zu mute würde und schließlich sagte der Schriftführer, een ehemalijer Weinreisender, der den Alkohol feind lich is, weil er schon zweemal det Delirium Klemens jehabt hat: „Kinder, mir is zumute, als ob ick eenen Affen hätte!" Der Vorsitzende wollte ihn aus Para jraf 3 der Statuten die übliche Strafe zudikueren, aber er meckerte dabei wie een Zickenbock. Uff eene diesbezüjliche bifsije Bemerkung hin kam et zu eenen Wortwechsel, der in eene jedicjene Keilerei cndijte, während der ick mir englisch empfahl. Unjlückticher- weise ließ ick dabei die unter meinen Stuhl stehende Konjakpulle in Jedanken stehen, wodurch die janze Sache ans Tageslicht kam. — Aus den Aussagen der als Zeugen vernommenen Alkoholfeinde geht hervor, daß der nützliche Verein sich aus Anlaß jenes Vorganges aufgelöst, hat. „Die meisten unserer Mitglieder," sogt der ehemalige Vorsitzende aus, „waren Männer, die früher das alkoholische Gift in reichlichem Maße genossen hatten, und erst Enthaltsamkeit übten, als sie den Ruin ihrer Ge sundheit vor Augen sahen. Durch die gewissenlose Verführung des Ang,klagten sind sie rückfällig ge worden und saufen jetzt wie früherI" — Der Ge richtshof konnte in dem Streich des Angeklagten die Tatbestandsmerkmale des groben Unfugs nicht finden und sprach Herrn Bischof frei. Aus den letzten Tagen der Belagerung von Port Arthur. d. Wie zu erwarten war, treffen jetzt, nach dem Fall von Port Arthur, die Schilderungen von den furchtbaren Erlebnissen der Beteiligten zahlreich ein. Besonderes Interesse verdient ein Interview, das der Kriegsberichterstatter der ,Daily Mail' in Tschisu mit Baron Kleist von der russischen Flotts Latte. Baron Kleist erreichte Tschifu mit den letzten Torpedoboots - Zerstörern, die aus Port Arthur entkamen. Er berichtet, daß General Stössel am 24. Dezem ber alle Hoffnung verlor, als er ein vor einigen Tagen vom Zaren abgeschicktes Telegramm er hielt, das die Mitteilung enthielt, die Hüller Affäre habe das baltische Geschwader ausge- halteu. Weiter meldete die Depesche deS Zaren, die Flotts könne vor Ende Februar Port Arthur nicht erreichen, und sie entband General Stössel seines feierlichen Gelübdes, die Stadt bis zum letzten Atemzuge Zu halten. Der Zar wies den General an, in bezug auf die Übergabe der Festung nach seinem eigenen Er messen zu handeln. Schon früher, Anfang No vember, hatte General Stössel dem Zaren tele graphisch gemeldet, er könne vielleicht nicht länger als bis zum Ende des Monats aushalten. Die Aniwort des Zarnn meldete die Abreise des bal tischen Geschwaders und befahl General Stössel, die Stadt dis zum äußersten zu verteidigen, da etwa Mitte Dezember Hilfe kommen würde. Alls Depeschen des Zaren kamen nach kurzer Ver zögerung au, mit einer Ausnahme, einer am 24. Dezember abgssandteu Depesche, in der die Zuversicht aus baldigen Entsatz des Platzes ausgesprochen und der General gedrängt wurde, bis zum Äußersten Widerstand zu leisten. Auch alle Depeschen General Kuropatkins waren hoffnungsfroh, abgesehen von der letzten. Ferner erzählte Baron Kleist: „Es ist sicher, daß die HanpLursaLe zur Übergabe der Mangel an Munition für die schweren Geschütze war. Im andern Falle würde er weiter gekämpft haben. Das japanische Granatenfeuer auf die Stadt war fehr ungenau, aber auf die Forts waren ihre Granaten mit außerordentlicher und un fehlbarer Präzision gerichtet. Von 165 auf Songshushan gerichteten Schüssen zählte ich 103 Treffer. Dis Granaten platzten über den Köpfen der Kanoniere und streckten ganze Be dienungsmannschaften nieder. Schon bald nach dem Beginn der Belagerung wurden die Reihen der Artillerie so gelichtet, daß man Infanterie an die Geschütze stellen mußte. Die erste allge meine Verfügung, die einen Mangel an Munition ankündigie, wurde Anfang September erlassen: von der Zeit an war man beim Feuern sehr vorsichtig und sparte so viel als möglich an der Munition. Die Kanoniere feuerten erst, wenn die Geschütze vollkommen gerichtet waren und die kommandierenden Osfiziere sich davon überzeugt hatten. Der Befehl, in den Forts Dienst zu tun, wurde von den Mannschaften als Todesurteil angesehen. Viele Opfer dieser surchbarften Beschießung, die man je erlebt hat, starben ohne eine äußerliche sichtbare Wunde. Infolge der heftigen Erschütterung durch die großen japanischen Granaten ergoß sich das Blut aus den Augen, dem Munde und der Nase, und die Leute, die sich in der Nähe der Explosionsstelle befanden, fielen tot um. In den letzten drei Monaten hatte die ganze Garnison die Hoffnung auf einen Entsatz ver loren. Die Offiziere drängten General Stössel offen zur Übergabe, aber er lachte über ihre Befürchtungen und verwies sie streng wegen ihrer nicht soldatischen Handlung. Schließlich waren sie nur noch Automaten, die ohne jede Überlegung ihren Dienst laten, nur noch kämpfen, essen und schlafen konnten. DaS ging schließlich so weit, daß der Tod, auch in seiner schrecklichsten Form, auf die Lebenden keinen Eindruck mehr machte. Die Toten hießen ihr Schicksal willkommen, und die überlebenden beneideten sie darum, daß sie von ihren Leiden erlöst waren." Baron Kleist bestätigt auch die früheren Meldungen von der schrecklichen Lage der Krankenhäuser. Er behauptet, daß die Leute zu Hunderten ohne ärztliche Hilfe starben, aber es wäre nicht zu verhindern ge wesen, da sich so wenige Ärzte in der Stadt befanden. buntes Allerlei. Der zerstreute Bettler. „Der Herr hat dich doch auf den Nachmittag wieder zu sich bestellt, damit du dir eine Unterstützung holst. — Weshalb bist du denn nicht hi,'.gegangen?" — „Weil ich meine Krücken aus Versehen dort habe stehen lassen!" c,M°gM wenn Ler menschrak. eine gute alles ge- nwendung Stichwott vohl auch sch Pünkt- - gesehen, a Nimbus gewesen, lstigen an haften — 1e etwas Beinamen »rdentliche ymvathie- er bürgten igen und weit und Zugleich, ön über« ins viel- verstand, r hinaus schlossern, , doktern hatte LaS »gelehrten elt. uand ins mständen >en, son- men „der Krautschneider". Im Spätherbst beschäftigte er sich au den Abenden nämlich damit, den Bauern und auch den kleinen Leuten mit dem Krauthobel das Sauerkraut einzuschneiden. Und weil er mit dieser edlen Beschäftigung seine Künstlerlaufbahn angefangen, blieb dieser Titel seine landläufige Bezeichnung. Erst später stellte es sich heraus, daß er mehr konnte wie Brot essen und Kraut ein- schneiden. Äußerlich sah man von seiner Vielseitigkeit weniger. Er war in der Zeit, die uns be- schüsttgt, euva fünfzig Jahre alt, groß und stark, mit einer glänzenden Glatze, einem blühenden Gesicht, das von zwei scharfen und durchbohrenden Augen ausgezeichnet war, und einem etwas lässigen Wesen, hinter dem er seine eigentliche, etwas rätselhafte Natur wie unter einer Maske verbarg. Im Munde trug er stets eine kurze Pfeife, denn er rauchte un ausgesetzt, und in der Tasche eine Dose aus Birkenrinde. Außerdem besaß er noch einen ledernen Zugbeutel, der fast immer gefüllt war, ein Beweis, daß seine Kenntnisse etwas eintrugen. Ec wohnte in einem kleinen Häuschen im Dorf unten ganz einsam und war bis zur Stunde ledige» Staudes geblieben, trotzdem er kein übler Mann war. Aber entweder wollte er nicht heiraten, oder die Mädchen empfanden eine zu große Scheu vor ihm, oder aber er war ein Menschenverächter. Man sagte ihm nach, daß er mit seiner etwas anrüchigen Herrlichkeit lieber allein absterbe. Der berühmte Mann hatte sich nach kurzem Gruße ohne Umstände zu den beiden alreu Leuten gesetzt und tat Bescheid am Wein und Kirschwasser, denn er konnte alles vertragen und war nach der Meinung einiger Leute sogar giftfest, dann legte er seine runde Kappe ans Aischoiternfell ab — er war (wieder nach der Meinung einiger Leute) auch Wilderer und hatte den Wasserschädling selbst weggeputzt, — und wickelte dann aus seinem roten Taschen tuchs eine neue blinkende Blechbüchse, die der Seelenhofer mit Mißtrauen, sein Weib aber mit Befriedigung betrachtete. „So, und jetzt sucht Eure sieden Sachen zusammen," sagte er dann mit seiner lässigen Manier zu dem Seelsnhofer, „wenn Ihr sie noch nicht beisammen habt, daß wir sie ins Grab legen können. Der Auserstehungstag wird freilich auch einmal an sie kommen. Ich hab' keine sichere Zeit und solche Sachen mutz man „unberufen" tun. Rian hat Beispiele, datz die größten Schätze sich in dürres Laub ver wandelt haben/ Der Bein Häusler war ein wenig erschrocken, aber mehr deswegen, weil der Krautschneider mit solcher Sicherheit von so intimen Dingen redete. Entweder mußte er von der alten Seelenhojeün gut unterrichtet sein, oder er hatte durch geheimnisvolle Mächte die ganze An gelegenheit erfahren. „Aber," wollte der reiche Prasser von Seltenreich einwenden, „muß es denn gerade heute fein?" „Antreten," lautete die kurze Erwiderung, denn der alte „Hexler" war seinerzeit auch Soldat gewesen, „und keine Flausen gemacht. Wenn Ihr mir aber nicht traut, so gehe ich wieder meiner Wege; ich muß meine Finger nicht auch noch am Sonntag in andrer Leute Sachen hoben." Dabei gab er ihm einen Blick, unter dem der alte Diann wie machtlos wurde und ge horsam aufstand, um seine Schätze aus allen Winkeln, die nicht einmal seinem Weibe be kannt waren, zusammenzuholen. Er blieb lange aus und stieg mit seinen gichtischen Füßen trotz der „Fauienzia" sogar in den Keller, wo er unter dem Waschfaß einen Teil seiner rollenden Habe verborgen hatte. Die Zurückbleibenden unterhielten sich einst weilen im Flüsterton ziemlich vertraut, wenn auch mit gegenseitiger Vorsicht; sie trauten sich jedenfalls nicht allzusehr. „Ist die Schnellermei schon ins Bett?" fragte auf einmal'der Hexler unvermittelt unter einem raschen Augenaufschlage. Liese dunklen Äugen mit dem bläulichen, von vielen roten Äderchen durchzogenen Umkreise hatten etwas an sich, was selbst der Seelenhoserin imponierte, die man zwischen Scherz und Ernst auch zu weilen als Hexe ausgab. „Natürlich," er widerte sie eilfertig. „Es hat ein bissel was gegeben, und dann ist das Mädel Hals über Kops auf und davon. Wir könnten sie auch nicht mehr gebrauchen". „O, die kann den Mund halten," meinte er ein wenig scharf. „An der ist kein Falsch, ich kenn' mich aus. Freilich, besser ist besser, wenn auch an der ganzen Sache gar nichts Unrechtes ist, wie Ihr nämlich vorgebt. „Gar nichts Unrechtes," bestätigte sie eilig, „und du hast mir ja selber Beifall gegeben, als ich dir die Sache auseinander geklaubt habe." „Ganz recht," sagte er wie 'N Gedanken verloren. „Aber an der Meid ist etwas lin- rechtes, für mich wenigstens," setzte er dann mit einem bitterlichen Auslachen hinzu. „Der steckt der Christian in dem Kopf und ich werde einen schweren Standpunkt Haden." „Bah, ein Hexenmeister!" meinte die Bein- häuslerin mit einem Lächeln in den Augen winkeln. „Einem solchen wird so was doch eine Kleinigkeit sein. Du mußt ihr eben die Augen verblenden, daß sie deine Glatze und die Herbstsäden in deinem Bart nicht sieht und auch nicht den Bocksfuß, den du vielleicht unter deinem Mantel hast." Der Krautschneider trug nämlich eine Art Schäsermantel, unter welchem noch mehr als ein Bocksfuß verborgen sein konnte. Es kleidete ihn übrigens nicht übel und erhöhte den an sich schon etwas geheimnisvollen Ein druck seiner Erscheinung. Er lachte kurz auf und zeigte seine weißen Zähne. „Ihr seid ein ausgepichtes Weib," meinte er dann zwischen Spott und Anerkennung. „Aber in derlei Sachen ist eS mit dem Hexen werk nicht weit her, weil übermächtige Dinge gegen mächtige streiten. Stille Berechnung, ein Wort zum ander«, so ein paar gute Schach züge und zuweilen ein Schub zur rechten Zeit Hessen weit besser. Ich hab ja Euer Wort." D« s jForljeßung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)