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Ottendorfer Zeitung : 11.01.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190501113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19050111
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19050111
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-01
- Tag 1905-01-11
-
Monat
1905-01
-
Jahr
1905
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 11.01.1905
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mgabe an Zar möge mitee auS m. Bischofs inaren nis cher c Minister - Mirski: ngfors russischen erten- Die Neu- si. Baiterien rkalibrige nach der Demen n jüngst mze des mit Be- fervorzu- itee die >dss für Thron sehr un- : algeri- Truppen nd viele er ihnen der frei- N. Papste. Idet, die r Namen iom auf- Sarzana men, um ächsischen Sorte des er seine nit dem n. Die n schwer rd völlig in der itte böse ehrleute. e starke verwehr- elektri- ekirischen und die ich dem lung ge- Namens wie der ansge- Srrmme rmulare, e staat- Dntzcnde l Kreise r allem »st- und inerstäg Vereins- des an- rb zahl- - bereits Fahrten chmende mf der >tan be- ,esamten sie ihm od auch bereit.' » Hand seinem »en Ge- oie sein : Zeit! Plötzlich v sagte anders stillen zen sich an sie. ch alles as dem konnte c Höhe, nnziger ertruds ihrem ft auch, ist, um ihres ;bt sie Helles . werde ie einst, denken, Leben Uber den Fähnrich Stiflener sind in der ätzten Zeit Mitteilungen m die Presse über gegangen, wonach Hüssener, der bekanntlich seine Hast auf der Festung Ehrenbreiistein ab- büßt, sich der weitestgehenden Freiheiten er freuen soll. Augenblicklich soll er sogar einen langen Urlaub angeireten haben. Demgegenüber ist der ,Berl. Lok.-Anz/ in der Lage, folgendes von gut unterrichteter Seite mitzuteilen: Hüssener ist gegenwärtig nach einem kurzen Urlaub wieder als Festnngsgefangener auf Ober-Ehrenbreitftein. Es st richtig, daß der Fähnrich seinen allsonn täglichen Kirchenurlaub dazu benutzt hat, den ihm von der Festungshaft her bekannten Wirt des Koblenzer Parkhotels zu besuchen. Es ist seitens der Koblenzer Kommandantur eine strenge Untersuchung eingelsitet worden. Jetzt haben die Nachrichten über den ehemaligen Fähnrich Hüssener dem Kciegsmimster Veran lassung gegeben, amtlichen Bericht zur Sache einzufordern. Der Bericht geht in den nächsten Tagen an den Minister ab. Ureter dem Verdacht des Meineides wurde der Gendarm Ködel in Torgau auf Ver anlassung des Kriegsgerichtsrats Dietze aus Magdeburg verhaftet. Eine von Räubern überfallene Theater- gesrllschaft, die in der Umgegend Berlins in kleineren Ortschaften mimen, kam an einem Abend der vorigen Woche in höchster Aufregung in Genthin an. In dem Dorfe Gladau hatten die Schauspieler eine Vorstellung gegeben und eine gute Einnahme erzielt, was mehreren Erd arbeitern, die im Orte anwesend waren, aus gefallen war. Als dann in finsterer Nacht die Schauspieler zur Bahn eilten, traten plötzlich aus dem Walde fünf Kerle hervor und ver langten unter Drohungen die Herausgabe der Kasseneinnahme. Zufällig hatte der eine Schau spieler noch einige Platzpatronen in einem Revolver stecken, den er vorher auf der Bühne gebraucht hatte. Er feuerte sie schnell ab und jagte dadurch den Räubern einen derartigen Schreck ein, daß sie die Flucht ergriffen. Sie wurden aber bereits ermittelt und dingfest gemacht. Die Jülicher Volksbank, die jetzt von der Dürener Bank erworben ist, ist als Gründerin mit einem größeren Aktienkapital an den Jülicher Lederwerken beteiligt und hat von diesen mehrere Hunderttausend Mark zu fordern. Als die Dürener Bank und die Rheinische Diskontogesellschaft eine Prüfung der Bestände der Lederwcrke forderte, floh der Direktor Jnder- fmih ins Ausland. Gin bemerkenswerter Haftpflichtanspruch wc ,sn des Unfalls eines Kindes ist in St. Andrea«, berg gegen die Kirchen- und L-chulgemeinde und zwar einen bei ihr angestcllten Lehrer geltend ge macht worden. Früher nahmen dort die Kinder ihr.- Bergstöcke — nachträglich ist das verboten wo den — während der Schulpausen zuweilen mich auf den Spielplatz mit. So konnte es geschehen, dah tm vorigen Winter eines Tages ein achtjähriges Di.idchen einem gleichaltrigen Knaben während der Zwischenpause mit einem solchen Stock ins rechte Auge stieß und es so verletzte, daß eS entfernt werden mußte. Der Vater des verletzten Knaben erhob für diesen Schaden- Matzanspruch in Höhe von 12 000 Mk. gegen den Klassenlehrer und besten vorgesetzte Behörde. Nach längeren Verhandlungen ist zwischen den Beteiligten j jrtzr ein Vergleich zustande gekommen, wonach dem Sk ier für dm verunglückten Knaben 6000 Mk. als einmalige Abfindung gezahlt und die Kurkosten er haltet worden sind. Die ganze Summe wurde von einer Versicherungsgesellschaft erlegt, bei der die Schulen des Kreises Zellerfeld mir Einschluß von Si. AndreaSberg versichert sind. Über eine tvonbernde Mordgeschichre schreibt man der Mein.-Wests. Ztg/: „Vor etwa acht Wochen tauchte in Braunschweiger Blättern eine grausige Mordgeschichte auf. Ein DiMmädchen, das 3M Nik. in der Lotterte gewonnen hatte, sollte, als es daS Geld nach ihrem Heimatsdorfe bringen wollte, unterwegs von seinem eigenen Dienstherrn ermordet und beraubt worden sein. Die Mordtat war angeb- lch in der Näh« von Braunschweig passiert. Bierzehn Tage später wurde dieselbe Geschichte «US Holzminden berichtet; abermals nach vier zehn Tagen meldeten einige Blätter das gleiche t reiguis aus Bratet. Noch keine Woche war i verflossen, da war ans Brakel Lichtenau i. W. geworden, einige Tage später war Neuenbeken der Tatort, und damit mcht genug, ist jetzt in der ,Münsterschen Zeitung' dieselbe Mär mit der Ortsangabe Lippstadt zu lesen. Allerdings hat die Geschichte auf diesem „Zuge nach dem Westen" insofern eine kleine Veränderung er litten, als jetzt das Geld nicht aus einer Lotterie, sondern aus einer Erbschaft stammen soll." Das Vermöge« der Fra« Syveto«. Aus Verdier wird gemeldet, daß die Unter- suchungskommission Herrn Neuffen beauftragte, eine Schätzung des Vermögens seiner Tochter, Mme. Syvston, zu geben. Danach hat diese eine Mitgift von 100 6000 Frank erhalten. Dazu kommt eins Versicherungsprämie von 100 000 Frank und eine zweite von 50 000 Frank beim Tode ihres ersten Mannes. Augen blicklich schätzt Herr Neusten das Guthaben seiner Tochter auf etwa 200 000 Frank. Die. ältesten Leute in Paris. Mit dem neuen Jahre begann auch das 105. Lebens jahr für eine Pariserin Mme. Robinean. Die alte Dame erfreut sich einer so vorzüglichen Gesundheit, daß der Dr. Metschnikow ihr einen Besuch machte, um von ihr das Geheimnis ihrer Langlebigkeit zu erfahren. Mme. Robineau erklärte, daß sie wie alle Welt lebe und keine besondere Lebensweise befolge. Sie ist zwar die älteste Pariserin, aber nicht die einzige Hundertjährige, denn nach der letzten städtischen Statistik vom Ende des Jahres 1904 zählt Paris zwei Männer und drei Frauen, die das Alter von hundert Jahren überschritten haben. Dann kommen 530 Personen zwischen 95 bis 100 Jahrs? und weitere 10619 Neunzig jährige. An gebrochenem Herzen. Der Tod an ge brochenem Herzen kommt nicht nur in der Dichtung vor, ist aber glücklicherweise in Wirklichkeit seltener als in Romanen. Jüngst ist der besonders merk würdige Fall dieser Todesursache bei einem Geistes kranken vorgekommen. So schwer die Leiden dieser Kranken unter Umständen sein mögen, so ist es doch eine Tatsache, daß Herzfehler nur ganz ausnahms weise zur Todesursache bei ihnen werden. Nach einer neuen Statistik starben von 18601 Geisteskranken nur neun durch eine Entartung des Herzmuskels. Dabondiesen fich vier auf Männer und fünf aufFrauen beziehen, so scheint ein Unterschied in Hinsicht auf das Geschlecht kaum zu bestehen. Der Geisteskranke, über dessen Tod an gebrochenem Herzen Dr. Kerr im.Lancett berichtet, war bereits 76 Jahre alt. Er litt an Melancholie und Neigung zu Selbstmord, im übrigen aber an einer milden Form des Irr sinns. Der Puls war regelmäßig, aber schwach, die Herztöne gleichfalls. Der Tod erfolgte ganz plötzlich, indem der Mann leblos auf dem Fuß boden seines Zimmers gefunden wurde. Vermutlich war er nach dem Aufstehen einfach zusammen gebrochen. Die Untersuchung stellte fest, daß die linke Herzkammer zerrissen war. Das Wunderbare an diesem Fall liegt darin, daß eine unmittelbare Ursache für die gewaltsame Zerstörung des Herzens nicht gefunden werden konnte, weil der gewöhnlich vorhandene Grund einer besonderen Anstrengung oder Aufregung bei diesem Manne ausgeschlossen zu sein schien. Mafsenerkrankung an Typhus. Nach einem Vereinsfeft, das in einem großen Gast hofe zu Stockholm gefeiert wurde, erkrankten mehrere hundert Personen, wovon einige bereits gestorben find. Nachdem lyphnsähnliches Fieber festgesteüt worden war, ist die Ursache in der Verwendung unMrierten Nußwassers zum Ge» - 'müsespülen ermittelt worden. Die betreffende! Leitung wurde sofort beseitigt. Ei« Schneesturm hat in New Jork den Straßenbahnverkehr völlig lahm gelegt. In der Donnerstag-Nacht hat der Schnee an einigen Sielten die Höhe von sechs Fuß erreicht. Ganz New Jork ist ohne Milch. Viele Menschen find erfroren und verletzt. Die Vororte waren bis ! Mittag ganz abgeschlossen. späteren Auslagen erzielt hat. Namentlich be ansprucht Bilse einen Teil des Gewinns aus dem Verlage für Österreich. Die Urteilsverkündung wurde vertagt. Frankfurt a. M. Der Buchdrucker Kraft, der seinem Prinzipal gefälschte Bestellscheine über an geblich verkaufte Bibeln übermittelte und ihn um 230 Mk. schädigte, wurde wegen Betruges im Rück falls zu 2 Jahr Zuchthaus verurteilt. Oie Kewegung in Aulslanä. Der Präsident des Moskauer Semstwo, Fürst Trubetzkoi, an den Minister des Innern, Fürsten Swiatopolk-Mirsli: „Hochgeehrter Fürst! Eure Erlaucht er halten heut« die Adresse des Moskauer Semstwo an den Kaiser. Ich als der Präsident dieser Versammlung kann natürlich als der Urheber der Zulassung der Adresse angesehen werden, und ich werde dafür die Verantwortung über nehmen, was ich nicht verheimlicht habe und nicht verheimliche, obgleich die Regierung schon nach der Annahme der Adresse die bezügliche Mitteilung veröffentlicht hat. Hiermit will ich Ihnen es klarlegen und Sie bitten, dem Kaiser alleruntertänigst zu melden, welche Erwägungen mich bewogen haben, dem Semstwo zu gestatten, seine Mei nung, die ich vollkommen teile, auszusprechen. Rußland durchlebt jetzt eine Epoche der Anarchie und Revolution. Was jetzt vor kommt, find nicht nur Unruhen der Jugend, vielmehr die Abspiegelung des gegenwärtigen allgemeinen Zustandes, in welchem sich die Gesellschaft befindet. Der gegenwärtige Zustand ist äußerst gefährlich für die ganze Gesellschaft und namentlich für die geheiligte Person des Kaisers gefahrdrohend. Deshalb ist es die Pflicht jedes treuen Untertanen, mit allen Mitteln ein solches Unglück zu ver hindern. In diesen Tagen hatte ich das Glück, mich dem Kaiser vorzustellen und ihm offen herzig, soweit ich konnte, über den gegen wärtigen Zustand der Gesellschaft Bericht zu er statten. Ich suchte dem Kaiser klarzulegen, daß, was jetzt vor sich geht, n'sst uns simxls swsuts, mai» uns rövolnliou (nicht eine einfache Meuterei, sondern eine Revolution) ist, und ihm femer klarzulegen, was das russische Polk in die Re volution hineindrängt, welche es nicht will. Die letztere ist des Kaisers Majestät zu ver hüten imstande. Es ist dazu aber nur ein Weg vorhanden, das ist das Vertrauen deS Kaisers zu der Nation und den ständischen Kräften. Ich bin im Grunde meines Herzens fest überzeugt, wenn der Kaiser nur vertrauens voll diesen Kräften gestatten würde, an ihn heranzutreten, so wird Rußland von allen Schrecken blutigen Aufruhrs, der ihm droht, er löst sein und wird seinen Kaiser, seins Autokratie und seinen Willen unterstützen. Bei einem solchen Gemütszustände aller, die mit Schrecken und Abneigung an das Vorerwähnte denken, liegt es nicht in Menschenmacht, ihnen die Möglichkeit zu versagen, dem Kaiser auszusprechen, was jedes Herz tief und qual voll bedrückt. Es ist nicht der Augenblick zum Schweigen, wenn das Vaterland in Gefahr ist. Man darf nicht vergessen, in welcher Lage sich gegenwärtig di« befinden, die Familien und Kinder Haden. Wenn ich auch als Präsident der Semstwo für schuldig erkannt werde: mein. Gewissen dem Kaiser gegenüber ist doch rein und ruhig." Vom Tannkofe. Keine andre europäische Hofhaltung kann sich an Luxus mit der russischen messen. Dies gilt insbesondere in bezug auf die kaiserliche Tafel, dis jahraus, jahrein kolossale Summen ver schlingt. Ist cs notwendig zu sagen, daß ein Teil von ihnen nicht immer an die richtige Adresse gelangt? Schon vor hundert Jahren wurde Kaiser Alexander I. ausmerksam gemacht, daß sein Küchenchef, ein Pariser, namens Riquette, ihn auf das unverschämteste bestehle. „Das ist möglich," erwiderte der Zar gelassen, „aber er Hai uns Moskowiter dis Kunst deS Von der wußten wir vor ihm GeriebwdML. Braunschweig. Der Roman „Aus einer j kleinen Garnison" bildete den Gegenstand eineri Zivilklage, den der ehemalige Leutnant Msie gegen seinen Verleger, VerlajMuchyändler Sattler in Braunschweig, angestrengt hat. BÜfe fordert einen Teil der Erträgnisse, die der Verleger aus den ! Essens gelehrt. buntes Allerlei. Ei« Halsband aus schwarzen Ameisen ist der Hauptschmuck der Frauen auf Neu- Guinea. Die Eingeborenen finden diese Ameisen in den Gärten, sie beißen das Hintere untere Ende ab und verschlucken es, den Kopf werfen sie fort, und das Bruststück reihen fie auf. Eine Frau, die Braut eines Häuptlings, trug einen Halsschmuck von 11 Fuß Länge, zu dem die Leiber von 1800 Ameisen gebraucht worden waren. nichts." Die Küche ist auch heute noch am russischen Hofe eine durchaus französische, und mehr als ein Pariser Restaurateur hat, als Leibkoch nach St. Petersburg berufen, dort sein Glück gemacht, ist zum steinreichen Mann geworden, — so zuletzt der berühmte Cubat, eine Größe im Reiche der Gastronomie, dessen Namen auch daS schickste, ganz in Pariser Art eingerichtete Petersburger Restaurant trägt. Der äußere Apparat der russischen Hofküche ist ein ungeheuerer. Sie untersteht natürlich, wie überall, dem Hofmarschall, — zurzeit also dem Grafen Paul Benckendorff. Aber ihre eigentliche Leitung liegt in den Händen des sogenannten „Kammerfouriers". Der ist eine gar wichtige Persönlichkeit, besitzt Oberstenrang, trägt Uniform srack, Dreimaster und Degen, hat die Brust mit Sternen und Kreuzen bedeckt und mußte früher auch noch einen besonderen Treueid leisten. Dabei ist auch er „nur" ein früherer Koch. Seine Macht ist eine weitreichende, und da man am Hofe stets in der Furcht vor Attentaten, auch solchen durch Gift, schwebt, ist dem Kammerfourier über das ihm unterstellte Personal eine fast unbeschränkte, diskretionäre Gewalt eingeräumt. Dieses Personal besteht zunächst aus der „Kanzlei," in der 12 Sekretäre beschäftigt und der 4 Vize-Fouriere, 24 Ober lakaien, 84 Lakaien, 18 Unterlakaien, dazu 54 Lakai-Gehilfen untergeordnet find. An der Spitze der Küche selbst wirken 2 „Chefs," beide Franzosen, deren Gehälter denen eines preußischen Ministers kaum nachstehen. Sie werden durch 4 Unterchefs, 38 Köche, 20 Lehr linge und 32 Küchenjungen unterstützt. Eine Abteilung für sich ist die Pastetenbäckerei, deren Oberhaupt gleichfalls ein Pariser ist; zwei „OSerbäcker," zwei „Oberkonditoren" und zwanzig Gehilfen bilden seinen Stab. Dabei ist Zar Nikolaus II. für seine Person ein Freund ausgesprochen einfacher Speisen und er hat eine Vorliebe für einige russische National gerichte, wie namentlich den Borscht und die Tischi-Suppe. Aber auch diese werden für ihn sozusagen durch höhere pariserische Kultur ver feinert hergestellt. Und wer je in Petersburg, z. B. in dem oben erwähnten Restauram Cubat, russische Küche, auf pariserische Art zu bereitet, gegessen hat, der erinnert sich mit Ver gnügen daran, daß in der Tat diese Ver mischung zweier Stile vorzügliche Resultate er geben kann. Als Wein wird an der Hoftafel fast nur französischer Champagner und Bor deaux getrunken, dem die Erzeugnisse der kau kasischen Reben bisher nur eine geringe Kon kurrenz zu bereiten vermocht haben. Jeden Herbst bereisen Agenten der Hosverwaltung die Champagne und die Gironde, um die besten Produkte des Jahres anzukausen. Fabelhaft aber ist der Aufwand, der mit Delikatessen ge trieben wird. Zu jeder Jahreszeit kommt das prachtvollste Obst auf den Tisch des Kaisers. Die ausgesuchtesten Früchte der ersten fran zösischen Züchtereien wandern direkt nach Peters burg und es ist nichts Außergewöhnliches, daß im Frühjahr einzelne Stücke, besonders Pfir siche, mit 50 Nik. bezahlt werden. Pariser Feinschmecker beklagen sich ernstlich, man be komme keine tadellosen Calville-Npfel mehr — da die besten Exemplare überhaupt nicht auf den Markt, sondern direkt nach Rußland ver sandt werden. Daß bei solcher Wirtschaft den Unterschleisen Tür und Tor geöffnet find, ver steht sich von selbst. Aber wehe dem, der auch nur hier an Zuständen rühren wollte, die durch die Tradition geheiligt erscheinen — und vor allem einer ganzen Armee von Müßiggängern ein behagliches Auskommen sichern. , Es klopit, ,es ist des Geheimrats Klopsen. Tic hebt schnell, den Kopf und sagt mit fester Tsimme: „Herein!" Er rückt sich einen Stuhl zu ihr heran und MW ihr forschend in das bleiche Antlitz, das Tränen und durchwachten Nächten erzählt »»d schüttelt den Kopf. „Kind, so gefallen Sie mir nicht." Sie zuckt zusammen. Kind? Das Kind ist «t. Daun gräbt fie die Nägel ihrer Finger «efer in das Fleisch und antwortet leise: „Wenn der Sturm die Halme gebeugt hat, "»im brauchen fie Zeit, um stch wieder auf- iuttchtcn. Lassen Sie auch mir Zeit, auf daß '4 erkennen lerne, daß eines Menschen Schmerz "ichis ist in dem unermessenen Wcltgetriebe." j Voll tiefster Bewegung schaut er in ihr ^'ütz, dem auch der größte Schmerz seine ^mlische Klarheit nicht hat nehmen können, Ehrend sie forisährt: „Seien Sie unbesorgt um mich, ich finde M sch»» wieder zurecht. Hab' ich mich doch so ost zurechistnden müssen." ^ »Ja, Sie find unser liebes, tapferes ! Aschen." , Sie blickt in sein mildes altes Gesicht, in Me treuen blauen Augen. Was blicken denn , Oe Augen so schmerzlich finster, was zuckt so Ml um seinen Mund? »Herr Geheimrat, was haben Sie?" Seine buschigen Brauen falten sich. » »Ich komme von einem Schwerkranken." .»Es hat Gertrud niemand gesagt, daß es Haller sein müsse, nnd doch weiß sie es M gqnz genau. Sie schaut mit ihren großen traurigen Augen in die Zukunft, sie sieht das Leid kommen, wo ein gütiger Gott andern gnädig die Augen znhält. Sie hatte ihre Liebe vergessen um ihren Schmerz; nun lodert fie hell auf. Sie faltet die Hände im Schoß und blickt auf sie nieder. „Sprechen Sie," sagt fie leise und ruhig. „Was fehlt dem Doktor?" Aber seine Augen, die sich liebend auf fie senken, merken ihr doch ihre furchtbare Er regung an. „Ich habe es ihm gleich gesagt, daß er sich aufreiben wird. Jetzt haben wir das Unglück." Er schweigt grollend. Da hebt fie den Blick empor. „Weiter, weiter," bitten ibre Augen. Er nimmt ihre beiden Hände in die seinen, er schaut fie an, so treu, so flehend. „Fräulein Trudchen, Ihr Name schwebt be ständig auf des Fiebernden Lippen, Ihr Name und der des Kindes, das vor seinen Augen ge storben ist." Sie springt schnell aus, aber ihre Füße wollen fie nicht tragen, fie muß stch einen Augenblick wieder niedersctzen. Vor ihren Augen flimmert es und in ihren Ohren saust es. Nur jetzt nicht ohnmächtig werden! Der Alte legr seinen Arm um ihren schlanken Leib und stützt ihr Haupt; aber nur wenige Sekunden, dann ist fie ihrer Schwäche Herr. Als sie jetzt ausftcht, versagen ihre Kräfte nicht mehr. „Ist es — zum — Tode?" „Noch habe ich Hoffnung." „Ich komme zu ihm, sogleich. Warten Sie nur einen Augenblick." „Gott segne Sie dafür!" Mit fliegender Hand schreibt fie ein Billet an ihre Schulvorstehmn und kleidet sich dann eilig an. Nun steht fie vor Male. „Ich mußte fort, Male, und komme schwer lich heute wieder. Vielleicht noch lange nicht. Besorge diesen Brief und hüte mir das Grab.' „Mein Gott, Fräulein Trudchen, wohin ?" „Zu Doktor Haller, er ist krank." „Zum Herrn Doktor? Gott, was werden die Loute sägen!" Da zuckt ein bitter verächtliches Lächeln um Gertruds Mund. Was fragt die Liebe nach der Welt! Sie nimmt den Arm, den ihr der Geheim rat bietet, nicht an, er kann ihr nur mit Mühe folgen, so schnell und leicht geht fie dahin. Ver gessen ist ihre Müdigkeit, was fragt die Liebe nach dem eigenen Körper! Fräulein Waldburg, die tief bekümmert an dem Bett des Kranken fitzt, horcht auf. Ist das nicht Gertruds alter elastischer Schutt auf der Treppe, der in der letzten Zeit immer so müde und schleppend klang? Sie steht auf und geht leise in das Vorzimmer. Ja, es ist Gertrud. Einen Augenblick legen sich ihre Arme um den Hals der alten Dame, einen Augenblick ringt fie nach Lust, dann tritt fie in das Krankenzimmer. Leise folgen ihr Fräulein Waldburg und der Geheimrat. Dr. Haller liegt im Fieber; die beiden andern haben die Ge schichte seines zuckenden Herzens schon längst aus seinen Phantasien erraten. „Nein, ich konnte dem Kinde nicht helfen — mein Leben für das seine! — Sieh' mich nicht an mit so traurigem Blick, - ich halt's nicht cmS, — um Gotteswillen flieh' nicht. — Reich' mir die Hand, ich hab dir ja nichts getan. — Was geht es dich an, wenn ich dich liebe? — Nicht die Hand mit der roten Narbe, ; mir tun die Augen weh, sie brennt mich. O Gott!" Er schweigt erschöpft. Gertrud beugt' stch tiefer auf ihn herab. „Reinhold!" Es liegt eine Überfülle von Angst und Zärt- , lichkeit in diesem einen Wort, das den beiden andern die Tränen in die Augen treibt. Das ' ist nicht länger das herbe, stolze Mädchen, daS! ist ein Weib, das in einem einzigen Wort die; ««ermessene Liebe seines Herzens frei vor aller Weit bekannt. Der Fiebernde lauscht. Sanft legt fie ihre Hand auf sein Haupt. Gr greift danach und hält sie fest. Gebt ei» Strom frischen Lebens von dieser schlanken Hand aus? Ist die totstarke Liebe an seinem Bett allmächtig über die dunklen Geister, die ihre Beute umschweben? Noch einmal derselbe bebende Laut. „Reinhold l" „Du, Mutter, du? Ich will ja gern zu dir kommen! Aber stehst du, ich kann über den Strom nicht hinüber. Gib mir Flügel wie du ste hast. — Hast du das Kind ge- fthm? Ihr Kind? Ich wollte es Haffen, weil ste es liebte; aber es war so süß, — ich könnt' eS nicht Haffen. — Es wird dir sagen, ich habe es sterben lassen. — Der Tod riß es mir fori, er war stärker als ich, — Gertrud I" «« » (Fortsetzung folgt.)
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