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110, 12. Mai 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn. Buchhandel. gemachten Vorbehalte (über die ich im »Gewerbl. Rechts schutz und Urheberrecht- 1926 S. 416 ausführlich gehandelt habe) wichtiger sei als die Uniformierung der Schutzfrist. Ferner gehört zu den urheberrechtlichen Befugnissen c> das Recht der Dramatisierung und Entdramatisierung, ä) das Recht, das Werk zu verfilmen oder zur Herstellung von Vorrichtungen für mechanische Musikwerke zu benutzen. Eine Regelung der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse, wie sie im italienischen, tschechoslowakischen (vgl. meine Abhandlung im Börsenblatt 1927 Nr. 170 vom 23. Juli 1927) und polnischen Urheberrechtsgesetz enthalten sind, fehlt durchweg. Es bleibt also hier wie auch bei uns der Rechtsprechung Vorbehalten, die wich tigsten Schutzvorschriften des Persönlichkeitsrechtes durch recht- sindende Rechtsprechung festzulegen. Auch hier wird hoffentlich die Revision der Revidierten Berner Übereinkunft in Rom und die hieran sich anschließende Revision der internen Urheber rechtsgesetzgebung Wandel bringen. V. Erlaubte Wiedergabe des Werkes. 1. Bei allen urheberrechtlich geschützten Werken ist ihre Benutzung in der Weise gestattet, daß hierdurch ein neues Original- Werk entsteht, eine Bestimmung, die sich durchweg in allen Ur heberrechtsgesetzen vorfindet. Sache des Einzelfalles ist es, sest- zustellen, ob das neue Werk nur eine Bearbeitung des alten Werkes ist, somit in das Urheberrecht am Original eingreift, oder eine neue freie Schöpfung. Ebenso ist, weil hierdurch eine Beeinträchtigung der Interessen des Urhebers nicht stattfindet, die Benutzung des Werkes zum Privatstudium, zur Forschung, Kritik und Zeitungsbesprechung gestattet, d. h. es kann hierzu das Werk in einzelnen Teilen wiedergegeben werden. Hierunter fällt auch, was im irischen Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt ist, die Vervielfältigung des Werkes zu obigen Zwecken, wobei vorausgesetzt wird, daß hierbei nicht die Absicht obwaltet, aus der Vervielfältigung eine Einnahme zu erzielen. 2. Das Zitatenrecht ist etwas beckmesserisch geregelt. ES dürfen nämlich einzelne Stellen, sofern diese nicht mehr als 100 Linien betragen (also die typographische Wiedergabe ist ent scheidend!) aus geschützten, vor mehr als fünf Jahren veröffent lichten Werken in Sammelwerken, die zum Schulgebrauch be stimmt und als solche auch in buchhändlerisch üblicher Weise angezeigt find, ausgenommen werden, sofern die Quelle deutlich angegeben wird. Jedoch erleidet dieses Recht insofern eine meines Erachtens nicht berechtigte Einschränkung, als derselbe Verleger nicht mehr als zwei Stellen aus dem Werke des gleichen Urhebers ausnehmen darf. h. Zulässig ist die Veröffentlichung von Berichten über öffentliche Ansprachen in Zeitungen. Für Vorträge gilt dies nur, falls nicht durch eine besondere Bekanntmachung die Wieder gabe verboten ist; doch ist auch in diesem Falle eine kurzgesaßte Wiedergabe dieses Vortrages in einer Zeitung gestattet. 4. Die Vortragsfreiheit erschienener Werke des deutschen Urheberrechtsgesetzes kennt das irische Recht nur in der Ab änderung, daß das öffentliche Vorlesen eines Auszugs aus den Werken gestattet ist, die vor Inkrafttreten des Gesetzes (1. August 1927) veröffentlicht worden sind. Bei später veröffentlichten Werken ist das Vorlesen des Auszuges nur dann zulässig, wenn dieses im Rahmen einer Vorlesung oder Rede geschieht, nicht aber als selbständiges Unternehmen. 5. Werke der Bildhauerkunst, des Kunstgewerbes und der Architektur, die sich aus öffentlichen Plätzen oder an Gebäuden ständig befinden, können — ausgenommen in Form von archi tektonischen Zeichnungen oder Plänen — wiedergegeben werden. 6. Die wichtigste Bestimmung ist die über die gesetzliche Lizenz. Stellt sich nämlich nach dem Tode des Autors eines schon veröffent lichten oder öffentlich aufgesührten literarisch-dramatischen oder musikalischen Werkes heraus, daß der Inhaber des Urheber rechts an diesem Werke sich geweigert hat, das Werk neu zu veröffentlichen oder neu veröffentlichen zu lassen, oder eine öffentliche Aufführung zu gestatten, sodaß also das Werk der Öffentlichkeit entzogen wird, so kann die Regierung aus Antrag 526 eine Lizenz zur Wiedergabe oder zur öffentlichen Aufführung dieses Werkes erteilen, wobei die Regierung in der Fassung des Inhaltes der Lizenz ganz freie Hand hat. Diese Bestimmung, die dem oberflächlichen Betrachter zu nächst als ein harter Eingriff in das Urheberrecht erscheinen mag, ist aber durchaus gerechtfertigt. Sie entspricht dem Wesen des Urheberrechts. Man darf heute feststellen, daß der Zweck des Urheberrechts nicht der ist, dem Urheber an seinem Werke einen unumschränkten, gesetzlich normierten Schutz zu gewähr leisten. Vielmehr ist der wirkliche Zweck der, einen gerechten Ausgleich zu schassen zwischen den Interessen des Urhebers als eines Einzelnen und den Interessen der Volksgemeinschaft, deren Glied der Urheber ist. Denn zwar ist richtig, daß das Werk die Schöpfung eines Einzelnen ist, aber ebenso richtig ist, daß der Schöpfer auf den Schultern der Früheren steht (so wie die Apostel auf den Schultern des Propheten am Bamberger Kaisertor). Die Interessen des Urhebers sind allein maßgebend (sodaß die Allgemeinheit keinerlei rechtlich geschützte Interessen hat), so lange das Werk noch nicht aus der Persönlichkeitssphäre des Ur hebers herausgetreten ist. Dieser Augenblick liegt erst dann vor, wenn das Werk in der Form, in der es nach Wahl seines Schöpfers den Weg in die Öffentlichkeit antreten soll, mit Willen seines Schöpfers diesen Weg in die Öffentlichkeit angetreten hat, wenn das Werk erschienen ist (herausgegeben ist, wie das irische Urheberrechtsgesetz sagt). Von diesem Augenblicke an hat diese Öffentlichkeit ein Recht daran, vom Werke Kenntnis zu nehmen, es sich zu eigen zu machen. Und daher gibt der irische Gesetz geber dem Staate jene Machtbefugnis, deren Zweck es ist, eine dauernde Entziehung eines herausgegebenen Werkes unmöglich zu machen, sofern das Bedürfnis der Allgemeinheit nach diesem Werke besteht. Es steht zu hoffen, daß der gleiche Rechtsgedanke bei der Revision der deutschen Urheberrechtsgesetzgebung gesetz lich festgelegt wird. Diese allgemeine gesetzliche Lizenz ist von der besonderen gesetzlichen Lizenz für mechanische Musikwerke, die gleichfalls im irischen Urheberrechtsgesetze enthalten ist, wohl zu unterscheiden. Diese gesetzliche besondere Lizenz besteht (ähnlich wie im deut schen literarischen Urheberrechtsgesetz) darin, daß, wenn der Ur heber die gewerbsmäßige Vervielfältigung seines Tonkunstwerkes zwecks mechanischer Wiedergabe gestattet hat, jeder Dritte An spruch auf Herstellung gleicher Vorrichtungen hat, sofern er dem Urheber die Absicht, solche Schallplatten herzustellen, kundgegeben und ihm eine Gebühr von 5 Prozent des Verkaufspreises gezahlt hat. VI. Das Urheberrecht ist vererblich, ohne ein Heimfallrecht an den Staat bei erblosem Nachlasse. Es ist unter Lebenden ganz oder teilweise, zeitlich und räumlich beschränkt wie unbe schränkt übertragbar. Auch an zukünftigen Werken kann das Urheberrecht im voraus übertragen werden. Der Urheber kann auch Lizenzen (Einzelberechtigungen) erteilen, für deren Ertei lung und Übertragung Schriftform erforderlich ist. Erteilt der Urheber des Werkes diese Lizenz, und zwar nach Inkrafttreten des Gesetzes, so hat diese Lizenzerteilung nur Geltung zu Leb zeiten des Urhebers und für 25 Jahre nach seinem Tode. Dann erlischt die Lizenz und das Urheberrecht gehört wieder voll den Erben des Urhebers. VII. Die Urheberrechtsschutzfrist beträgt^8l> Jahre nach dem Todesjahr des Urhebers. Für die letzten 25 Jahre besteht die Frist des sogen, ckomsio« public psxani. Innerhalb dieser Frist (die sich auf 30 Jahre erstreckt, falls das Werk bei Inkraft treten des Gesetzes bereits geschützt war) kann jeder das Werk vervielfältigen, wenn er diese seine Absicht dem Inhaber des Urheberrechts. in der vom Gesetz genau vorgeschriebenen Art kundgegeben und ihm eine Zahlung von 10 Prozent des Ladenpreises der verkauften Exemplare geleistet hat. Diese Be stimmung, die von Regierungsseite als Lösung für den Streit zwischen der 30jährigen und 50jährigen Schutzfrist vorgeschlagen worden ist, erscheint für uns unannehmbar, nachdem von autori tativer Seite in Frankreich erklärt worden ist, daß die Zeit des großbritannischen ckomains public psMvt in Frankreich nicht mehr als Urheberrechtsschutzfrist angesehen werde, sodaß also, selbst wenn wir in Deutschland die 50jährige Schutzfrist, ge-