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Ottendorfer Zeitung. Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag w Uhr. Inserate werden mit w Pf für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 142. Sonntag- den 27. November 1904. 3. Jahrgang. Bekanntmachung. Sparkasse Ottendorf- Maritzdorf. Im Einverständnis mit dem Gemeinderat und mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde haben wir den Zinsfuß der Einlagen bei unserer Gemeindesparkasse ab 1. Januar IM auf 8^2 Prozent erhöht. Ottendorf-Moritzdorf, am 21. November 1904. Die Lparkassenverwaltung. Lincke. Gemeindevorstand. OerLliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, 2g. November Igoq. — Es ist doch Winter geworden. Es kann mit den Schneeflocken, de: weißen himmlisch Gabe, vielleicht 'eine kurze Weile so hin- und hergehen, wie gestern und vorgestern, aber dann wird eS wohl überall und allenthalben eine tüchtige Ladung geben, eine natürliche Konsequenz des trocknen Sommers. Denn bis die Dürre ganz und gar, tüchtig in das Erdinnere hinein ausgeglichen ist, kann nach manche Fuhre Schnee uns beschert werden. Die Natur fordert und findet einen Ausgleich, das ist jedem bekannt, der sie einigermaßen beobachtet, und so ist auch nirgends an einem Schneesegen für die Wintermonate gezweifelt, der das häufig cntb.unc Vergnügen der .".'dlkt-msahrt wieder im ausgiebigen Maße gewährt. Die Wetter propheten jeden Ranges halten aber unbedingt daran fest, wir würden einen sehr harten, kalten Winter bekommen, und anerkannte metrorlogische Autoritäten sind in dieser Auf fassung durch den ziemlich gelinde gewesenen November nicht irre gemacht worden. Sie sagen, der Winter wird kommen, und ermahnen, an Material für den Ofen zu denken, bevor infolge der unerwartenden Kälte, die Preise steigen. Es dürste im Hinblick auf Weihnachten wieder einmal an der Zeit sein, an das Publikum die Bitte und die Warnung ergehen zu lassen, seine Einkäufe und Bestellungen an Bedarfsartikeln nicht auswärts vsrzunehmen, sondern in erster Linie, soweit dies möglich ist, die hiesigen Geschäfte zu unterstützen. In sonderheit sei vor den Hausierern und den Reisenden auswärtiger Firmen gewarnt, die mit Waren aller Art, mit Nutz- und Luxus- gegenständen an das Publikum heranzukommen suchen, um es zum Kaufen und Bestellen zu verleiten, was aber nie zu dessen Vorteil ge schieht. Als Vorbild könnte dem kaufenden Publikum der verewigte König Georg dienen, der ein Freund des heimischen Handwerks und der heimischen Industrie war. In Dresdner Hof» und Geschäftskreisen wußte man allgemein, daß König Georg stets bemüht war, das heimische Handwerk und die heimische Industrie zu unterstützen. Würde das Beispiel, welches König Georg nach dieser Richtung gegeben, in allen .Gesellschaftskreisen befolgt, dann würde manche berechtigte Kl -ge des Mittelstandes und der ortsansässigen Geschäftsleute verstummen. -— Erlaß der 6 Mark-Strafe bei der Eisen bahn. Eine dankenswerte Neuerung im Personenverkehr der Eisenbahn hat die Tarif- kümmisston des Vereins Deutscher Eisenbahn verwaltungen beschlossen. Der Beschluß wird ebenso freudig vom Publikum wie von den Bahnbeamten begrüßt werden. K 21 der Eissnbahnoerkehröordnung bestimmt, daß, wer ohne gültige Fahrkarte im Zuge Platz nimmt, für die ganze zurückgelegte Strecke das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreises, mindestens aber 6 M. zu entrichten hat. Läßt sich nicht un zweifelhaft feststcllcn, wo der Reisende ein- gestiegen ist, so ist sogar die ganze Strecke zu bezahlen, die der Zug zurückgetegt hat- Diese Strafe mußte nach der Bestimmung auch dann erhoben werden, wenn ein Reisender gegen seinen Willen eine Strecke durchfahren hatte, für die seine Fahrkarte nicht gilt oder z. B. gegen seinen Willen oder aus Unkenntnis einen Schnellzug benutzt hat und nur im Besitze einer Karie für einen Pcrsonenzug war. Die Zahlung der Strafe von mindestens 6 M. wurde meist verweigert. Die Stationsbeamten waren deshalb genötigt, die Verkehrsinspektionen ln Anspruch zu nehmen. Im Bezirke einer einzigen Inspektion der Eisenbahndirektion Halle wurden z. B. alljährlich 300 derartige An zeigen erstattet. Davon waren etwa 18o Fälle harmloser Art, die durch Zahlung des einfachen Fahrpreises erledigt wurden. Auch in den übrigen 120 Fällen mußte ivon der weiteren Verfolgung Abstand genommen werden. Die Inspektionen werden somit in der Mehrzahl der Fälle zwecklos in Anspruch genommen. Die Tarifkommission empfiehlt deshalb die Auf nahme der Bestimmung in die Verkehrsordnung daß, wenn ein Reisender gegen seinen Willen eine Strecke mit einer für diese nicht gültigen Fahrkarte befahren oder aus Unkenntnis einen Schnellzug mit einer für Personenzüge gültigen Fahrkarte benutzt hat, uur der einfache Fahr preis oder der einfache Schnellzugszuschlag er hoben werden kann, wenn der Reisende zur sofortigen Zahlung bereit ist. Dresden. Die Komgl. PolizetdirektioN ist am Donnerstag einem frechen Naubanfalle auf die Spur gekommen, bei welchem eine hiesige Dame überfallen und ihr u. a. auch ein Kreuz, das sie als Anhängsel trug, geraubt worden ist. Bei dieser Gelegenheit wurde der Täter, welcher Gewalt angewandt hatte, verletzt. Die beraubten Gegenstände hat dieser auf dem Wege von Loschwitz oder Blasewitz nach Dresden in die Elbe geworfen. — Die Vereidigung der Rekruten der ge samten Dresdner Garnison wird am Freitag den 2. Dezember, vormittags 10 Uhr auf dem Alaunplatz in Gegenwart des Königs Friedrich August stattfinden. Se. Majestät der König wird zu Pferde erscheinen und eine Ansprache an die Mannschaften halten. Seitens der Militärgeistlichen werden vorher kirchliche An sprachen gehalten werden. Durch eine Fahnen kompanie des Leibgrenadierregiments Nr. 100 werden die Fahnen der Dresdner Truppenteile auf den Alaunplatz gebracht werden. Das Hoch auf den König wird der kommandierende General des Xll. Armekorps, General der Infanterie Exzellenz v. Broizem, ausbringen. — Auf dem hiesigen Neustädter Bahnhofe ist am Donnerstag morgen gegen 1 Uhr der Gepäckarbeiter Wagner, der mit einem anderen Gepäckarbeiter eine beladene Gepäckkarre von einem zum andern Bahnsteige bringen wollte, von einer Rangiermaschine erfaßt und ins Gleis geworfen worden. Der Bedauernswerte erlitt hierbei Verletzungen am Kopf und an der linken Schulter und wurde in das hiesige Friedrichstadter Krankenhaus übergeführt. Meißen. Im letzten hiesigen Polizechericht heißt es: „Garantiert reine Naturbutter, das Pfund nur 90 Pfg. Mit dieser Reklame bietet ein Versandhaus durch auffällige Offerten Moikereibulter an. Eine von einer hiesigen Erwerbsgenossenschaft bestellte 10 Pfd.- Kiste Butter ist vor mehreren Tagen hier kin gegangen. Einschließlich des Zolles waren 10,34 Mk. zu bezahlen. Das Nettogewicht der Butter (die Kiste war aus besonders tarken Brettern hergestellt) betrug 6^/z Pfund odaß sich der Preis eines Pfundes But-er anstatt auf 60 Pfg- auf 1,59.Mk. stellt. Die Butter hatte einen widerwärtigen Geruch. Nach den Resultaten einer chemischen Untersuchung olgt, daß die Butter zwar von Margarine ieimischung und übermäßigem Wassergehalt rei, daß sie aber für den menschlichen Genuß ungeeignet ist. Solches wird der Oeffentlichkeit ur Anwendung von Vorsicht bekannt gegeben. — Ein älterer Schulknabe wurde am Mittwoch Abend im Rauentale bei Meißen »eobachtet, wie er in der Nähe einer Scheune anscheinend ein Nachtlager aussuchen wollte. Der Junge wurde der Polizei übergeben. Er gibt an, mit noch zwei anderen Knaben Fn einer Nacht der vergangenen Woche aus der Bezirks-K'mdesbewnhranstalt zu Wiesenburg ent wichen zu sein. Kleinzschachwitz. Hier wurde nachts beim Gärtnereipächter F. eingebrochen, nachdem der Hofhund durch Gift unschädlich gemacht worden war. Der Einbrecher hat nach den Angaben des Bestohlenen nicht allein 270 Mk. ent wendet, sondern auch noch Feuer im Zimmer angelegt. Augenscheinlich traut man aber der Sachs nicht recht, denn derj Gärtnereipächt°r ist verhaftet und an das Amtsgericht Pirna vor läufig eingeliesert worden. Leisnig. An der hiesigen Bahnsteigsperre wurde am 22. nachmittags eine gefälschte Rückfahrkarte 3. Klosse Leisnig-Chemnitz ab gegeben. die am 18. November 1903 zu einer Fahrt nach Chemnitz benutzt und nach Ablauf der 45 tägigen Frist ungiltig geworden war. Auf der Karte war die den Monat der Aus gabe anzeigende Ziffer 11 durch Auswischen unkenntlich gemacht und die Jahreszahl 03 in 04 umgeändert worden. Dem Bahnsteig schaffner war die Karte ausgefallen; er hatte fi- sofort beiseite getan und sich genau gemerkt, daß der 67 Jahre alte Naturheilkundige Ernst Julius Albrecht aus Radeburg, der seit 18 Jahren in Leisnig wohnt, die Karte ab gegeben hatte. Albrecht leugnet jede Schuld, wurde aber vom Schwurgericht Leipzig zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Leipzig. Donnerstag begann vor dem Schwurgericht die Verhandlung gegen den Schuhmachermeister Günther, der des Raub mordes an dem Trödler Cohn in der Seeburg straße beschuldigt ist. Der Angeklagte leugnet dis jetzt die Tat. Die Verhandlungen fanden im Beisein von zahlreichen Publikum statt. Sie werden noch zwei Tage in Anspruch nehmen. AuS dem Laden des Trödlers Cohn der von hinten erschossen wurde, wurden 800 M. in Silber und Wertsachen geraubt. Günther hatte sich hauptsächlich dadurch ver dächtig gemacht, daß er über Einzelheiten der Tat zu einer Zeit unterrichtet war, als diese noch niemand bekannt sein konnten. — Der erste Schriftführer des in Liquidation befindlichen Konsumvereins Leipzig Connewitz, namens Bock, ist am Donnerstag auf Antrag der Staatsanwaltschaft verhafte! worden. Der Verdacht erstreckt sich auf Bilanzverschleierung. — Eine Eisersuchts-Szene führte in der Möckernschen Straße viel Volks zusammen. Die Frau eines Musikers glaubte nicht mit Unrecht Ursache zu Zweifeln an der ehelichen Treue ihres Gatten haben zu müssen. Sie schlich ihm in „Männerkleidnng" nach und er reichte damit, daß der Ahnungslose sich in klaArunti bei einen zärtlichen Stelldichein er tappen ließ. Die Polizei mußte den vor läufigen Frieden Herstellen. Wie wird es dem Treulosen daheim ergangen sein?! ' "Freiberg. Die Verhandlungen der hiesigen Stadt mit der Porzellanfabrlk Kahla i. Th. zwecks Begründung einer Zweigniederlassung in Freiberg sind nunmehr so weit gediehen, daß das Abkommen in den nächsten Tagen retifizicrt werden kann. Zu diesem Zwecke hat die Stad) das an der Frauensteiner Straße gelegene umfangreiche Areal vom Bergfiskus erworben. An Bauwerk-n sind von der Aktiengesellschaft vorläufig Mat nalien-, Maschinen-, Mahl, Brennöfen- und Lagereigebäude «Mi. Schmelzerei- und Malereiwerkstätten in Aussicht genommen. Die Fabrikgebäude werden so angeordnet, daß für künftige Erweiterungen und Arbeiter- Häuser hinreichend Bauterrain übrig bleibt. Der Betrieb ist vorläufig mit sechs Brennöfen beabsichtigt, bei welchem 300 Arbeiter Be schäftigung finden sollen. Callnberg. Der hiesige Bäcker und Conditor Kurl Zimmermann und der P anofortestimmer Eckelmann, wurden unter dem Verdachte festgenommen, die sogenannte Puloermühle vorsätzlich in Brand gesetzt zu haben. Zwickau. Die 'hiesige Strafkammer ver- uneilte den ehemaligen Gastwirt Schmutzler aus Marienthal bei Zwickau wegen Doppelehe zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis. Er war Ende Juli 1903 mit der Kellnerin O. E. Wurziger aus Kirchberg nach Amerika aus- gewandert und hatte sich mit ihr sofort nach der Ankunft in New-Aork von einem dortigen Geistlichen trauen lassen, obgleich er bereits verheiratet war und diese Ehe noch fortbestand. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland wurden die beiden verhaftet. Die Mitschuldige Schmutzlers erhielt 7 Monate Gefängnis. Zwota. Der etwa 40 Jahre alte Arbeiter Herold zog sich vor einiger Zeit eine kleine Wunde am Arme zu. Er beachtete dieselbe zuerst gar nicht. Bald jedoch schwoll der Arm stark an und verursachte ihm starke Schmerzen. Der Arm sollte ihm schließlich amputiert werden; aber die Angst vor dieser Operation veranlaßte ihn, einen Selbstmordversuch zu unternehmen. Ec schnitt sich mit einem Rasiermesser die Kehle durch. Der erlittene Blutverlust und die vor handene Blutvergiftung führten seinen Tod her bei, der ihn von seinen schweren Qualen erlöste. — Aus dem oberen Vogtlande. Trotz dem in den letzten Wochen dem Erdboden wieder reichliche Feuchtigkeit zuqeführt wurde, sind doch noch bis zum heutigen Tage zahlreiche Brunnen im oberen Vogtlande, welche früher gutes und reichliches Trinkwassec boten, auügetcocknet. Plauen i. V. Hier wurde eine von dem Verein der Lohnschiffchen-Maschinenbesitzer einberufene Versammlung sämtlicher Lohn maschinenbesitzer abg-halten. In ihr wurde festgestellt, daß die gegenwärtige Lag. der Lohn schiffchenstickerei des Vogtlandeg eine so un günstige ist, daß eine ernste Krisis zu be, fürchten steht- Die Ursache der ungünstigen Lage der Lohnstickerei sei einmal in der zu großen Vermehrung der Lohnschiffchenmaschinen insbesondere durch Personen, die beruflich dieser Industrie bisher ferngestanden haben, zu suchen, ferner in der Ungunst der Mode und drittens in einem unzulässigen Preisdruck eines Teiles der Fabrikanten und der Kommissionäre, sowie in unlauteren Machenschaften, namentlich bei der Zeichnung und.Auszählung von Schablonen. Eire Gesundung könne nur herbeigeführt weideu durch eine energische Zusammenfassung der gesamten Lohnstickerei des Vogtlandes in eine kräftige Organisation. Diese soll möglichst im Zusammenwirken mit dem Fabritanten- Verein dec Stickerei- und Spitzeninduslne zu Plauen erfolgen. Es soll hauptsächlich auf folgendes hingezielt werden: Benutzung der vom Verein der Lohnschiffchenmaschinenbesitzer in Gemeinschaft mit dem Fabrikantenverein der Stickerei- und Spitzenindustrie geschaffenen Einrichtungen (Stichzählungsregulativ Zählstelle Schiedsgericht) zur Unterdrückung unlauterer Geschäftsgebaren, Erzielung und Erhaltung von Sticklöhnen, die mindestens eine mäßige Rentabilität der Lohnstickereibetriebe gestatten. An den vom Verein der Lohnschiffchenmaschinen besitzer im Einverständnis mit dem Fabrikanten verein festgestellten Sticklöhnen ist festzuhalten.