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Die „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich z Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Gttendorf-Gkriüa mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi» vormittag w Uhr. Inserate werden mit io Pf. für die Spaltzeils berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Okrilla. Nr. U2. Sonntag, den 13 September 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. n- September — Gestern, Freitag, Vormittag besuchte der Königl Bezirksschulinsp klar, Herr Schulrat Dr. Lange, die hiesige Schule, um einem in seiner Begleitung befindlichen Lehrer, der im Auftrage des L-chrerverems in Plauen i. V. Studien über den Deutschunterricht im hiesigen Bezirke machen will, neuere Methoden in dem genannten Unterrichtsfach« vorjühren zu lassen. Es wurden Lektionen noch neuerer Art und Weise über Rechtschreibung, Betrachtung eines Gedichtes und eines Bildes und über Gesang gehalten. Der Kgl. Bezirksickulinspekior sprach sich zum Schluß sehr anerkennend aus sowohl über das methodische Geschick der Lehrer wie auch über die Leistungen der Kinder. Lomnitz. Am gestrigen Abend kurz nach 8 Uhr brach in der Wirtschaft des Maurers G. Kästner Feuer aus, welches das Wohnhaus mit Nebengebäuden vollständig einäscherte. Sämtliches Mobilor nebst allen Futtervoriälen wurde ein Rard der Flammen nur das Vieh konnte gerettet werden. Die EnlstehungSursache ist unbekannt, jedoch wird Brandstiftung ver mutet. Von auswärtigen Wehren tiaf als erste die Freiwillige Feuerwehr von Ottendorf ein. — Zum morgenden Erntefest findet gleich zeitig die Einweihung der hiesigen neu renovierten Kn che statt. Am Nachmittag wird ein Kirchen konzert abgehalten. — Anläßlich der T^uppenrückmarsche aus den Herbstübungen erfolgen im hiesigen Bezirke nachstehende Verquartierungen am 20. September dieses Jahres in Cunnersdorf bei Hermsdorf I/4 2 Esk. Hus-Rgt 19. Gommlitz 1/10 4. Esk. Hus. Ngt. l9. Großokrilla 1/4 2. Esk. Hus- Rgt. 19, Grünberg (Gemeinde) zwei Offiziere, 50 Mann, 27 Pferde, 5. Esk. Hus- Rgt. 19, Grünberg (Rittergut) 1 Offizier, 8 Mann, 36 Pferde 5. Gsk- Hus. Reg. 19, Hermsdorf (Gemeinde) 1 Offizier, 50 Mann, 28 Pferde 5. Esk. Hus. Reg. 19, Herms dorf (Rittergut) 3 Offiziere, 12 Mann, 36 Pferde 5 Esk. Hus. Reg- 19, Lausa 1/4 4. Esk. Hus. Reg. 19, Lomnitz (Gemeinde) 3. Esk. Hus. Regt. 19 weniger 2 Offiziere, 9 Mann 15 Pferde, Lomnitz '(Rittergut) 2 Offiziere, 9 Mann, 15, Pferde, 3. Esk. Hus. Rgt. 19, Ottendorf 1/2 Esk. Hus. Rgt. 19, Weixdorf 1/4 4. Esk. Hus. Rgt. 19. Am 20- dieses Mona's find die Truppm mit Verpflegung und Fourageverabreichung unler zubringen, am 21. di scö Monats ist d.n berittenen Truppenteilen nur Verpflegung zu gewähren. Am 20. dieses Monats erhalten Offiziere abweichend von 8 4 Abs. 4 des Naturalleistungsgesetzes vom 24. Mai 1889 (R.-G-Bl. S. 361) nur Morgenkost. Die genaue Anzahl der Rationen für den 20. dieses Monats wird in jedem einzelnen Falle den Ortsbehörden durch die Quartiermacher bekannt gegeben werden. Die Stärke der Truppenteile ergibt sich aus der nachstehenden Uebersicht; Mitteilungen über die genaue Belegung der Orte werden den Ortsbehörden rechtzeitig zu gehen. Da einzelnen Truppenteilen erhebliche Marschleistungen zugemutet werden, sind die Quartiermacher befugt, in besonderen Fällen einzelne abgelegene, für die Truppen be schwerlich zu erreichende G« Höfte oder Ortsteile im Einvernehmen mit der Ortsbehörde von der Belegung auszuschließcn, sofern sich die Truppe in einer für sie günstigeren Weise uuterbringen läßt. Alle Quartiere gelten bis zum nächsten Tage früh. — Recht enttäuscht ist dieses Jahr so Mancher Liebh rbsr von Pilzen. Die Waldungen versagen dieses Jahr ganz. Trotzdem in der letzten Zeit mehere Male reichliche Niederschläge fielen, findet man doch sehr wenig. Schwämme. Sogar die immer in enormen Mengen wachsenden giftigen Pilze bleiben nahezu aus Alles dieses ist eine Folge der langanhaltenden trocknen Witterung. Eine Ausnahme macht nur der Champignon, welcher gegenwärtig auf ^aldwiesen und -Rändern ziemlich zahlreich gefunden wird. — Sack sen hat dieses Jahr eine Obsternte die ihresgleichen sucht. Aber für Ableitung des Ueberflrsseö ist gesorgt. Berlin muß infolge der eingestellten Elbschiffahrt des böhmischen Obstes entbehren, und so bereisen Berliner Aufkäufer Sachsen und kaufen das Obst zu Eisenbahnladungen zusammen. Der sächsisch? Uekerflvß schrumpft infolgedessen so zusammen, daß die einheimischen Obstverbraucher vom Erniesegen wenig Vorteil haben. — Gegenwärtig ist die Zeit, in welcher unsere Hausfrauen Kürbisse einlegen. Im Interesse unserer heimischen Vogelwelt sei dar um gebeten, die Kerne nicht wegzuwerfen, sondern zu trocknen, da sie im Winter gern von den Meisen gefressen werden, die bei Schnee und Kälte oft Hunger leiden müssen- — Die diesjährige Braugersten-Ausstellung der Ökonomischen Gesellschaft im Königreich Sachsen, an der sich jeder sächsische Landwirt kostenlos beteiligen kann, findet Freitag den 11- November in Dresden in der Deutschen Schänke zu den „Drei Naben" stak'. Für die geplante Ausstellung sind bis zum 21. Oktober an die Geschäftsstelle der Ökonomischen Ge- sellichast im Königreich Sachsen, Dresden-A, Wiener Platz 1, einzusenden: 1) eine markt fähige Äörncrprobe von 5 I in Leinenbeutel, 2) wenn möglich, eine gut ausgebildete, dem wirklichen Bestände des Feldes entsprechende bewurzelte Gerstenstaude. Anmeldescheine, welche franko zugesandt werden, wolle man recht bald bei obiger Geschäftsstelle entnehmen. Dresden. Aussehen erregt hier das Ver schwinden des Hoteliers Kröner vom Hotel „Stadt Nom". Er ist in Begleitung einer Frauensperson mit Hinterlassung von cu. 40000 M- Schulden an Lieferanten durchgegangen. — Geheimer Kommerzienrat Viktor Hahn und d?r Kaufmann Karl Oskar Kühn haben gegen das wider sie ergangene Urteil des hiesigen Königlichen Landgerichts Revision ein gelegt. Moritzburg. Belm Uebersteigen eines Tiergartentores spaßte sich ein älterer Aus zügler aus Reichenberg auf. Er konnte sich nicht wieder befreien, wurde bewußtlos auf- gifnnden und starb an den erlittenen Ver letzungen. Weinböhla. Als am Dienstag Nachmittag ein Gehilfe des Klempnermeisters Backmann in einen Brunnen des Penfionshauses „Albert ruh" mit Arbeiten beschäftigt war, rissen plötzlich die Seile, an denen die eiserne Leiter hing, auf welcher der Gehilfe stand, und Mann und Leiter sausten in eine Tiefe von acht Metern — glücklicherweise ohue ernsten Unfall für den zum Tode Erschrockenen, der bis hart an den Kopf im Wasser stand und für den eisten Moment keine Antwort geben konnte, als man ihn von oben anrief. Mit einer Waschleine wurde er alsdann aus seiner un angenehmen Lage, die für ihn leicht verhängnis voll werden konnte, befreit. Burkau. Ein eigenartiges Vorkommnis ereignete sich am Sonnabend, wodurch der ganze Ort in Aufregung versetzt worden ist. Auf Elstraer Jagdrevier spielte sich vor einiger Zeit ein Vorfall ab, bei welchem ein Burkauer Einwohner namens Gnauck von zwei Forst aufsehern beim Wildern ertappt und bei der Verfolgung durch einen unglücklichen Zufall angeschossen wurde. Am Sonnabend nun ist an der Frau des Gnauck ein Attentat verübt worden, wenn man es so bezeichnen will. Gerade als die Einquartierung einrückte, er tönte plötzlich in der Wohnung der Genannten ein Schuß. Als man der Ursache auf den Grund ging, fand man die Betreffende durch einen Schuß verwundet in der Stube. Sie hatte sich mit ihrem Kinds auf einen Stuhl niedersetzen wollen, als urplötzlich ein Knall ertönte und sie fühlte, das sie verwundet sei. Niemand kann sich erklären, woher der Schuß gekommen; da Fenster und Türen unbeschädigt sind. Es könnte sich sonach nur um einen gelegten sogenannten Selbstschuß handeln. Die Patrone soll neben Rehposten auch zerhackte Messingteile enthalten haben- Die Frau wurde nach Bischofswerda ins Krankenhaus geschafft. Die Untersuchung ist eingeleitet. Aussig. Die Aussichten auf eine Aufnahme des Schiffahrtsbetriebes scheinen — wenigstens auf böhmischem Gebiete — nunmehr näher gerückt zu sein. Der niedrigste Stand der Elbe mit 98 am am 24. August hat sich bis heute auf 71 am gehoben. Da es in der Nacht zum Mittwoch regnete und am Mittwoch vormittags in fast allen Teilen Böhmens er giebige Niederschläge zu verzeichnen waren, so ist anzunehmen, daß sich der Wasserspiegel von Tag zu Tag heben wird. Nachdem seitens der Schiffahrtsinteressenten die große Geneigtheit besteht, den Verkehr aufzunehmen, sobald dies nur einigermaßen angängig sein wird und hier zu noch eine Zunahme von nur zirka 30 am notwendig wäre, so hofft man, daß es noch in dieser Woche zur Wiederaufnahme der Ver ladungen und zur Inbetriebsetzung der Schlepp bahndampfer kommen dürfte. Leipzig. Die Buddelei auf Straßen und Plätzen hat auch in diesem Jahre wieder wahre Alpenszenerin hier entstehen lasten, und wer ohne einen Absturz erlebt zu haben davon gekommen ist, der kann von Glück sagen. Die Pflasterungsarbeiten verschlingen hohe Summen im städtischen Haushalt, fast noch mehr die Reparaturen. Dauerhaftigkeit, als auch be züglich der Anforderungen des Verkehrs mit Wagen und Pferden. Das Holzflaster ist allerdings auch das teuerste. Chemnitz. Weitverbreitet ist im sächsischen Erzgebirge der Aberglaube. Der Gottseibeiuns, Hexerei und dergleichen schöne Sachen spielen in verschiedenen Gegenden keine mindergroße Rolle als der Herrgott selbst. Was Wunder, wenn Kartenschlägerinnen, „weise" Männer und Frauen, Geldmännel und andere sagenhafte Gestalten das höchste Ansehen genießen uud diejenigen, die eben nicht alle werden, nach allen Regeln der Kunst um das oft schwer verdiente Geld bringen und auf Kosten der Betörten ein schönes Leben führen. Das gemeingefährliche Treiben einer folchen Person wurde wieder durch eine Gerichtsverhandlung beleuchtet. Die am 1. Oktober 1848 in Krumhermersdorf geborene, schon wiederholt bestrafte Webers-Ehefrau Drechsel geb. Richter, hatte sich wegen Rückfallsbetrug vor dem Landgericht in Chemnitz zu verantworten. Sie betreibt schon seit Jahren die Kartenschlägerei und verstand es auch, ihre Opfer glauben zu machen, daß sie Krankheiten und Gebrechen heilen könne und daß sie mit überirdischen Mächten in Verbindung stehe und den Menschen gegen Geld gewünschtes Glück vermitteln könne. Zschopau und Umgebung lieferte ihr die Opfer. So beschwindelte sie eine arme Waschfrau um 10 M.; sie hatte die Frau von ihrer Augen krankheit heilen wollen. 13 M. nahm sie einer anderen Frau ab; dieser wollte sie durch ihre magnetische Kraft einen Betteldieb er mitteln. Von Krämpfen und Reißen wollte sie den Ehemann einer Frau heilen; diese wurde aber 7 M. 20 Pfg. los, pvährend ihr Mann die Leiden behielt- Auch Geld versprach sie einer Frau in Weißbach zu verschaffen, nahm ihr aber im Gegenteil 25 M. ab. Einer Maurers-Ehefrau nahm sie die letzten 3 M. ab, mit dem Vorhaben, sie wolle deren erblindete Tochter heilen. Das Vieh würde ihnen mehr Nutzen bringen, schwindelte sie Gutsbesitzers- ehsleuten in Weißbach vor und erhielt 13 M. Noch mehr derartige Fälle wurden nachgewiesen. Am schlimmsten aber hat sie Tischlerscheleute in Zschopau gerupft. Fast unglaubhaft klingt es, daß sie denen unter dem vorgeben, sie se von höheren Mächten eingesetzt, um Bedrängten zu helfen, sie habe schon viele glücklich gemacht dadurch, das sie Geld, das sie bekommen, an zaubelkräftige Orte bringe, wo sich es verviel fältige, seit Anfang 1903 nach und nach 1600 M abnahm. Und doch ist es so. Unter Ausschluß mildernder Umstände wurde die Drechs-l zu drei Jahren Zuchthaus, 150 M. Geldstrafe und ^fünfjährigen Ehrenverlust verurteilt. Glauchau. Eine schwere Vergiftung durch eigenes Verschulden zog sich Donnerstag Vor mittag der auf dem hiesigen Güterbahnhof? stationierte 58 Jahre alte, verheiratete Weichen steller Mende aus Reinholdshain zu. In der elften Stunde betrat ein Kollege M'.s, eine Flasche mit 90 proz. Karbolsäure bei sich tragend, die Bude des letzteren, um sich eine Ziga re anzuzünden. Währenddessen stellte er die Flasche ans Fenster, aus der dann M-, in der Annahme, Schnaps vor sich zu haben einen kräftigen Schluck nahm. Es geschah dies so schnell, daß M.'s, Kollege keine Zeit fand, ihn daran zu hindern. M. stürzte nach dem Trunk sofort besinnungslos zu Boden und erlangte auch trotz aller ärztlichen Bemühungen die Besinnung nicht wieder, weshalb er ins Krankenhaus geschafft werden mußte, wo er hoffnungslos darniederliegt. — Der Weichensteller Mende der aus Ver sehen 90proz. Karbolsäure statt Schnaps ge trunken hatte, ist an den erlittenen inneren Verletzungen noch gestern im Krankenhause ver storben. Meerane. Wegen Lohndifferenzen legten die Stuhlarbeiter in der Weberei der Firma Wildenhain die Arbeit nieder. Da der vor zwei Jahren anläßlich der Meeransr Weber streikes sestgelegte Tarif von allen Meberei- besitzern einzuhalten ist und die Fabrikanten vereinigung darüber wacht, daß dies überall geschieht, wurden die ausgebrochenen Differenzen bei genannter Firma durch Eingreifen der Vereinigung inzwischen wieder beigelegt und die Firma angehalten, den Tarif zu bezahlen. Mylau. In die Kreissäge geriet der in einem hiesigen Zimmeceigeschäft täüge Lehrling Richard Paßolt. Im wurde dis linke Hand vollständig vom Arme losgetrennt. Klingenthal. Das Wiederaufleben dcS Erzbergbaues an der sächsisch-böhmischen Grenze ist in mehrfacher Hinsicht wünschenswert und erfreulich. Seit 1900 besteht ein hauptsächlich aus rheinischen Kapitalisten zusammengesetzte Gsworkschaft. Nachdem ein von Sachsen aus 2 Km nach Böhmen sich erstreckender Ticfbau- querschacht gegraben und gesprengt worden war, sind nach und nach bereits 12 Erzlager nach gewiesen worden, deren Mächtigkeit zwischen 2 m und 5 m schwankt. Die Aufbereitung ist für eine Produktion von täglich 250 t Roherz angelegt. Die Kupferlagerstätten be stehen aus einen verworrenen Gemisch von Phyllit, Quarz und Erz, während das Neben gestein Schiefer ist. Außerdem treten große Massen Turmalin auf. Da die Erzlager stätten nur auf die unmittelbare Nachbarschaft des Eibenstocker Granitmassivs beschränkt sind, so nehmen die Geologen an, daß diese ihre Entstehung einer Nachwirkung bei der Eruption des Granits verdanken. Die Lagermassen sind mit Erz geradezu durchtränkt, so daß der Klingenthal-Graslitzec Kupferbergbau mit der Zeit äußerst ergiebig zu werden verspricht. Die Belegschaft der Kupferbergbau-Gewerk schaft bestand bereits Ende 1903 aus 300 Mann, sie ist im ersten Halbjahre 1904 noch weiter verstärkt worden. Der Ehrhard August- Schacht befindet sich auf sächsischem, der Helenen-Schacht auf böhmischem Gebiete. Aus dem Vogtlande. Trotz der er giebigen Regenmengen der letzten Tagen haben die städtischen Wasserleitungen noch nicht genügend Wasserzufluß. Auch Brunnen, die infolge der anhaltenden Trockenheit gänzlich versiegt sind, haben keinen Wasserstand zu ver zeichnen.