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Ottendorfer Zeitung. Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Ilmgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserate werden mit m Pf. für die Spaltzeüe berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Taris. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 120. Freitag, den 7. Oktober 1904. 3. Jahrgang. Bekanntmachung, Schöffen- und Geschworenenurliste betr. Vom 8. Oktober ö. F ab liegt bei Unterzeichneten: die hiesige Schöffen- und Ge- schworenenurliste des laufenden Jahres im Gemeindeamt, während der Expeditionszeit, zu Jedermanns Einsicht aus. Vom Zeitpunkt der Auslegung an bis zum Ablauf der Aus legungsfrist können gegen die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Liste schriftlich oder zu Protokoll Einsprachen erhoben werden. Zugleich wird auf die unten wörtlich beigefügten Bestimmungen der 31, 32, 33, 34, 84, 85 des D. Gerichtsverfassungsgesetzes und des 8 24 des K. S. Gesetzes vom 1. März 1879, Bestimmungen zur Ausführung dieses Ge setzes enthaltend, verwiesen. Ottenäork-^oritröors, am 6. Oktober 1904. Der Gemeindevorstand. Lincke. Anlage t Z» 8 r 2. Gerichtsverfaffungsgefrtz vom 27. Januar 1877. 8 31. Das Amt eines Schöffen ist ein Ehrenamt. Dasselbe kann nur von einem Deutschen versehen werden. § 32. Unfähig zu dem Amt eines Schöffen sind: 1. Personen, welche die Befähigung infolge strafgerichtlicher Verurteilung verloren haben; 2. Personen, gegen welche das Hauptverfahren wegen eines Verbrechens oder Ver gehens eröffnet ist, das die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter zur Folge haben kann; 3. Personen, welche in Folge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind. ß 33. Zu dem Amte eines Schöffen sollen nicht berufen werden: 1. Personen, welche zur Zeit der Aufstellung der Urliste das dreißigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben; 2. Personen, welche zur Zeit der Aufstellung der Urliste den Wohnsitz in der Ge meinde noch nicht zwei volle Jahre haben; 3. Personen, welche für sich oder ihre Familie Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln empfangen oder in den drei letzten Jahren, von Aufstellung der Urliste zurückgerechnet, empfangen haben; 4. Personen, welche wegen geistiger oder körperlicher Gebrechen zu dem Amte nicht geeignet sind; 5. Dienstboten. K 34. Zu dem Amte eines Schöffen sollen ferner nicht berufen werden: 1. Minister; 2. Mitglieder der Senate der freien Hansastädte; 3. Reichsbeamie, welche jederzeit einstweilig in den Ruhestand versetzt werden können; 4. Staatsbeamte, welche auf Grund der Landesgesetze jederzeit einstweilig in den Ruhe stand versetzt werden können; 5. richterliche Beamte und Beamte der Staatsanwaltschaft; 6. gerichtliche und polizeiliche Vollstreckungsbeamte; 7. Religionsdiener; 8. Volksschullehrer; 9. dem aetiven Heere oder der activen Marine angehörende Militärpersonen; Die Landesgesetze können außer den vorbezeichneten Beamten höhere Verwaltungs beamte bezeichnen, welche zu dem Amte eines Schöffen nicht berufen werden sollen. Z 84. Das Amt eines Geschworenen ist ein Ehrenamt. Dasselbe kann nur von einem Deutschen versehen werden. 8 85. Die Urliste für die Auswahl der Schöffen dient zugleich als Urliste für die Auswahl der Geschworenen. Die Vorschriften der ZZ 32 bis 35 über die Berufung zum Schöffenamte finden auch auf das Geschworenamt Anwendung. Gesetz, die Bestimmungen zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzcs vom 27. Januar 1877 rc. enthaltend, vom 1. März 1889. Z 34. Zu dem Amte eines Schöffen und eines Geschworenen sollen nicht berufen werden: 1. die Abteilungsvorstände und vortragenden Räte in den Ministerium; 2. der Präsident des Landesconsistoriuw; 3. der Generaldirector der Staatsbahnen; 4. die Kreis- und Amtshauptleute; 5. die Vorstände der Sicherheitspolizeibehörden der Städte, welche von der Zuständigkeit der Amtshauptmannschasten ausgenommen sind. Oertlirtzes und Sächsisches. Dttendorf-Dkrilla, 6. Bktober 180^. — Auf dem die Firma Hermsdorfer Blechem- ballagen-FabrikHempelund Eisold in Hermsdorf betreffenden Blatt 231 des hiesigen Handels registers ist Mittwoch eingetragen worden, daß der Gesellschafter Herr Georg Albert Eisold NUsgeschieden und ein Commanditist in das Hauptgeschäft eingetreten ist, sowie daß die Firma künftig Hermsdorfer Blechemballagen fabrik Hempel und Co. lautet und daß die be züglich des Prokuristen Herrn Franz Paul Hempel eingetragene Beschränkung in der Ver tretungsbefugnis in Wegfall gekommen ist. — Während im Vorjahre die Pilzernte im Herbst außergewöhnlich reich war und das Pfund Steinpilze bei einem Preise von 13 bis 20 Pfg- kaum Abnehmer fand, sind Heuer in unseren Forsten eßbare Pilze gar nicht und selbst Giftpilze nur vereinzelt zu finden gewesen. Deshalb sind die wenigen von ferne einge brachten Steinpilze sehr teuer sie wurden mit «0 bis 100 Pfg. bezahlt. Infolge der warmen Witterung und der Niederschiäge sind zwar in den letzten Tagen einige gute Filze gefunden worden, doch ist selbst auf eine mäßige Ernte nicht mehr zu rechnen. — Eine Verkürzung der Arbeitszeit in den kvnigltch sächsischen Eisenbahnwerkstätten wird vorbereitet. Der Spiritusring ist wieder an seiner Schröpfarbeit. Trotzdem, daß die Kartoffelernte im allgemeinen garnicht so schlecht ausgefallen ist, — Sachsen Und Schlesien hat ja die ver hältnismäßig schlechtesten Ernten, — hat er wegen angeblichen Spiritus-Kartoffelausfalls die Spirituspreise für Trinkspiritus um 7, für BrennsptrituS um 10 Mk. pro Hektoliter erhöht eine geradezu kolossaleSchraubung des Publikums ttuf die d sselbe hoffentlich die entsprechende Antwort nicht schuldig bleiben wird. — Wiederum ist die Zeit gekommen, wo Kirche, Schule und Haus in eine besonders innige Wechselbeziehung treten. Die heran- gewachsenen Knaben und Mädchen, von denen viele nun bald hinaustreten müssen ins Leben, sie sollen nunmehr auf den Tag der Kon firmation vorbereitet werden. Was für Gefühle für Vater und Mutter! Wie rasch sind die Jahre vergangen. Wie hat man immer ge wünscht, daß sich die Kinder bald herausmachen möchten, und doch denkt Man jetzt mit stiller Wehmut der Zeit, wo das Kind noch ganz dem Haus gehörte. Die Konfirmation wird ein Mark- und Grenzstein sein. Was wird das Schicksal dann dem sorgsam behüteten Sohne, der treulich geleiteten Tochter bringen? Aber schließlich muß doch die Freude überwiegen, daß man ein Kind glücklich so weit hat, daß es demnächst konfirmiert werden kann. Und gerade dieses letzte Halbjahr vor dem bedeutungsvollen Tage soll recht ausgenutzt werden, um die Kindecseele noch einmal möglichst eindringlich an all das Hohe und Bleibende zu gemahnen was ihr durch die ganze bisherige Erziehung mitgegeben werden sollte. Hier setzt auch der Konfirmandenunterricht ein. Diese Stunden wollen nicht bloße Lernstunden sein, in denen allerlei religiöser Memorierstoff zum soundso vielten Male durchgenommen wird, sondern vor allem Stunden der Weihe und der Andacht. Sie knüpfen an das, was in Schule und Haus an religiösen Lebm bereits geboten wurde, und sie wollen vertiefen, weiterführen und eine evangelisch-christliche Gesinnung zutage fördern. Das Kind soll sich der Lebenskraft sieines christlichen Glaubens allmählich bewußt werden. Es soll am Konfirmationstage wissen, was es heißt: „Sei getreu in deinem Glauben, laß dir seinen festen Grund ja nicht aus dem Herzen rauben!" Es versteht sich für verständige Eltern und Erzieher von selbst, daß sie während dieser letzten Monate von der Konfirmation ganz besonders über ihren Pflegebefohlenen wachen. Konfirmanden sollten von rauschenden Vergnügungen u. dergl. möchlichst fern gehalten werden; bei all der kindlichen Fröhlichkeit, die ihnen natürlich gewahrt bleiben muß, sollen sie doch merken, daß jetzt eine ernste Zeit für sie ist. Sie soll ihnen etwas Selbstverständliches sein, den Gottes-, vielleicht auch den Kinder gottesdienst mit tunlichster Regelmäßigkeit zu besuchen. Arme Kinder, wo die Arbeit der Schule und des abschließenden Konfirmanden- untcrrichtS durch Religionsfeindschaft im Hause verdorben wird. Gerade Konfirmanden gegen über heißt es für die erwachsenen Familien mitglieder mit allen leichtfertigen und ober flächlichen Reden recht vorsichtig sein. Das gute Beispiel ist vor allem in dieser Zeit außerordentlich heilsam, während das schlechte geradezu verwüstend wirken kann. Möchte die Vorbereitungszeit an unseren Konfirmanden darum in allen Stücken eine gesegnete sei! — Die Witterung im Oktober soll sich nach Falbs, des jüngeren, Prognose trübe und sehr regnerisch gestalten. Der 9. Oktober wird von ihm als ein kritischer Tag erster- Ordnung, der 25. als ein solcher zweiter Ordnung bezeichnet. Auch der hundertjährige Kalender prophezeit für den Oktober schlechtes Wetter, speziell in der ersten Hälfte des Monats. Die zweite Hälfte soll dann einige schöne Tage, zum Schluffe aber Reif und Kälte bringen. Königsbrück. Die Ueberführung der irdischen Ueberreste des Geheimen Kommerzien rates Bruno Naumann und feiner ersten Ge mahlin nach dem vom Architekten und Bau meister Oskar Menzel-Dresden auf der Standes- herrschaft Königsbrück in diesem Sommer er bauten Mausoleum erfolgte in der Nacht vom Sonntag zum Montag von Johannesfriedhofe beziehentlich Annenfriedhofe in zwei Leichen wagen durch die Beerdigungsanstalt „Pietät" die am Montag früh 5 Uhr die Einsenkung in die neue Ruhestätte ausführ^e. Mittags fand im Beisein der nächsten Familienangehörigen durch den Ortspfarer die Einsegnung statt wobei eine Abordnung des Seidel und Naumanvschen Fabrikgesangvereins Trauer weisen erklingen ließ. Das an die Kirche an gebaute Mausoleum ist ziemlich geräumig, durch eine bronzene Türe und gleichen Gruftdeckel abgeschloffen, erhält sein Licht durch ein blaues Glasdach und zeigt an der Rückwand einen Altarbau. Dresden. Beim Ueberschreiten des Straßenkreuzungspunktes an der Moritz- und König-Johann-Straße wurde Dienstag vormittag eine ältere Dame, die sich in Begleitung eines Herrn befand, von einer vorüberfahrenden Droschke umgeriffen und überfahren. Die Dame erlitt dabei mehrfache Verletzungen, di« von einem Arzte verbunden wurden. Später wurde die Verunglückte in einer Droschke nach ihrer Wohnung gebracht. — Am 3. d. M. ist in das hiesige städtische Krankenhaus ein auswärtiger Schiffer mit einer Schußwunde im Gesicht eingcliefert worden. Er hat angegeben, daß er am 3. abends gegen 10 Uhr von einem Unbekannten an- geschaffen worden sei, als er sich vom Terraffen- ufer her nach seinem unterhalb der Albertbrücke liegenden Kahne begeben habe. Die sofort an gestellten umfangreichen kriminalpolizeilichen Erörterungen haben dis Unwahrheit dieser An gabe erwiesen. Wie er nun zugeben muß, hat er sich in der Kajüte beim Spielen mit einem Revolver selbst verletzt. — Eine aufsehenerregende Verhaftung, die erst jetzt bekannt wird, ist vor einiger Zeit auf Veranlassung der hiesigen Staatsanwaltschaft erfolgt. Wegen dringenden Verdachts, Be trügereien in Höhe von mehreren Hundert tausend Mark verübt zu haben, ist der Ritt meister a D. Freiherr von Grabow, der Sohn eines preußischen Geheimen Legationsrates, in Haft genommen und unter Anklage gestellt worden. — Am Montag vormittag rief auf dem Bahnsteige des tzauptbahnhofes ein Herr aus dem Wagenabteil eines Personenzuges mit lauter Stimme „Abfahren!" Da durch solchen Unfug der Lokomotivführer leicht getäuscht werden kann, wurde der Herr vor den Bahnhofs- vorstand zitiert und mit einer Strafe von sechs Mark belegt. Meißen. Am Sonnabend ging auf der Hirschbergstraße ein Pferd des Herrn Freemann durch. Der Genannte war im Begriffe, aus zufahren; das Tier hatte schon vorher unruhig getan. An der Eisenbahnunterführuug wurde der Insasse aus dem Wagen geschleudert, wobei er schwere Verletzungen am Kopfe und eine Armverstauchung erlitt. Besinnunglos trug man ihn nach seiner Wohnung zurück. Das führerlose Pferd war bis zum Neumarkte gerast wo es angehalten wurde. Auf der tollen Fahrt war der Wagen vollständig zertrümmert worden. Fortsetzung auf der 4. Seite.