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6230 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Amtlicher Teil. ^ 117, 24. Mai 1909. Fälle» aus die Umschlagscite nur noch den Titel setzt und dann im Anzeigetcil auf zwei bis fünf Seiten den Tenor gibt, bei dem ich weniger Respekt vor dem Verlagsartikel als vor dem Phrasenreichtum habe. Meine Herren, was müssen doch diese Verlagsartikel einbringen? man muß sich fragen: sind die Zeiten für den Verlag wirklich so schlecht? Aber unter diesem Gebühren leidet nicht nur der kleine, sondern auch der große, vornehme Verleger, dessen Art es ist, in ruhiger, nicht auf dringlicher Weise seine Neuigkeiten bekannt zu geben. Sehr angesehene und sehr große Verleger haben mir offen zugegeben, daß sie genau jo wie ich dieses Ausdrängen verurteilen und ganz mit mir einverstanden wären, wenn wieder der alte Geist in das Börsenblatt zöge. Nun, meine Herren, darf man aber nicht übersehen, daß auch diese Untugend immerhin die eine gute Seite hat, daß sie dem Börsenvcrein zu guten Einnahmen verhilst, und da ich ein Feind kleinlicher Bevormundung bin und jeder nach seiner Fa^on auch im Börsenblatt selig werden soll, so wünsche ich eben nur, daß man auch diejenigen günstig stellt, die nicht in der Lage oder nicht gewillt sind, diesen »vielseitigen« Verlegern die Stange zu halten. Darum habe ich die Neu einteilung des Börsenblattes unter den angegebenen Gesichtspunkten gewünscht, damit auch der kleine Verleger einen Platz an der Sonne erhalle. Aber, meine Herren, das Börsenblatt hat auch aus die Interessen der Leser Rücksicht zu nehmen. Sie müssen be denken, daß der Sortimenter häufig noch nach des Tages Last und Mühen das Börsenblatt verarbeiten muß, zu einer Zeit, wo der Geist nicht mehr ganz frisch, die Aufmerksamkeit nicht mehr ganz rege ist. (Zustimmung.) Er ist aber auch sonst so in Anspruch genommen, daß ihm oft nur Zeit bleibt, das Wichtigste herauszusuchen, und das sind doch die Neuigkeiten sowohl für den Verleger wie sür den Sortimenter. Darum soll man das, was zum ersten Male angezeigt ist, an die Spitze des Blattes stellen und erst dann das folgen lassen, was uns schon einmal bekanntgegeben worden ist: die künftig erscheinenden Bücher. (Zuruf: Kurz fassen!) Vorsitzender Herr Or. Bollert (unterbrechend): Gestatten Sie mir, Herr Speyer: wollen Sie nicht freundlichst die einzelnen Gründe vortragen, die Sie für die eigentlichen Anträge haben? Es tut mir leid, daß ich diese Bitte an Sie richten muß, aber es geht nicht anders. Ferner möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß das Verlesen in einer öffentlichen Versammlung nicht an gängig ist. (Sehr richtig!) Herr Hans Speycr-Freiburg i. B. (sortfahrend): Herr Doktor, ich wollte bitten, daß man mich erst einmal an hört. Sie aus Berlin kennen mich und wissen, daß ich krank bin und nicht die Fähigkeit habe, vor 5—600 Leuten frei reden zu können, namentlich wenn Unterbrechungen stattfinden. Ich habe aber auch geglaubt, daß die Herren nachher ent weder meine Vorschläge einem Ausschuß überweisen oder sie überhaupt rundweg ablchnen werden. Nachdem man mich nun, obwohl ich jetzt zwei Nächte hintereinander reisen muß, um hier endlich einmal die Stellung der Freiburger zu kennzeichnen und zum Ausdruck zu bringen, daß wir Freunde der Verleger sind, daß wir ihnen unnütze Kosten ersparen wollen, fort gesetzt mit Schlußrufen unterbricht, (Widerspruch) verzichte ich auf das Wort. Vorsitzender Herr Or. Bollert: Meine Herren, ich glaube, Herr Speyer erhebt einen ganz unberechtigten Vorwurf. Ich habe ihn nur im Interesse der Erledigung unserer Tagesordnung gebeten, uns in größerer Kürze die Gründe für seine Anträge anzujühren. Herr Hans Speyer-Freiburg i. B.: Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, Herr Doktor; es sind aber fortgesetzt Schlußrufe gefallen, und ich muß bedauern, daß in einer so hervorragenden Gesellschaft ein solcher Ton herrscht. Unter diesen Umständen ziehe ich meinen Antrag zurück. Vorsitzender Herr Or. Bollert: Herr Speyer, das war gewiß nicht beabsichtigt. Herr Speyer hat seine Anträge zurückgezogen, meine Herren; dann erübrigt sich also eine weitere Verhandlung darüber. Herr Alexander Franckc-Bern: Meine Herren, ich möchte nur kurz dagegen Protest erheben, daß ich hier sozu sagen als Kronzeuge der Freiburger Bestrebungen in Anspruch genommen worden bin. Wer sich daran erinnert, daß ich einmal einen kleinen Artikel über den Gegenstand geschrieben habe, der wird auch wissen, daß dieser Artikel gerade dem galt, Stellung gegen das Vorhaben der Freiburger zu nehmen. Vorsitzender Herr Or. Bollert: Meine Herren, es ist noch ein Antrag aus Abänderung der Bestimmungen über die Verwaltung des Börsenblattes eingegangen von Herrn Pape aus Hamburg, der von mehr als 50 Mitgliedern des Börscn- vereins unterstützt ist und dessen Verhandlung in der Hauptversammlung wir noch zulassen werden. Dieser Antrag hat folgenden Wortlaut: Anzeigen über Verlagsveründerungen werden nur dann ausgenommen, wenn den betreffenden Büchertitcln die Jahreszahl des Erscheinens des Buches bczw. seiner letzten Auflage und der Vorname des Verfassers, sosern dieser auf dem Titelblatt genannt war, hinzugesügt ist. Wünscht jemand dazu das Wort? Herr Justus Pape-Hamburg: Darf ich nur ganz kurz sagen: der Antrag bezweckt, den Sortimentern die Abänderung in den Katalogen zu erleichtern. Er kann niemandem Schaden bringen, wohl aber Vorteil, sowohl den Inserenten wie den Sortimentern. Ich möchte noch zur Unterstützung des Antrags sagen, daß sich unter den 54 Unterschriften auch diejenige eines ehemaligen Vorsitzenden des Ausschusses für das Börsenblatt befindet. Bedenken gegen die Annahme können nicht vorliegen, und so bitte ich Sic um die Annahme dieses Antrags. Vorsitzender des Ausschusses für das Börsenblatt Herr Ferdinand Lomnitz-Leipzig: Meine Herren, dieser Antrag des Herrn Pape ist gestern zum ersten Male in offizieller Form aufgetaucht, und es ist gestern in der Delegiertenversammlung bereits gesagt worden, daß man unmöglich alle Konsequenzen übersehen könnte, die die Annahme dieses Antrages nach sich ziehen würde. Es erscheint dem Ausschuß sür das Börsenblatt, soweit er sich in der Kürze damit hat beschäftigen können, doch notwendig, erst einmal in eine Prüfung einzutreten, wieweit sich die Wünsche des Herrn Pape erfüllen lassen, und ich möchte Sie deshalb bitten, den Antrag zunächst nicht anzunehmen, sondern dem Ausschuß zu überweisen.