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6220 Börs-nilall s, d. Dtschn. Buchhandü. Amtlicher Teil. 117, 24. Mai 1S0S. von denen wir ja auch zwei Vertreter hier unter uns haben, für die treue Pflichterfüllung, deren wir uns im vergangenen Jahre von ihnen haben erfreuen dürfen, unseren Dank und unsere Anerkennung ausspreche. (Lebhaftes Bravo.) Wir kommen nunmehr zu Punkt 4 unserer Tagesordnung: 4. Antrag des Vorstandes: »Die Hauptversammlung wolle den der Nummer 90 des Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel vom 21. April 1909 beigelegten Entwurf einer „Verkaufsordnung für den Verkehr des Deutschen Buchhandels mit dem Publikum" genehmigen.« Meine Herren, ich möchte zunächst darauf aufmerksam machen, daß der Entwurf der Verkaufsordnung hier aus dem Tische liegt; wer ihn etwa noch nicht haben sollte, kann ihn hier in Empfang nehmen. Meine Herren, die Verkaussordnung, die wir Ihnen jetzt zur Beschlußfassung unterbreiten, ist Wohl die wichtigste Vorlage, die der Börsenverein in den letzten zwanzig Jahren nach Annahme der neuen Satzungen und der Verkehrsordnung zu beschließen hat. Vor zwei Jahren hat die Hauptversammlung beschlossen, einen Ausschuß einzusetzen, der eine Verkaufs ordnung für den Verkehr des Deutschen Buchhandels mit dem Publikum entwerfen sollte. Dieser Ausschuß hat zwei Jahre lang mit Aufbietung aller seiner Kraft seine Aufgabe zu erfüllen versucht, und am Ansange dieses Jahres war er mit der Arbeit so weit, daß er dem Vorstand den letzten Entwurf der Verkaussordnung unterbreiten konnte. Der Vorstand hat ihn zur Prüfung der buchhändlerischen Öffentlichkeit übergeben und hat dann nach sorgfältiger Prüfung der inzwischen noch eingegangenen Abänderungsvorschläge die endgültige Verkaussordnung festgesetzt, die nun als sein Antrag Ihnen zur Be schlußfassung vorliegt. Meine Herren, das Bedürfnis nach dem Erlaß einer solchen Verkaufsordnung ist aus der Entwicklung der öffent lichen Verhältnisse und der geschäftlichen Beziehungen im deutschen Buchhandel hervorgegangen. Als vor zweiundzwanzig Jahren die gegenwärtig geltenden Satzungen beschlossen wurden, da konnte natürlich niemand voraussehen, welche Entwick lung der Buchhandel in Zukunft nehmen würde. Die Satzungen sind das Ergebnis reisster und weisester Überlegung, und sie haben sich bis zum heutigen Tage so trefflich bewährt, daß niemand von uns der Gedanke kommen könnte, irgend eine grundsätzliche Änderung an ihnen vorzunehmen. Aber naturgemäß hat sich im Lause der Entwicklung der geschäftlichen Beziehungen und Verhältnisse auch im Buchhandel doch das Bedürfnis herausgestellt, daß Festsetzungen getroffen werden, die vielleicht über die Satzungen hinausgehen oder die jedenfalls die Bestimmungen der Satzungen erläutern und klarlegcn und diejenigen Beziehungen und Verhältnisse ordnen, die im Laufe der zwanzig Jahre sich neugestaltet haben. Der Vor stand des Börsenvereins, dessen Aufgabe es ist, für Ordnung innerhalb des Buchhandels zu sorgen, konnte schließlich mit den Satzungen allein nicht mehr fertig werden, und um ihm die Mittel zu gewähren, daß er auch jetzt und in der Zukunft die geschäftlichen Beziehungen des Buchhandels zum Publikum regeln und ordnen könne, darum ist die Verkaussordnung geplant, und in diesem Sinne ist sie gestaltet worden. Wir sind uns alle von vornherein bewußt gewesen, daß wir mit der Verkaufsordnung nicht etwas schaffen würden, womit wir allen Wünschen und Forderungen des einen wie des andern Teiles gerecht werden würden; aber wir sind über zeugt davon, daß hier dasjenige geleistet ist, was geleistet werden konnte. Wir waren darauf gefaßt, daß die Verkaufs ordnung manchen Widerspruch Hervorrufen würde, und das ist ja auch geschehen sowohl in der Öffentlichkeit als auch in privaten Äußerungen. Wir waren darum auch darauf gefaßt, daß hier bei den Beratungen in Leipzig an der Verkaufs- ordnung scharfe Kritik geübt werden würde, und diese Kritik ist geübt worden vor zwei Tagen in der außerordentlichen Delegiertenversammlung des Verbandes, die als erste größere Körperschaft diesen Entwurs der Verkaussordnung einer acht stündigen eingehenden Beratung unterzogen hat. In dieser Beratung sind an verschiedenen Paragraphen der Verkaufs- ordnung Änderungen vorgenommen worden, die dem Vorstande des Börsenvereins zur Prllsung und eventuellen Berück sichtigung von der Delegiertenversammlung übergeben worden sind. Die Verkaussordnung ist dann gestern vormittag in einer sehr zahlreich besuchten Versammlung des Deutschen Verlegervereins gleichfalls besprochen worden. Der Vorstand des Deutschen Verlegervereins hat in sehr dankenswerter Weise sich den Abänderungsvorschlägen der Delcgiertenversammlung angeschlossen und hat seinen Mitgliedern dann die Verkaufsordnung in der Fassung zur Annahme empfohlen, die sie durch diese Änderungsvorschläge erhalten hatte. Der Vorstand des Börsenvereins hat dann gestern über diese Abänderungs vorschläge Beschluß gefaßt und hat sie gleichfalls zu den seinigen gemacht. Er legt Ihnen, meine Herren, nun die Ver kaussordnung, wie sie Ihnen mit der Tagesordnung des Börsenvereins als Beilage znm Börsenblatt zugegangen ist, mit den Abänderungsvorschlägen, die wohl in Ihrer aller Händen sind — für diejenigen, die sie noch nicht besitzen sollten, liegen Abdrücke hier aus dem Tische aus — vor und bittet Sie, der Verkaufsordnung in dieser Fassung Ihre Zustimmung zu erteilen. Ich habe dem noch eines hinzuzufügen. Wenn, wie wir hoffen, die Hauptversammlung die Verkaufsordnung an nehmen wird, dann wird der Vorstand sie zunächst nicht in ihrem ganzen Umfange in Geltung setzen, sondern er wird Ihre Zustimmung dazu erbitten, daß H II Nr. 2 noch für ein Jahr — also bis zur Ostermesse 1910 — außer Geltung bleibt. Meine Herren, die erste Aufgabe und die wichtigste Pflicht des Vorstandes des Börsenvereins ist, darüber zu Wachen, daß die Satzungen des Börsenvereins unberührt und unangetastet bleiben. Als der Äusschuß für die Verkaufs ordnung dem Vorstande im Ansange dieses Jahres die Verkaufsordnung in der von ihm festgesetzten Fassung übergab, da hat der Vorstand zunächst die Frage geprüft, ob die Verkaufsordnung in allen ihren Bestimmungen in Übereinstimmung mit den Satzungen sich befände. Wir haben uns darin des sachgemäßen Rates unseres Syndikus erfreuen können, haben aber außerdem auch noch zwei Gutachten von bekannten und erfahrenen Juristen eingeholt. Es hat sich dabei heraus gestellt, daß das eine oder andere Bedenken wohl laut geworden ist, aber doch nicht derart, daß der Vorstand irgendwie zu der Überzeugung hätte kommen können, daß die Verkaufsordnung in einer Mehrzahl ihrer Bestimmungen nicht mit den Satzungen in Einklang stände. Wohl aber sind ihm doch die Bedenken, die in dieser Hinsicht gegen den Z II Absatz 2 geäußert worden sind, so beachtlich erschienen, daß er diese eine Bestimmung nicht ohne weiteres in Anwendung bringen möchte; denn, meine Herren, es kommt hier zum ersten Male etwas völlig Neues in unsere Satzungen und in unsere Ord nungen hinein. Denn während bisher nach Len Satzungen des Börsenvereins nur gestattet war, unter dem Ladenpreis Bücher zu verkaufen, wenn sie in Partien abgegeben wurden, wird hier der neue Grundsatz aufgestellt, daß unter gewissen bestimmten Voraussetzungen es auch gestattet sein soll, einzelne Exemplare unter dem Ladenpreise zu verkaufen. Wir