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Vom Markus-Turm in Venedifl kommen gute Nachrichten. Der Unterbau des Campanile ist nunmehr so ziemlich fertiggestellt, und es kann in absehbarer Zeit zur Errichtung des Turmes selbst geschritten werden. Manövsrunfall in Österreich. Bei dem Manöver in der Nähe von Weinzierl bei Linz stürzte ein Pfeiler einer steinernen Brücke ein, und zwar in dem Augenblick, als ein Artillerie regiment die Brücke passierte. Ein Geschütz ver sank, zwei Pserde wurden getötet, die Mannschaft konnte sich durch Abspringen retten. Ein Unmensch verhaftet. Bei Czifer in Ungarn, verhüttete die Polizei einen Bettler, der seit Jahren Kinder raubte und sie zu Krüppeln machte, nm das Mitleid der Leute zu erregen. Der Magistrat als Fälscher. Es gibt in Frankreich eine kleine Stadt, die sich der hohen Ehre rühmt, in ihren Mauern einst Napoleon Bonaparte geborgen zu haben, da er noch, ehr geiziger Hoffnungen voll, in Jugendträumen schwelgte. Mit gerechtem Stolz zeigte man in einem niedrigen Hänschen das dürftige Zimmer, in dem einst der große Kaiser gewohnt; und mit andächtiger Ehr furcht bestaunten die Besucher diese denkwürdigen „historischen" Möbel, deren altväterische Form und deren verblaßte Bezüge ein Schein der Heilig keit und Verehrung umleuchtete und die zu berühren der Kastellan des Hauses strengstens verbot. Aber o Schrecken ? Es stellte sich heraus, daß der Magistrat des Städtchens diese Reliquien in einem Möbel magazin gekauft hat und diese „historischen" Gegen stände ganz moderner Trödel sind. Das alles hat ein „schwarzes Schaf" unter den Bürgern des Städtchens herausbekommen und in einer kleinen Schrift erwiesen zur großen Blamage des Magistrats.- Der erste atlantische Turbinendampfer. Englische Blätter bezeichnen den am Donnerstag erfolgten Stapellauf des ersten atlantischen Turbinendampfers als den Beginn eines neuen Zeitalters der Schiffahrt. Die „Victorian" ist ein Schiff der „Allan-Linie" und sie soll an Geschwindigkeit alle Schiffe dieser Linie so über treffen, daß man hofft, durch sie Kanada dem Mutterlande um einen Tag näher zu bringen. Sie ist nämlich für den kanadischen Postdienst bestimmt. Im Falle des Krieges steht sie als Truppendampfer, der 3000 Mann tragen kann, der Regierung zur Verfügung. Das Schiff ist 340 Fuß lang, 60 Fuß breit und 42 Fuß 6 Zoll tief. Es ist über 12 000 Tonnen groß. Es hat acht Verdecke, von denen sechs den Reisenden zur Verfügung stehen. Der Schorn stein hat einen Durchmesser von 20 Fuß. Drei Wagen könnten nebeneinander durch ihn hin durchfahren. Das Schiff ist mit marcönischer Funken-Telegraphie ausgestattet und wird eine täglich Zeitung herausgeben. Es hat fünf Maschinen, drei, um den Dampfer vorwärts, und zwei, um ihn rückwärts zu treiben. Tie Gestler-Burg bei Kütznacht ist für einen Spottpreis verkauft worden. Die durch Schillers „Tell" berühmt gewordene Burgruine soll in eine — Fremdenpenfion verwandelt werden! In der Arena verblutet. Am Schluß eines in Madrid stattgesundenen Stiergefechtes hatte der Banderillero Perlita das Unglück, von dem wütenden Stier auf die Hörner ge nommen zu werden. Er erlitt dabei so schwere Verletzungen, daß er vor den Augen des ent setzten Publikums in der Arena verblutete. Der junge Mann war kein geschulter Stier fechter, sondern hatte sich nur von seiner Leiden schaft für das spanische Nationalschauspiel ver leiten lassen, sein Glück zu versuchen. Leider pflegen solche Versuche meist tragisch zu enden, denn mit den Toros ist nun einmal nicht zu spaßen. Betrogene Diebe. Gestohlen wurden dieser Tage die Juwelen, die in der Kirche des heiligen Gregor die Statue des heiligen Nikolaus bedeckten. Glücklicherweise waren die gestohlenen Juwelen unecht, die echten werden in der Schatzkammer der Kirche aufbewahrt. Zwei Personen find verhaftet. Die Dynamitanschläge nehmen in den Ver. Staaten zu. Ein Unbekannter versuchte dieser Tage mir einer Mine in Wisconsin das Thompsonsche Haus in die Luft zu sprengen. Aus der Chicagoer Rennbahn waren in der Nähe des Buchmacherstandes viele Dynamit patronen angelegt worden. Drei Patronen gingen los, wodurch mehrere Personen ver ¬ wundet wurden. Eine bei dieser Gelegenheit beabsichtigte Beraubung der Kasse scheiterte indes an der kräftigen Abwehr der Buchmacher. Die Banditen entkamen. Trauung im Löwenzwinger. Einen Preis, der in der Ausstattung einer großen klärt, die feierliche Handlung zu vollziehen, so fern er den Löwenzwinger nicht selbst zu be treten braucht, und 47 Brautpaare haben sich erboten, die Hauptrolle zu übernehmen. Ehrliche Leute. Wenn nirgends anders in der Welt, so gibt es doch in Ceylon noch ehrliche In Berlin haben die Philatelisten der ganzen Welt augenblicklich ihre Ausstellung veranstaltet, die in jeder Beziehung die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die weiten Säle des ersten Stock werkes des Architekienhauses sind mit ganzen Kol lektionen und Einzelstücken angefüllt, die geschmack voll und übersichtlich arrangiert sind. Atan kann sich einen Begriff von den Schätzen machen, die sich hier dem Auge bieten, wenn man erfährt, daß die Ausstellungsobjekte einen Wert von 3 Mill. Mk. darstellen, für die während der Dauer der Aus stellung eine Versicherungsprämie von 6000 Mk. ge zahlt wird. Einzelne Sammlungen repräsentieren geradezu ungeheuerliche Werte. Herr Henry I. Crocker aus San Francisco hat eine Spezialsammlung von Hawai in drei Kästen und zwei Alben aus gestellt, die einen Wert von 125 000 Mark hat. Oie Perlen äer poftwertLeicben-IusfteUung in Kerlin. Dabei fehlt in der Sammlung die 2 Cent-Marke von 1851, die allein 30000 Mk. wert ist. Die fehlende Marks ist im Besitz des Deutschen Reichspostmuseums. Die Verwaltung dieses Instituts hat für diese Marke, der noch dazu eine Ecke fehlt, eine horrende Summe ausgegeben. Auch in der Sammlung des Barons R. Lehmann aus Amsterdam, die hauptsächlich Marken der Niederlande und seiner Kolonien enthält, sind Stücke von großem Wert, ebenso dis des Herrn Eugen Bing-Straßburg. Auch die Sammlung des Herrn Philipp Kossak-Berlin ist von besonderem Wert. Es gehört heute nicht zu den Seltenheiten, daß tausend und mehr Mark für eine Briefmarke ausgegeben werden, jedenfalls ein Zeichen dafür, daß die Brief markensammlerei unter Umständen ein sehr lukratives Geschäft sein kann. Wohnung bestehen soll, hat einChicagoerKarnevals- ausschuß für ein Brautpaar ausgesetzt, das sich dazu versteht, seine Trauung in einem Löwen zwinger vollziehen zu lassen. Die Trauung soll den „Glanzpunkt" während des Straßenkarne vals bii^n. Ein Prediger hat sich bereit er- Leute. So schreibt ein Schotte, der dort große Plantagen besitzt. Er hat inmitten seiner Plantagen einen prächtigen Palast, der nicht wie unsre Häuser zum Schutz gegen die Kälte gebaut ist, sondern nur Vie glühenden Sonnenstrahlen abhalien soll. Der Palast hat dabei keine Mauern, keine Türen und keine Fenster, sondern besteht nur aus einem Dach, das von prächtigen Pfeilern getragen wird. Unter diesem Dach ließ er alle seine Habseligkeiten, zu denen bedeutende Schätze gehören. Kein Wächter paßte auf, und die 1500 Arbeiter, die auf den Plantagen beschäftigt sind, gingen während der Ab wesenheit des Herrn dort aus und ein. Als er nach zwei Jahren wiederkam, fand er alles an seinem Platz, nicht das geringste war entwendet worden. Goldfunde in Japan. Den .Times' wird aus Tokio gemeldet, daß in einem der Regierung gehörigen Gebiete bei Kesen in der Provinz Rikuzen eine Goldmine von beträcht licher Ausdehnung gefunden sein soll, aus der etwa 2 bis 3 Millionen Pfund gewonnen werden können. GericktskaUe. Kiel. Das Kriegsgericht der ersten Marine- Inspektion verurteilte in nichtöffentlicher Sitzung den Kapitän-Leutnant Breithaupt wegen vorsätzlicher Abstattung wissentlich falscher Meldung durch Auf stellung unrichtiger Messe-Abschlüsse auf dem Kreuzer „Gazelle" im Ausland zu sechs Monat Gefängnis und Dienstentlassung. Saarbrücken. Der Musketier Rufing vom Infanterieregiment Nr. 132 in Straßburg (Elsaß) hatte, als er sich am Pfingstmontag auf Urlaub in seiner Heimat befand, einen Unteroffizier, mit dem er in einem Tanzraum zusammengetroffen war, nach der Tanzlustbarkeit auf der Straße überfallen und schwer mißhandelt. Das Kriegsgericht verurteilte Rufing zu acht Jahr Gefängnis und Ausstoßung aus dem Heere. GernSirmMLiges. Gegen die Schuppen der Kopfhaut hat sich die Anwendung einer fünfprozentigen Ver dünnung von Kreolin in Regenwasser, womit der Kopf wöchentlich dreimal zu waschen ist, am besten bewährt. Nachdem der Kopf gründ lich gewaschen ist, lasse man das Wasser nach und nach verdampfen, damit dasselbe nach haltiger auf die Haut einwirken kann. Der Kreolingeruch läßt sich alsdann durch Anwen dung wohlriechenden Oles verdecken. Ein nach teiliger Einfluß auf Kopfhaut und Haare ist ausgeschlossen. Glyzerin als Gurgelmittel dürfte nur wenigen bekannt sein und doch genügt ein kleiner Löffel reinen Glyzerins in einem Glase heißen Wassers, um ein gutes Gurgelwasser herzustellen, das bei mehrmaligem Gebrauch Heiserkeit nnd Halsschmerzen schnell vertilgt. bunres ZMerleL. Die Garderobe des Verschwenders. Der in der Londoner Gesellschaft sehr bekannte Marquis von Anglesey geriet infolge seiner Ver schwendungssucht, die ungeheure Summen ver schlang, in Konkurs. Die Gläubiger pfändeten seine Habe; am 24. d. gelangte die gesamte Garderobe sowie andre dem Marquis gehörige Gegenstände zur Versteigerung, die auf Schloß Anglesey stattsand. Die Garderobe umfaßte nicht weniger als 227 komplette Salonanzüge, feiner 362 Westen, 100 Überzieher, 60 Jackettanzüge, 73 Frackanzüge, 142 Paar Schuhe und Stiefel, 150 Morgenanzüge, 82 Schlafröcke, 29 Bade- und Strandkostüme, 278 Paar Handschuhe und 453 Krawatten. * * * Gute Ausrede. Frau: „Belogen hast du meinen Vater auch, als du um meine Hand anhieltest. Du sagtest, du verdienst monatlich dreihundert Mark und jetzt find es nur zwei hundert." — Mann: „Verdienen tu ich schon dreihundert, aber es gibt sie bloß keiner." (L-ch. Jahrh.y Unter Freundinnen. „Ich sage dir, mein Mann schwärmt für alles Schöne..." — „Kann mir's schon denken — und dich vernach lässigt er!" (.Megg.y Alfred Hartung war ein fünfzigjähriger Mann von hoher Gestalt, mit einem feinge schnittenen Gesicht, daS ein kurzgehaltener schwarzer Vollbart umrahmte. Sein Wesen schien zum Hochmut geneigt, den eine gewisse Melancholie milderte und zuweilen ganz ver drängte. Eine hochgradige Nervosität hielt seine Züge beim Sprechen in fortwährender Be- wegung. Da er leidenschaftlich rauchte, mochte dieses Übel znm großen Teile hieraus zurückzu führen sein. „Du glaubst also, daß die Verbindung zwischen Willi und Hilda Wechsler zustande kommen wird?" fragte Hartung nach einer längeren Pause des Gesprächs. „Gewiß, wenigstens liegt von fetten der Eltern Hildas kein Hindernis vor," antwortete der Oberst, der in steifer Haltung in der Sofaecke lehnte. Er strich nach diesen Worten wohlgefällig über seinen langen weißen Backen bart und rückte das goldene Pincenez auf seiner Adlernase zurecht. Hartung blies eine Rauchwolke aus seiner Zigarre und senkte nachdenklich daS Haupt. „Es wäre mir sehr lieb, wenn dem so ist," seufzte er, „Willi muß eine reiche Frau heiraten, denn ich bin nicht vermögend. Von Hildas Charakter habe ich freilich nicht die günstigste Meinung, sie besitzt kein Gemüt; allein, das ist es nicht, was mir Bedenken macht." „Aber was gibt es da überhaupt noch zu bedenken?" Hartung durchmaß mit großen Schritten in nervöser Aufregung das Zimmer. „Du weißt, Papa," entgegnete er, vor dem Oberst stehen bleibend, „aus welchem Grunde ich den Namen meines Vaters ablegte und mein Pseudonym, meinen Schriststellernamen, annahm." Der Oberst zuckte zusammen und warf einen teilnehmenden Blick aus die blaffen, erregten Züge seines Schwiegersohnes. „Ich weiß das," sprach er, demselben begütigend die Hand auf die Schulter legend, „doch wozu alte Ge schichten aufrühren, die uns beiden äußerst peinlich find." „Es wird geschehen müssen. Ehe Willi sich mit Hilda Wechsler öffentlich verlobt, ist es notwendig, die Eltern des Mädchens von diesen — Dingen in Kenntnis zu setzen." Der Oberst überlegte. „Sei es," begann er nach einer Pause, „wenn du es für geboten erachtest, dann — will ich selbst mit Hildas Eltern davon sprechen." „Du wolltest das tun, Papa?" rief freudig überrascht Hartung und drückte tief aufatmend dem alten Herrn die Hand. „Gewiß ist es notwendig," fuhr er fort, daß dieses Geheimnis der Familie bekannt wird, die Willi aufnehmen soll. Ein feiges Verschweigen könnte unabseh bares Unglück herbeiführen, wenn später einmal der Zufall diese Dinge bekannt werden ließe. Vor allem aber soll Willi erfahren, daß ein gebrandmarkter Name —" „Ich bitte dich, Mfred," schnitt ihm der Oberst das Wort ab, „sprich dich nicht in eine solche Bitterkeit hinein; Dinge, die längst be graben und vergessen find —" „Vergessen?" rief Hartung mit zuckenden Lippen, „wie kann die Zeit ein solches Brand mal verlöschen! Sind Dinge ungeschehen zu machen, die auf ewig das Andenken meines Vaters schänden?" „Deine Ängstlichkeit ist übertrieben. Ich bin überzeugt, daß Httdas Eltern vorurteilslos die Sache betrachten werden." „Ich hoffe, sie werden ebenso edeldenkend sein, wie du es bist und ebenso handeln, wie du es getan, als ich Beatrice von dir zur Frau begehrte." Er schwieg, denn im selben Augenblicke öffnete sich die Tür und die schwere Portiere zurückschiebend, trat seine Frau, von der er so eben gesprochen, über die Schwelle. Beatrice war trotz ihrer vierundvierzig Jahre noch immer schön und in diesem Augenblick verlieh ein bezauberndes Lächeln, mit dem sie ihren Gatten begrüßte, ihrem Antlitz einen eigenen Reiz und ihre Augen leuchteten wie Sterne aus dunklen Tiefen. Sie trug ein bordeauxsarbenes Seidenkleid, das ihr besonders gut stand; ein einfacher Spitzenkragen umgab ihren Hals und Spitzenrüschen umschlossen ihre Handgelenke. Der ganze Anzug war einfach, aber würdig. „Ist Willi schon nach Hause gekommen?" fragte Hartung, und als seine Frau bejahte, bat er: „Willst du die Güte haben, ihn hierher zu schicken, liebe Beatrice?" „Hast du ihm etwas Wichtiges zu sagen?" „Ja, und es wäre mir lieb, wenn du dabei zugegen wärest; es betrifft das Projekt seiner Verbindung mit Hilda Wechsler. Als seine Frau das Zimmer verlaffen hatte, brach eine plötzliche Verzagtheit über ihn herein. „Es wird mir schwer," murmelte er. Gleich darauf erschien Willi an der Seite seiner Mutter, und nachvem er seinen Vater und den Oberst begrüßt hatte, ließ er sich neben dem letzteren auf dem Sofa nieder. „Ich habe dir eine schmerzliche und eine freudige Mitteilung zu machen, lieber Willi," begann Hartung, indem er mit schweren Schritten das Zimmer auf und nieder wandelte. Willi blickte verwundert über diese feierliche Einleitung die ernsten Gesichter seiner Eltern und des Obersten der Reihe nach an. „Ich will zuerst von der letzteren sprechen," fuhr sein Vater fort. „Du verkehrst jetzt lange genug in dem Hause des Bankiers Wechsler, um dir ein Urteil über die Familie und speziell über die Tochter gebildet zu haben." „Gewiß, Papa," entgegnete der junge Mann leichthin, „es find sehr liebenswürdige Menschen." „Hm!" machte Hartung, indem er vor seinem Sohne stehen blieb und ihn prüfend ansah. „Du würdest also nicht abgeneigt sein, der Familie näher zu treten? Mit einem Wort: Würdest du Fräulein Hilda lieben können, und willst du fie heiraten?" Diese plötzliche und ganz unvorbereitete Frage verwirrte den jungen Mann dermaßen, daß er im ersten Augenblick keine Antwort gab; dann stand er auf und entgegnete: „Uber meine Gefühle zu dieser Dame bin ich mir noch nicht klar geworden und außerdem —" F« s (Fortsetzung folgt.)