Volltext Seite (XML)
Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Gltendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag zo Uhr. Inserate werden m't w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 105. Freitag, den 2. September 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, September lSOH. — Der Plan über die Errichtung einer oberirdischen Telegraphenlinie von Cunners dorf nach Ottendorf-Okrilla liegt bei dem Post amt in Ottendorf Okrilla aus. -— Als stellvertretende Trichinenbeschauer sind für die Gemeinde und Gutsbezirk Grünberg Herr Ern st Küttner in Ottendorf für die Gemeinde Groß- und Kleinokrilla Herr Albin Hugo Böhme in Ottendorf in Pflicht genommen worden. — Von gestern ab bis 14. September dieses Jahres wird die Dampfwalze auf Ab teilung 4 der Dresden-Königsbrücker fiskalischen Straße an der Haltestelle Cunnersdorf in Betrieb sein. — Erhängt aufgefunden wurde am Diens tag Abend auf dem Buchberg von hiesigen Einwohnern der Hausbesitzer, Standesbeamter und Ortsrichter August Kretzschmar aus Tauscha Furcht vor zu erwartender Strafe scheint das Motiv zur Tat gewesen sein. — Mit dem September verlaßen wir die Reihe der Monate, die kein r in ihrem Namen führen und die ihrem Namen entsprechend nichts raues uud hartes au sich tragen, sondern mild und lind und, wenn sie auch heiß sind, doch den Vorzug verdienen vor der andern Kategorie, die bis Ultimo April die Herrschaft auSübt. Der September bringt uns die Tag- und Nachtgleiche und mit ihr den kalendcrmäßigen Anfang des Herbstes. Bei nahe zwei volle Stunden kürzer werden während seines Verlaufes die Tage, und die Nächte um so länger. Die Lampe wird un entbehrlich. Die Schulen schließen gegen Ende des Monats ihr Sommersemester, mit dem auch die erste Hälfte des Fiskaljahres jUM Abschluß gelangt. — Die Jäger sind schußbereit. Am 1. September beginnt in Sachsen die Jagd auf Rebhühner. Mit Sehnsucht Huben die Nimrode diesen Tag erwartet, obgleich die Hoffnungen auf ein reiches Rebhühner-Jagdjahr sich nicht allenthalben erfüllen dürften. Die Völker sind in den einzelnen Revieren sehr verschieden stark. Gleichzeitig mit der Rebhühnerjagd beginnt mit dem 1. September die Jagd auf weibliches Edel- und Dammwild, einschließlich der Kälber beider Wildarten, Schnepfen, Hähne, von Auer-, Birk- uud Hasenwild, Wachteln, Bekassinen uud wilden Tauben. Am 1. Oktober schließt sich die Jagd auf Hasen und Fasanen an, während weibliches Rehwild erst vom 16. Oktober an, und zwar nur bis 15. De zember, geschossen werden darf. — Die Jagdkarten, welche auf das ganze Jahr aus gestellt sind, laufen mit dem 31. August ab. Für die Jagdliebhaber ist es deshalb von Wichtigkeit, sich rechtzeitig in den Besitz der Jagdkarten zu setzen. — Ein schlechtes Pilzjahr ist das diesjährige Der Ertrag der Pilzernte ist wohl selten so gering gewesen, wie in diesem Jahre. Auch hieran ist die Trockenheit schuld, denn wenn Pilze gedeihen sollen, müßen sie vor allem Feuchtigkeit haben. Warm und naß, dann schießen die Pilz; empor. Wo Regen gefallen ist, gibt es auch Pilze, aber diese Gebiete Waren ja in diesem Sommer nur klein. Am meisten werden nur Pfifferlinge gefunden, da gegen wird der mit Recht beliebte Steinpilz Nur selten gesehen. So kommen in diesem Jahre viele um ein schmackhaftes, dabei nahr haftes und billiges Gericht. — Zu einem in dem konservativen „Vater lande" erschienenen Artikel über die Notstands tarife für die sächsische Industrie schreibt das liberale „Leipz. Tageblatt.": „Die Notstands- tarffe für die sächsische Industrie finden eine wmme Fürsprache im „Vaterland". Wir fürchten auch nicht, an unserer liberalen Ge sinnung Schaden zu nehmen, wenn wir unsere aufrichtige Anerkennung für die sachlich wohl begründete und außerordentlich sympathische Art der Behandlung dieser wichtigen Materie in dem konservativen Organ aussprechen." — Man schreibt dem „Pirn. Anz." aus Halle a. S.: Nach dem Vorschlag von Professor Suchsland beschloß der Hallesche Rabattsparverein, eine Rabattprämien-Verlosung einzurichten. Die zur Verlosung kommende Summe richtet sich nach dem Jahresumsatz an Rabattmarken. Der höchste Gewinn beträgt jedesmal 1000 Mark, der niedrigste 20 Mk. Zur Teilnahme berechtigt der Besitz von mindestens drei ordnungsgemäß vollbeklebten Rabatt-Spar-Büchern. Auf je 3, 6, 9 rc. Sparbücher werden 1, 2, 3 rc. Lose abgegeben. Zur Sicherstellung des gesetzlich erforderlichen Prämienfonds haben die Mitglieder beim Markenbezug pro Umschlag 20 Pfg. zu ent richten. Der Zweck der jedes Jahr nach Weihnachten stattfindenden Verlosung ist der, zu immer regerer und ausgedehnter Benutzung der Nabattspargeschäfte gegenüber den Konsum vereinen anzuspornen. Der eifrigste Sparer erhält dis größten Gewinnchancen. Die aus losende Gewinnsumme setzt sich zusammen aus der erfahrungsgemäß recht großen Zahl von Marken, welche der Rabattverein jährlich aus- gibt, die aber in Verlust geraten, also nicht eingeklebt und demgemäß auch nicht eingelöst werden. In Halle würden auf diese W-äse iurchschnittlich 12000 Mark im Jahr zur Ver- ügung stehen. (!!). Irgend ein Risiko ist für üe Mitglieder der Rabattvereins damit nicht verbunden. Professor Suchsland hofft, seine Idee auch nach anderwärts zu verwirklichen. — Offene Nachnahmekart»n werden seit einiger Zeit nicht mehr Sonntags vorgezeigt. Liegt dem Absender daran, daß die Nachnahmekarte auch Sonntags bestellt wird, so ist in auf fälliger Weise der Vermerk darauf nieder zuschreiben: „Auch an Sonntagen und all gemeinen Feiteitagen vorzuzeigen." — Von Sammlern werden bisweilen Postkarten mit abgestempelten Briefmarken zur Post gegeben. Dies ist unzuverlässig und manch mal sogar strafbar. Zur Behandlung der artiger Sendungen hat die Postoerwaltung folgende Bestimmung erlassen: Wenn bet Post karten, die mit entwerteten Freimarken auf der Vorderseite eingeliefert werden, kein Zweifel besteht, daß der Absender die Marken nicht zum Zwecke der Frankierung aufgeklebt hat, so find die Sendungen aus Grund des Z 3 des Postgesetzes und der Postordnung von der Postveförderung auszuschließen. Von der Ein leitung eines Strafverfahrens wegen Porto hinterziehung ist in solchen Fällen abzusehen. Diese Verordnung verdankt sicher einem Falle, der kürzlich viel besprochen wurde, das Leben. Mitglieder eines Briefmarkenklubs sandten ihrem Vorsitzenden für seine Sammlung eine Postkarte, die nur mit einer gestempelten 80-Pfg.- Marke beklebt war. Daraufhin wollte sie die Post wegen Portohinterziehuug verklagen, das Gericht ging aber nicht darauf ein. Eine be trügerische Absicht lag ja auch wirklich nicht vor. Sammler sollten sich aber doch iolche Spielereien schenken, und deshalb ist die jetzt getroffene Bestimmung sehr richtig. — Vor kurzem wurde in einigen Berliner Blättern erwähnt, daß der bekanute sozial demokratische Revisionist Pastor a. D. Paul Göhre nur deshalb die Reichtagskanditur in Hof abgelehnt habe, weil er bereits für einen anderen Wahlkreis angenommen habe. Dieser „anderer Wahlkreis" dürfte, wie die „Lieberale Korrespondenz" hört, dec sächsische Wahlkreis Zschopau-Marienberg sein, den die Sozial demokraten bei der letzten Nachwahl an die Antisemiten verloren haben. Göhre entwickelt schon seit einigen Wochen in dem Wahlkreise eine intensive Versammlungstätigkeit. Die Sozialdemokraten hoffen, daß der Reichstag das Mandat des Antisemiten Zimmermann für un gültig erklären wird. — Dec Reichskanzler hat bekanntlich vor längerer Zeit eine Umfrage über eine Ver kürzung der Arbeitszeit der gewerblichen Arbeiterinnen veranstaltet. Die hierauf von den Gewerbeinspektoren erstatteten, meist sehr umfangreichen Berichte sind inzwischen im Rcichsamt des Innern einer Prüfung und Be arbeitung unterzogen worden- Sie bilden die Grundlage für eine Denkschrift, die dem Bundesrat zugehen und in der die Frage der allgemeinen Einführung eines zehnstündigen Maximal Arbeitstages für die gewerblichen Arbeiterinnen erörtert werden soll. Die ein gelaufenen Gutachten zeigen zwar, daß die An sichten über eine so tiefgreifende Verkürzung der Arbeitszeit noch vielfach stark auseinandsr- gehen und daß insbesondere in den Kreisen der Arbeitgeber die Bedenken dagegen weit überwiegen. Die Mehrheit der Gewerbe inspektoren hat trotzdem schließlich, namentlich aus Gesundheitsrücksichten, eins Verkürzung der Dauer der Arbeitszeit der gewerblichen Arbeiterinnen befürwortet und darauf hin gewiesen, daß eine solche bereits in vielen Industriezweigen ohne wesentlich nachteilige Folgen cingeführt ist. Man darf annehmen, daß sich die Denkschrift des Reichsamts des Innern in der Hauptsache auf denselben Standpunkt stellen wird. Dresden. In der Johanustadt versuchte Dienstag früh ein Hausmädchen durch Ein atmen von Leuchtgas sich zu töten. Man und es in seiner Schlafstube bewußtlos vor und brächte es in das Johannstädter Kranken- jaus. Eine Gefahr für sein Leben soll nicht bestehen. Der Beweggrund zu seiner Handlungsweise ist in Schwermut zu suchen. — Am Schalter eines hiesigen Postamts find' nachgemachte Zehnpfennigstücke dieser Tags vorgekommen und beschlagnahmt worden. Sie haben ein bleiartiges Aussehen, tragen den heraldischen Adler sowie das Münzzeichen und die Jahreszahl 1902. Die Prägung ist nicht gut gelungen und besonders zeigt das Adlerbiid verschiedene Mängel, da deßen zeichnerische Ausführung an und für ßch mit den Echtstücken keineswegs übercinstimmt. Döhlen. Schwere Brandwunden erlitt am Sonntag Mittag der Maurer Hempel beim Reinigen eines Kanals der hiesigen Glas fabrik, sodaß er mit dem Krankenwagen nach Dresden ins Stadtkrankenhaus gebracht werden mußte. Dort ist der Bedauernswerte seinen Verletzungen erlegen. Radeberg. Der Kantoren- und Organisten- vercin der Kreishauptmannschaft Dresden hält hier am 26. und 27. September eine außer ordentliche Generalversammlung ab. Daran werden sich auch die Kollegen aus der Lausitz, die noch keinen eigenen Verein bilden, beteiligen. Wallroda. Die goldene Hochzeit feierte hier das Kepplersche Ehepaar in voller geistiger Frische. Aus dem Elbtals. Ein großer Teil der jetzt beschäftigungslosen Fischer hat erfreulicher weise bei den von der Strombehörde unter nommenen Negulietungsarbeiteu usw. Be schäftigung gefunden. — Die Sperrung der Elbschisfahrt wächst sich zu einer wahren Kalamität heraus. Die böhmischen Export- rasfinerien mußten, wie aus Prag berichtet wird, bereits 2000 Wagen Zucker nach Hamburg mit der Bahn anstatt mit dem Schiffe expedieren. Der Schaden an Fracht- differinz beträgt ungefähr 250000 Mk. Kreinitz. Auf dem hiesigen Ritterguts wurde nächtlicherweise ein recht dreister Einbruchs diebstahl versucht. Die Diebs drangen in das herrschaftliche Schloß ein, fanden aber nur wenig Beute. Mit welcher Frechheit sie zu Werke gingen, erhellt daraus, daß sie bei ihrer „Arbeit" den Kronleuchter anzündeten, auch eine Flasche Wein gemeinsam tranken. Von den dreisten Tätern fehlt jede Spur. Riesa. Den vormittags gegen 3/« 8 Uhr von hier nach Dresden verkehrenden Güterzuge ist gestern bei der Ausfahrt aus hiesigem Bahnhofe eine Rangiergruppe in die Flanke gefahren, wodurch 10 Wagen teils entgleisten, teils umgeworfen wurden- Glücklicherweise sind Personen bei diesem Unfälle nicht verletzt worden, auch erlitt der Betrieb nennenswerte Störungen nicht- Freiberg. Die Krankenkaffe der Zigarren arbeiter hat in einer Generalversammlung ihre Auflösung beschlossen. Die Mitglieder werden der Ortskrankenkasse I zugeführt. Kleinstruppen. Am Sonnabend Mittag gegen 1 Uhr hat sich der an der königlichen Erziehungsanstalt seit 1. Januar 1904 ange stellte Revierförster Neumann mit seinem Ge wehr tödlich verletzt. Der Verstorbene be absichtigte am 1- September eine gleiche Stelle nn königl. sächs. Forstdienst zu Moritzburg zu übernehmen. Neumann führte auch die Ober aufsicht über die Waldungen der Stadt Pirna in der Viehleite und Elbleite. Leipzig. Beim Prüfen einer neuen Maschine geriet ein Maschinist mit dem rechten Fuße ins Getriebe, wobei ihm sämtliche Zehen zermalmt wurden. — Die 34 Jahre alte Spinnerin Bertha Kirchhof geriet mit ihrem Haar in eine Maschine, infolgedessen der Unglücklichen die ganze Kopfhaut mit dem Haar abgezogen worden ist. — Durch den früh 3 Uhr 25 Minuten von München—Hof hier eintreffenden O-Zug wurden auf dem Bayerischen Bahnhofe dem Lampenwärter Finsterbusch beide Unterschenkel überfahren. — Die Mysterien eines Privatdetektivbureaus enthüllt ein derzeit vor dem Kgl. Landgericht staltfindender Prozeß gegen den früheren Advokatenschreiber G. Liebhaber, der nach seiner in Plauen erfolgten Bestrafung wegen Unter schlagung und Beleidigung sich hier „etablierte" und wegen Urkundenfälschung, Betrugs Er pressung, Nötigung und anderer Delikte ange klagt ist. Obwohl ihm die Gewcrbebehörde 1908 den Betrieb untersagte, setzte Liebhaber sein Geschäft zum Schaden der Auftraggeber fort. Chemnitz. Von dem abends 6 Uhr von hier nach Stollberg verkehrenden Personenzuge ist vorgestern unweit Jahnsdorf im Erzgebirge ein unbekannter, etwa 20 Jahre alter Mann überfahren und getötet worden. Der Unglüchliche dürfte den Tod gesucht haben. Oberneumark. Von einem Wespenschwarm überfallen wurde der Gastwirt und Guts besitzer Christian Brenner beim Ackern, sodaß die Pferde mit dsm Pflug durchgingen und Brenner von dem Schwarm derart zugerichtet wurde, daß er in seine Wohnung gebracht werden mußte. Der schnell herbeigerufens Arzt hofft ihn am Leben zu erhalten. Crottendorf. Im benachbarten Elterlein, wo infolge des Nichthabhaftwerdens des Raub mörders Schramm noch immer große Be unruhigung herrscht, wurde der dortige Polizei- wachtmeister wegen Verdachts eines vor neun Jahren geleisteten Meineids verhaftet. Crimmischau. Wegen dec Erklärung des Boykotts über die Brauerei Arno Mummert im Mai durch Flugblätter und Plakate er hielten der Gewerkschaftskartellvorsitzende Karl Köhler und der Brauer Heidel hier, sowie die Verleger des „Sächsischen Volksblattes" Berger und Seifert in Zwickau und der Direktor der „Leipziger Volkszeitung" Strafbefehle in Höhe von 2 bis 50 Mark. Hiergegen erhoben die Genannten Einspruch, worauf das Schöffen gericht erkannte, daß die Strafbefehle zu Recht erlassen wurden. Nur den Verlegern des „Sächsischen Volksblattes" wurden die Strafen erlassen. Plauen. Gegen den beim Zirkus Carro (gegen wärtig in Dresden) angestellten Restaurateur ist Anzeige wegen Nahrungsmittel-Verfälschung erstattet worden, weil er, während der Zirkus in Plauen weilte, Tropfbier verschänkt und dem Gerstensaft auch Wasser zugesetzt haben soll-