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Ottendorfer Zeitung. Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- ag und Zonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich Mark. Durch die Post bezogen ^20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten tt, vormittag w Uhr. Inserate werden wtt w Pf. für die Spaltzeile »«rechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck unö Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 100. Sonntag, den 21. August 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, 20. August 1994. — Wie die Heidelbeeremte belanglos war, so gilt das auch von der Pilzernte. Während im vorigen Jahre gerade um diese Zeit unsere Wälder einen Pilzreichtum aufwiesen, so ge hören Heuer Pilze zu den Seltenheiten. — Zur Linderung der Futternot schreibt Geh. Oberfmstrot Dr. Neumeister- Tharandt in No: 33 der „Landw. Zeitschrift Bei der lang anhaltenden Trockenheit wird die Futternot immer größer. Zur Abminderung derselben sollte man das Futterlaub oder Futterreisig beachten, das bekanntlich in den südlichen Ländern ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Futter für die Haustiere gewährt. Wenn es sowohl im Interesse der Landwirt schaft wie der Forstwirtschaft lie.ck, das Futter- reisig zur Zeit des höchsten Nährwertes (Ende Mai oder Anfang Juni) in den Niederwald schlägen einschl. der Eichenschälwaldschläge zu gewinnen, ist es für Heuer diese beste Zeit allerdings vorbei. Aber es können von jetzt ab noch Schneidelungen in dem nächstjährigen Schlage ohne wesentlichen Schaden ausgeführt werden und es sind zeitigere Herbsthiebe im Niedeiwalde ins Auge zu fassen. Ja in einem Notjahr wird man auch Lchneidclungen aus nahmsweise dort gestatten, wo mit geringem Schaden ein wesentlicher Nutzen erreicht wird. Die Schncidelungen und Aufastung von Laub- hölzern, die an Bächen, Wegen, Rainen stehen, ergibt oft einen bcachtlich-n Ert-ag. Bei den Schneidelungen sollen hauptsächlich Zweige bis etwa 1 om Stärke, unter Verwendung von H-ckenschcercn, Stangenscheeren etc. entnommen werden. Jedenfalls empfiehlt es sich, die Cchneidelungen tunlichst bald auszusühren, da der Futterivert des Laubreisigs mit der fort schreitenden Jahre sinkt. Es ist anzuraten, das Laubreisig nur zum Teil grün und neben anderen Futlcrmutcln zu verabreichen. Zweck mäßiger ist die Fütterung mit gut getrocknetem Laubreisig in gewöhnlicher Form oder nach dem Häckseln, Quetschen, Zerstampfen, als Beimischung zum Siedefutter. Ueber den Nährwert des Laubreisigs gibt meine kleine Schrift: „Fütterung des Edel- und Rehwildes" (Akademische Buchhandlung in Tharandt) Aufschluß. Auffallend hoch steht der Nährwert des Reisigs vom Hollunder (schwarzer und roter), Rüster, Ahorn, Erle, Fichte, Eiche etc. Ler besonders hochwertige Hollunder soll von einigen Haustieren weniger beliebt werden, als andere Laubarten; eine mir zugegangene Mit teilung über Füttcrungsversuche spricht aber aus, baß gequetschtes Hollnnderreisig bis zu 25°/o Beimischung von Haustieren willig an genommen wurde. Ich möchte daher empfehlen den oft in großen Massen in unieren Waldungen austrelenden Hirschhollundcr besondere Auf merksamkeit zuzuwenden, die Zweige abzubrechen und langsam zu trocknen. Besonders reichlich dürfte in manchen Gegenden die Laubnutzung bei der Eiche sein, die ein vorzügliches Futter für Haustiere und Wild abgibt. Zweckmäßiger- werse sollte Heuer auch zur Erhöhung der Lauvnutzung das sog. Laubholz-Weichholz tunlichst aus den Kulturen herausgenommen und, soweit noch möglich, das Himbeerkraut, Heidelbeerkraut und Heidekraut eingesammelt werden, — Wie für die Landwirtschaft so scheinen jetzt auch für die Industrie Notstandstarife eingcführl werden zu sollen. Wenigstens be richtet ein Berliner Blatt: Der preußische Eisenbahnminister hatte eine Abordnung des Bundes der Industriellen am Donnerstag zur Besprechung über die Einführung vorüber gehender Eisenbahnnotstandstarife für die Industrie infolge des anhaltenden Versagens der Wasserstraßen empfangen. Gleichsam zur Belästigung der letzteren Bemerkung wird aus Cö!n gemeldet: Die Cölner Pegelböhe zeigt gegenwärtig einen Wassersland von bloß 1,15 m, sodaß die Schleppschiffahrt bis Mannheim ein gestellt werden mußte. Auch im Ruhrgebiet ruft der niedrige Wasserstand empfindliche Stockungen hervor. Wie schlimm es in unserm Elbbebiet steht, wurde erst in voriger Nummer an dieser Stelle bemerkt. — Ein teuerer Winter wird von allen Seiten angekündigt. Schaut man sich um, so gewinnt man den Eindruck, daß die schlimmen Propheten, die solches verkündigen, le'der recht behalten werden. Im deutschen Reiche haben wir trotz des trockenen Sommers zwar eine leidlich gute, ja angesichts der Witterungs verhältnisse sogar überraschend reiche Getreide ernten gehabt; dafür ist es aber zur unum stößlichen Gewißheit geworden, daß die Kartoffelernte beträchtlich in die Höhe gehen wird. Der Schaden ließe sich wenigstens für die große Menge der Konsumenten ausgleichen wenn das Ausland eine befriedigende Ernte gehalten hätte. Aber auch von dort hört man nichts als Klagen und trübselige Berichte. — Früherer Wegzug der Vögel. Unter der abnormen Witterung haben auch unsere Zugvög l, denen der Tisch nicht so reichlich wie sonst gedeckt ist, zu leiden. In ihre Schlupf winkel immer tiefer verkriechen sich die Insekten und das Gewürm, so daß die gefiederten Sänger, denen es an der nötigen Nahrung namentlich in höher gelegenen Gegenden vielfach fehlt, sich schon jetzt zur Abreise vor bereiten und ihre gemeinschaftlichen Flugversuche unternehmen. Dem aufmerksamen Beobachter wird es nicht entgangen sein, daß die Schwalben bereits zum größten Teil andere Gegenden ausgesucht haben und auch die Staare sammeln sich schon zum Wegzuge. — Ein gutes Jagdergebnis in Hasen steht tn diesem Jahre auch den vogländischen Jägern in Aussicht. Aus böhmischen Nachbar orten, woselbst die Jagd auf Hasen bereits am 1. August begonnen hat, werden Hasen in Mengen jetzt täglich über die Grenze gebracht. — Gemäß der in K 2331 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches enthaltenen Form- Vorschrift müßen eigenhändige Testamente von dem Erblasser eigenhändig unter Angabe des Ortes und Tages geschrieben und unterschrieben sein. Der Wortlaut dieser Bestimmung erregt den Zweifel, ob es genügt, wenn ein solches Testament überhaupt ein Datum enthält' Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Die Recht sprechung stellt sich vielmehr, auf den Stand punkt, daß das angegebene Datum richtig, der Wahrheit entsprechend sein muß. In diesem Sinne entschied auch der dritte Zivilsenat des Kölner Oberlandsgerichtes in folgenden Falle: Eine am 15. Januar 1903 in der Universitäts klinik zu Bonn verstorbene Ehefrau hat als ihre gesetzlichen Erben ihren Ehemann und sechs Geschwister hinterlassen. Durch eigenhändiges Testament, welches das Datum „Sechtem, den 10. Januar 1903" trägt, setzte sie ihren Ehemann als alleinigen Erben ein. Dieses Testament fochten zwei der Übrigen gesetzlichen Erben unter anderem deshalb als nichtig an, weil das Testament nicht am 10- Januar 1903 zuSechtem, sondern frühestens am 13. Jan. 1903 in der Klinik zu Bonn errichtet worden sei. Von dem Landgerichte zu Bonn wurde die Anfechtungsklage der übrigen zwei gesetzlichen Erben gegen den Ehemann der Erblasserin als unbegründet abgcwiesen. Das Oberlandesgericht hob das landgerichiliche Urteil auf und legte durch bedingtes Endurteil dem Beklagten — ! ämlich dem Ehemann der Erblasserin — einen Eid auf, daß es wahr sei, daß das Testament in seiner Gegenwart von seiner verstorbenen Ehefrau zu Sechtem am 10. Januar 1903 geschrieben sei. Wenn der Eid geleistet wird, bleibt es bei dem landgerichtlichen Urteile, im Falle der Eidsverweigerung dagegen wird der Anfechtungsklage stattgegeben und das Testament für nichtig erklärt. In der Urteilsbegründung des Oberlandesgerichtes ist folgendes ausgeführt; Tas angefochtene Testament genügt dcn Fvrm- oorschriften de» tz 2231 Ziffer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Bezüglich der Form des eigenhändigen Testamentes bestimmt das Bürgerliche Gesetzbuch an der bezeichneten Stelle, daß die Erklärung vom Erblasser unter Angabe des Ortes und Tages eingenhändig ge- und unterschrieben sein muß. Diese Vorschrift „unter Angabe des Ortes und Tages" ist dahin zu verstehen, daß das Datum der Wahrheit entsprechen muß und daß der Mangel der richtigen Datierung die Nichtigkeit des Testamentes gemäß § 125 des Bürgerlichen Gesetzbuches bewirkt. Auch das Reichsgericht weist zur Begründung dieser Ansicht für das neue Recht weiter darauf hin, daß die Fassung „unter Angabe des Ortes und Tages" in Z 2231 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Ab sicht des Gesetzgeber» erkennen lasse, daß der Erblasser zur Angabe des richtigen Datums genötigt sein soll. Die Beweiülast, daß das Datum unrichtig und deshalb das Testament nichtig sei, treffe die. welche es anfechten. Dresden. Mit einer großen Elitevor stellungeröffnet der „Viktoria-Salon" Sonnabend den 27. August die Wintersaion. — Die Wochenschrift „Der Beobachter" Nr. 33 vom 17. August ist Mittwoch abend wegen eines anstößigen Artikels über das nächtliche Treiben auf der Vogelwiese, sowie wegen beleidigender Bemerkungen über das Sächsische Königshaus auf Antrag der Polizei direktion gerichtlich beschlagnahmt worden. — Einem Schwindler ist ein hiesiger Geschäftsmann zum Opfer gefallen Der Betrüger der sich Oekonomiebeamter Karl Strache aus Brüx in Böhmen nannte uud ungefähr drei Wochen in einem Gasihause hier gewohnt hatte, erwartete täglich angeblich einen Geld brief. Während seiner zeitweisen Abwesenheit ging ein solcher Über 250 Mark ein. Da es an jenem Abende zu Erhebung des Geldes zu spät war, borgte er dem Wirt 4V Mark ab unter dem Versprechen der Wiedergabe am nächsten Tage. Da dem Wirte die Sache verdächtig vorkam, schickte er am nächsten Morgen seinen Buchhalter mit zur Post. Diesem übergab Strache den Geldbrief zur Aushändigung an den Wirt, während er sich selbst, unter dem Vorgehen, er wolle der Ab senderin seinen Dank sofort persönlich aussprechen zu entfernen wußte. Bei Eröffnung des Geldbriefs stellte sich heraus, daß Strache ihn selbst abgeschickt und nur Papierschnitzel ein gelegt hatte. Vor dem Betrüger sei gewarnt. — Die Verhandlung gegen den Geh. Kommeuzienrat Viktor Hahn findet am 9. September vormittags S Uhr vor der III. Strafkammer des hiesigen Königlichen Landgerichts unter dem Vorsitze de» Herrn Landgerichtsdirektors Abbe statt. Königsbrück. Die Ehefrau de» hiesigen Wachtmeisters W. wurde am Dienstag abend erhängt in einer Bodenkammer aufgefunden. Sie hinterläßt noch ein 12 jährige» Mädchen. Weinböhla. Gestern Vormittag wurden auf dem hiesigen Friedhöfe durch eine Wind hose die auf einem noch neuen Grabe sich befindlichen Kränze und Palmenzweige und sonstiger Blumenschmuck haushoch in die Lüfte entführt und zum Teil nach ein große» Stück in östlicher Richtung davongetragen. Coswig. In der Wohnung ins Lehrer» Berge wurde in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ein ganz raffinierter Diebstahl ausgeführt. Von dcm Einbrecher sind eine große Geldsumme, Speisen und Nippfachen gestohlen worden. Die Person muß mit den Verhältnissen vollständig vertraut gewesen sein. P 0 demus b. Cossebaude. Heute Mittag brach hier eine große Feuersbrunst aus, der mehrere Güter zum Opfer fielen. Da Wasser mangel herrschte, waren die benachbarten Wirtschaften sehr gefährdet. Die Dresdner Feuerwehr wurde zu Hilfe gerufen. Die Dampsspritze rückte jedoch nicht mit au», da ihr Eingreifen bei Wassermangel zwecklos ist. Leipzig. Der größte Teil der SOO hiesigen Bauschlosser und Konstruktionsarbeiter hat gestern die Arbeit niedergelegt, da eine Einigung mit der Innung nicht erzielt werden konnte. Die Forderungen der Arbeiternehmrr sind in der Hauptsache: neunstündige Arbeits zeit, Minimalstundenlohn von 45 Pfg. für gelernte und von 38 Pfg. für ungelernte Arbeiter und Einsetzung einer Kommission zur Schlichtung von Streitigkeiten. Die Innung«- Meister bewilligten nur neunetnhalbstündige Arbeitszeit und einen Mindeststundenlohn von höchsten« 35 Pfg. und lehnten die Einführung einer Kommission ab. Kotzschbar b. Leipzig. Bei den Erd- ausschachtungsarbeiten für die Gasrohrlegung wurden von einem Arbeiter alte Münzen im Gewicht von etwa 2*/, Pfund gefunden, die anscheinend in einem Lederbeutel aufbewahrt gewesen sind. Die Silberstücke waren noch recht gut erhalten, während das Kupfergeld fast unkenntlich war. Die Münzen stammen au» dem Ende des achtzehnten Jahrhundert«. Lausigk. Hier verunglückte der frühere Botenfuhrmann (Lausigk - Grimma) Martin dadurch, daß er aus dem von ihm geführten Lastwagen stürzte und die Räder ihm über die Brust gingen. Martin war sofort tot. Lauter. Im Dezember v. I. war der in einem Emaillierwerk angestellte 21 Jahr« alte Kontorist Fieck nach Unterschlagung von Geldern flüchtig geworden. Der Flüchtling hat sich in Pari« für die französische Fremden legion anwerben lassen und befindet sich nun als Soldat in Tiaret in Algier. Das Leben in der Fremdenlegion behagt ihm jedoch nach einem Brief an seinen früheren Chef gar nicht; er hat den unüberlegten Schritt schon bitter bereut. Au« dem Vogtland«. Die Getreide ernte geht in diesem Jahre infolge der an haltenden Wärme so flott von statten, daß, wenn die Witterung länger anhält, da« Erntefest 14 Tage bi» 3 Wochen früher al- andere Jahre gefeiert werden kann. Berngrün i- V. Durch eine Dienstag nachmittag hier ausgebrochene Feuersbrunst wurde das ganze Horlbecksche Bauerngut ein Raub der Flammen. Vernichtet wurde da« gesamte Mobiliar, die Ernte und viel Geflügel. Die Mutter und da» kleinste Kind Horlbecks konnten nur mit größter Mühe gerettet werden. Da« Feuer verbreitete sich auch auf da» Fröbischsche Bauerngut, von dem das Wohn gebäude und die Scheunen eingeäschert wurden. Das Feuer soll ein Knabe angelegt haben. Plauen. Einem hiesigen Kaufmann wurde vor einigen Tagen seine goldene Taschenuhr gestohlen. Außer der Uhr hatte der Dieb eine Büchs« Kaviar mitgrhen heißen. Der Bestohlene hatte sich schon mit dem Ge danken vertraut gemacht, daß die Uhr auf Nimmerwiedersehen verschwunden sei. Seine Ueberraschung war daher um so größer, al« er im Postpaket seine Uhr und 1 Mark für den Kaviar zugesandt erhielt. Plauen i. Vogtlande. Der Berufsfahrer Karl Käser-Basel, der, wie gemeldet, infolge des unglücklichen Sturzes am vorigen Sonntag gestorben ist, ist gestern hier beerdigt worden. Der Todestag Käser« ist mit dem Geburtstag seiner jungen, ihm vor drei Wochen in London angelrauten Frau zusammengefallen. Großräscken. Im Braunkohlentagebau „Bertha" der Grube Viktoria (vorm. Fried. Hoffmann G. m. b. H.) wütet ein gewaltiger Brand. Die eingetriebenen unterirdischen Gänge (Stollen) brennen nach dem Innern au«. Ca. 240 Morgenbestand des Wald komplexe» an der Niemtsch-Koschener Grenze sind von dem verherrenden Element ergriffen. Einem schaurig-schönen Anblick gewährt abend» der brennende Tagebau, dessen hoch empor lodernde Flamme weithin sichbar sind. Eine Berliner Dampfspritze mit Bedienungtmann- schaften Gunter dem Kommando de» Brand inspektor« Becker ist zur Hilfe eingetrossen.