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Ein Reinfall. Die Ehrlichkeit der Pariser Droschkenkutscher wird vorzüglich durch folgende Anekdote illustriert, die zurzeit die Runde durch die Pariser Presse macht. Es regnet heftig; ein gutgekleideter Herr springt eilig in eine Droschke und läßt sich heimfahren. Unterwegs merkt er zu seiner Bestürzung, daß er keinen Centime in der Tasche hat, er hat sein Porte monnaie irgendwo liegen lassen. Was tun? Sobald der Wagen sich dem Ziele nähert, läßt er halten, steigt aus und bittet den Kutscher um ein Streichholz, es sei ihm ein Goldstück unter den Sitz gerollt. Im Nu haut der Kutscher auf die Pferde ein und jagt davon. Und der Pasfagier geht, ohne zu zahlen, von dannen. Aufgefnndcncs Schlangennest. Uber die Entdeckung eines kolossalen Schlangennestes schreibt man aus Moulins dem,Petit Parifien': Der Bau unternehmer Hygonnet wollte mit zwei Arbeitern Martin und Beyrion bei Entremiol eine Schleuse auSbessern. Der Schleuse gegenüber befindet sich ein kleiner Abhang; hier hatten die Arbeiter ihre Röcke niedergelegt, und ein kleines Mädchen von sieben Jahren sah auf einem Stein neben den Kleidungs stücken. Als nun der eine Arbeiter aus seinem Rocke einen Tabaksbeutel holen wollte, bemerkte er Plötzlich, daß aus einer Spalte des mit Steinen belegten Abhanges eine Schlange ihren Kopf hervorstreckte. Er riß sofort das Kind weg, rief seine Kameraden und hob mit ihnen den Stein von seinem Platze. Sie fanden und töteten auf der Stelle 23 Kreuzottern, die unter dem Stein ihr Nest hatten. Nun wurde ein ganzer Teil des Abhanges aufgewühlt, und die Arbeiter vernichteten nicht weniger als 406 Ottern, von denen die kleinste 22 Zintimeter lang war. Außerdem sanden sie 166 Schlangeneier, die sie mit den ge töteten Schlangen in ein Faß warfen, um sie den zahlreichen Neugierigen, die von allen Seiten herbei liefen, zu zeigen. 24 Stunden später waren aus allen Eiern niedliche kleine Schlangen ausgekrochen, die namrlich sofort vernichtet wurden. Da die Vernichtung von Ottern prämiiert wird, werden sich die Arbeiter über ihre unerwartete, aber gefähr liche Entdeckung nichr zu beklagen haben. Vom Kaiser" der Sahara. Ein bel gisches Blatt enthielt dieser Tage eine Anzeige, in der die Gesandtschaft des „Kaisers" der Sahara, Jaques' I., von dessen Wohnungs sorgen wir erst kürzlich berichteten, bekannt gibt, daß der „Kaiser" der Sahara sein gesamtes Eigentum in Europa verkaufen will und daß Reflektanten sich an die europäische Gesandt schaft des „Kaisers" in Brüssel, Avenue Louise, wenden mögen. Es handelt sich um große Liegenschaften im Gebiete des Departements Saone und Loire in Größe von 3000 Hektar, sowie um sechs Häuser in Paris, mehrere große Grundstücke in Reims und ziemlich umfangreiche Waldungen in der Nähe von Ludes und Chsny. Ein Zyklon in Sorrent bei Neapel warf am Dienstag ein Haus ein und begrub unter dessen Trümmern neun Personeu. Sechs konnten gerettet werden, die andern drei wurden ge tötet. Dreißig weitere Häuser drohen einzu- ftürzen. Die unbemittelten Bewohner wurden in Militärzelten untergebracht. Auch die Felder in der Nähe der Stadt erlitten vielfachen Schaden. Die weiblichen Studenten der Medizin in der Schweiz haben der Zahl nach die Männlichen Kommilitonen bereits überflügelt. Insgesamt studierten auf allen Schweizer Uni versitäten im letzten Winter 1654 Medizin, darunter waren 763 männliche und 891 weib liche Studenten. Natürlich ist die große Zahl der Ausländerinnen (vorwiegend Russinnen) zu berücksichtigen. Der Kampf mit dem Gletscher. Am 11. Juli 1892 wurde der Ort Samt-Gervais am Westabhang des Montblanc verwüstet. Im Innern des Gletschers von Töte Rousse hatte sich allmählich eine große Höhlung gebildet, in der sich die Schmelzwasser ansammelten, bis sie schließlich gewaltsam ausbrachen, in das zur Arve führende Tal hinabstürzten und auf ihrem Wege entsetzliche Zerstörungen anrichteten. Man vermutete, daß ein solcher Vorgang sich wieder holen könnte und nahm infolgedessen beizeiten Untersuchungen vor. Nach achtjähriger Arbeit ist es jetzt gelungen, den im Eis gefangenen See, der sich bereits wieder gebildet hatte, an zuzapfen und abzuleiten. Es wurden 18 000 Raummeter Wasser, die in einer Höhlung von 50 Meter Länge, 40 Meter Tiefe und 4 Meter Brette im Eis eingesperrt gewesen waren, in 2V- Stunden ins Tal abgelassen, ohne daß ein Unfall dadurch entstand. Durch den zu diesem Zweck in den Fels gesprengten etwa 200 Nieter langen Tunnel hofft man die Gefahr für immer beseitigt zu haben. Ein schlimmer General. Im allgemeinen soll die Verpflegung der russischen Soldaten im Kriege jetzt gut sein. Allerdings sollen Fälle vorgekommen sein, wo russische Truppen zwei Tage gehungert haben und nichts zu essen be kamen ; doch lag das nicht an der Intendantur, sondern, wie eine Korrespondenz des vielge nannten ,Nemirowitsch Dantschenko' berichtet, an Briefe eines seiner Offiziere hervor und der mit den Worten schließt: „Hätte doch eine japanische Kugel die Kanaille geholt!" (Siackel- berg ist bekanntlich seines Kommandos enthoben worden.) Über ein eigentümliches Phänomen, das dem englischen Schiff „Mohican", nach Philadelphia unterwegs, auf hoher See begegnete, berichtet der soeben in Queenstown angelangte amerikanische Dampfer „Westmorland": Es war am 1. August, als das Schiff sich plötzlich in eine dichte Wolke eingehüllt sah, die ein merkwürdiges phosphorisches Ansehen hatte, alles an Bord wurde magnetisiert. Das Schiff selbst und die Besatzung schienen zu leuchten. Als man nach dem Kompaß sah, drehte sich die Nadel fortwährend wie ein elektrischer Fächer. Der Kapitän befahl der Mannschaft, die eisernen Ansichten ans -er von den Japanern besetzten Stadt Uorssakow. der Frau des Barons Stackelberg, des Feld herrn von Wafangou. Der Zug der Frau Generalin Stackelberg hielt das Gleis besetzt, und so konnten die Jntendanturzüge nicht heran gebracht werden. Sie waren wohl in den Augen der Dame überflüssig, welche sich einmal die Heldentaten ihres Gatten ansehen wollte. Diese bestanden derselben Quelle nach darin, daß er in der Schlacht, zu welcher er den einzelnen Regimentskommandeuren nicht einmal einen Dispofitionsplan gegeben, durch Abwesen heit glänzte und schließlich beim eisgekühlten Sekt in seinem Sonderzuge aufgejunden wurde! I Für die Schwerverwundeten war aber kein Eis vorhanden. Wieviel dieser Heerführer wert ist, und welche Schuld er an dem Fehlschlägen der Schlacht trägt, geht wohl am besten aus dem Ketten zu entfernen, die auf Deck lagen. Das war aber unmöglich, obwohl dieselben einzeln nur 75 Pfund wogen. Alles schien fest zusammenzu halten. Die Wolke war so dicht, daß es unmöglich war, Weiler zu fahren, da man nicht über den Rand des Schiffes hinüber sehen konnte. Alles leuchtete, wie als ob man von einem Flammenheere umgeben war. Plötzlich erhob sich die Wolke, das Glühen auf dem Schiffe ließ nach und einige Minuten lang sah man die Wolke noch über das Wasser hinwegziehen. GericktskaUe. Königsberg. Wegen schwerer Majestätsbeleidi gung, begangen im November v. unter Bezugnahme auf die Halskrankhsit des Kaisers, wurde der ,Hart. Zig/ zufolge die bisher unbescholtene Handetsfrau Auguste Hallmann von der Ferienstrafkammer z« drei Monat Gefängnis verurteilt. Nürnberg. Der Buchhalter Bruno Bergner eignere sich als Angestellter eines hiesigen Bank geschäftes Wertpapiere im Betrage von 2500 Mk. an und ließ sie durch seinen Vater, den Friseur Bergner in Leipzig-Gohlis, in Frankfurt a. M. ver silbern. Als das gleiche Manöver mit einem auf 3000 Mk. lautenden Stück Nürnberger Stadtanleihe versucht wurde, kam die Sache an den Tag. Die Strafkammer verurteilte den jungen Bergner wegen schweren Diebstahls zu 1 Jahr 6 Monat, und seinen Vater wegen Hehlerei zu drei Monat Ge fängnis. U berliner k^umor vor kerirkt. Der entlaufene Bräutigam. Vor dem Schöffengericht hatte sich Fräulein Langer wegen tätlicher Beleidigung und Sachbeschädigung zu ver antworten. Fräulein Langer zählt 34 Lenze und wurde beschuldigt, ihre ehemalige Zimmerkollegin, Fräulein Schubert, mit einem Sonnenschirm attackiert zu haben. Die Angegriffene trug dabei eine Beule am Kopfe davon, außerdem nahm ihr Hut, der damals noch „wie neu" war, unter den Schirm hieben der Angreiferin eine absolut unmoderne Form an. Fräulein Schubert legte auf den Zeugentisch einen wirren Knäuel von Draht geflecht, zerknitterten Bändern und zerzausten Federn nieder und erklärte mit verhaltenem Zorn, dies sei der schöne Hut, der ehemals ihr blondes Haupt geziert habe. — Vorsitzender: Nun, Angeklagte, Sie hatten wohl auf Fräulein Schubert einen heftigen Groll? — Angeklagte: Vorher nich, da waren wir die besten Freundinnen, erst wie die Sache mit det Jebiß passiert war, da haben wir uns verfeindet. — Vors.: Erzählen Sie mal recht kurz die Geschichte mit dem Gebiß. — Angekl.: Die Zeugin Schubert und icke hatten zusammen een möbliertet Zimmer jemietet. Wir waren sehr befreundet und fingen öfters aus. Eenes Sonntachs lernten wir eenen jungen Mann kennen, der mir abends zu Hause brachte und mir erklärte, ick jefiele ihn sehr jut und er würbe mir heiraten. — Vors.: Und diesen Antrag machte er Ihnen gleich am ersten Abend? — An gekl. : Jawoll am ersten Abend. Wir verabredeten, da er mir ooch jefiel, uns eenen Abend an de Hoch bahnstation Oranienstraße zu dreffen. Am Morjen desselben Dages vermißte ick mein kinstlichet Jebiß. Ick erinnerte mir janz jenau, det ick et abends in een WafferjlaS uff'n Disch jelejt hatte und trotz dem blieb et trotz allen Suchens verschwunden. Ick war natterlich untröstlich. Abschreiben konnte ick meinen neuen Bräutjam nich, weil ick seine Adresse noch nich wußte. Et blieb mir also, wenn ick ihn nich inbüßen wollte, weiter nischt iebrig, als Hinzujehn und so zu dun, als ob ick fürchterliche Zahnschmerzen hätte I Er bedauerte mir riesig, als ick mir det Taschenbuch vor den Mund hielt und janich sprechen konnte. Er war ooch inverstanden, det ick jleich wieder zu Hause jinge und wir uns een andermal träfen, aber erst sollte ick mit ihm in een Restaurant jehn und een'n Rum uff den kranken Zahn nehmen. Mein janzet Sträuben half allens nischt, ick mußte mit, um ihn nich schließlich mißtrauisch zu machen. Als ick den Rum injenommen und den Kopp entsprechend uff de Seite jelegt hatte, kam mir det scharfe Zeuch in de unrichtje Kehle, sobet ick fürchterlich husten mußte un fast erstickt wäre. Dabei mußte ick natierlich den Mund uff- machen und mein Bräutjam sah nu, wat los war. Er stand jleich uff und fing; ick hinter ihn her. Draußen vor die Diere kriegte er det Loofen. Ohne mir adje zu sagen und ohne sich een eenzijet Mal umzusehen, rannte er die Straße lang, sodet er beinahe von eenen Rollwagen ieberfahren worden wäre. Als ick zu Hause kam, lag det Jebiß uff 'n Disch. Die Schuberten, die ick den andern Dag zur Rede stellte, lachte fo höhnisch, det ick erkannte, sie hatte det Jebiß versteckt jehabt. Dadruf ver tobakte ick ihr mit den Schirm. — Die Zeugin Schubert gestand nach langem Zögern ein, daß sie wirklich aus Neid das unentbehrliche Gebiß versteckt hatte. Fräulein Lange wurde mit 15 Nik. Geld strafe belegt. Kuntes Allerlei. Eigenartige öffentliche Danksagung. In einer amerikanischen Zeitung konnte man dieser Tage folgende merkwürdige Anzeige lesen: „Herr und Frau Heays gestatten sich, auf diesem Wege allen Freunden und Nachbarn, die sich die große Mühe gemacht haben, dem Brande ihres Wohnhaufes in der Nacht vom Donnerstag zum Freilag beizuwohnen, ihren tiefge- sühltestenDank auszusprechen!" Diese Amerikaner find doch noch höfliche Leute. Die Anwesenheit des Königs und des Kardinals war vergessen. Dieselben Leute, die bereit waren, über die kleinen Punkte der höfischen Umgangsformen miteinander zu kämpfen, als gälte es, die wichtigsten Lebens fragen zu entscheiden, hatten plötzlich das steife Gewand der Etikette abgestreist und standen da, ungeschminkt, ungetüncht, als Menschen. Sie erkletterten Stühle und Bänke, wehten mit den Tüchern und schrien sich heiser — eine seltsame Szene, die den erstaunt aufhorchenden Massen auf der Straße den Triumph der Wahrheit verkündete. Der König hatte Jehann zu sich rufen lassen und wurde nicht müde, ihn mit Fragen zu bestürmen. Als das Toben sich ein wenig gelegt hatte, Hörle man den Chevalier de Breßly sagen: „L»r visu, Majestät! Jetzt erinnere ich mich, daß vor ungefähr acht Jahren plötzlich ein Kind der Familie verschwand. Man jagte da mals, es sei in dem Flusse ertrunken. Es war in der stürmischen Zeit der Belagerung von La Rochelle und die Provinz litt schwer unter den Unruhen des Krieges. Monsieur und Madame de Martinbault waren schnell hinter einander gestorben und der Chevalier de Vidoche bemühte sich vergebens, Aufklärung in der An gelegenheit zu schaffen. Es scheint mir jetzt selber, als ob an der Geschichte etwas Wahres ist — doch nein, ich muß mehr sagen — ich wette zehn gegen eins, daß wir hier den ver lorenen Knaben wiedergefunden haben!" „Der Herr sei gepriesen! Der Herr sei ge priesen!" ries Vater Bernard. „Es ist Gottes Fügung. Ein Engel führte Jehann zu mir. Er ist der Bruder der Madame de Vidoche!" O, wie alle die guten Freunde und Freun dinnen jetzt plötzlich lachend und weinend zu der armen Gefangenen traten, um sie zu küssen und ihr die Hand zu drücken. Doch in all dem Lärm vernahm Madame nur das eine Wort „Bruder", das jetzt jubelnd von Mund zu Munde ging; sie sah nur die eine Gestalt des schmächtigen Knaben, der seinen Kopf weinend an Vater Bernard schmiegte. Und wieder schien es ihr, als sänke sie zurück in die Vergangenheit, aus der das väterliche Schloß stolz auftauchte ... dort sprang sie auf den Kieswegen umher, versteckte sich hinter einem Busche und ein tollpatschiger kleiner Knabe watschelte herbei, um ihr die runden Arm« um den Hals zu legen und sie zu küssen. Mit plötzlicher Bewegung durchbrach Madame das Gewühl der sie umdrängenden Gestalten. Sie stürzte vorwärts und riß den Knaben an sich, und indem sie flüsterte: „Du bist es — Jehann, mein Bruder!" Der König selber taufte das Fest „Martin- bault-Weihenacht" und unter der Bezeichnung lebte es noch lange in der Erinnerung der Pariser Aristokratie fort. Seit Menschengedenken hatte das Christkind der auserlesenen Bevölkerung von Paris nicht soviel Unterhaltung und Verstreuung geboten. Alle Karnevals zusammen, die Bälle im Palaste des Königs, ja sogar die Festlichkeiten des Kardinals, der seinen Gästen kostbare Ge schenke machte, waren nicht halb so viel wert, als die eine Gerichtsverhandlung im Palais de Justice. Diejenigen, die das Glück gehabt hatten, bei der Verhandlung gegenwärtig zu sein, vergnügren sich damit, den Neid ihrer Freunde auf das äusterste zu reizen, indem sie wieder und wieder erzählten, in welcher Reihen folge sich die wunderbaren Enthüllungen em- stellten, wie gräßlich Madame geschrien, wie scharfsichtig der Kardinal die Sachlage sofort erkannt und wie der König in seiner Aufregung sogar vergessen habe, zu stammeln. Unternehmungslustige Dichter unterbreiteten die Angelegenheit ihrer Muse zur poetischen Verwertung. Vor dem Palais Vidoche, vor dem großen Gefängnis, vor dem Gerichts- gebäude verkaufte man diese epischen Ergüsse und diejenigen Dichter, die besonders unter nehmungslustig waren oder vielleicht auch be sonderer Inspiration bedurften, postierten sich in der Nähe des Galgens, wo die Raben sich an den verwesenden Gebeinen von Solomon Notredame mästeten. Es war schade, daß Madame alle diese zu ihren Ehren veranstalteten Demonstrationen nicht würdigte. Trotz der Warnung ihrer Arzte ent floh sie am Tage nach der Gerichtsverhandlung aus Paris und nahm niemand mit sich, als Jehann, den Seiliänzerbuben. Hoffnung, Liebe und wiedergewonnenes Gottvsrirauen erwiesen sich als wahrhafte Zauber- mittel von wunderbarer Heilkraft. Madame lebte fortan auf dem Landsitze ihres edlen Geschlechtes, umringt von den Er innerungen ihrer Kindheit, und widmete sich der Erziehung des geliebten Bruders und der Pflege armer, hilfloser Leute aus der Nachbar schaft. Wenn sie auch eines Tages sich dabei überraschte, daß sie nach langer, langer Zeit zum ersten Male wieder lachte — wenn ihr mitleidiges Herz auch vergeben konnte, was man ihr Böses getan, so hielt sie doch bis zu ihrem Lebensende an dem einen Entschlusse fest: sie blieb der großen Stadt fern, in der der wütende Volkshaufe sie hatte zerreißen wollen, der großen Stadt, in der der Richter sie dem Galgen hatte überweisen wollen, sie und ihren Bruder . . . Ungefähr ein Jahr war seit der Gerichts verhandlung vergangen, als ein Mann mit einem halbverhungerten Affen auf der Schuller durch die Straßen von Perigord zog. Sein Unstern führte ihn auf den Hof eines großen, abseits gelegenen Schlosses und hier begann er den Affen an der Kette umherzuzerren und ihn in den Schwanz zu kneifen, um ihn zu lustigen Sprüngen nnd Grimassen zu zwingen. Da plötzlich stürzte ein Knabe die große Marmortreppe hinab. . . . Kurze Zeit darauf schlich ein Mann, dem die Fetzen vom Leibe hingen, fluchend den Weg entlang. Er war kaum sähig, sich auf den Füßen zu halten. Ab und zu blieb er stehen, um sich an einen Baum zu stützen und drohend die erhobene Faust zu schütteln. Aber dort hinter den großen Fenstern feier ten zwei Freunde ein Wiedersehen. Beide weinten — doch nur der eine von ihnen hatte Tränen. Ende.