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politische ^unäsckLLr. Der russisch-japanische Krieg. *Die Operationen der gegen Kuropatkin bisher in Bewegung gewesenen japanischen Armeen beginnen wieder undurchsichtig zu wer den, wenigstens soweit man sich an die neuesten russischen Meldungen hält. Danach soll ein energischer Vorstost gegen die russische Haupt macht, wie er im Gange zu sein schien, gar nicht zu erwarten sein. Die jüngsten Angriffe auf die Gebirgspässe hätten nur den Zweck gehabt, die Vereinigung der beiden Heeresabteilungen unter Olu und Kuroki zu decken, die sich mehr nach dem Jalu hin vor läufig aufstellen würden. Tatsache ist es jeden falls, daß die Japaner über die bereits ge wonnenen Pässe nicht vorgedrungen, sondern wieder zurückgegangen sind. Es ist also wohl möglich, daß sie mit den Kämpfen an jenen Punkten nur eine Verschleierung ihrer eigentlichen Absichten bezweckt haben; wohin diese aber gehen, das bleibt eine offene Frage. * Admiral Togo berichtet, daß Montag nacht ein russisches Wachtschiff, das einem Schlachtschiffe ähnlich sah, bei der Hafen einfahrt von Port Arthur durch einen Torpedo zum Sinken gebracht worden sei. Ein russischer Torpedobootszerstörer sei ebenfalls in den Grund gebohrt worden. Man wird freilich abwarten müssen, ob sich Admiral Togo nicht wieder geirrt hat. Dagegen gibt man jetzt auch in Tokio zu, daß es noch immer nicht gelungen ist, das Wladiwostok-Ge schwader zu stellen. Die stinken Kreuzer find am Freitag abend abermals der Verfolgung des Admirals Kamimura entkommen. *Die russischen Meldungen vom Kriegs schauplatz nehmen immer groteskere Formen an. Der ,Birschewija Wjedomosti', der erst vor kurzem die Entdeckung gemacht hat, daß die Russen unter Stackelberg die Schlacht bei Wafangou nur „aus Versehen" verloren haben, derselbe Berichterstatter sendet aus Liaujang jetzt solgende Siegesbotschaft nach Petersburg: Unsre Truppen ergreisen jetzt die Offen sive. Der Doliuvaß ist seit dem 30. Juni in unsern Händen. Zwei andre Pässe, die von Modulin und Fenschuilin, die von den Japanern besetzt waren, sind von der Abteilung des Grafen Keller genommen. Auf der Straße von Siujan nach Tatitschiao griff eine Kosakenabteilung unter General Misch- tschenko eine japanische Brigade au und vernichtete sie. (?) Die Truppen Misch- tschenkos rücken vor, die Japaner ziehen bch auf der ganzen Linie zurück " Die blutdürstige Phantasie des russischen Berichterstatters be gnügt sich also nicht mit einer Niederlage der Japaner, die doch immerhin denkbar wäre, sondern läßt gleich eine japanische Brigade von einer Kosaken-Abteilung vernichten! An russischer amtlicher Stelle ist von diesen glänzenden Erfolgen der Kosaken merkwürdiger weise nichts bekannt. * Um Port Arthur steht es schlimm! Eine Meuter'-Meldung aus Tschifu besagt: Die Russen sind bereit, der bevorstehenden Krisis mit allen ihnen zu Gebote stehenden Kräften zu begegnen; die wenigen zurück gebliebenen Fremden haben Befehl erhallen, Port Arthur zu verlassen (aber wie? Red.) Der norwegische Dampfer „Sänüs" liegt klar, Frauen und Kinder souzubringen; alle russischen Untertanen sind ins Heer eingestellt worden, um die Anzahl der Soldaten beim Angriff der Japaner zu erhöhen. 4 Schlachtschiffe, eine Anzahl Kanonenboote und Torpedoboote werden im Hafen gehalten, während zwei Schlacht schiffe, fünf Kreuzer und eine Abteilung Torpedo- boore in See kreuzen; einer Anzahl Dschunken, mit frischem Proviant beladen, ist es gelungen, die Blockade zu brechen. Nach diesen Mit teilungen zu schließen, hält man also in Port Arthur den Angriff der Japaner aus die Festung selby für nahe bevorstehend. Rian wird nun wohl bald von neuen Kämpfen vor Port Arthur hören. * * Deutschland. * Der Kaiser beabsichtigt, in der zweiten Hälfte des September dem Haupt-Elchrevier im Memeldelta auf zwei Lis drei Tage einen Jagdbesuch abzustatten. *Ein neues Füns markstück wird nach der ,Schl. Ztg.' geplant mit demselben Feingehalt, demselben Mischungsverhältnis, wie das gegenwärtige, danach auch von dem gleichen Gewicht, nur „etwas kleiner und dafür „dicke r" als dieses. * In Gemäßheit einer vom Reichstage zum Gesetze über die Kinderarbeit in gewerb lichen Betrieben beschlossenen Resolution hat die Regierung Erhebungen über die Kinderarbeit in der Landwirtschaft angeordnet. Die Er- Rousseau hat versucht, in Verzweiflung über seinen hoffnungslosen Zu st and seinem Leben ein Ende zu machen. Frau Waldeck-Rousseau konnte indes noch rechtzeitig einschreiten, um ihren Gatten an der Ausführung seines traurigen Entschlusses zu hindern. Im Hause Waldeck-Rousseau wird der Vorfall zwar bestritten, aber ist es wahr, daß die Krankheit des bekannten Staatsmannes einen Verlauf nimmt, der keine Hoffnung auf Heilung gestattet. Ruhland. * Leider ist die russische Politik anscheinend nicht gewillt, die Lehren aus dem beklagens werten Ende Bobrikows zu ziehen. Für die unselige Tat soll nun, da der Urheber sich der irdischen Sühne entzogen hat, augenschein ¬ amerikanische Kriegsschiffe vor Konstantinopel erscheinen, um auf den „kranken Mann" dahin einzuwirken, daß Maßnahmen getroffen werden, die die Wiederholung solcher Schlächtereien un möglich machen. Australien. *Die Arbeiterpartei scheint in Australien immer mehranBedeutung zu gewinnen. Sie hat nunmehr auch in West australien einen Sieg davongetragen. Das westaustralische Parlament besteht aus 50 Mit gliedern, und bei den Wahlen, die augenblick lich zum Abschlusse gekommen find, gelangten von den 41 Sitzen, über deren Besetzung man bis jetzt unterrichtet ist, 19 in die Hände der Arbeiterpartei, während die bisherige Regie rungspartei nur 14 Sitze erhielt. Der Kampf um Port Arthur nimmt fort gesetzt das allgemeine Interesse in Anspruch. Es steht fest, daß diese Festung ersten Ranges nicht so leichten Kaufes, wie es zuerst den Anschein hatte, gewonnen werden kann, zumal die russischen Schlachtschiffe größtenteils wieder ausgebessert sind und den Admiral Togo mit seiner Flotte in gehöriger Entfernung zu halten wissen. Inzwischen Haden überaus heftige Landkämpse auf der Kwantung- Halbinsel vor Port Arthur stattgefunden. Jeden Zoll Land müssen die Japaner teuer mit ihrem Blute be ¬ zahlen. Noch sind die Japaner nicht in der Lage, die regelrechte Belagerung beginnen zu können; sie müssen sich erst auf allen Seiten die für ihre Be lagerungsgeschütze günstigen Positionen erobern. Die Russen sind eben keine Chinesen. Bei dem vor Port Artur die nächste Zeit hindurch stattfindenden ge waltigen Ringen aus Leben und Tod, das sehr zur Entscheidung des Krieges beitragen wird, dürfte den Lesern unsre heutige vorzügliche Karte zur Orientierung sehr willkommen sein. Hebungen sollen zunächst durch die Lehrer statt- finden. * Der Anschluß der Kaufmanns geri ch t e an den Verband Deutscher Gewerbe- gerichte wird von dem Ausschüsse des Ver bandes in der Art vorbeireitet, daß bei der demnächst bevorstehenden Sanktionierung des Kausmannsgerichts-Gesetzes dem Anschlusse keiner lei Schwierigkeiten entgegenstehen. Die Kauf mannsgerichte sind in dem Gesetze für alle Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern ebenso zwangsweise vorgeschrieben, wie die Ge werbegerichte, und die Person der Vorsitzenden wird in diesen Gemeinden fast durchgehends dieselbe sein. In der Regel wird der Magistrat den Vorsitzenden des Gewerbegerichts mit der Ausarbeitung des Ortsstatuts zur Errichtung des Kaufmannsgerichts beauftragen. * Der Bau der Usambarabahn in Deutsch - Ostasrika hat eins Stockung er fahren, da im nördlichen Teil des Schutzgebiets Niederschläge niedergegangen sind von solcher Höhe, wie seit 9 Jahren nicht. England. * Der Vizekönig von Indien, Lord Curzon, hielt in Dover eine Rede, in der er aussühne, in Indien sei er als Vizekönig verantwortlich für die Verteidigung der weit gestreckten Grenze gegen eine europäische M acht. Er müsse deshalb, obgleich er den Frieden wünsche, erforderlichenfalls zum An griffe übergehen. (Wie man sieht, kann England recht kräftig mit dem Säbel rasseln.) Frankreich. * Der frühere Ministerpräsident Waldeck- lich seine Familie büßen, obwohl es offenkundig ist, daß der Missetäter keine Mitschuldigen ge habt. Wie aus Helsingfors gemeldet wird, wurde der ehemalige Senator W. Schauman, der Vater Eugen Schaumans, einem Verhöre unterworfen und daraus ins Gefängnis abgeführt. — So werden ganz sinn- und zwecklos neue Märtyrer geschaffen. Balkanstaaten. * Der Sultan lehnte die Auslieferung des flüchtigen Bruders des Schahs von Persien ab. Da letzterer mittellos ist, be absichtigt der Sultan, ihm gegen Zusicherung ruhigen Verhaltens 100 Pfund monaitich an zuweisen. * Der Dreibund der kleinen Balkan st aalen Serbien, Bulgarien und Montenegro, von dessen Plan schon wiederholt die Rede gewesen ist, soll jetzt wirklich zustande gekommen sein. Ein Telegramm aus Belgrad behauptet, die Bekanntgabe des Bündnisses, sowie die Mitteilung an die Mächte sei nur deshalb nicht erfolgt, weil man noch Rück sichten auf gewisse Persönlichkeiten nehme. (?) Der Hauptpunkt des Vertrages bestimme, daß im Falle eines Eindringens einer fremden Macht die drei verbündeten Staaten einmütig vorgehen. Asien. * Die armenischen Bischöfe in Persien haben an den Staatssekretär Hay telegraphiert, daß die Türken wie Barbaren Blut- büder anrichten. Tausende flehten im Namen des Christentums und der Nächstenliebe Amerika an, das Leben der Unschuldigen zu retten. Bei der Vermittelungslust der Ver. Staaten ist es nicht ausgeschlossen, daß eines Tages Mr-xtzifch-r <ax»ta«. Am 2. d. nahm das Herrenhaus die Vorlage betr. die Dienstbezüge der Kreistisrarzte nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses an und ver abschiedete sodann endgültig das Anficdelungsgefetz. Etwa acht bis zehn Mitglieder stimmten dagegen. In der Generaldebatte kam es zu einer scharfen Aus einandersetzung zwischen v. Koscielski (Pole) und dem Minister des Innern Frh. v. Hammerstein. In der letzten Sitzung des Herrenhauses am Montag wurde das vom Abgeordnetenhause be schlossene Fleischuntersuchungsverbot erledigt. Nach der Vorlage sollen die Bestimmungen des Schlacht hausgesetzes von 1868/91 über den Untersuchungs zwang für das nicht in den Schlachthäusern selbst ! ausgeschlachtete Fleisch keine Anwendung finden auf das von auswärts cingeführte bereits tierärztlich untersuchte frische Fleisch. Hierauf verlas Minister Frh. v. Hammerstein die königl. Kabinettsorder, wonach der Landtag bis zum 18. Oktober ver tagt wird. Im Abgeordnetenhause stand am Montag ledig lich die Entgegennahme der Allerhöchsten Botschaft wegen Vertagung des Landtags auf der Tages ordnung. Der Präsident beraumte die nächste Sitzung auf den 25. Oktober an. Von uncl fern. Eine schwere Schiffskatastrophe Hal sich am Sonntag ereignet. Der dänische Amerikadampfer „No'ge" mit etwa 770 Per sonen an Bord, strandete nördlich von Schott land. Die privaten und amtlichen Angaben über den Verlust an Menschenleben schwanken. Jedoch ist als Mittel der Angaben anzunehmen, daß etwa 630 Personen den Tod in den Wellen ge funden haben. Das schnellste deutsche Kriegsschiff. Der kleine Kreuzer „Bremen" hat kürzlich bei der forcierten Probefahrt die hohe Geschwindig keit von 23,28 Knoten erreicht und ist somit, abgesehen von den Torpedobooten, das fchnellste Schiff der deutschen Marine. Das Schwester schiff „Hamburg" hat nur eine Höchstgeschwindig keit von 23,15 Knoten erreicht. Die fremden Marinen besitzen einzelne Schiffe von noch größerer als den angegebenen Geschwindig keiten, aber bei gleichem Deplacement läßt sich das nur erreichen durch Verzicht an andrer Stelle, so z. B. in bezug auf die Armierung oder das Kohlenfassungsvermögen. Gegen das Urteil im Pommernbank- prozest ist, wie vorauszusehen war, von den Veruidigern der Verurteilten Revision einge legt worden. Die Kosten des Prozesses werden bisher auf 40 000 Mark für den Fiskus, auf 100 000 Mark für die Angeklagten geschätzt. Sobald das Urteil zugestellt ist, was in sechs bis acht Wochen der Fall sein dürfte, soll seitens der Verteidigung die Revision begründet werden. Der Termin vor dem Reichsgericht ist dann etwa im Januar zu erwarten. Erschossene Kugelsucher. Auf dem Thorner Schießplatz verunglückten bei dem Schießen am Freitag drei Kugelsucher. Sie waren zwar im Besitz von Erlaubniskarten, hatten aber, den Bestimmungen zuwider, schon vor Beginn des Schießens sich vor das Ziel begeben und dort niedergelegt in dem Glauben, daß die Geschosse über sie hinweggehen würden. Sie wurden aber von einer Granate getroffen, wobei ein Mann getötet und ein andrer Mann sowie eine Frau verletzt wurden. K Der Tauberer von Paris. 1j Roman von S. I. Weymann.*) 1. Der Jahrmarkt in Fecamp. „Ich bin Jehann de Baust, Seigneur von ... ich weiß nicht welchem Ort, und Herr von siebzehn Domänen in der Grafschaft von . . . ich habe den Namen vergessen. Ich gehöre zu einem edlen und mächtigen Ge schlechte, dem die Gerichtsbarkeit über hoch und niedrig zusteht. In meinen Adern fließt No lands Blut und drei meiner Vorfahren waren Marschälle von Frankreich. Hier stehe ich, der. . ." Es war am Vorabend des Festes von Allerheiligen und der berühmte Herbstmarkt von Fecamp wurde gerade abgehalten — Fecamp, der geschäftigen Stadt, die zwischen den Felsen der normannischen Küste gelegen, im Jahre 93 von Boisrose durch einen kühnen Handstreich dem großen Könige gewonnen worden. An diesem Tage des Herbstmarktes — es war der 31. Oktober des Jahres 1637 — hatte der be häbige Boisrose jedoch längst aufgehört, sich der Ehren zu erstellen, mit denen sein dankbarer Meister ihn überhäuft hatte. Der große König selber lag schon in seinem Grabe und nur Sully allein war noch von den Helden jener Tage übrig, pedantisch in seinem Schlosse Villebon von der Außenwelt abgesondert und ohne Verständnis sür die neue Generation, die *) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. I sich unter der eisernen Hand des allmächtigen I Kardinals krümmte. Die Großen des Landes murrten und grollten im Verborgenen, doch der Bauer und der Kaufmann gedieh und Fecamp bot an diesem Tage der geschäftlichen Festlichkeit den besten Beweis dafür. Sogar die alten Bürger, die sich des großen Tages noch wohl erinnerten, an dem man außerhalb der Abtei die ersten Glasscheiben einsetzte, mußten gestehen, daß die Stadt niemals vorher eine größere Zahl von Fremden beherbergt habe und daß der Preis für Pferde noch niemals so hoch gewesen sei. Während des ganzen Tages tönte das Ge trampel von Pferdehufen und das Feilschen der Händler durch die engen Gaffen. Dazwischen klang der singende Ruf der Höker und das Fluchen betrunkener Gesellen und der wüste Lärm wand sich mit dem schweren Rauche zum Himmel, der aus den schwarzen Schornsteinen zögernd emporquoll. Die vornehmeren und wohlhabenderen Gäste, die gekommen waren, um in Fecamp ihre Ein käufe zu machen, hatten in den Schenken „Zum goldenen Wagen" und „Zur heiligen Feige" sich einlogiert. Hier schwärmten Edelleute aus der Provinz, lustige Junker, Heereslieferanten und Händler bunt durcheinander. Die schlauen Wirte der weniger vornehmen Gasthäuser „Zur schönen Dame" und „Zum grünen Mann" hatten ihre Höfe und Ställe fußhoch mit Stroh belegt. Hier fanden sich die kleinen Verkäufer, Höker und Händler ein und oft mußten sie mit dem härtesten Lager vorliebnchmen, denn die i Wirte wiesen sie achselzuckend aus das Sstoh und forderten mit der unschuldigsten Miene den vollen PrciS eines Bettes. Außerhalb der eigentlichen Stadt boten die Straßen und Plätze gleichfalls einen wunder samen Anblick. Wo der Boden nur eine halb wegs ebene Fläche bildete, standen kauend und scharrend lange Reihen von Pferden au rauh zugehauenen Pfählen und ringS herum hatte ein wahres Heer von Stallknechten, Pferde händlern und Gauklern sein Lager aufgeschlagen. Doch noch phantastischer und malerischer war das Bild, welches die Hügel und Anhöhen rings um die Stabt boten. Hier hatten sich die Stelzenläufer, Seiltänzer und Spaßmacher einquartiert, kurz, die zahlreiche Genossenschaft der fahrenden Gesellen, Quacksalber und Akro baten, die zu Nutz und Frommen der gaffenden Normannen ihre Kunstfertigkeit produ zierten. Es war keine Kleinigkeit, diese zucht losen Scharen in Ordnung zu halten. Der Chevalier de Guet hatte zwei Galgen errichten lassen, von denen bereits zwei Leichname als warnendes Beispiel herabhingen. Zum Besten der trunkenen Krakehler und andrer Leute, die sich kleine Vergehen zuschulden kommen ließen, hatte man nahe dem seewärts gelegenen Tore einen Pranger mit einem Züchtigungspfahle aufgestellt. Wenn von Zeit zu Zeit fluchende Übeltäter oder gar eine hübsche Dirne mit Tränen in den Augen um Gnade flehend zur Strafvollstreckung herbeigeschlepptwurden, strömte die Menge herbei, denn mit den Szenen am Galgen oder am Schandpfahle konnte sich doch kein andrer Anziehungspunkt des Jahrmarktes messen. Nahe dem eigentlichen Markte hatte sich auf einem Hügelrücken eine Gruppe niedergelassen, die aus drei Mitgliedern bestand, einem Manne, einem Knaben und einem Affen. Die Anhöhe hing steil über den Weg und vom Rande derselben hatten die fahrenden Gesellen quer über die Straße zur andern Seite des Weges ein Seil gespannt, das dort in der Krone eines Baumes befestigt war. Der Volkshauie konnte während des ganzen Tages den Knaben und den Affen bewundern, wie sie in schwindelnder Höhe ihre Kunststücke aus übten, tanzend, kletternd oder pfeilschnell auf dem Seile entlang gleitend. Der Mann trug einen Helm und einen Brustpanzer, die beide zu weit waren und schlecht zu der roten Jacke mit den schmutzigen Kniehosen paßten. Am Fuße des Baumes schlug er eine große Trommel und ab und zu machte er mit seinem Sammelteller die Runde, um Gaben entgegen zunehmen, die ihm die Menge in Gestalt von kleinen Geldmünzen, Nahrungsmitteln oder Zuckerwerk überreichte. Der Trommelschläger war ein hagerer Ge selle von mittlerer Größe. Um seinen breiten Mund spielte ein heimtückischer Zug und der Umstand, daß er auf beiden Augen schielte, trug nicht dazu bei, den abstoßenden Ausdruck seines häßlichen Gesichtes zu mildern. Auf seiner Stirne lag der unverkennbare Stempel der Gaunerei — doch Meister Trommler war zu schlau, sich seinen Lebensunterhalt mit gefähr lichem Handwerk zu verdienen, und er wußte dem Galgen zu entgehen, so lange er andre fand, die willig für ihn arbeiteten.