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Die Nachrichten über große Brände häufen sich infolge der anhaltenden Dürre der artig, daß es kaum möglich ist, sie alle zu registrieren. Besonders häufig wird neuerdings Ungarn von Brandkatastrophen heimgesucht. In der Ortschaft Mojtin (Komitat Trencsin) wurden in der Nacht zum Freitag 30 Wohnhäuser nebst Nebengebäuden durch eine Feuersbrunst ver nichtet. Ein Kind kam in den Flammen um. — Auch in der Ortschaft Torna (Komitat Abauj- Torna), deren einer Teil vor drei Monaten durch einen Brand vernichtet wurde, wütete ein heftiges Feuer, dem zahlreiche Gebäude zum Opfer fielen. Infolge von Wassersnot waren die Löscharbeiten sehr erschwert. Gefährliche Reise eines Fesselballons. Ein Fesselballon steigt in Paris täglich von Mittags bis zur späten Nachtstunde beim Boulogner Gehölz empor und ist, weil er immer weithin sichtbar ist, allen Parisern bekannt. Am Sonntag nachmittag stieg er mit neun Personen, dem Führer, fünf Herren, zwei Damen und einem zehnjährigen Kinde auf. Am Himmel war ein Gewitter aufgezogen, das Paris seit Wochen herbeigesehnt hatte. Der Führer des Ballons gab verständigerweise das Zeichen zum Abstieg. Als der Ballon aber wenige Meter über dem Erdboden angelangt war, erhob sich plötzlich ein furchtbarer Orkan — das Seil zerriß, und der Ballon stieg mit fabelhafter Schnelligkeit in die Luft empor, und man sah ihn in den Wolken verschwinden. Der Ballon stieg fünftausend Meter hoch. In dieser Höhe zerplatzte er. Aber die zerplatzte Hülle bildete eine Art Fallschirm, wodurch die Wucht des Sturzes gemildert wurde. Der Führer des BallonS ope rierte mit wunderbarer Kaltblütigkeit; er hatte schon vorher das Ventil geöffnet und ließ jetzt die In sassen auf den aus der Hülle gebildeten Fallschirm hinaufsteigen. Der letzte Teil des Sturzes vollzog sich mit kolossaler Wucht; aber die Gondel unter dem Fallschirm milderte den Anprall. Mehrere In sassen verloren das Bewußtsein, aber niemand war verletzt, alle kamen mit einigen Beulen davon. Ein kinderreiches Ehepaar ist in Frank reich eine Seltenheit. Kein Wunder, daß die Journale gegenwärtig Artikel über einen armen Erdarbeiter in Chantilly namens Charles Noö, dem soeben das fünsundzwanzigste Kind geboren wurde, bringen. Nos ist 55 Jahre alt und zum zweiten Male verheiratet; die erste Frau schenkte ihm zwölf, die zweite dreizehn Kinder. Am Leben find vierzehn, sieben männlichen und sieben weiblichen Geschlechts. Die älteste Tochter, die dreißig Jahre zählt, ist auch bereits Mutter von fünf Kindern. Des kinderreichen Vaters Vater lebt auch noch als Pensionär des Condö-Hofpitals in Chantilly. Er zählt fünfzig Enkel, da ein Bruder Charles Noss 13, eine Schwester 10 und eine zweite, die Witwe ist, 2 Kinder hat. Wieder eine Flugmaschine. Abermals wird die Konstruktion einer brauchbaren Flug maschine gemeldet. Holland, der bekannte amerikanische Erfinder, der u. a. einen in mehreren Marinen zur Einführung gelangten Unterseeboot-Typ, nach ihm Holland-Typ be nannt, geschaffen hat, will einen Flugapparat erfunden haben, der angeblich eine Durch- schnittsgeschwindigkeit von 40 bis 50 englischen Meilen in der Stunde gestattet und für den geringen Preis von 40 Mk. herzustellen sein soll. Es ist begreiflich, daß diese Meldung starken Zweifeln begegnet. Aber Holland erklärt demgegenüber: „Als ich mit der Erfindung meines Unterseebootes hervortrat, wurde ich von Theoretikern und Praktikern auf dem Gebiete des Schiffbauwesens verlacht; jetzt aber lachen sie nicht mehr. Ich glaube das Problem der Flugmaschinen gelöst zu haben und ich kann Voraussagen, daß der von mir konstruierte Apparat in sünf Jahren allgemein im Gebrauch sein wird." Die Räuber des Mutter-Gottesbikdes von Kasan sind entdeckt. Der Diebstahl hat natürlich in ganz Rußland außerordentliches Aufsehen erregt und ist gewissermaßen als ein nationales Unglück angesehen worden. Die Polizei hat die umfassendsten Untersuchungen angestellt und jetzt ist es ihr gelungen, die Täter festzunehmen. Einer der Teilnehmer an dem Raube, der Goldschmied Maximow in Kasan, legte das Geständnis ab, daß das Ver brechen von einem gewissen Tschaikin, der sich zeitweilig in Kasan aufhält, begangen worden sei. Tschaikin sei mit seiner Geliebten, die um die Tat wisse, nach Nischni Nowgorod ent flohen. Die Polizei in Nischni Nowgorod wurde sofort in Kenntnis gesetzt und es gelang ihr, Tschaikin und seine Geliebte auf zwei ver schiedenen Dampfern zu verhaften. Die Ver brecher wurden nach Kasan gebracht'und ins Gefängnis gesetzt. Bei der Untersuchung der Wohnung fand mass im Ofen und in einem ausgehöhlten Tischfuß Edelsteine und die zer schnittene Bekleidung des Heiligenbildes. Die Mutter der Geliebten sagte aus, daß das Heiligenbild zerhackt und verbrannt worden sei. Tschaikin leugnet die Tat. Bei der Beerdigung Tschechows auf dem Friedhof des Jungfernklosters in Moskau von Schlaflosigkeit in Gefahr war, den Verstand zu verlieren. Gericktskalie. Leipzig. Eine Frau K. hatte das Bedürfnis gefühlt, eine der Verkäuferinnen eines Warenhauses in zwei anonymen Schreiben an den Chef des Dieb stahls zu bezichtigen. Das fälschlich beschuldigte Mädchen mußte Verhaftung und Haussuchung über sich ergehen lassen; in der Verhandlung vermochte die Denunziantin auch nicht den Schatten eines Beweises für ihre Behauptung beizubringen. Das Gericht erkannte gegen die Denunziantin auf einen Monat Gefängnis! 88 Stargard. Von allen Versammlungen, in denen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder be Naiser Wilhelm besichtigt aus einer Nordlandreise Aalesund. Es wird noch in aller Erinnerung sein, in welch hochherziger Weise der Kaiser den Bewohnern der abgebrannten Stadt Aalesund Hilfe angedeihen ließ. In ganz Norwegen rief dieses Verhalten des Kaisers damals Hellen Jubel hervor. Wurde der deutsche Kaiser schon von jeher bei seiner alljährlichen Nord landfahrt in Norwegen als gern gesehener Gast begrüßt, so konnte er bei seiner diesjährigen Reise dorthin eines herzlichen und auf richtigen Empfanges sicher sein. Obgleich der Kaiser jeden Empfang abgelehnt, ließen es sich die Aalesunder nicht nehmen, der „Hohenzollern" in bunt bewimpelten Booten cntgegenzufahren und den Monarchen mit dem in deutscher Sprache gesungenen „Heil dir im Siegerkranz" zu begrüßen. In Be gleitung des Fregattenkapitäns v. Grumme besichtigte der Kaiser die abgebrannten Stadtteile und gab seiner Freude Ausdruck, sich von dem erfolgreichen Fort schritt der Arbeiten für den Wiederaufbau der Stadt persönlich überzeugen zu können. kam es leider zu peinlichen Auftritten. Eine enorme, laute und weihelose Menschenmenge umstand das Grab, und während eine Anzahl unbekannter Leute allerlei Reden hielt, schwiegen die anwesenden Größen der literarischen und künstlerischen Welt vollkommen. Diese Vorgänge erregten bei vielen der Erschienenen, besonders bei der studierenden Jugend, lauten Unwillen und veranlaßten mehrere flammende, zum Teil von tiefem Pessimismus erfüllte Reden aus dem Stegreif. Die wettende Gatti«. Das Wetten und Wagen, das Glück zu erjagen, steht, wie nach der Ansicht Schillers, auch nach dem Urteil eines St. Louiser Richters wohl den Männern, aber nicht den Frauen an, zumal wenn diese infolge ihrer Jagd nach dem Glück ihren Eheherrn noch obendrein im Schlafe stören. In der Welt ausstellungsstadt ist Herm Humphrey dieser Tage ein Ehescheidungsdekret gewährt worden, weil seine Gattin ihre Haushaltungsgelder dazu benutzt hatte, Rennwetten einzugehen, diese Wetten stets verloren und den nächtlichen Schlummer ihres Gatten durch Ausrufe, wie „Vorwärts, Brauner!" — „Tummle dich, Rappe!" und wie sie sonst bei Rennen üblich sind, gestört hatte, und der Unglückliche infolge raten werden sollen, ist nach dem Vereinsgesetz recht zeitig Anzeige zu erstatten. Von erheblicher Bedeutung für die Auslegung dieser Vor schrift ist eine Entscheidung des Kammergerichts gegen Mitglieder einer Brüdergemeinde, die der erwähnten Bestimmung zuwidergehandelt haben sollten. Zehn Mitglieder der fraglichen Brüdergemeinde waren in der Wohnung eines Ge sinnungsgenossen zusammengekommen, um religiöse Lieder zu singen und über Bibelstellen zu sprechen. Während das Schöffengericht auf Frei sprechung erkannte, verurteilte das Landgericht die Angeklagten zu Geldstrafen, weil sie ohne recht zeitige Anzeige bei der Polizeibehörde öffent liche Angelegenheiten in einer Versammlung erörtert hätten. Auf die Revision der Angeklagten, die behaupteten, lediglich eine gemeinsame Religions übung vorgenommen und keine öffentliche Ange legenheiten in einer Versammlung erörtert zu haben, wurde vom Ferienstrafscnat des Kammer gerichts die Vorentscheidung aufgehoben und die An- klagten freigesprochen. Das Kammergericht nahm an, daß das Landgericht den Begriff der Versamm lung verkannt habe. Unter Versammlungen im Sinne des Vereinsgesetzes versteht der Ferienstraf senat nur solche Versammlungen, die nach ihrer Natur und ihrem Umfange einen Leiter, Vorsteher usw. erfordern oder bei denen dies gebräuchlich ist. Davon könne vorliegend bei den zehn Personen, die sich zusammen gefunden hatten, nicht die Rede sein. Eine Erörterung öffentlicher Angelegenheiten ist nach Auffassung des Strafsenats von den Angeklagten auch nicht vorgenommen worden. Nach langer Zeit begnadigt. Im Jahre 1881 heiratete ein Liverpooler Baumwollhändler Mr. James Maybrick eine bekannte Dame, die unter dem Namen Florence Maybrick lange Jahre hindurch die englische Presse und das englische Publikum beschäftigen sollte. Die Ehe war nicht glücklich. Mr. May brick begann in Überfluß Medizin zu nehmen und machte seiner Frau den Vorwurf, daß sie ihm untreu sei. Plötzlich erkrankte er, wie er selbst glaubte, durch den Mißbrauch der Arz neien, wie aber die Dienerschaft vermutete, durch Vergiftung. Als die Dienerschaft schließ lich im Zimmer des Kranken Fliegenpapier fand, das in Wasser aufgeweicht wurde, äußerte sie ihren Verdacht laut, und Mrs. Maybrick wurde verhaftet. Mr. Maybrick starb, und die Leichenschau stellte Spuren von Arsenik in seinem Körper fest. Dies sollte Mrs. Maybrick verhängnisvoll werden. Sie wurde in Liver pool, trotz aller Bemühungen des vorzüglichen Verteidigers Sir Charles Russel und trotz der Parteinahme des Publikums als Giftmischerin zum Tode verurteilt. Da tat ihr Verteidiger einen Schritt, der nicht ordnungsmäßig war, ihr aber das Leben rettete. Er gab in einem langen Schreiben an den Home-Secretary genau die Gründe an, die ihn von der Unschuld der Verurteilten überzeugt hatten. Das Arsenik in der Leiche könne von den Arzneien herrühren, die Mr. Maybrick genommen habe, und sel außerdem nicht ausreichend gewesen, um einen Menschen zu töten. Der Beweiß, daß Mrs. Maybrick Vergiftungsversuche gemacht habe, sei ferner in keiner Weise geliefert. Diese Gründe wußte der Jurist so überzeugend auseinander zusetzen, daß das Todesurteil nicht unter zeichnet, sondern in ein solches auf lebens längliche Zuchthausstrafe umgeändert wurde. Seit dieser Zeit sind die Freunde der Mrs. Maybrick unermüdlich tätig gewesen, die Frei heit der Verurteilten herbeizuführen. Die Presse unterstützte sie dabei aufs beste, und die Familie der Verurteilten war auch sonst in der Lage, ohne Rücksicht auf die Kosten, alles auf zubieten, was zu einer Änderung des Geschickes der Verurteilten führen konnte. Als Mrs. Maybrick aus dem Zuchthause in eine Heil anstalt übergeführt wurde, ahnte man, daß die Regierung an eine Begnadigung denke, und die Mutter der Unglücklichen, die Baronin de Roques, wurde nicht müde in ihren weiteren Bemühungen. Am wirksamsten war es wohl, daß der Lord-Oberrichter, Lord Russel von Killowen, noch kurz vor seinem Tode seiner Überzeugung von der Unschuld der Verurteilten Ausdruck gab. Jetzt hat sie endlich die lang entbehrte Freiheit wiedererhalten und beab sichtigt, nach Amerika zu gehen. Die ameri kanische Regierung könnte ihr sreilich, da ihre Begnadigung keineswegs so gefaßt ist, daß sie dadurch von der Schuld des Verbrechens frei gesprochen wird, nach den Bestimmungen des Einwanderungsgesetzes den Eintritt ins Land verweigern, aber dies wird wohl nicht ge» schehen, da Mrs. Maybrick auch in Amerika em- flußreiche Freunde hat, die sich für ihre Be gnadigung eifrig bemühten. buntes Allerlei. Der poetische Gemeinderat. In einer Gemeinde des Taubergrundes (badisches Unter land) findet sich an einem Privatwege eine Warnungstafel mit folgender Inschrift: „Es wird hiermit drauf hingewiesen, Daß jeder, der noch einmal diesen Privatweg sich zu geh'» erfrecht, Fürs erstemal drei Reichsmark blecht, Im Wiederholungsfall wird immer Die Strafe um drei Mark schlimmer! Für streng reelle Innehaltung Wird garantiert — die Ortsverwaltung." Ahnungsvoll. „Was werden Sie nach dem Examen beginnen, Herr Studiosus?" — „Unbedingt zum zweiten Male versuchen!" """ c.M. Brq „Ihr habt mich lange genug zum Narren gehalten! Gebt mir das Ding ohne Verzug! Denkt Ihr denn, ich hätte, Lust, die ganze Nacht hier in diesem Leichenhause zu verbringen?" Solomon begann zu fürchten, daß er sein grausames Spiel zu weit getrieben habe. Es war ihm allerdings ein seltener Genuß zu teil geworden. Er hatte unerwartet eine Entdeckung gemacht, die seinen gierigen Blicken ein reiches Feld der Beute und eine unerschöpfliche Gelegen heit zum Unheilstiften darbot. Er hatte jedoch nicht die Absicht, sein Geschäft mit dem vor nehmen Kunden zu verderben. „Frieden, mein Freund! Frieden!" sagte er mit aufgehobenen Händen. „Ihr laßt Euch vom Zorne Hinreißen und vergeßt, daß ich Euch mit Vergnügen dienen werde. Ihr sollt Euer Katzengift haben — nicht wahr, Gift wollt Ihr, für eine unerträgliche Katze, die Euch Tag und Nacht mit ihrem Miauen stört? So war es ja wohl? Wartet nur noch einen Augen blick. Wir müssen zuerst noch eine ganz kleine Angelegenheit erledigen!" „Keine Umschweife! Was meint Ihr?" „Den Preis. Ein Horoskop, über dem der blasse Tod im Aufsteigen begriffen ist — wir nennen es die obere Pforte, das heißt die Pforte, die in den Himmel einführt oder in das Reich der bösen Geister — ein solches Horoskop kostet einhundert Kronen, denn es bringt auch demjenigen Gefahr, der es stellt!" „Ihr sollt das Geld haben! Gebt mir das — das —" Die Stimme des jungen Mannes Lebte, jedoch die scharfen Ohren des Schwarzkünstlers konnten vernehmen, daß nicht Furcht, sondern Wut und Ungeduld aus den Worten klang. Er ging deshalb ohne weitere Umstände zu einem Schranke in der dunkelsten Ecke des Gemaches und nahm aus demselben eine chemische Flasche. Als er seinem Besucher den Rücken zukehrend, den Kork herausnahm, stieß Herr von Vidoche plötzlich einen Schrei aus und packte den Schwarzkünstler am Arme. „Du Teufel!" zischte er. Sein Gesicht war blaß und zuckte, als wären alle Nerven in demselben in Aufruhr. „Dort hinten lauscht jemand!" Solomon stand einen Augenblick mit ange haltenem Atem, ohne sich zu rühren. Der Schreck seines Gesährten schien auch auf ihn einen dunklen Schatten zu werfen. Herr von Vidoche deutete mit zitternden Fingern auf die Wendeltreppe, die in das obere Gemach leitete, und die Augen beider starrten in die angegebene Richtung mit ge trübtem Glanze. Die Lampe brannte unstät und ihre gelbe Feuerzunge endete mit lang gezogenem schwarzen Rauchfaden. Das ganze Gemach war mit schwarzen Schatten angefüllt, mit gräßlichen, verzerrten Gestalten, die bei dem Flackern des Lichtes auf und nieder schwebten und plötzlich verschwanden. Doch in dem ganzen Gemache trotz all der grinsenden Schädel war nichts so gräßlich anzusehen, als die beiden Gesichter, entstellt in ihrem Schuldbewußtsein und Schrecken. Solomon gewann zuerst seine Geistesgegen wart wieder, wenigstens so weit, daß er flüstern konnte: „Was habt Ihr gehört?" „Dort hinten hat sich jemand bewegt!" hauchte der Gast, noch immer vor Furcht zitternd. „Unsinn!" sagte der Astrolog. Seine ruhige Überlegung kehrte zurück. Er wußte ja, daß niemand anders im Hause sein konnte, als Jehann. „Was für ein Geräusch war es denn?" „Schlürfend und unbestimmt, als ob jemand umherkrieche!" „Die Kröte! Da habt Ihr Euch von meiner unschuldigen Kröte in Schrecken setzen lassen, Herr Ritter mit dem Schwerte!" höhnte Solomon. „Hier ist sonst kein lebendes Wesen. Und was die Toten betrifft — nun, es ist heute nicht Walpurgisnacht. Seht, dort die Türe zur Treppe ist verschlossen, sie ist so stark und festgefügt, daß ein Dutzend Männer hinter ihr sich streiten können, ohne daß auch nur ein Laut in dieses Gemach dringt. . . O nein, edler Herr, meine gute Kröte hat Euch einen lustigen Streich gespielt. Doch kommt und schaut selber zu!" Er führte den Kavalier zu dem entfetten Ende des Zimmers und untersuchte mit ihm alle Winkel. Herr von Vidoche schien jedoch nur halb überzeugt. Sogar als sie die Kröte in einem Schädel entdeckten, der auf dem Boden lag und bei den Bewegungen seines Insassen hin und herschaukelte, fuhr der junge Edelmann fort, sich furchtsam umzublicken. „Mir scheint es kaum möglich, daß das Ge räusch von diesem Schädel gekommen ist," sagte er, „seid Ihr auch ganz gewiß, daß die Türe dort oben fest verschlossen ist?" „überzeugt Euch selbst," sagte Solomon kurz. Herr von Vidoche stieg die Treppe hinauf und versuchte vergeblich, an der schweren Türe zu rütteln. „Fest wie Eisen!" murmelle er. „Ihr scheint recht zu haben. Aber dennoch — — es graut mir in diesem Hause und ich sehne mich danach, herauszukommen. Schnell, gebt mir das . . . das Ding!" Der Schwarzkünstler kehrte mit seinem Gaste zu dem Schranke zurück und entnahm einem irdenen Gefäße zwei kleine gelbliche Päckchen. Er hielt sie vorsichtig in den Fingern, als seien sie kostbare Schätze, und schaute sie mit ver liebten Blicken an. „Sie bedeuten Macht," sagte er. indem er die Päckchen liebkosend in den Händen wiegte. „Ja, sie bedeuten Macht! Die größte Macht aber ist der Tod. Diese Päckchen enthalten den Schlüssel zum oberen Portale — zum Paradiese oder zur Hölle — die Wahl zwischen beiden Toren ist uns Sterblichen leider ver sagt! Und dennoch, welche Macht! Nehmt von den Pulvern eins heute und eins morgen — in Wasser, Milch oder Wein — und Jh . werdet niemals wieder die Sorgen dieses Lebens empfinden, niemals wieder Hunger oder Kälte oder Schmerz fühlen, und Euch auch niemals wieder in den Netzen der Lust und Liebe fangen lassen! — Ah! Edler Herr, welch eine Macht! Könige und Fürsten find ihr untertan, und die Höchsten der Erde finden sich plötzlich im Besitz des öffnenden Schlüssels, ohne es zu ahnen!" I ZP 1» folgt.)