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Oie „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners lag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Mandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag io Uhrch Inserate werden m't w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Okrilla. Nr. 90. Freitag, den 29. Juli 1904. 3. Jahrgang. Hadeplatz. Hiermit wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der IusenibsU außerhalb des Ladeplatzes, sowie alles Lärmen auf denselben bei Vermeidung von 20 Mark Ordnungsstrafe verbalen ist. Eltern sind für ihre Linder verantvaortlick. Ottendorf-Moritzdors, am 25. Juli I904. Der Gemeindevorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, 28. Juli 1904. — Auf einer Radtour nach Radeberg be griffen verunglückte Herr Gemeindevorstand Lincke, durch einen Sturz vom Rad. Derselbe erlitt einen Beinbruch und mußte mittels Geschirr seiner Wohnung zugeführt werden. — Der ersehnte Gewitterregen, wenn auch noch viel zu bescheiden, begleitet von ziemlich heftigen elektrischen Entladungen, ging gestern Nachmittag über unseren Ort nieder. Auch heute Nachmittag trat wieder ein erfrischender Regen ein. — Das nächste Jahr, welches mit einem Sonntag beginnt, bringt außerordentlich spät das Osterfest, und zwar am 23. und 24. April also drei Wochen später als im laufenden Jahre. Pfingsten fällt im Jahre 1905 auf den 11. und 12. Juni. Der Grund liegt in der alten Bestimmung, daß das Osterfest immer auf den ersten Sonntag nach dem eisten Voll mond nach Frühlings-Tag- und Nachtgleiche fällt: Vollmond ist Dienstag den 2l. März also am Tage der Frühlings-Tag- und Nacht- gleiche, und demzufolge kann erst nach dem nächsten Vollmond, der auf Mittwoch den 19- April fällt, das Osterfest gefeiert werden. — Die jetzige Dürre bringt es mit sich, daß die Funken, welche den Lokomotiven ent fliegen, Brände in dem an die Bahnstrecken grenzenden Gelände Hervorrufen. So finden sichan der Strecke Dresden—Chemnitz Reichenbach eine Unzahl solcher Brandstellen, die erkennen lassen, welche große Gefahr für Getreidefelder Wälder, ja auch für Ortschaften in dem Funkenregen der Lokomotiven liegt. Hier und da reichen solche Brandstellen bis dicht an den Wald heran. Besonders groß erscheint die Gefahr während der Nacht, wo schnelle Hilfe nicht so leicht möglich ist. Dresden. Ein eigenartiger Vorfall spielte sich am Sonntag Nachmittag ab. Ein junger Mann sprang von der Augustusbrücke in die Elbe, die dort bekanntlich jetzt so gut wie gar kein Wasser führt, icin Wohlfahrtsbeamter und ein Schiffer kamen ihm zu Hilfe, der junge Mann kehrte jedoch um. stieg auf einen Pfeiler fuß, entkleidete sich bis auf das Hemd und sprang nochmals in den Strom. Noch einmal ver suchte der Beamte, ihn zu fasten, doch auch diesmal entkam er, setzte sich im Hemd auf den Pfeiler und klatschte in die Hände. Erst als ein zweitce Schiffer mit einem Boot herbeikaw gelang eS, den anscheinend Geisteskranken nach dem nächsten Bade zu bringen — Am Montag vormittag verübte in einem hiesigen Hotel ein tags zuvor zugereister Bau meister aus der Leipziger Gegend Selbstmord durch Erschießen. Der Beweggrund hierzu ist noch unaufgeklärt. Moritzburg. Neben den 10 000 Diako nissinnen (davon 13 000 im evangelischen Deutschland) arbeiten auch Diakonen. Die Zahl der Brüder ist aber viel geringer; sie haben auch keine besondere Tracht. Diese Brüder oder Diakonen werden in besonderen Häusern, Brüderhäusern, für Dienste der Nächstenliebe vorgebildet. Den Grund zur Brüdcrsache hat der bekannte Wichern im Rauhen Haus« bei Hamburg gelegt. In Deutschland zählt man fitzt 15 Diakonenan- stalten und Sachsen hat sein Brüdethaus in unserem Moritzburg (trüber in Obcrgorbitz). Jetzt sind es gerade 100 Moritzburger Brüder die auf 68 Stationen im Lande tätig oder noch in der Ausbildung begriffen sind. Sie arbeiten in 23 Herbergen, 17 Nettunashäusern 7 Waisenhäusern, außerdem in der Kranken- und Siechenpfleze, in Gemeint epflegen und Stadtmissionen, in Lehrlings' und Jugend pflegen, in Arbeiterkolonien und in einer Trinkerheilanstalt. Radeburg. Auch in unserer Stadt wird wie in Großenhain Königsgeburtstag gemein schaftlich begangen werden, und zwar auf An regung des Herrn Amtsgerichtsrats Zinner. Die Feier soll in Festkonzert im Saal und Garten des Schießhauses bestehen. Radeberg. Am Mittwoch nachmittag entstand auf unaufgeklärte Weise in den von den Arbeiter Kießlich bewohnten sogen. Wiesen talbad hinter den Bürgerlichen Brauhaus auf der Pulsnitzer Straße Feuer. Die in dem Hause befindliche 7 jährige schwachsinnige Tochter und die gelähmte Ehefrau des Arbeiter Kießlich kamen hierbei in den Flammen um. Königsbrück. In der gestern Vor mittag 11 Uhr stattgefundenen geheimen Sitzung des Stadtgemeinderates wurde Herr Stadtverordneter Klempner meister Sohrs an Stelle des wegen Ablaufs seiner Amtsperiode ausschcidenden Stadtrats Herrn Richler gewählt. Letzterer hatte eine Wiederwahl abgeiehnt. Bautzen. In Ruhland erfolgte zwischen einen Automobil und einem Gespann eine heftige Karambolage, bei welcher der Erntewagen be deutend beschädigt und das Pferd in den Graben geschleudert wurde. Dec Automobil führer hielt zwar sofort und bot dem Ge schädigten 5 Marr Ersatz an. Als aber sein Name und die Nummer festgestellt werden sollte, sprang er auf sein Gefährt und war spurlos verschwunden. Infolge telephonischen Ersuchens seitens der Ruhlander Polizeiver waltung wurde er in Hoyerswerda schon von Polizeiorganen erwartet, denen er jedoch durch beschleunigte Fahrt entwischte. Erst hier gelang es, ihn zu stellen. Besitzer des Automobils ist Fürst Hohenlohe und Führer August Schmidt, beide in Grunewald bei Berlin. Schandau. Im Gebiete der sächsischen Schweiz ist ein neuer steinerner Aussichtslurm erstanden, den Herr Hermann Keiler, der jetzige Besitzer des Piaffenstein-Gasthauses, auf dem Pfaffensteine und zwar für seine eigene Rechnung erbauen ließ. Die feierliche Ein weihung dieses imposanten, 26 Meter hohen Bauwerks soll Sonntag den 7. August nach mittags 3 Uhr erfolgen. Ost ritz. Ein entsetzlicher Unfall ereignete sich am Freitag in der Norddeutschen Jute- spinnerei und Weberei. Von einem Gange zurückkehrend, blieb der 46 jährige Arbeiter Alois Grabner einige Augenblicke bei einem ihm befreundeten Arbeiter, der den Reißwolf bedient, stehen und unterhielt sich mit ihm. Als er bemwkte, wie sich einige Faden un richtig umwickelten, griff Grabner unbefugtcr- wsise in die Maschine. Hierbei geriet der Unglückliche mit beiden Händen in die Walzen derselben und dadurch wurden ihm alle zehn F nger abgequetscht. Ebersbach. Gestern mittag 12 Uhr ist auf hiesigen Bahnhof dec von Löbau an kommende Personenzug Nr. 747 auf einen Bauzug aufgefahren. Die Ursache des Un falles ist nach dem Ergebnisse der bisherigen Erörterungen lediglich darin zu erblicken, daß der Lokomotivführer des Personenzuges das richtig auf „Halt" stehende Einfahrtssignal überfahren hat- Durch den Zusammenstoß wurden leicht verletzt die Handelsleute Hientzsch aus Schweienitz und Kolbe aus Görlitz, die Handelsfrau Czasch aus Schweidnitz, Dienst mann Vieht aus Brüx, Kaufmann Viclaß aus Löbau und Bahnmeister Scheibe aus Ebersbach. Sämtliche genannte Reisende konnten nach er folgter ärztlicher Untersuchung die Reise fort setzen. Der Betrieb war nur kurze Zeit unter brochen. Die Lokomotiven beider Züge und einige Personenwagen wurden an den Puffern leicht beschädigt. Coswig. Der hiesige Gemeinderat wählte in seiner letzten geheimen Sitzung als Gemeindevorstand den jetzigen Bürgermeister von Altenberg, Herrn Danovsky. Serkowitz. Auf Veranlassung und unter Leitung des Amishauptmanns fand eine Gemeinderatssitzung statt, in welcher der vom Gemeinderat früher gefaßte Beschluß, eine Vereinigung mit Radebeul abzulehnen, auf gehoben und dieser nunmehr zugestimmt wurde. Die Abstimmung ergab, daß sich neun Mit glieder für und vier gegen die Vereinigung aussprachen. Oberauer. In der Nacht vom Sonnabend haben ruchlose Hände den kleinen Teich abge laffen und die Streichkarpfen herausgefischt. Bei dem niedrigen Wafferstande war dies leicht möglich. Dem Besitzer, Herrn Rittergutspochter Löser, erwächst dadurch ein bedeutender Schaden da ihm dieses Jahr die Satzkarpfen zur Nach zucht fehlen. Meißen. Im Restaurant der Germania- Brauerei ist am Sonntag nachmittag das dort bedienstete Mädchen Seifert durch Explosion einer Patrone, wie Radfahrer solche gegen sie belästigende Hunde verwenden, an der linken Hand schwer verletzt worden, sodaß es im Krankenhause ausgenommen werden mußte. Meißen. Bei einem Patrouillengange in der vorgestrigen Nacht fand ein Polizeibeamter einen schon lange als widersetzlich bekannten Arbeiter auf einen Wagen auf dem Halteplatz an der alten Elbbrücke schlafend. Der Beamte weckte ihn und forderte ihn auf, nach der Wache zu folgen. Dieser leistete aber keine Folge, schlug vielmehr unversehens den Beamten an die Brust und mit einem harten Gegen stände auf den Kopf, sodaß der Helm herunter fiel. Der Beamte erlitt hierbei am Kopfe eine starkblutende Wunde. Während nun der Ar beiter mit dem Helm, den er aufgehoben hatte, wütend aus den Beamten einschlug, machte dieser in der Notwehr von seinem Seitengewehr Gebrauch und brachte seinem Gegner durch einen heftigen Schlag im Gesicht eine stark blutende Wunde bei. Dieser ergriff nunmehr nach Fischergaffe zu die Flucht, stellte sich gestern jedoch der Polizei. Er fand zunächst Aufnahme im Krankenhaus. Zehren. Ein Seitengebäude des zum Göhrischgute gehörigen Winzerhauses ist nieder gebrannt. Ein in dem abgebrannten Gebäude wohnender Arbeiter hat durch das Feuer seine ganze Habe verloren. Rochlitz, Hier sind beim Baden in der Mulde zwei des Schwimmens nicht kundige Damen an einer tiefen Stelle ertrunken. Die ertrunkenen sind die 18 jährige Schauspielerin Maria Schäfer vom Schauspielhaus aus Leipzig und ihre Schwester, die 23jährige verheiratete Dora Mühling. Sie wohnten seit drei Wochen als Sommerfrischler im Restaurant „zur Schloßaue". Die Mutter sah vom Ufer aus den Badenden zu, konnte aber nichts zur Hilfe der Ertrinkenden tun. Nach zweistündigen Suchen wurden die Leichen gefunden. Mittweida. Die Vorbereitungen für das 26. Technikum-Anlagefest sind in vollem Gange. Auf dem Neumarkte werden große luftige Bauten errichtet und in den prachtvollen Technikumanlagen regen sich allerorts fleißige Hände, den vielen einzelnen Veranstaltungen entsprechende Räume zu schaffen. — Auch in diesem Jahre erwartet man am 13; und 14. August (Sonnabend und Sonntag) einen starken Fremdenbesuch. Die Stadt wird alles aufbieten, ihren Gästen den Aufenthalt so an genehm wie möglich zu machen. Freiberg. In der Nacht zu Mittwoch wurden die Anlagen um das Bismark-Denkmal gräßlich demoliert. Palmen und Blumen wurden ausgeriffen und auf den Weg geworfen und Palmen abgeschnitten. Die Täter sind unbekannt. Chemnitz. Gestern ist das Jägerschlößchen in Bernsdorf niedergebrannt. Das Feuer hielt den ganzen Tag über bis in die späte Nacht stunde hinein an. Glaubte man des Feuers Herr geworden zu sein, so züngelten doch hier und da immer wieder Flammen auf, die in folge Wassermangels von der Feuerwehr nicht gelöscht werden konnten. Diese mußte sich viel mehr meist auf das Einreißen des Mauer werkes beschränken. Bei den Räumungsarbeiten stürzten am Nachmittag 3 Feuerwehrleute, die sich auf eine Mauer gewagt hatten, herab, zogen sich aber glücklicherweise nur leichte Hautabschürfungen zu. Ein freiwilliger „Helfer" war in den Keller geraten, hatte sich unter ein Branntweinfaß gelegt und soviel Alkohol ge noffen, daß ec vollständig bewußtlos nach dem Krankenhause gebracht werden mußte. Von den Kalamitosen haben 4 versichert, während die beiden anderen, denen ihre ganze Habe verbrannt ist, nicht versichert haben. Leipzig. Ebenso wie vorige Woche die Lohnbewegung der Bauhilfsarbeiter, hat am Montag abend die Bewegung der Leipziger Glasergehilfen wider alles Erwarten ein rasches Ende gefunden. Der von der Tarifkommission in Gemeinschaft mit der Prinzipalkommission ausgearbeitete Tarif war von den Gehilfen mit einigen Abänderungen angenommen worden. Die Jnnnng stimmte ebenfalls zu, hielt aber an der ursprünglichen Fassung fest. In der Montagssitzung ergingen sich deshalb sämtliche Redner gegen die Innung in den heftigsten Angriffen und verlangten sofortigen Eintritt in den Generalstreik. Um so überraschender war die Abstimmung. Von den 265 Anwesenden erklärten sich 199 für die Annahme des Tarifs in der ursprünglichen Form, während nur 69 für den Streik waren. Der vereinbarte Tarif tritt am 15. August in Kraft. Lauter. Unerhört brutale Tierquälereien beging der 20 Jahre alte Malergehiife Bodel. Er hat am 22- Mai d. I. im Kuhstalle des Gasthofsbesitzers Korb in Raschau einer Kuh den Stiel einer Düngergabel fast einen Meter tief in den Leib gestoßen, so daß die Nieren und das Zwergfell des Tieres zerrissen wurden und es sofort geschlachtet werden mußte. Auf gleiche Weise hatte Vodel schon vorher eine Kuh bei dem Gasthofsbesitzer Schmidt in Schwarzenberg zugrunde "gerichtet. Die Kühe waren 320 bezw- 350 Mark wert. Der Un hold wurde von der 2. Strafkammer des kgl. Landgerichts zu Zwickau wegen Sachbeschädigung zu einem Jahr drei Monaten Gefängnis ver urteilt. Treuen. Dem Pächter des Rittergutes waren in acht Tagen von 55 Z jungen Enten 50 weggekommen. Wie sich herausstellte, war der Missetäter ein Marder mit seiner Familie. Im Lager der Scheune fand man sieben schon ziemlich große junge Marder, sowie an Vor räten: ein halber Feldhase, eine Ratte, ein Wiesel, etwa 20 angefressene junge Enten, Eierschalen usw- Plauen i. V. Sonntag nachmittag sind hier und in der Umgebung mehrere schwere Gewitter aufgetreten, die den langersehnten Regen brachten. Stellenweise war der Regen mit leichtem Hagelschlag verbunden. Leider sind auch mehrere Brände infolge Blitzschlags zu verzeichnen. So sind in Görschnitz bei Elsterberg das Steudelsche Gut einaeäfchert worden und auch in Moschwitz bei Greiz ist ein Gut infolge Blitzschlags niedergebrannt.