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Vie „Vtiendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich s Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Lande! und Wandel", „Feld und Garten", „öpiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag so Uhr. Inserate werden mtt w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 94. Sonntag, den 7. August 1904. 3. Jahrgang. LeseholMichem Zwecks Aufstellung des Leseholz-VerzeichnisseS für 1904/5 wird den Interessenten anheim gegeben bis 13. August 1904 sich in der Registratur des hiesigen Gemeinde-Amtes zu melden. Später eingehende Meldungen bleiben unberücksichtigt. Ottendorf-Moritzdorf, am 2. August 1904. Der Gemeinde-Vorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Bttendorf-Vkrilla, 6. August 1904. Dp. Vorsicht! Gestern Abend wurde zwischen dem hiesigen Badeplatze und der Brabant-Mühle eine Kreuzotter erlegt. Trotz dem seit langer Zeit sich hier keine derartigen Reptilien gezeigt haben, mahnt dieser Fall zur Vorsicht. — Gewitter und Strichregen sind in den fünften Tagen in einzelnen Gegenden Sachsens z. B. im Vogtlands, ni dergegangen, aber der gefallene Regen war zumeist nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. In dem größten Teile des Landes, wie hier, dauert die Dürre fort. Dresden. Auf der Vogelwiese entfernte sich Donnerstag vormittag ein hiesiger Seminarist aus einem Schankzelte ohne seine Zeche zu berichtigen. Die Inhaberin des Zeltes schlug Lärm und veranlaßte die Verfolgung des Aus reißers, der sich seiner Verfolger durch Schlagen mit einem Stocke und durch Stechen Mit einem Taschenmesser zu erwehren suchte. Ein Gendarm, auf den der Zechbetrüger ebenfalls mit dem Messer losging, entwand ihm dasselbe und brachte ihn unter Beihilfe eines Mannes auf die Polizeiwache, wo er in Haft genommen wurde. — Der Anblick der Elbe ist nach der Ein stellung allen Dampferverkehrs sehr traurig. Ueber zwanzig der schmucken Schiffe, die sonst das Flußbild belebtem liegen oberhalb und unterhalb der Augustusbrücke am Ufer und sind zur Untätigkeit gezwungen in einer Zeit, wo sie sonst stark besetzt stromaufwärts und -ab wärts (zu fahren pflegen. Schwer leidet längs der Elbe der Teil der Bevölkerung, der durch die Schiffahrt im Sommer seinen Verdienst finden muß. — Unter dem Strompfeiler der Augustusbrücke, wo der sogenannte Bagger graben liegt, werden umfangreiche Aus baggerungen vorgenommen. — Mittwoch nachmittag wurden von Pasianten in der Nähe der Marienbrücke zwei Artill-rie- Hohlgcschosie älteren Systems aufgefunden und an die Behörde abgeliefert. Diese Geschosse sind von einem Feuerwerker untersucht und als gefahrlos befunden worden. — Hierzu sei bemerkt, daß auch van anderen Personen zur Zeit, als die Begehung des wasserlosen Elbe betts noch nicht polizeilich abgesperrt war, Hohlkugelgeschosse von etwa 6 Pfund Gewicht aufgefunden wurden, die jedoch im Innern leer waren. Dagegen waren aufgefundene Patronen sogar mit der Spitzkugel geschossen. Kartätschen verschiedener Größe sind ebenfalls im Elbebett gefunden worden. — Am Dienstag Mr mittag erlitt in Vorstadt Striesen ein Dienstmädchen in der Küche ihrer Herrschaft beim Feueranzünden, wobei es Spiritus verwendete, infolge heraus schlagen der Flamme aus dem Ofen derartig schwere Brandwunden am ganzen Körper, daß es noch an demselben Tage verschied. Kö tz sch e n b r o da. Donnerstag früh ließ sich ein junger Mann von dem 6 Uhr 58 Min- von Zitzschewig obgegangcncn Lokalzuge über fahren ; er war sofort tot- Als er den Zug kommen sah, eilte er die Böschung hinauf und warf sich direkt vor die Lokomotive, an ein Halten war nicht zu denken. — Am Donnerstag früh brach kurz nach 3 Uhr in der Scheune des Fuhrwerksbesitzers Zimmer Feuer aus, durch das neben dem Ge bäude auch ein Leichen-, sowie mehrere Kutsch und Lastwagen mit verbrannt sind. Radeburg. Freitag Vormittag wurde Herrn Stadtrat Friedrich August Döring, hier, von Herrn Amtshauptmann Dr. Uhlemann im Beisein .des Stadtgemeinderatcs, der Herren Amtsgerichtsrat Zinner, Oberpfarrer Dr. Nuppel und Förster Zimmer das ihm von Sr. Majestät dem König Allergnädigst verliehene Albrecktskreuz ausgehändigt. Königsbrück. In Zeißholz bei Schwepnitz ist am Freitag ein großer Waldbrand ausge brochen, zu dessen Bewältigung die Feuerwehr von Schwepnitz, sowie alle umliegenden Orts feuerwehren und Militär ausgerückt sind. Meißen. Ein größerer Waldbrand hat am Montag in den sogenannten Steinigtberge^ unterhalb Karpfenschänke stattgefunden. Bischofswerda. Ein Opfer der Dresdner Vogelwiese wurde ein junger Kaufmann aus Pulsnitz, der sich am Mittwoch abend im Garten des Gasthauses „Heiterer Blick" im benachbarten Burkau erschossen hat. Er war am Tage vorher mit seinem Monats gehalt in Höhe von 140 Mark nach Dresden gefahren und ist wahrscheinlich in schlechte Gesellschaft geraten, die ihm das Geld ab genommen hat, da man nur wenige Pfennige bei ihm fand. Wie man hört, hinterläßt er eine junge Witwe und einige kleine Kinder. Kamenz. An der Böschung der Kamenz- Lübbenauer Bahnlinie, unweit der Station Kamenz, geriet durch Funken einer Lokomotive das dürre Gras und Gestrüpp tn Brand, welcher sich einem angrenzenden Stoppelfelde sowie einem Feldraine mitteilte und alsdann weiter den Waldbestand des sogenannten Galgenberges ergriff, woselbst auch eine Arbeits-Bretterbude ein Raub der Flammen wurde. Die kolossale Rauchentwicklung lockte zahlreiches Publikum nach dem Brandherde der ingesamt an Stoppeln Gestrüpp und Waldbestand einen Komplex von ca. drei Scheffeln einnimmt. Ebenfalls infolge Funken auswurfs einer Lokomotive war die Böschung in der Nähe von Kleinförstchen in Brand ge raten. Das Feuer griff schnell um sich und bald stand das zum Rittergut Kleinförstchen gehörige sogenannte hohe Holz in Flammen und brannte nieder. In Eibau ging ein über fünf Scheffel großes Weizenfeld des Gutsbe' sitzers Müller in Flammen auf. Binnen kurzer Zeit war das ganze Stück Weizen völlig vernichtet. Das letztere Feuer ist durch große Fahrlässigkeit des bei M. bediensteten Arbeiters Mielsck entstanden. Dieser hatte sich auf dem am Bvuernwege befindlichen Rasen ein Feuer angemacht, welches rasch um sich griff und das Weizenfeld ergriff. Als Mielsch das Vergebliche seiner Rettungsarbeit eiusah, floh er mit seiner Frau nach dem nahen Kottmar- walde. Großthiemig. Jedenfalls infolge der andauernden Trockenheit und großen Hitze hat sich in dem Staken eine Torfbodenschicht ent zündet und brennt schon seit längerer Zeit. Trotzt der schon am Anfang getroffenen Maßregeln ist es bisher noch nicht gelungen, das Element zu fesseln. Das Feuer hat viel mehr, durch den Wind begünstigt, seinen Herd bedeutend erweitert, und durch starke Rauch bildung die Umwohner beänstigt. Es dürste noch geraume Zeit verstreichen, ehe der unterirdische Herd vollständig erloschen ist- Pirna. Die Bewohner der Städte und Ortschaften mit gut arbeitenden Wasser werken können sich kaum einen rechten Begriff davon machen, wie es auf dem platten Lande und in manchen Gebirgsorten bei der gegen wärtigen Dürre aussieht. Trostlose' Zustände findet man fast überall. Es gibt jetzt schon Gegenden, wo die Wasserfrage die schwersten Sorgen bereitet, da für das Vieh und die Gärten, ja selbst für den Haushalt die Be- sckaffung des nötigen Wassers mit Schwierig keiten verknüpft ist. So ist zum Beispiel die sonst so munter plätschernde Seilewitz, welche von Börnersdorf hereinkommt und Liebstadt, sowie das ganze Seidewitztal durchfließt, nur noch ein schwaches Gerinnsel. Die sonst zahl reich im Bache vorhandenen Forellenbcstände sind bereits stark gelichtet. Nur in den stillstehenden Tümpeln können sich noch einzelne Exemplare kümmerlich erhalten. Aber auch diesen wird vielfach nachgestellt. Was nicht in diebische Hände gerät, erliegt den Ringel nattern, welche zahlreicher als sonst auftreten und den Fischen nachstellen. Der Pächter des Rittergutes Kuckuckstein bei Liebstadt muß das Wasser zum Tränken des Viehes literweise aus dem versiegenden Bach schöpfen, da anderes Wasser nicht mehr in genügender Menge zu erlangen ist. Erst wenn das Vieh getränkt ist, kann das noch übrige Wasser zu anderen Zwecken nutzbar gemacht werden. — Trotzt der erheblichen Abtragungen, welche vor einiger Zeit an den sogenannten Hungersteinen beim Prasserschen Krahne vorgenommen worden sind, lasten sich diese Felsenplatten und -Kuppen jetzt wieder sehen. Nur nach wenige Zentimeter sind sic vom Master überspült. Man hat es deshalb wieder unternommen, durch erneutes Einmeißeln der Jahreszahl 1904 späteren Generationen sichere Kunde von dem damit verbundenen Uebelständen zu geben. Gröba. Die Zahl der durch den niedrigen Wasserstand der Elbe am ganzen Fluß bis Hamburg entlang beschäftigungslos Gewordenen soll 17 000 betragen. Die Aussichten auf Besserung sind schlechte. Döbeln. Der hiesige Stadtrat hat beim Ministerium des Innern um Genehmigung zu einer zweiten Apotheke nachgesucht. Er be absichtigte, um eine Verteuerung der Apotheke zu verhindern, diese Apotheke auf städtische Kosten einzurichten und an einen approbierten Apotheker auf Lebenszeit zu verbachten. Der artige städtische Apotheken bestehen bereits oder werden noch gegründet in Eberstadt, Mühlheim, Mainz, Offenbach, Herrnhut. Das Ministerium hat jedoch die Genehmigung versagt mit dem Hinweis darauf, daß Apothekenkonssionen nur an physische, als Apotheker approbierte Personen erteilt werden. Sollte dieses System einmal geändert werden, was vorerst aber nicht be absichtigt ist, dann sei kein Grund zu ersehen, warum sich der Staat die Aopthekenverpachtungen nicbt als Einnahmequelle zu nutze machen solle. Wurzen. Der Firma Max Schiemann und Co. in Dresden ist es nunmehr, nachdem die rheinischen und westfälischen Anlagen schon längere Zeit im Betriebe sind, auch in Sachsen gelungen, eine gleislose Industriebahn zu er richten zu können, die sich ausschließlich mit der Beförderung von Industriegütern befaßt Diese^Anlage wird noch in diesem Jahre gebaut und in Betrieb genommen werden, Mit der Stadt und den Interessenten sind auf zehn Jahre Verträge abgeschlossen worden unter Bedingungen, welche ein wirtschaftliches Resultat für die Anlage erhoffen lassen. Leipzig. Eine höchst bemerkenswerte Bestimmung erläßt soeben die König!. Amts hauptmannschaft im „Interesse der Aufrecht erhaltung der öffentlichen Ordnung". Falls dieselbe rechtlich unbestandet bleibt, ist vielen Gewerbetreibenden, Geschäftsleuten und be sonders denjenigen Saalbesitzern ein gutes Stück geholfen, welche seitens der Sozial demokratie wegen Nichthergabe ihrer Räume für Versammlungen boykottiert wurden. Die Bekanntmachung lautet: „Wer in Zukunft e» unternimmt, den Gewerbebetrieb eines anderen dadurch zu stören oder zu beeinträchtigen, daß er öffentlich vor einer Menschenmenge oder durch Verbreitung von Schriften oder durch öffentlichen Anschlag dazu aufgefordert in einem bestimmteu Gewerbebetriebe keine Waren anzukaufen oder zu bestellen, bez. in einem bestimmten Geschäftslokale nicht zu verkehren, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder Haft bis zu 14 Tagen bestraft. Leipzig. Unter den Bau- und Möbel- Tischlern von hier und Umgegend bereitet sich eine starke Lohnbewegung vor, welche im wesendlichen auch die Verkürzung der Arbeits zeit mit ins Auge faßt. — Noch der in Ortskrankenkassen-Angelegen- heiten bestinformierten hiesigen „Volkszeitung" habeu die früheren und durch Verordnung der Kgl. Kreishauptmannschaft später wieder zu Praxis zugelassenen Kassenärzte im ersten Vierteljahre unter den neuen Verhältnissen nicht den vierten Teil ihrer früheren Honorarbezüge erreicht. Da hätte sich allerdings der Segen der „freien Arztwahl" in unangenehmster Weise an den Aerzten selbst bemerkbar gemacht. Hohenstein-Ernstthal. Der 1859 geborene Fabrikspuler Otto Voigt in Langen berg warf am Montag abend seiner Frau eine Schlinge um den Hals, um sie zu erwürgen. Der überfallenen Frau gelang es, jedoch, die Hand zwischen Schlinge und Hals zu bringen und so die Tat zu vereiteln. Die Frau, welche hilferufend die Flucht ergriff, warf der wütende Ehemann mit aller Wucht die Treppe hinunter, fo daß sie bewußtlos liegen blieb. Der Täter jedoch ergriff die Flucht durch die Hintertür des Hauses und suchte seinen Weg nach Meinsdorf, wo er im Teiche des Guts besitzers Voit ertränkt aufgefunden wurde. Außerdem zeigt sich an der linken Kopfseite eine Schußwunde. B. soll mit seiner Frau oft in Unfrieden gelebt haben. Die Frau be findet sich auf dem Wege der Besserung. Chemnitz. Der Leutnant Paul Armin Venus von der 4. Kompanie des 9- Infanterie- Regiments Nr. 133 (Zwickau), der sich am Abend des 11- Juli auf dem hiesigen Haupt bahnhofe in einem Abort durch einen Revolver schuß in den Kopf schwer verwundete, ist jetzt aus dem Garnisonlazarett entlasten und dem Untersuchungsgefängnis des Militärgerichts zu geführt wvrden. Venus sollte schon am 11. Juni eingeliefert werden, mußte sich aber seinem Transporteur, dem Oberleutnannt A. vom selben Regiment, zu entziehen (derselbe wurde deswegen vom Kriegsgericht zu 6 Wochen 1 Tag Festungshaft verurteilt) und nahm dann den Selbstmordversuch vor. Buchholz. Donnerstag nachmittag ist in einem an der Schlettauer Straße gelegenen Wäldchen ein Teil Kiefern- und Lärchenbestand im ungefähren Ausmaße von 800 pm durch Feuer zerstört worden. Dasselbe dürfte durch Kinder veranlaßt worden sein. Teplitz d. 5. August. Großfeuer in Graupen. Heute Vormittag Hs 12 Uhr brach in dem Hause des Maschinisten Hübler Feuer aus, welches sich in kurzer Zeit derart ausbreitete, daß gegen 2 Uhr 43 Häuser in Flammen standen. Wer die alte Bergstadt Graupen am Fuße des Erzgebirges kennt, wird sich von dem Elend einen Begriff machen können. 2 Menschenleben stehen auf dem Spiel welche bei Rettungsarbeiten Schaden ge nommen haben, auch werden zwei Kinder vermißt. Viel Vieh, besonders Ziegen der armen Leute sind in den Flammen umgekommen. Der Calvenienberg steht ebenfalls in Flammen, wie groß der Schaden ist, kann zur Stunde noch nicht festgestellt werden.