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Ottendorfer Zeitung : 24.06.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190406245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040624
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040624
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-06
- Tag 1904-06-24
-
Monat
1904-06
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 24.06.1904
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3-» Stück TreSeraktien im Nennwerte von Z5 000 Mk. wurden kürzlich in der Berliner Piandkammer durch den Gerichtsvollzieher zwangsweise versteigert. Es fanden sich auch wirklich noch Kauflustige. Die 35 Aktien, die einst ein Kapital von vielen Tausenden dar stellten, und die mehrere Jahre einen Zinsgenuß von 16- bis 17 000 Mk. pro Jahr brachten, wurden für bare 40 Mk. zugeschlagen. Wahr scheinlich wird der neue Besitzer sie als Tapeten verwenden oder als Kuriositäten für die Nach welt unter Glas und Rahmen bringen. Aus dem Zuge gesprungen ist auf der Fahrt nach Berlin zwischen den Stationen Koswig und Klein-Wittenberg ein unbekannter, etwa 30 jähriger Mann. Derselbe befand sich in einem Waggon der 4. Klasse und trat etwa zwei Kilometer vor der Station Klein-Witten berg auf die Plattform des Durchgangswagens. Dann sprang er plötzlich auf den Bahndamm, überschlug sich und stürzte die Böschung hinunter. Der Vorgang war nur von wenigen Passa gieren beobachtet worden und diese waren so bestürzt, daß sie es verabsäumten, die Not bremse zu ziehen. Nach Eintreffen des Zuges auf Bahnhof Klein-Wittenberg wurde der dortige Stationsvorsteher von dem mutmaßlichen Selbstmord des Passagiers verständigt, der die sofortige Absuchung der Strecke anordnete. Diese ist jedoch erfolglos geblieben. Ob der Unbekannte von Landarbeitern aufgefunden und fortgeschafst worden ist, konnte nicht sestgestellt werden. Ei» Zigeuner als Rittergutsbesitzer. Der bekannte Zigeunerhauptmann Petermann aus Neu-Weißensee bei Berlin ist unter die Rittergutsbesitzer gegangen; er hat das etwa 50 Hektar große Rittergut Windberge bei Stendal in der Altmark käuflich erworben. Petermann gedenkt sich dort ständig niederzu lassen und eine große Pferdezucht zu betreiben. Das Gut soll ferner etwa 90 Stammesgenossen Petermanns Aufenthalt gewähren. Aus diesem Anlaß ist bereits eine aus 50 Wagen bestehende Karawane auf dem Gute eingetroffen, während noch ein großer Nachschub Zigeuner demnächst erwartet wird. Etwa 50 Zigeunerkinder find schon in Windberge zum Schulbesuch angemeldet worden. Er wußte sich nicht anders zu helfen! Ein Gastwirt zu Seelow, der sich nicht anders zu helfen weiß, nimmt durch den Anzeigenteil der ,Ztg. f. d. Oderbr.' die Flucht in die Öffentlichkeit mit folgenden Worten: „Meinen hochverehrten Gästen, die mich abends in meiner Bierstube beehren, zur gefälligen Kenntnis, daß jeder Gast mit dem Glocken schlage 12 unbedingt das Lokal sofort zu ver lassen hat, da ich nicht weitere Strafgelder be zahlen möchte. Ergebenst E. H." — Auf die Seßhaftigkeit der Gäste läßt diese Aufforde rung einen das Brauerherz erfreuenden Schluß ziehen. Noch eiu tödlicher Automobilunfall. Bei Brezolles stürzte das Automobil des Sohnes des Herzogs von Audiffret-Pasquier, als es mit einer Geschwindigkeit von 90 Kilo meter dahintuhr, infolge Platzens des Pneumatiks um. Audiffret-Pasquier erlitt schwere innere Verletzungen, an denen er bereits am nächsten Morgen gestorben ist. Kosten einer Krönung. Die Berechnung der Kosten für die Krönung König Eduards ist beinahe abgeschlossen. Nach den letzten Fest stellungen kostete den englischen Steuerzahlern die Krönung König Eduards die Kleinigkeit von 7 186 780 Mk. Wenn die guten Engländer sich das leisten können — uns kann's recht sein. Die englischen Arbeitshäuser, ursprüng lich als reme Wohltätigkeitsanstalten für die jenigen gebaut, die weder Geld noch Ver wandte oder Freunde haben, die ihnen helfen können und wollen, beginnen offenbar, sich zu Hotels ersten Ranges und Erholungsaufenthalten zu entwickeln. Immer häufiger kommt es näm lich vor, daß Personen, die im Besitze einer kleinen Leibrente find, die — wie der volks tümliche Ausdruck lautet — zum Verhungern zu viel und zum Sattwerden zu wenig ist, pro Woche oder Monat soundsoviel an die Arbeits hausleitung zahlen, und den Rest ihrer Tage dann zwar unter Aufsicht, aber in Sicherheit und mit einer gewissen Bequemlichkeit ver bringen. Besonders Leute, die mit einer kleinen Pension aus der Armee oder der Flotte ent lassen werden, erscheinen ost in den Armen häusern als „zahlende Gäste". Ein schreckliches Verbrechen ist bei Siena entdeckt worden. Vor etwa 2 Monaten wurde in ihrer Wohnung die Frau des reichen Gutsbesitzers Borgogni mit zerschmettertem Hinterkopf tot aufgesunden. Da die Borgogni an epileptischen Krämpfen litt, glaubte man allgemein — auch der Arzt war der Ansicht —, daß der Tod durch einen Fall herbeigeführt worden sei. Die Leiche der Frau, die sich in gesegneten Umständen befand, wurde daher zur Bestattung sreigegeben. Jetzt land aber der Gatte der Frau in der Tasche seines jüngeren Bruders eine Photographie der Toten. Das erregte seinen Verdacht und der junge Mann Hotelbesitzer Mühling ch. Leider ist das Gordon-Bennett-Rennen nicht ohne Unfälle verlaufen. Das Rennen selbst verlief allerdings tadellos. Allein bei den das Nennen besuchenden Automobilisten sind einige schwere Un fälle vorgekommen, die bis jetzt zwei Menschenleben gekostet haben. Baron Leitenberger aus Wien und Hotelier Mühling aus Berlin sind ihren Verletzungen erlegen. Die Hotelbesitzer Uhl (Hotel Bristol) und Mühling (Hotel de Rome) machten eine gemein schaftliche Autowobilfohrt. Der Wagen stürzte, Herr Uhl erlitt einen Armbruch, Herr Mühling trug eine Gehirnerschütterung und schwere Verletzungen am Rückgrat davon, so daß von vornherein wenig Hoffnung auf Erhaltung seines Lebens bestand. gestand, durch Fragen in die Enge getrieben, daß er die Schwägerin, die er heiß geliebt habe und die seine Liebe nicht erwidern wollte, im Zorn erschlagen habe. Der Mörder wurde verhaftet. Der Gatte der Ermordeten ist dem Wahnsinn nahe. Wieder eine Stadt abgebrannt. All jährlich im Hochsommer brennen einige der russischen Holzstädte ab. Zu den bisher über derartige Brände eingelaufeuen Meldungen kommt eine neue. Ein großer Brand in Wilkomir äscherte daselbst gegen 700 Häuser ein. Eine Räuberbande führte bei Wladi kawkas (Kaukasus) in der Donnerstag-Nacht durch Aufreißen von Schienen die Entgleisung eines Eisenbahnzuges herbei, überfiel die Post wagen und wechselte mit der Zugwache Schüsse. Als Leute herbeeilten, entflohen die Räuber, breite Blutspuren hinterlassend. Die Passagiere und die Post blieben unbeschädigt. Abenteuer dreier Amerikanerinnen. Drei jugendliche Amerikanerinnen von großer Selbständig keit verließen vor einem halben Jahre New Jork, um eine Reise nach Ägypten und Palästina zu unternehmen. Sie besaßen Svrachenkemunisse, Kreditbriefe und Empfehlungen und glaubten, ihre Reise sicher wohl ohne männliche Begleitung zurück legen zu können. In der Tat sah man sie bei den Pyramiden, auf einem Nildampfer, in einer Kara wane endlich in Palästina. Was den Mädchen während dieser Züge zugestoßen war, konnte bis jetzt nicht festgestellt werden. Tatsache ist, daß die Schwestern im Zustande hochgradiger nervöser Er regung in Konstantinopel anlangten. Ihren in Pera wohnenden Landsleuten erzählten sie Phantasti sches über ihre Erlebnisse, unter anderm, daß sie in Ägypten entführt worden und, daß in Galiläa ein räuberischer Scheich ihnen nachgesetzt wäre. In der Überzeugung, daß der Wechsel des Klimas die Erregung der jungen Damen beheben werde, ließ man sie eilends nach Wien abreisen. Hier steigerte sich jedoch ihr krankhafter Zustand zu ausgesprochenem Verfolgungswahnsinn. Sie wanderten von einem Hotel zum andern und baten flehentlich um Aufnahme, da sie von maskierten Leuten verfolgt würden. In der Ringstraße warfen sie sich einem Schutzmann zu Füßen und baten ihn um Schutz. Der Konsul der Ver. Staaten benach richtigte daher telegraphisch den Bruder der jungen Damen, daß er sie von Europa abholen möge. Drei zu Rate gezogene Arzte erklärten den Zustand der wagemutigen Reisenden für gefährlich, und zwar nicht nur für sie selbst, sondern auch für ihre Um gebung, so daß sie in einer Erholungsstätte unter gebracht werden mußten. Der größte Klavier-Unhold Amerikas ist George Sherry aus South-Bethlehem, der 26V- Stunden ununterbrochen gespielt und da bei 1102 Stücke herunter geklimpert hat. Er besiegte damit den bisherigen „Klavier- Champion" Waterbury, dessen Hände oder Finger eine halbe Stunde früher erlahmten. «Wieviel Zuhörer hierbei auf der Strecke blieben, wird leider nicht mitgeteilt!) Teure Küsse. Drei junge Farmer in Lincolnshire haben die Erfahrung machen müssen, daß ein Kuß unter Umständen teuer sein kann. Sie trafen auf der Landstraße eine junge Farmarbeiterin, die ihnen so gefiel, daß sie von ihrem Wagen abstiegen, um sich jeder von ihr einen Kuß zu holen. Die junge Bäuerin verklagte sie, und die drei heißblütigen jungen Leute wurden zu je 4 Pfund Geld strafe und in die Kosten verurteilt, so daß jeder Kuß mehr als hundert Mark kostet. Sie wären noch schlimmer bestraft worden, wenn sie nicht klug genug gewesen wären, der jungen Dame gegenüber feierlich Abbitte zu tun und zu erklären, daß sie ihren „dummen Scherz" be reuten. GerickrskaUe. Berlin. Der Destillateur und Schankwirt R. besitzt in der Nähe eines militärischen Übungsplatzes eine Bierballe, vor der sich ein Garten befindet. Kin Gendarm hatte eines Sonntags von der Chaussee aus bemerkt, daß einige Personen in dem Garten vor der Bierhalle zur Zeit des Hauptgottes dienstes Bier tranken. Auf Grund einer Oberpräsidial verordnung vom 20. Februar 1896, die während der Zeit des Hauptgottesdienstes den Betrieb des Schankgewerbes gänzlich untersagt, war R. ange klagt, aber vom Schöffengericht freigesprochen worden. Das Landgericht verurteilte jedoch R. zu einer Geldstrafe, weil der Schankbetrieb öffentlich bemerk bar zur Zeit des Hauptgottesdienstes vor der Bier halle stattgefunden habe. Das Kammergericht hob indessen die Vorentscheidung auf und sprach den Angeklagten gänzlich frei, weil die erwähnte Ober- präsidial-Verordnung ungültig sei. Die Vorschrift einer die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage regelnden Polizeiverordnung, daß zur zeit des Hauptgottesdienstes der Betrieb des Schankgewerbes ganz verboten sei, entbehrt der mate riellen Rechtsgültigkeit. Eine Polizeiverordnung, die einen nach außen hin wahrnehmbaren und geräusch- Wollen Schankbetrieb während der Zeit des Haupt gottesdienstes verbietet, ist nach Ansicht des Kammer gerichts rechtsgültig. Da die Polizeiberordnung ganz allgemein den Betrieb des Schankgewerbes zur Zeit des Hauptgottesdienstes verbietet, so geht sie zu weit und entbehrt mithin überhaupt der Rechts- gültigkeit. Naumburg. Der Maurer Haller hat bei einem Maurerausstande Arbeitswillige beleidigt, bedroht und von der Arbeit abzuhalten versucht. Die hiesige Strafkammer verurteilte Haller zu sechs Wochen Gefängnis. Von Port Artkur. Ein Chinese, den die Japaner in Port Arthur einzuschmuggeln wußten und der kürz ¬ lich wieder von dort entwich, wurde in Niu- tschwang festgenommen. Er teilte einem Ver treter des ,Reuterschen Bureaus', wie dieser aus Kaupantse telegraghisch meldet, mit, daß die Russen sehr angestrengt Tag und Nacht daran arbeiten, ihre Kriegsschiffe zu reparieren, und daß sie mit der Ausbesserung in 14 Tagen fertig zu sein hoffen. Vier Kreuzer liegen un mittelbar unter Golden Hill, ihre Geschütze sind an Land gezogen, um bei einem Landangriff Verwendung zu finden. Die Verbindung zwischen dem inneren und äußeren Hasen ist zum Teil frei, aber die Blockade des Admirals Togo ist vollständig durchgesührt. Nahrungs mittel find noch hinreichend für wenigstens zwei Monate vorhanden. Alle Vorräte, die im Be- sttz der Chinesen waren, sind konfisziert worden. Die chinesischen Zünfte haben an den General Stößel die dringende Bitte gerichtet, ihren Mit gliedern zu erlauben, Port Arthur zu verlassen. Eine Mühle, die dem reichsten Chinesen in Port Arthur gehört, mahlt jetzt Weizen. Viel Schaden ist, wie der Chinese weiter mitteilt, dem neuen Stadtteil von Port Arthur durch die Granaten der Japaner zugefügt worden. Die russisch- chinesische Bank ist gänzlich zerstört worden. Der Kohlenvorrat ist gering und wird auf etwa 2400 Tonnen Cardiff-Kohle und 3000 Tonnen japanischer Kohle geschätzt. Über die Verteidigung deS Hafens von Port Arthur wird dem .Standard' geschrieben: Öst lich vom Hafeneingang ist die Takhe-Bai, die voll von Klippen und Untiefen ist. Sodann folgt die Lungwangtang-Bucht uud eine schroffe Klippe, Pingtutau genannt. Daran schließt sich die Landzunge, die sich südlich der Talienwan- Bai erstreckt. Die Befestigungen dehnen sich die ganze Küste entlang aus von Port Arthur bis Dalny. Westlich der Talienwan-Bai liegt die Viktoria-Bai und an deren Nordseite ein Vorgebirge, wo die Russen ein militärisches Etablissement errichtet haben, während im Osten ein geschützter Ankerplatz sich befindet, bekannt unter dem Namen Odin Cobe. An der andern Seite von Port Arthurs Einfahrt ist das Liautischan-Vorgebirge mit einem. Berge, der 1512 Fuß hoch ist, hinter dem die Küstenlinie nach Norden abfällt. Forts und Batterien find auf der Spitze aller Erhebungen angebracht, aber es ist fraglich, ob alle diese Befestigungen über die genügende Zahl von Geschützen ver fügen. Kuntes Allerlei. Verplappert. Zar Alexander II. wohnte Ende der fünfziger Jahre anläßlich eines Besuches in Jugenheim einem vom Großherzog von Hessen veranstalteten Fuchsgraben bei. Als sechs Füchse aus dem Bau gehoben waren, meinte der Zar: „Sehr interessant, in der Tat, sechs Füchse in einem Bau!" Der Großherzog ver beugte sich und rief seinen Jägern zu: „Genug, wir wollen weiter gehen!" Da platzte jedoch einer der Jäger zum allgemeinen Ergötzen heraus: „Königliche Hoheit, es steckt noch einer drin, wir haben sieben hineingetan!" * * * Höhere Rechenkunst. „Ungleichartige Gegenstände kann man nie zusammenzählen," sagt der Lehrer. „Zwei Birnen und zwei Kohl köpfe sind also niemals vier Kohlköpfe oder vier Birnen." — „Wie kommt es aber, Herr Lehrer, daß ein Liter Wasser und ein Liter Wein zwei Liter Wein geben?" Nat und Tat. „Siehst du," sagt ein Vater zu seinem Sohn, „man darf niemals lügen, selbst wenn die Lüge dir fast notwendig erscheinen sollte." In dem Augenblick klingelt es. „Sieh mal wer da ist," fährt der Vater fort, „und wenn man fragt, ob ich zu Hause bin, sagst du nein!" Kasernenhofblüte. Unteroffizier: „Hat der Kerl 'mal mit Benzin 'n paar Flecken her- ausjeputzt, und nu bildet er sich schon ein, er sei der Mister Jörd'n Bennett." (Ms Schnaufern.) Stolz. „I waaß garnich, weßhalb der Seppl immer die größten Kartoffeln haben muß. So dumm wie er bin i a!" wenn sie ihm ihr heißes Lieben nicht so off, ach so viele Male verraten hätte durch ihr Erröten, ihr Erblassen, ihre Blicke? Nicht wegen Hoffs Handlung hatte Elvira das Recht zu zürnen, aber doch darum, weil Hanna dieser Liebe überhaupt den Eingang in ihr Herz gestattet hatte. Das erforderte eine Sühne, und Hanna wollte es sühnen durch ein Opfer, wozu alles, alles- sie zu drängen schien. „Ich bin dir nicht mehr böse, Hanna!" wiederholte Elvira und streckte ihr die Hand hin; zögernd legte Hanna ihre heißen Finger in die kühle, Weiche Hand ElviraS. „Und nun habe ich noch einen Auftrag," fuhr diese fort. „Papa läßt dich durch mich bitten, seine Frau zu werden; er hat den Mut nicht, es dir selbst zu sagen." Elvira zog bei diesen Worten einen Ring mit blitzenden Steinen hervor und sagte zärtlich: „Darf ich den Ring von Papa an deinen Finger stecken, und darf dich Papa morgen als seine Braut begrüßen?" Hanna atmete tief auf. War das nicht das angstvolle Gesicht Hoffs, das da wie in einem Nebel vor ihr auftauchte und sie drohend an schaute ? und daneben das bleiche, ermahnende, kummervolle Gesicht, trug es nicht die Züge ihrer Mutter? O Gott, gab es denn keinen Ausweg, mußte sie denn alles opfern, ihre Jugend, ihre Freiheit, ihre Liebe, o, ihre unselige Liebe? „Bitte, tue es, Hanna," bat Elvira, „ich Lin ganz einverstanden mit Papas Wünschen, und auch Hans meinte heute, er würde dich sehr gern als seine Schwiegermama begrüßen." Ein dunkles Not stieg in Hannas blasses Gesicht, aber sie duldete es, daß jetzt Elvira ihr den Ring an den Finger steckte und sie dann stürmisch umarmte. „Das hast du dir wohl nicht träumen lassen, als du hier in unser Haus einzogst, daß du noch meine — Stiefmutter werden würdest!" rief Elvira dabei fast jubelnd. So leicht hatte sie sich die Ausführung ihres kecken Planes kaum gedacht. Nach einem zärtlichen Abschied von Hanna schwebte sie dann wieder zur Tür hinaus, um, wie sie sagte, dem guten Papa noch die Freudenbotschaft zu bringen, daß Hanna ihr Jawort gegeben hatte. Elvira flog förmlich die Treppe hinunter; in dem Salon harrte ihrer der Kommerzienrat. Totenblaß vor Aufregung eilte er ihr entgegen. „Nun — was bringst du für Botschaft, Kino? Hanna hat mich wohl abgewiesen, nicht wahr?" rief er erregt. „Nein, Papa, sie war sofort bereit, deine Gattin zu werden." „Wirklich? Und du Haft sie nicht zu über reden brauchen?" „Nein, durchaus nicht, allem Anschein nach war sie schon vorbereitet auf deinen Antrag. — Aber nun gute Nacht, Papachen, ich bin tovmüde, mich hat die Angelegenheit doch auch recht aufgeregt, und nun fühle ich mich ganz erschöpft." „Gute Nacht, mein Kind," sagte der Kom merzienrat, und stürmisch zog er die zierliche Gestalt in seine Arme und küßte das blasse Gesicht. „Dank, tausend Dank für diese Freudenbotschaft, Elvira! Hanna mein, wirklich mein? — O Gott, ich kann mein Glück noch gar nicht fassen!" „Aber Papa, so sei doch vernünftig und gebärde dich nicht wie ein verliebter Jüngling," sagte Elvira würdevoll, und ein böses Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie jetzt ein Licht anzündete und sich auf ihr Zimmer begab. Dort stand sie lange sinnend vor dem Bilde ihres Verlobten. Nun mußte also doch seine törichte Liebe zu Hanna im Winde verwehen und sein Herz sich zu ihr zurückfinden, zu ihr, die ihn doch so — innig liebte! — Auch Hanna, die sich schlaflos auf ihrem Lager herumwarf, dachte in dieser Stunde an Hoff. Wirre Bilder zogen an ihrem erregten Geiste vorüber. Sie dachte an jene Frau, die sich den Tod gegeben, um ihren Mann aus seiner geistigen Trägheit aufzurütteln. Ach, vielleicht, wenn seine Liebe zu ihr wahr ge wesen, erwachte auch bei Hoff der schlummernde Genius, wenn er morgen erfahren mußte, was da geschehen war! Der Schmerz, der hoffnungslose, der auch durch ihre Seele zitterte, er hatte wohl die Macht, das innerste Sein zu erschüttern, schlummernde Kräfte zu erwecken, und wenn diese Kräfte geistige Größe bedeuteten, dann würden sie such Blüten treiben. Der Gedanke wäre trostreich und erhebend gewesen, hätte Hanna an Hoffs edle, große und nun ent sagende Liebe glauben dürfen; ElviraS Worte aber, die Hanna dazu gebracht, sich den Ring von ihr an den Finger stecken zu lassen, ließen dieses kühne Traumbild in Nichts zer fließen. * * * Hell und sonnig wie ein erstes Lenzesgrüßen war der neue Tag angebrochen. Mit müden Augen ward von Hanna dieser Morgen begrüßt und ihr blasses Gesicht sah durchaus nicht bräutlich aus, als sie jetzt dem Kommerzienrat gegenüberstand. Dieser überreichte ihr zum Morgengruß einen prachtvollen Blumenstrauß und schloß fie sehr bewegt in seine Arme. Dann kam Elvira und später Nanny und Lilly, welch letztere beiden sprachlos vor Staunen waren, daß die Gouvernante von gestern heute plötzlich zu ihrer Mama avancieren sollte. „Unterricht haben wir wohl nun gar nicht mehr?" fragte Nanny. „Vorläufig mögt ihr Ferien haben," sagte der Kommerzienrat, „Ostern aber kommt ihr nach einer Pension!" Als Nanny und Lilly wieder sortgegangen waren, sagte der Kommerzienrat scherzend zu Hanna: „Deine Gouvernantenlaufbahn ist nun glück lich zu Ende, Kind. Du warst auch viel zu jung und schön zu diesem trockenen, einförmigen Beruf. Neugierig bin ich übrigens, was Hoff für Augen machen wird über seine junge hübsche Schwiegermama. Du erwartest ihn ja wohl heute vormittag, Elvira?" -si n> (Fortsetzung folgt.)
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