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Ottendorfer Zeitung. Die „Dttendsrfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Gkrilla mit Moritzdors und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserate werden mit p Pf. für die Spaltzeil« berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 70. Sonntag, den 12. Juni 1904. 3. Jahrgang. Oertlichrs und Sächsisches. Bttendsrs-Vkrilla, st. Juni 1SV4. — Der Ort«verein für Ottendorf-Okrilla und Umgegend veranstaltet am morgigen Sonntag im Garten de« Friedrich Wilhelms- Bodes ein in Konzert, Gabenverlosung. Vogel schießen, Jnternational-Histor. Museum, Kinder- belustigungen rc. bestehendes Sommerfest. Als besonders empfehlens- und sehenswert heben wir hervor: das iniernational-histor. Museum mit Sonderabteilung; Nordostsüdwestindisches Riesenkrokodil mit seinen 3 lebenden Jungen, sowie Folterkammer. AuSstellende ist die rühmlichst bekannte „Amerieain Laucha-Com pagnie. Es versäume niemand, speziell Ein sicht in diese» großartige, einzig in seiner Art dastehende Unternehmen zu thun. Die Amer'tain Taucha-Compagnie ist u. E. jederzeit konkurrenz fähig mit Barnum und Bailey. Ferner unter lassen wir nicht, an dieser Stelle auf den allerseits bekannten Humorist und Liedersänger R. König hinzuweisen. Bei günstiger Witterung versprechen die bereits getroffenen Vor bereitungen Alt und Jung angenehme Stunden zu bereiten und ist deshalb jedermann der Besuch der Festlichkeiten nur zu empfehlen. Der Eintritt ist frei. Ein eventuell zu erziehlender Reingewinn soll im gemein nützigen Interesse unserer Ortschaften verwendet werden. Die für die Gabenlotterie bestimmten Geschenke nehmen die Herren Gemcindekassierer Pirnbaum, Radebergerstraße 81, Bäckermeister Geißler, BiSmarckstraße^, Restaurateur Krause, Frau Klotzsche und Herr Gasthofsbesitzer Lehnert gern entgegen. Im übrigen wird auf das Inserat in der heutigen Nummer verwiesen. — Sonnabend, den 11. Juni 1904, vormittag S Uhr sollen in Kleinokrilla 2 Läufer schweine und 1 neuer Kutschwagenkasten gegen sofortige Bahrzahlung meistbietend versteiger werden. Versammlungürt der Bieter! Gasthof „zum Ring" in Moritzdorf. — Wer sich ein Fahrrad auf Anzahlung ünschaffen will, sei auf das heutige Inserat der Roland Maschinen - Gesellschaft G. m. b. H- zu Köln, hingewicsen, deren Räder sich eine« vorzüglichen Rufes erfreuen. Die prachtvolle Preisliste Nr- 855 erhallen unsere Leser au Verlangen kostenfrei zugesandt. — Kornblumen! Früher als sonst brachte uns der sonnige Brachmonat die zier liche Kornblume, die Lieblingsblume unseres verklärten Heldenkaisers Wilhelm l. Als dieser einst inmitten seiner Paladine durch die Korn felder Böhmens ritt (1866), da traten in seine Erinnerung die Tage von Memel, als die Hand der Mutter sein Haupt mit dem Kornblumenkranze schmückte. Sinnend be trachtete der große Heerführer die ihm ge reichten blauen Feldblumen und heftete sie gegen alle seine sonstige Gewohnheit an die Uniform — der Geist der Mutter umschwebte den Helden. Mit einem Schlagt ist aus dem Ackerunkraut Ne gefeierte Blume de» König» geworden. Mit Blitzesschnelle jagte di Legende der Kornblume durch das Land, un als König Wilhelm seine siegreichen Truppen heimführte, da war es die Kornblume, welche ihm überall zum Gruß gereicht wurde. Das Farbensinnbild der Treue wurde zur Kaiser blume der Deutschen, und Kornblumen sckmückten in der Natur und in künstlichen Bildungen in allen Stoffen das Heim jedes Deutschen in allen Erdteilen. — Wie alljährlich um diese Zett, wenn das Ge treibe hochsteht, tritt auch wieder ein Mißstan lebhaft in die Erscheinung der nicht genug ge rügt werden kann. Es betrifft das Zertreten des Getreides beim Pflücken von Kornblumen. Die Verehrer und Verehrerinnen dieser lieblichen blamn Kaiserblume richten in den reifenden Getreidefeldern allenthalben große Verheerungen an, da sie sich meist nicht mit dem Pflücken der am Fcldrande stehenden Blnmen begnügen, andern in vielen Fällen tief in die Felder sineintreten, wobei die Aehren umgeknickt und n den Erdboden getreten werden. Erwachsene wie Kinder mögen bedenken, daß sie damit ine Ungehörigkeit begehen und Strafe zu ge wärtigen haben. — Für Schulausflüge, welche ganz oder teilweise mit Benutzung der Bahn ausgeführt werden, ist eine neuere Bestimmung bezüglich des Fahrpreise» beachtlich, welche lautet: Unter ;albem Fahrpreis ist der halbe Prei« von ein- achen oder von Rückfahrkarten zu verstehen. In der vorjährigen Saison war di« Benutzung von Rückfahrkarten bekanntlich au-geschloffen für derartige gemeinschaftlich unter Aufsicht der Lehrer unternommene Reisen. Die Teilnehmer, zahl, einschließlich der begleitenden Lehrer, muß mindesten» 10 betragen. — Vom Achtuhrladenschluß. Von vorwiegend den Großstädten angehörigen Interessentenkreisen sind Bestrebungen im Gange, den Achtuhr-Ladenschluß allgemein gesetzlich ein zuführen. Diesen Bestrebungen setzen die maß gebenden Regierungsstellen entschiedenen Wider stand entgegen. Sie weisen darauf hin, daß bereits nach den gegenwärtigen Bestimmungen auf Antrag von mindestens zwei Dritteln der beteiligten Geschäftsinhaber für eine Gemeinde oder mehrere örtlich unmittelbar zusammen hängende Gemeinden durch Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung für alle oder einzelne Geschäftszweige angeordnet werden kann, daß die offene Verkaufsstellen während bestimmter Zeiträume oder auch während des ganzen Jahres auch bereits um 8 Uhr geschlossen werden können. Wir meinen die Tatsache, daß von dieser Konzession so wenig Gebrauch gemacht wird, beweist hinlänglich, daß ein früherer Ladenschluß als um 9 Uhr einem allgemeinen Bedürfnis nicht entspricht. — Die Sommerlaichfische dürfen von jetzt an, nachdem deren zweimonatige, vom 10 April bis 10 Juni andauernde Schonzeit vorüber ist wieder gefangen und zum Verkauf gebracht werden, doch müssen die betreffenden Fische eine gewisse Minimalgröße erreicht haben, wenn man sie feilbieten will. Ist diese Größe nicht vorhanden, so müssen solche Fische nach dem Fange wieder ins Wasser zurückversetzt werden. Die Minimallänge ist nach Zentimetern folgende: Stär 100, Lachs 50, große Maräne 40, Rapfen und Zander 32, Lachsforelle, Maifisch und Finte 28, Aland, Barbe, Döbel und Schleie 20, Aalraupe uud Arsche 18, Karausche, kleine Maräne und Rotfeder 15, Barsck und Rotauge oder Plötze 13, Schmerle und Weiß fisch 7. Noch wollen wir darauf Hinweisen, daß mit dem 1. Juni auch die mit dem 1. November v. I. begonnene Schonzeit für Krebse zu Ende gegangen ist. Leider müssen die Zufuhren dieser bei Feinschmeckern so all gemein beliebten Krustentiere bi« jetzt verhältnis mäßig al« nur sehr geringfügige bezeichnet werden, weshalb sich die Preise für größere Tafelkrrbse aller Voraussicht nach auch im Laufe der diesjährigen Saison mindestens auf der Höhe der letztjährigen halten werden. — Mit dem Vorstoß gegen die Schwur gerichte scheint es jetzt ernst werden zu wollen, meint die „Voss-Ztg" in einem Artikel, indem sie darauf hinweist, das die Kommission im Reichsjustizamt, die Über die Reform des Straf prozesses berät, ihr Gutachten für die Abschaffung des Schwurgerichts und seine Ersetzung durch, ein großes Schöffengericht abgegeben haben soll. Laiengerichte entsprechen dem Wesen des deutschen Volkes, die Schwurgerichte haben sich daher leicht und fest eingebürgert. Das Rechtgefühl, das im deutschen Volke lebt, ist in den Schwur gerichten stets zum treffenden Ausdruck gelangt, sodaß eine Beseitigung der Schwurgerichte in den weitesten Kreisen der Nation als ein krän kendes Mißtrauensvotum empfunden werden würde. — Deutsche»- Baumwollbau. Es wird be stimmt versichert, die Reichsregierung werde der rage der Förderung des Baumwollbaues in Kamerun und in anderen deutschen Kolonien ereits in der nächsten Zeit tatkräftig nähertreten. )aö wäre sehr zu wünschen, denn dadurch önnten wir auch auf diesem Gebiete unab- jängiger werden. Dresden. Der im Großen Garten bei dem in voriger Woche von einem jungen Menschen ausgeführten frechen Ueberfall halb ot geschlagene Privatmann Karl Boden, früheren Mitinhaber der Lrikotagenfabrik H. Bach und Co. in Chemnitz, befindet sich auf dem Wege der Besserung. — Aus der Untersnchunghaft entlassen wurde der Fleischer Bremmel aus Heidenau, wie ein Vorürtblatt wißen will. B. war wegen de» Verdacht», einen Mord begangen zu haben vor einiger Zeit in da» hiesige Gericht ein- geliefert worden. Die Enthaftung erfolgte an- eblich, nachdem sich die Staatsanwaltschaft von der Haltlosigkeit des gegen B. gehegten chweren Verdacht überzeugt hat. — Das Ministerium des Innern hat die Errichtung einer neuen Apotheke in Cossebaude, und zwar in dem nach Steutzsch zu an der Grenze mit Gohlis gelegenen Ortsteile, ge nehmigt. — In der Vorstadt Strehlen geriet gestern egen Mittag vermutlich durch Funkenflug das dürre Gras des Bahndammes in Brand, wes halb auch eine Feuerwehrabteilung herbeigerufen wurde. Die Unterdrückung des Feuers gelang in kurzer Zeit. Laubegast. Im Restaurant „Zum Forst haus" mußte ein Gast, der sich ungebührlich benahm, gewaltsam entfernt werden. Der Wirt expedierte ihn auf die Straße, wobei jedoch der Herausgeworfene derartig unglücklich iel, daß er nicht aufzustehen vermochte und eine Gehirnerschütterung erlitten haben dürfte. Radebeul. Die BeschleusungSarbeiten der Orte Radebeul und Serkowitz, die sich be kanntlich noch in diesem Jahre zu einer Ge meinde vereinigen werden, schreiten rasch vor wärts. Die zum ersten Los gehörigen Arbeiten» die bis Ende Juli beendet sein sollten, gehen schon jetzt ihrer Vollendung entgegen. K ö tzs ch e n b r o d a. Zn der am Dienstag stattgefundenen Sitzung des Gemeinderates wurde der Bureauvorstand des Gcmeinderates, Herr Schüller, zum Vorstand der Gemeinde Kötzschenbroda gewählt. Radeberg. Mittwoch nachmittag fand in unserer Stadt im Saale des Gasthofs zum Roß die sächsische Missionskonferenz für Geist liche, Lehrer, Patrone und Kirchenvorstände statt. Der Vorsitzende des hiesigen Missions vereins, Herr Superintendent Kaiser, wies in seiner Begrüßungsansprache darauf hin, daß die Wiege der sächsischen Mission in der Ephorie Radeberg gestanden hat. Nach einer kurzen Erwiderung erteilte Herr Pastor Dr. Kleinpaul, der Vorsitzende der sächsischen Missionskonferenz, Herrn Pastor Lic. Dr. Lippert von der St. Afra-Gemeinde in Meißen da» Wort zu seinem Vortrage: „Wie wecken wir in unseren Gemeinden das Interesse für die Mission?" An seine Ausführungen schloß sich eine anregende Diskussion. Meißen hat in letzter Zeit wiederholt Weinversteigerungen gehabt, wenn auch nich so berühmte wie die am Rheine; humorvol schreibt das „Meißner Tageblatt.": Vor einigen Tagen kam dabei ein seltener Posten „edlen Rebenblut", selbstverständlich kein Kind unserer Berge (!), unter den Hammer, ein Faß, vier hundert Liter Weißwein enthaltend. Die Probe, die vor der Versteigerung gereicht und nur von den beherztesten Leuten versucht wurde, ließ an den Gesichtern deutlich erkennen, meß Geistes Kind dieses Gewächs war. Der erzielte Preis war denn auch ein überraschender. Es wurden die vierhundert Liter „Perle von Werweißwoher,, mit siebzehn Mark zugeschlagen, also das Liter für vierundeinviertel Pfennig. Dem Vernehmen nach soll der „seltene Tropfen" mit hunder Liter anderen Wesßweins verschnitten werden, der in einer vorhergegangenen Auktion mit drei Pfennigen das Liter erstanden wurde. Hoffentlich un sich beide Sorten keinen Schaden. Dem >eherzten Zechern aber ein aufrichtiges „Wohl >ekomm's I" Oschatz. Ein entwichener Insasse der Strehlaer Bezirksanstalt wurde hier fest- enommen. Der Betreffende wehrte sich derart egen dieses polizeiliche Einschreiten, daß es wei Polizeibeamten erst unter tätiger Anteil nahme zweier Zivilisten gelang, den Ungebärdigen u bewältigen. Er soll heimlich aus Strehla verduftet sein, weil ihm sein LieblingSgetränk, das „gebrannte Wasser", vorenthalten wurde. Roßwein. Als Täter der in der Sonn tagnacht hier verübten Roheiten ist der 16jährige Erich Hilde ermittelt worden. Nach wieder holten Leugnen hat derselbe die Tat zugestanden; er gibt an, daß er diese aus Rache gegen den Bürgermeister ausgeführt habe. Plauen. Wie die „Neue Vogtl. Ztg, meldet, erfolgte heute Vormittag ^9 Uhr in der hiesigen Drogerie von Gebr. Grosser eine Benzinexplosion. Dabei wurde ein Markthelfer ebensgefährlich und ein Kommis schwer ver- etzt. Auch der Bruder des Besitzers und Mitinhaber der Firma erlitt bei seinen Lösch versuchen Brandwunden an Kopf und Händen. Falken st ein-Herlasgrün. Auf )er hiesigen Eisenbahnstrecke fand der die Strecke revidierende Bahnwärter zwei Eisenbahn- chwellen quer über die Schienen liegend vor und vnnte sie noch beseitigen, hevor der letzte Abendpersonenzug diese Strecke passierte. Meerane. Eine hiesige Hausbesitzers ehefrau wurde wegen Nichtbeleuchtung der Hausflur vom Stadtrat mit der niedrigst zu lässigen Geldstrafe von 1 Mark belegt. Gegen die geringe Strafe beantragte die Frau ge richtliche Entscheidung. Das Gericht kam aber zu keinem freisprechenden Urteile, wie e« die Frau vielleicht erwartet hatte, sondern es er höhte die Strafe auf 20 Mark. Außerdem wurde die Frau noch zur Tragung der Ge richtskosten verurteilt. Neundorf. Von schwerem Unglück wurde die Familie Marschner am Mittwoch nachmittag heimgesucht. Während die Frau in der Stein bruchskantine beschäftigt war, verbrannte das dreijährige Söhnchen Marschners, das zu Hause unter Aufsicht einer zehnjährigen Schwester zurnckgelassenZwar. Das Mädchen hatte sich auf kurze Zeit aus der Wohnung entfernt; wahrscheinlich ist das Kind dem Ofen zu nahe gekommen, so daß dix Kleider Feuer fingen. Im Krankenhause in Pirna ist das arme, furchtbar verbrannte Kind am Donnerstag gestorben. Chemnitz. Die Zimmerer haben be schlossen, in den Streik einzutreten, da die Arbeitgeber die Veimittlungsvorschläge der Lohnkommission und weitere Verhandlungen ab gelehnt haben. Waldheim. Ein großes Feuer hat das Gebäude de» Konsumvereins, wie gemeldet, heimgesucht. Recht gut bewährt hat sich bei dem Brande die von der Deutsch-Amerikanischen Petroleum-Anlage, die entschiedene Vorzüge gegenüber der früheren Aufbewahrungsweise in bezug Feuersicherheit besitzt und die ein Ex plodieren des Petroleums in dem brennenden Verkaufsladen vollkommen unmöglich machte. Mühlberg a. d. E-, Der Knecht eines Gutsbesitzers in Werdau war auf einem un mittelbar bei dem Dorfe gelegenen Feldplane mit Kartoffelhacken beschäftigt, als er plötzlich von einem ausschwärmenden Bienenschwarm überfallen und derart zugerichtet wurde, daß er sein Pferd im Stiche lassen mußte. Die Bienen machten sich nun über das Pferd her und zerstachen es in jämmerlicher Weise. Das gequälte Tier warf sich zu Boden, stürmte dann aber, rasend vor Schmerz, mit dem Pfluge hinter sich ins Dorf. Nur mit Mühe gelang es, das Tier aufzuhalten. Der Knecht mußte ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen,