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Ottendorfer Zeitung : 19.06.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190406194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040619
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040619
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-06
- Tag 1904-06-19
-
Monat
1904-06
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 19.06.1904
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politische Kunälckau. Der russisch-japanische Krieg. * „Ist geschehen I" Dieses Telegramm Kuro- patkins an den Zaren sollte sich darauf be zogen haben, daß der Generalissimus die Abteilung von Stackelberg in der Richtung auf Port Arthur entsandt habe, um den Belagerten wenn nicht Entsatz, so doch wenigstens etwas Luft zu verschaffen. Indessen diese russische Abteilung hat bei Funtschou eine er hebliche Schlappe erlitten und gegen 1000 Mann verloren. Außerdem wurden ihnen ihre sämtlichen Feldgeschütze von den Ja panern abgenommen. *Ein Seegefecht zwischen russischen und japanischen Schiffen hat nach einer vom ,Rsuterschen Bureau' weiterverbreiteten Privat meldung vom Mittwoch aus Katsumoto auf der Insel Jkischima in der Meerenge von Korea stattgefunden. Ob es sich um Schiffe des Wladiwostok- oder des Port Arthur- Geschwaders handelt, ist aus obiger Meldung nicht ersichtlich, wird aber nach neueren Mel dungen bestätigt. In ein Gefecht mit den Port Arthur blockierenden japanischen Schiffen kam am Dienstag der russische Kreuzer „Nowik", der den Hafen verlassen hatte. *Ein neuer Befehl des Zaren ordnet die Einberufung der Reserven in sechzig Kreisen verschiedener Gouvernements an. * * * Deutschland. * Das Kaiserpaar traf am Donnerstag früh in Homburg v. d. Höhe ein. *Der Kaiser beabsichtigt, gutem Ver nehmen nach, dem König Eduard von England auf dessen Reise nach Kiel entgegen zufahren, und zwar soll die Begrüßung Leider Monarchen am 24. d. abends oder am 25. morgens in Brunsbüttel erfolgen. Zu diesem Begrüßungsakt wird die 4. Mairosen- Artillerie-Abteilung in Kuxhaven eine Ehren- Kompanie stellen, die etwa 120 Mann stark sein und aus sämtlichen drei Kompanien der Abteilung gebildet wird. * Weitere Nachtragsforderungcn für Deutsch-Südwestafrika sind vom Bundesrat dem ,B. Lok.-Anz.' zuiolge bis zum Herbst verschoben worden. Be kanntlich werden schon jetzt die Nachtragsforde rungen außer den bereits bewilligten 10 Mill aus 20 Mill. Mk. geschätzt. *über die Wohnungsfürsorge im Reiche und in den Bund esstaaten ist dem Reichstag eine im Reichsamt des Innern bearbeitete umfangreiche Denkschrift zu gegangen. Sie enthält eine Übersicht über die im Reiche und in den Bundesstaaten von Staatswegen, von Gemeinden und Privaten getroffenen Maßnahmen zur Regelung der Wohnungsfürsorge. * Der aus Afrika zurückgekehrte Ober st Dürr erhielt unter Anrechnung des ihm bisher erteilten Urlaubs eineu dreimonatigen Nachurlaub zur Wiederherstellung seiner Gesundheit. * Generalleutnant v. Trotha meldet aus Swakopmund: Da großer Mangel an Etappentruppe und Arbeitern ist, wurde Transport Lüderitzbucht telegraphisch angewiesen, den Bataillonsstab und eine Kompanie in Swakopmund zu lassen, so daß für den Süden eine Kompanie und eine Batterie bleiben. Österreich-Ungarn. * Ministerpräsident Tisza hat alle Behörden angewiesen, gegen die Agenten einer Berliner Unternehmung, die seit einiger Zeit ungarische Feldarbeiter für Preußen auwirbi, mit Strenge vorzugehen und das Strafver fahren einzuleiten. Spanien. * Von einer fünfjährigen Zugehörigkeit Spanien zum Dreibunde, über die kürzlich in den Cortes gesprochen wurde, kann nach dem ,Berl. Tagebl.' leine Rede sein. Von angeblich „vortrefflich informierter" Seite wird genannter Zeitung aber mitgeteilt, daß gegen Ende der achtziger Jahre bis zum Jahre 1895 ein Geheimvertrag zwischen Spanien und Italien bestanden hat, von dessen Existenz die Teilnehmer am Dreibunde durch daß Kabinett des Quirinals unterrichtet worden sind. Dieser Geheimvertrag bezweckte die ge meinschaftliche Wahrung des Gleichgewichtes im Mittelmeer, daß sich damals durch die Fest setzung Frankreichs in Tunis für beide Mittel meerstaaten als gefährdet erwies. Die Bestim mungen dieses Geheimvertrages haben niemals praktische Wirksamkeit erlangt, und so entschloß man sich im Jahre 1895 in Madrid und Rom, das Abkommen nicht mehr zu erneuern. Rustland. * Während in Petersburg kaum noch jemand von dem Überfall des Fürsten Dolgo- rucki auf den Grafen Lambsdorff spricht, tauchen in der Londoner und Pariser Presse noch immer Auslassungen über den jeden poli tischen Charakters entbehrenden Vorfall auf. Einige ausländische Journalisten versteigen sich sogar zu der Behauptung, Lambsdorffs Schuld an dem Ausbruch des Krieges mit Japan habe die Tat Dolgoruckis veranlaßt. Wie unbegründet eine derartige Behauptung und wie unbegründet die Folgerungen sind, die Stellung Lambsdorffs sei erschüttert, geht deutlich aus der jetzt be kannt gewordenen Tatsache hervor, daß der KaiserNrkolaus den Grafen gelegent lich des Angriffs Dolgoruckis seinesvollen Vertrauens versicherte. Der Kaiser gab ihm zu verstehen, daß er die gegen den Minister erhobenen Vorwürfe, wonach er die Schuld am Kriege trage, für völlig unbegründet halte. Außerdem sei, wie der Kaiser hinzufüge, ja auch bekannt, daß gerade Lambsdorff es war, der am meisten für die Erhaltung des Friedens eingetreten sei. Von einer Er schütterung der Stellung Lambsdorffs kann somit gar keine Rede sein. Balkanstaaten. * Fürst FerdinandvonBulgarien, der letzter Tage in Wien weilte, bewarb sich um den Empfang bei Kaiser Franz Joseph, erhielt jedoch einen ablehnenden Bescheid unter dem Hinweis, daß der Monarch durch Negierungsgeschäfle sehr in Anspruch ge nommen sei. Die Ablehnung erfolgte, weil man hier alles vermeiden will, was von der Türkei mißdeutet werden könnte. Afrika. *Zur Lage in Transvaal wird aus Johannesburg gemeldet, daß dort laut amtlicher Bekanntmachung die Polizei seit einiger Zeit mehrere Ausländer beobachtete, von denen einer die prahlerische Äußerung vernehmen ließ, er würde einen Mordversuch gegen den Ober kommissar Lord Milner unternehmen, „wenn man es ihm der Mühe wert mache". Infolge weiterer polizeilicher Ermittelungen find kürzuch nachts drei Personen, die sür Anarchisten gelten, auf Grund der Peace Preservation Act verhaftet worden. Asien. * Verhandlungen über die PhilipPinen- Inseln sollen, wie der Petersburger,Siandard'- Korrespondent von einem dortigen höheren Be amten erfahren haben will, zwischen den V er. Staaten und Japan begonnen haben. Japan wünsche die Inseln zu pachten, und die Ver. Staaten seien dieser Lösung der Philippinenfrage nicht abgeneigt. Aelckstage. Der Reichstag erledigte am Dienstag die Münz- gesctznobelle in dritter Lesung und zwyr unter Bei behaltung der Beschlüsse zweiter Lesung mit dem Dreimarkstück. Abg. Bleil sfr. Vp.) hatte den An trag auf Wiederherstellung der Negierungs-Vorlage wieder eingebracht. Die Mehrheit aber hielt die Beschlüsse oer zweiten Lesung aufrecht trotz der wiederholten Erklärung des Schatzsekretärs, daß die so gestaltete Vorlage für den Bundesrat unannehm bar sei. — In zweiter Lesung wurde das Gesetz über den Bahnbau im Schutzgebiete Togo, das von der Kommission dahin abgeändert worden war, daß mau an die Stelle der vom Reiche zu garantierenden Anleihe des Schutzgebietes ein durch Reichsanleihe aufzubringendes Darlehen an das Schutzgebiet setzte, mit 148 gegen 68 Stimmen angenommen. Am 15. d. werden die Nachtragsetats sür das Schutzgebiet Togo, die die Etati- sierung des am Dienstag genehmigten Baues der Togo-Eisenbahn enthalten, ohne Erörterung in erster und zweiter Lesung angenommen. Die Interpellation der sozialdemokra tischen Fraktion zu dem preußischen Gesetzentwurf über die Erschwerung des Vertragsbruchs landwirtschaftlicher Arbeiter und des Gesindes wird, nachdem sich Staatssekretär des Reichsjustizamtes Nieberding bereit erklärt hatte, sic am Donnerstag zu beantworten, von der Tages ordnung abgesetzt. Alsdann folgt die Fortsetzung der zweiten Be ratung des Gesetzentwurfes über die Übernahme einer Garantie des Reichs für eine Eisenbahn von Dar es Salam nach Mrogoro. Hierzu liegt ein Antrag v. Normann (kons.), v. Kardorff (freikons.), Spahn (Ztr.) und Schrader lsrs. Vgg.) vor, statt der geforderten 18 750 000 Mk. 21 Mill. Mk. zu bewilligen und die Spurweite auf 1 Meter statt 0,75 Meter fest zusetzen. Abg. Richter (fr. Vp.) wendet sich zunächst gegen die Erweiterung der Spurweite der Bahn von 0,75 Dieter auf 1 Meter. Als Grund für den Bahnbau gebe man an, man wolle Afrika erschließen. Aber je mehr erschlossen werde, desto teurer werde die Sache. Auf das ganze ostafrikanische Gebiet kämen zwölf weiße Plantagenbesitzer, von denen sechs Deutsche seien. Der Abg. Spahn habe ausge rechnet, daß die Regierung durch die Bahn 200 000 Mark an Frachten ersparen könne. Wie sei das möglich, da die Regierung doch nur 45 000 Mark für Frachten ausgebe? Zum Schluß verweist Redner auf den Aufstand in Südwestafrika; jede Sendung Truppen koste uns Millionen. Wenn wir in unserer Kolonialpolitik des Reglementierens und Komman dierens so noch weiter fortsühren, sei es nicht zu verwundern, wenn auch einmal in Ostafrika ein Aufstand ausbräche. Unsere Kolonialpolitik habe bis jetzt Fiasko gemacht. Abg. Schrader (srs. Vgg.): Jetzt hätten wir aber 20 Jahre Kolonien, hätten Geld hineingesteckt; da dürften wir nun nicht mehr zurück, sondern müßten mit allen Mitteln einen wirtschaftlichen Aufschwung herbeizuführen suchen. Abg. Südekum (soz.) vertritt die Ansicht, daß hauptsächlich großkapitalistische Interessen die Kolonialschwärmerei veranlaßten. Die Eisenwerke erhofften Aufträge aus dem Bau der Bahn und deshalb sollten den Unbemittelten große Lasten auf erlegt werden? Kolonialdirektor Dr. Stübel tritt nochmals warm sür den Bau der Bahn ein, die das Land ebenso wie die Usambarabahn erschließen werde. Un gerechtigkeiten gegen die Eingeborenen sollten ver mieden werden. Abg. Graf Arnim (freik.) verwahrt sich ent schieden gegen die Angriffe des Aba. Südekum, der statt sachlicher rein persönliche Politik treibe. Redner geht des weiteren auf die technische Seite des Bahn- baucs ein und spricht sich sür möglichst schleunigen Bau der Bahn mit 1 Dieter Spurweite aus. Abg. Dietrich (kons.) tritt sür den Bau der Eisenbahn ein, da durch sie der Reichshaushalts etat entlastet werden würde. Die Abg. Spahn und Sattler (natl.) treten ebenfalls warm für die Vorlage ein. Die Vorlage wird darauf nach den Beschlüssen der Kommission mit dem Kompromißantrage von Normann und Gen. (Bcwillignng der ZinS- garantie für 21 Millionen Mk.) in namentlicher Ab stimmung mit 149 gegen 82 Stimmen angenommen. Es folgt die Beratung des Gesetzentwurfs über den Servistarif und vie Klassenein tel l u n g d e r O r t e. Die Kommission hat dem Gesetz rückwirkende Kraft vom 1. April 1904 ab beigclegt und die nächste Revision des Entwurfs auf den 1. April 1906 (Vorlage 1913) festgesetzt. Die Abg. Eickhofs und Müller-Sagan (frs. Vp.) beantragen folgenden Zusatz zu 8 2 (Inkrafttreten des Tarifs): Zugleich tritt diese Klasseneinteilung auch für die Bewilligung von Wohnungsgeldzuschüssen an die Offiziere und Arzte des Reichsheeres und der Marine, sowie an die Reichsbeamten mit Wirkung vom 1. April 1904 ab in Kraft. Staatssekretär Graf v. Posadowsky weist gegenüber dem Beschluß der Kommission, dem Bundesrat nur eine zweijährige Frist zur Vor legung eines revidierten Servistarifs zu geben, auf die zahlreichen Vorteile der Vorlage hin, auf den gänzlichen Fortfall der 5., die Gleichstellung der 3. und 4. Klasse und endlich darauf, daß 205 Ort schaften in die höhere Klaffe versetzt werden. Die Kommission wollte den Perfonalservis der Olfiziere und den Wohnungsgeldzuschuß der Beamten auf eine andre Basis stellen. Zwischen dem ServiS- taris und dem Wohnungsgcldzufchußgesetz besteht aber gar kein Zusammenhang. Der Staatssekretär stellt dann die Aufnahme einer eingehenden genauen Statistik in Aussicht. Diese erfordere aber so lange Zeit, daß es technisch ausgeschlossen sei, ein Gesetz mit Wirkung vom 1. April 1906 ab vorzulegen. Daß eine Reform wünschenswert ist, will ich nicht bestreiten. Wollen Sie, m. H., Ihren Wunsch er reichen, so geben Sie uns Zeit, daß wir die Frage eingehend prüfen können. Staatssekretär Frh. v. Stenge! macht eben falls die allerschwersten Bedenken gegen die kurze Fristbemesiung geltend und bittet, dem Bundesrat mindestens soviel Zeit zu geben, bis das amtliche Ergebnis der Volkszählung beginnt. Abg. Patzig (nat.-lib.): Unter dem Zwange der Verhältnisse legen wir uns zu unserem großen Schmerze die Beschränkung auf, die Vorlage anzu nehmen, wie sie isi, aber nur in der bestimmten Voraussicht, daß in absehbarer Zeit die Wege ver lassen werden, auf denen die Frage bisher geregelt worden ist. Nach weiteren Bemerkungen wird das Gesetz in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse ange nommen. Der von dem Abg. Eickhoff beantragte Zusatz über die Zahlung des Wohnungsgeldzuschusses wird ebenfalls angenommen, ebenso die Resolution, die die Vorlegung eines besonderen Wohnungsgeldzu schußgesetzes fordert. Darauf vertagt sich das Haus. VreuALscher Landtag. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses am Mittwoch nahm die Verhandlung über das Aus- sührungsgesetz zum Rcichsseuchengesetze einen un erwarteten Verlauf. Zwischen Vertretern der Staatsregierung und Kommissionsmitgliedern war ein Kompromißborschlag vereinbart worden, der von den Fraktionen erst Mittwoch beraten werden konnie. Diese Beratungen hatten ergeben, daß wenigstens zurzeit noch aus eine Mehrheit sür den Vorschlag zu rechnen ist. Es wurde demzufolge von den Konservativen unter Hervorhebung ihrer Be denken Rückverweisung des Entwurfs an die Kommission beantragt. In diesem Sinne beschloß auch das Haus. < Von I^ab unci fern. Kaiserliche Spende. Eine ganz besondere Auszeichnung durch den Kaiser ist der Schützen gilde zu Marienburg zu teil geworden. Die Gilde feiert gegenwärtig das Fest ihres 550jährigen Bestehens. Aus diesem Anlasse hat der Monarch der Gilde zur Dekoration ihrer alten Fahne zwei Hohenzollern - Fahnen bänder und einen mit der Kaiserkrone ge schmückten Fahnennagel verliehen. Ein Ricsenbrand wütete am Mittwoch nach mittag auf dem fiskalischen Holzlagerplatz am Bahn hof Putlitzstraße in Berlin. Amtlich wird darüber gemeldet: Am Mittwoch gegen 3 Uhr nachmittags sind, vermutlich durch Funkenauswurf von einem vorbeifahrenden Ringbahnzug, die auf den eisenbahn seitigen Lagerplätzen neben dem Bahnhof Putlitz- straße und dem Güterbahnhof Moabit lagernden neuen Eisenbahnschwellen in Brand gesetzt worden. Infolge der schnellen Entwickelung des Feuers mußte der Verkehr auf den Ringbahngleisen zwischen Ge sundbrunnen und Beusselstraße, sowie zwischen dem Lehrter Hauptbahnhof und Spandau vorübergehend eingestellt werden. Die Züge wurden von Spandau über dis Stadtbahn geleitet. Die Reisenden vom Lehrter Bahnhof wurden über die Stadtbahn nach Westen und Norden befördert. Personen sind bei dem Großfeuer nicht verletzt worden. An Material sind umfangreiche Schwellenstapel ver nichtet. — Die gesamte Berliner Feuerwehr war zur Stelle, konnte jedoch die Flammen infolge der ungeheuren Hitze nur auS einiger Entfernung be kämpfen. 12 000 Meter Schlauchleitungen wurden hierbei benutzt. Mehrfach mußten Feuerwehrmänner fortgetragen werden, die infolge der Hitze umfielen. Auch das vierte Garderegiment war zur Unter stützung der Feuerwehr nach der Brandstelle be ordert. Über ein schweres Dampferungküik wird aus New Jork berichtet. Der Dampfer „General Slocum", auf dem die Sonntags schule der deutsch-lutherischen St. Markus-Kirche einen Ausflug machte, geriet auf dem East- River beim Hellgate in Brand und brannte aus. Mehrere hundert Menschen, man spricht von 600 Personen, meist Kinder, sollen umge kommen sein. An Bord des verbrannten Dampfers befanden sich etwa 1000 Personen, fast sämtlich Frauen und Kinder. Während des Brandes sprangen etwa 100 über Bord, viele Leichen wurden schon an Land gespült. Die meisten der Verunglückten sind indessen dem Feuer an Bord zum Opfer gefallen, das sich mit solcher Schnelligkeit verbreitete, daß es un möglich war, die Boote herabzulassen. O Auf Kubmesböken. 8j Erzählung von F. Stöckert. lForUttzung.» „Die Liebe aber bringt der Undine kein Glück," sagte Hanna. „O Fräulein, jede Liebe ist Glück," hauchte Fräulein Müller, indem sie die spanische Mantilla mit geschickter Hand um Elviras schlanke Gestalt ordnete. „Jede Liebe ist Glück," wiederholte sich Hanna leise, und ließ sich von dem sentimentalen alten Fräulein, durch deren Jugend wohl auch einmal der Traum einer ersten Liebe gelächelt hatte, das Undinen-Kostüm beschreiben. „Jede Liebe ist Glück!" dachte sie auch am nächstfolgenden Abend, als sie im meergrünen, mit Korallen garnierten Kleide in einem Konter tanz neben Hoff stand. Die übermütigen Klänge der Carmen-Musik tönten lockend an ihr Ohr, und Jugendlust und Übermut leuchtete ihr aus Hoffs dunklen Augen entgegen, dem das male rische Kostüm eines Spaniers, das er auf Elviras Wunsch gewählt, ausgezeichnet stand. „Dann und wann gestattet uns das launige Schicksal doch einmal, alle Erdensorgen von uns zu werfen und nur der frohen Gegenwart uns zu erfreuen," sagte Hoff mit strahlenden Blicken zu seiner Tänzerin. „Das Leben mit all seinen Sorgen und Kümmernissen wäre auch vielleicht zu schwer zu tragen, wenn es nicht solche Stunde gäbe," er widerte Hanna; „es ist wunderbar, wie diese bunten, lebensfrohen Bilder und heitere Musik doch auf uns einwirken." „Sie vergessen noch ein drittes Moment zu nennen, das schwerwiegendste vielleicht," er widerte Hoff, „ich meine die Nähe lieber und geliebter Menschen!" Er hatte mit halblauter Stimme gesprochen und schaute nun fast schüchtern und fragend in Hannas errötendes Gesicht. Diese erschreckte, und nur mit Mühe gelang es ihr unbefangen zu bleiben. „Natürlich, ohne Elvira würde das Ver gnügen hier keinen Reiz für Sie haben," warf sie dann leicht hin. Hoff blickt finster auf. „Sie wollen mich nicht verstehen, und es ist auch wohl so in der Ordnung. Elvira steht ja noch zwischen uns!" Mit festem Druck er griff er die Hand des geliebten Mädchens, um sich mit ihr der großen Promenade anzuschließen, mit der der Kontertanz sein Ende erreicht hatte und damit auch die gehobene Stimmung Hoffs. Derselbe ernüchterte sich nun vollends in dem Kotillon mit Elvira, die als Spanierin mit ihrer schwarzen Lockenperücke und den gefärbten Augenbrauen in seinen Augen dw denkbar traurigste Figur heute spielte. Ob er es löste, jetzt, sofort, das Band, das ihn mit Elvira verknüpfte? So fragte er sich, aber als er in das strahlende glückliche Gesicht Elviras blickte, dünkte es ihn wieder grausam, während die fröhlichen Tanzweisen ertönten, solche inhaltschweren Worte zu sprechen. Es war wohl besser, die Worte der Trennung wurden geschrieben, und so spielte denn Hoff seine Rolle noch weiter, allerdings mit wenig Feuer und mü einer fast beleidigenden Gleich gültigkeit; aber Elvira schien dergleichen nicht bemerken zu wollen, sie blieb die zärtliche Braut und schien auch keine Eifersuchtsgedanken mehr zu hegen. Ob fie Hoff den Schritt, den er vorhatte und den fie doch wohl ahnen mußte, auf alle Weise erschweren, oder ihn durch ver doppelte Liebenswürdigkeit davon zurückhalten wollte, das konnte er nicht ergründen. * * * In Hannas Innern hatten die Worte: „Elvira steht noch zwischen unS," einen wahren Sturm des Schreckens und der Angst hervor gerufen. Wie sollte daS enden? Das fragte sie sich voll Unruhe und Zweifel, und dann wieder erfaßte fie für kurze, flüchtige Augenblicke eine süße Vergessenheit aller Dinge in dem seligen Glücksgefühl der Liebe. Sie vergaß in solchen Momenten, daß die Ihren daheim mit Not und Entbehrungen zu kämpfen hatten, fie bemerkte kaum noch die immer dringender werdenden Bewerbungen deS Kom merzienrats um ihre Hand und ließ sich in den Unterrichtsstunden, zum großen Ergötzen Nannys und Lillys, alle möglichen Zerstreuungen zu schulden kommen. War fie allein, dann flüchtete fie zur Mufik, und wenn fie sich ganz ungestört glaubte, wie heute, wo Elvira ausgegangen war und ihre Zöglinge die freie Stunde zum Schlittenfahren benutzten, versuchte fie die Unruhe und Selig keit, welche die Liebe in ihrem Innern hervor gerufen, in einem Liede ausklingen zu lassen. Hanna hatte eben mit sympathischer und künstlerisch ausgebildeter Altstimme einige Lieder von Schumann gesungen, und jetzt nahm fie ein Blatt mit geschriebenen Noten, das in dem Gesangsheft gelegen, in die Hand. Sinnend hafteten ihre Augen auf den Versen, die unter den Noten standen. Sie erinnerte sich, wie fie vor langen Jahren dieses Lied in einem Konzert gehört hatte. Es war nur eine einfache Komposition, aber doch von einer Süßigkeit der Melodie, daß die Sängerin rauschenden Beifall mit dem Liede erntete; und sie, in dem schönen Enthusiasmus der siebzehn Jahre sür alles Rührende, hatte nicht geruht, bis fie eine Abschrift des Liedes, das im Drucke nicht erschienen war, erlangt hatte. Gedankenlos hatte fie es dann unzähligemal gesungen, heute erst ging ihr das wahre Verständnis auf für die Worte des Liedes, welches lautete: „Und hast du einmal nur erfahren, Des Lebens ganze Seligkeit, Laß ruhig nun darüber rauschen, Die Wogen einer trüben Zeit." Hanna begann jetzt, nachdem fie einige ein leitende Akkorde angeschlagen hatte, mit leiser, bewegter Stimme das Lied zu fingen. Sie bemerkte nicht, daß, während fie sang, Hoff in das Zimmer trat, auf dem weichen Teppich ver hallten seine Schritte lautlos. Er warf sich auf einen Sessel und legte die Hand vor die Augen. Wieder mußte er nun das Lied von einer geliebten Frauenstimme hören, nur daß diese Stimme um vieles edler und inniger klang als jene von damals. Als Hanna geendet hatte, erhob sich Hoff und trat an den Flügel heran. „Ich wußte nicht, daß Sie auch singen.
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