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Durch die Explosion eines Dampfrohrs ist am Freitag auf dem Schleppdampfer „Roland" in der Nähe von Memel ein schweres Unglück verursacht worden. Als der Schlepp dampfer eine Anzahl Dorschfischer auf die See begleitete, platzte auf demselben ein Dampfrohr. Sieben Fischer, die sich wegen eines auf kommenden Sturmes an Bord des Dampfers begeben hatten, wurden verbrüht. Drei von ihnen wurden getötet, die vier andern schwer verletzt. Ci» Greis als Brudermörder. Wegen unbedeutender Streitigkeiten erstach der 70jährige Mühlenbesitzer Storr in Pensweiler seinen 74 jährigen Bruder! Rache eines Dienstmädchens. Die Frau des Professors Bogucki in Krakau wurde von ihrem Dienstmädchen aus Rache, weil es ge zwungen wurde, einen Tag länger im Dienst zu bleiben, mit einer Axt derartig verletzt, daß sie ihren Verletzungen erlag. Der Chauffeur der „schönen Otero." Vor mehreren Monaten wurde in Paris ein Eheparr von einem Automobil überfahren und schwer verletzt. Der Lenker des Fahrzeuges entzog sich durch schnelle Flucht der Feststellung. Dieser Tage nun machten die Verunglückten, die soeben aus dem Krankenhause entlassen worden waren, ihren ersten Spaziergang und begegneten der „schönen Otero" in ihrem Auto mobil. In dem Chauffeur aber erkannten sie mit Bestimmtheit denjenigen wieder, der sie da mals dem Tode nahe gebracht hatte. Ein Schutz mann nötigte auf das Verlangen des Ehepaares den Chauffeur, der die Tat leugnete, zu einer Fahrt nach dem nächsten Polizeirevier, und auch die schöne Otero mußte trotz heftigen Sträubens die unfreiwillige Fahrt mitmachen. Obwohl der beschuldigte Fahrer bei seiner Ver nehmung auf das enschiedenste betonte, daß hier ein Irrtum vorliege, und trotzdem die Otero ihn als äußerst vorsichtigen Menschen hinstellte, beschloß man doch, ihn wegen fahrlässiger Tötung anzuklagen. Eine Riesenhochzeit wurde dieser Tage in dem Städtchen Trövoux in der Provence ge feiert. Die Tochter des Bürgermeisters ver mählte sich mit einem Großkaufmann und Tausende waren herbeigeeilt, um den Glanz und die Pracht zu bewundern, die bei der Trauung entfaltet wurden. Es waren nicht weniger als 1200 Gäste geladen, die in 200 auf das herrlichste geschmückten Wagen das Brautpaar nach der Kirche begleiteten. Für das Hochzeitsmahl mußten 20 Schafe, 5 große Ochsen und 10 Schweine ihr Leben lassen. Dazu trank die Hochzeitsgesellschaft 8000 Liter Wein. Einen besonders anmutigen Anblick ge währte es, die Schmausenden an der Tafel, die tm Freien aufgeschlagen war, zu sehen. Die Festteilnehmer, sowohl die weiblichen wie die männlichen, waren nämlich in den farbenprächti gen Kostümen erschienen, die im Laufe der Jahrhunderte in der Provence Mode gewesen sind. Ein Abgeordneter als Fälscher. Der Abgeordnete Archensewitsch in Belgrad ist nach Unterschlagung großer Beträge und Begehung bedeutender Wechselfälschungen nebst Familie geflüchtet. Der Schaden beträgt über eine Million, namentlich ausländische Firmen find in Mitleidenschaft gezogen. 4VVVV Worte auf einer Postkarte. In dem Städtchen Monnett (Per. Staaten) hat es ein Mann fertig gebracht, 40 083 Worte auf eine Postkarte zu schreiben. Er ist nicht nur der berühmteste Mann seines Ortes ge worden, sondern rechnet auch darauf, durch diese Leistung ein reicher Mann zu werden. Er hat diese Karte zur Ausstellung nach St. Louis zgesandt. Groste Überschwemmungen haben im Staate Kansas, besonders in den südlichen Distrikten, wo die Flüsse seit 20 Jahren einen so hohen Wasserstand nicht gehabt haben, be deutenden Schaden angerichtet, Brücken find fortgeschwemmt, die Olfelder verwüstet worden. Einige Menschen sind ertrunken, viel haben sich nur mit knapper Not gerettet. Auch im süd westlichen Teile von Missouri und die Eisen bahnen beschädigt. Von einem riesigen Walfischschwarm weiß Kapitän Conwell, der kürzlich in Phila delphia angekommen ist, zu erzählen. Was er mitteilt, übertrifft alle Erzählungen der ältesten Kapitäne über Walfische. An Bord seines Schwärme zu beiden Seiten des Schiffes. (Danach scheinen die Walfische des nördlichen Meeres auswandern zu wollen.) Raubtierplage in Indien. Im Jahre 1903 wurden in Indien 199 Tiger erlegt, aber Tum z. Internationalen frauenkongrels in kerlin. Der internationale Frauenkongreß zu Berlin, welcher dieser Tage abgehalten wurde, dürfte die be deutendste Kundgebung der Frauen sein, die bisher in Deutschland stattgefunden hat. Von allen Teilen der Welt waren die besten Vertreterinnen der modernen Frauenbewegung hcrbcigeeilt, um haupt sächlich über die soziale Stellung der Frau zu be raten. Die Frauen auf diesem Kongreß vertraten etwa neun Millionen Mitglieder des großen Frauen weltbundes, dem sich in Deutschland der Bund deutscher Frauenvereine angeschlossen hat. Die jetzige Präsidentin des Bundes ist Mrs. May Wright Lewall, eine Nordamerikanerin, die Vize präsidentin des Bundes ist Lady Isabel Aberdeen, die aus einem alten schottischen Geschlecht stammt. Schatzmeisterin ist Helene Lange in Berlin. Auch sonst beteiligte sich eine große Anzahl hervorragender Frauen, die sich bereits durch Wort und Schrift einen Namen gemacht haben, an dem Kongreß. So eine Mormonin Mrs. Smith-Horn, eine Farbige Mrs. Church Terrel, die Professorin an einer Mädchenschule ist. Ferner die Predigerin Reverend Anna Shaw. Aus Frankreich kam die Schriftstellerin Savioy, aus Schweden Hierta-Retzius. Schiffes „Thomas WinSmore" erspähte er einen großen Schwarm von Walfischen jeglicher Größe. „Dreißig englische Meilen fuhr das Schiff an vielen hundert Walfischen vorbei; so weit das Auge reichte, erstreckten sich die nicht weniger als 190 Menschen find in dem einen Jahre von Tigern verzehrt worden. Be sonders auf 4 Tiere wurde gefahndet, die eine außerordentliche Vorliebe für Menschenfleisch zeigten. Die Regierung hatte für jeden dieser vier Tiger 700 Mk. als Belohnung ausgesetzt, gleichviel ob sie lebend oder tot eingeliefert würden; aber bis zur Stunde sind diese ge fährlichen Raubtiere noch in Freiheit. In einem Bezirk soll eine einzige Tigerin 48 Personen getötet haben. Außerdem werden aus Mittel- Indien 180 Fälle gemeldet, in denen Menschen von Panthern zerrissen wurden; 50 Personen wurden von Wölfen getötet. Geriebrskaile. W Beuthen. Ein Bierhändler hatte entgegen einer landrätlichen Anordnung am Tage der Stichwahl zum Reichstage Bier verabfolgt. Die fragliche An ordnung war aus Grund einer Regierungspolizei- verordnung vom Landrat erlassen und durch Gen darmen und Gcmeindediener den Gastwirten, Schankwirten und Bierhändlern mitgeteilt worden. Nach der Anordnung sollten sämtliche Schanklokale am Wahltage überhaupt geschlossen werden. Z., der gegen acht Uhr abends einige Flaschen Bier verab folgt hatte, behauptete, „die landrätliche Anordnung sei nicht ordnungsmäßig bekannt gegeben worden: die Anordnung könnte sich aber auch nur auf die Wahlzeit beziehen, er habe das Bier aber erst nach Beendigung der Wahl verkauft. Das Landgericht erachtete aber die Einwände des Angeklagten für unbegründet und erkannte gegen Z. auf eine Geld strafe. Diese Entscheidung focht Z. durch Revision beim Kammergericht an, das auch die Vorentschei dung aufhob und Z. gänzlich freisprach, weil die Polizeiverordnung des Regierungspräsidenten keine besondern Strafbestimmungen für Zuwiderhandlungen von Anordnungen enthält, die von den Land- rätcn und Ortspolizeiverwaltungen auf Grund der Regierungspolizeiverordnung vom 7. Oktober 1901 erlassen worden ist. Lin Kursbuch für die Beförderung von Vieh auf den deutschen Eisenbahnen ist soeben neu erschienen (Ernst Siegsr. Mittler u. Sohn, Berlin). Es ist im amtlichen Auftrage auf Grund des von den Eisenbahnverwaltungen ge lieferten Materials von dem kaiserlichen Rechnungsrat Otto Schmidt bearbeitet. Das Kursbuch enthält in erster Reihe die Fahrpläne der auf den Haupteisenbahnen verkehrenden Vieh-, Eilgüter- und gemischten Züge, der für den Viehverkehr in Betracht kommenden Güter züge und der für den Viehverkehr freigegebenen Personenzüge. In welchem Maße ein solches Viehkursbuch den Bedürfnissen der Produzenten und Händler entsprach, ist allgemein bekannt und von allen Seiten auch öffentlich anerkannt worden. Bisher existierten getrennt ein Reichs- Viehkursbuch, das im Auftrage des Neichs- eisenbahnamts herausgegeben wurde und nur einen provisorischen Charakter hatte, und da neben ein Pferdekursbuch, das auf Ver anlassung der Militärverwaltung hergestellt war. Den Bemühungen des Abg. Dr. Müller-Sagan ist die nunmehr erfolgte Verschmelzung beider Kursbücher hauptsächlich zuzuschreiben. Bei der diesjährigen zweiten Beratung des Reichseisen bahnamts hatte der genannte Abgeordnete am 23. Febmar die Angelegenheit im Reichstage zur Sprache gebracht und es als notwendig bezeichnet, daß das Reichs-Viehkursbuch vom 1. Mai ab allgemein und definitiv eingeführt und das Pferdekursbuch eingezogen werde. Dieser Anregung hat das Reichseisenbahnamt nunmehr Folge geleistet. Das Kursbuch zählt nicht weniger als 525 Seiten und wird von allen Interessenten zweifellos mit großer Freude begrüßt werden, namentlich da die Zusammen stellung auch die für die Beförderung von Vieh und Pferden so ungemein wichtigen Zug verbindungen angibt. Außerdem enthält das Buch eine Zusammenstellung der wichtigsten für denViehverkehr geltenden Bestimmungen, darunter auch die Beförderungspreise, und endlich ein Ver zeichnis der Nebenbahnen. Kuntes Allerlei. Rücksichtsvoll. Richter: „Wie viel Geld befand sich denn ungefähr in der Kasse des Herrn Blümelberger, als Sie einbrachen?" — Einbrecher: „Muß ich das sagen? ... Ich möchte den Mann nicht gern blamieren — er war ein alter Schulkamerad von mir!" — —> - „Die Wahrheit? Wer sucht hier in dem Salon Wahrheit?" meinte Hanna gering schätzig. „Ich," erwiderte Hoff ernst, mit einem düstern Blick auf das lichte Antlitz Hannas, „nur verzweifle ich oft, daß ich sie finde." „Hier in diesen Kreisen wohl schwerlich." „Warum nicht? wenn Sie, Fräulein, den Irrenden geleiten würden, Sie, deren ganzes Sein Wahrheit atmet, dann wäre es vielleicht möglich!" Hanna errötete. Schon öfter hatte Hoff in solcher Weise zu ihr gesprochen. Sie ahnte, was in seinem Innern vorging, wie sein geistiges Ich nach Befreiung aus den Fesseln rang, die er sich leichtfertig und seinen früheren Grund sätzen entgegen geschmiedet hatte. Von Berko wußte ste, daß sich hinter dieser ironischen Außenseite Hoffs ein feiner Geist, ein edles, ja sogar dichterisches Gemüt verschanzte. „Sie hätten Hoff vor drei Jahren kennen lernen sollen," hatte der Amtsrichter Berko erst vor einigen Tagen zu Hanna gesagt, „damals glaubten wir alle von ihm, daß er einst unter den Rittern des Geistes eine nicht unbedeutende Rolle spielen würde. Welche unvergeßlich schöne Stunden waren es, wenn er uns einzelne feiner Dichtungen vortrug; welche glühende Begeisterung für alles Hohe und Schöne leuchtete damals in seinem Antlitz. — Eins nur fehlte ihm: der feste, alles bezwingende Wille. Nach einigen Täuschungen, die er erlebt hatte und die ja gerade solchen Naturen nie erspart bleiben, trat die Reaktion bei ihm ein. Ich fürchte, er hat alle seine dichterischen Er ¬ zeugnisse aus jenen Tagen verbrannt. Narrheiten nannte er ste, törichte Träumereien, die nicht in diese Welt Hineinpassen." An diese Worte mußte Hanna jetzt denken. „Den Irrenden sollte ste geleiten," hatte er gesagt. Sollte ihr die Mission beschicken sein, seinen Dichter geist auf die verlassenen Bahnen zurückzusühren ? Das war wohl eine schöne, aber auch gefähr liche Mission. „Sie meinen natürlich, ich, ein Mann, müsse den Weg zur Wahrheit selber finden," suhr Hoff jetzt fort. „Wäre mir die ruhige Gedanken klarheit in den Dingen, welche das Menschen herz am heftigsten bewegen, beschieden wie Ihnen, dann würde ich ihn wohl finden. Wer diese Ruhe und Klarheit aber nicht besitzt, und irrt und wieder irrt, den können nur Engel auf die rechten Bahnen zurückgeleiten." „Nun, der Engel geht Ihnen ja zur Seite," sagte Hanna mit leisem Spott. In Hoffs Augen flammte es zornig auf und er entgegnete lebhaft: „Wollen Sie mich verhöhnen? Sie, die mit Ihren klaren Augen allen Dingen auf den Grund sehen, Sie, die Sie längst ganz genau wissen, was allein mich zu Elvira geführt hat?" Hanna sah ernst, fast erschrocken zu ihm auf, und Hoff biß sich auf die Lippen. In diesem Moment trat Elvira zu den beiden heran. „Hanna, du mußt uns ein paar Tänze spielen," bat Elvira, „die Tanzlust ist nicht mehr zu zügeln." „Gern," sagte Hanna und erhob sich. „Ich denke, sie sind nicht musikalisch?" fragte Hoff. „O, was so zum Tanzen verlangt wird, kann ich allenfalls leisten," erwiderte Hanna lächelnd und setzte sich an den Flügel. Die schlanken Finger schlugen einige volle Akkorde an, und dann brauste es durch den Salon, so lockend, so heiter, eine Tanzweise von einem solchen anmutigen Nythmus, daß alt und jung wie elektrisiert davon waren. „Das ist ja, als ob Oberons Horn ertönte," meinte der Kommerzienrat Berg, ,,da widerstehe wer kann, ich kann es nicht, ich muß auch tanzen!" Eine der jüngsten Damen zum Tanze bit tend, wirbelte der Kommerzienrat bald uner müdlich im Saal herum. Diesem erhebenden Beispiel folgten noch mehrere der ältern Herren und Damen, und als nun Hanna endlich er müdet die Finger von den Tasten des Flügels sinken ließ, und den Kops umwandte, sah sie zu ihrer Belustigung fast die ganze Gesellschaft in Bewegung, und lauter er hitzte und erregte Gesichter. Nur Hoff er blickte sie nicht darunter; dieser hatte sich, nachdem er pflichtschuldigst eine Tour mit seiner Braut getanzt, in das Nebenzimmer zurückgezogen. Dort saß er nun, den Kopf in die Hand gestützt, die brennenden Blicke auf Hanna gerichtet. Wie ein Erwachen war es über ihn gekommen, in dieser Stunde, wie ein Erwachen aus Irrtum und irren Träumen zu des Lebens Schönheiten. Das lichte klare Antlitz Hannas kündete ihm dieselben, und die heitern Weisen, die ste dem Instrument entlockt halte, sangen und klangen davon. Es gab doch wohl noch Poesie und Romantik auf diesem schnöden Erdball, und das Hohelied der Liebe war noch nicht verklungen! Aber hatte er noch ein Anrecht an all diesen idealen Gütern? Er, der sich fast gewaltsam die realistischsten Lebensansichten zu eigen ge macht, und alles, was von Poesie einst in seinen! Innern Raum gehabt, hohnlächelnd daraus verbannt halte, weil das Leben ihm, wie jedem andern Menschen auch, sein Altags- geficht gezeigt, und ihn von den Höhen, auf denen er festen Fuß zu fassen geglaubt, auch wieder in die Tiefen hinab geführt. Solche Gedanken zogen durch Hoffs Haupt. Nun waren die Tanzweisen verklungen, und er sah sich plötzlich wieder neben Hanna stehen, und als ihre großen grauen Augen sich auf ihn richteten, war er fast um Worte verlegen. „Welche Entdeckungen werden wir an Ihnen noch machen?" murmelte er. „Allerdings ist das eine große Entdeckung," lachte Hanna, „daß ich ein paar Tänze spielen kann!" „Aber w i e spielen Sie dieselben I Fast wie ein Virtuos! Ich bin überzeugt, daß Sie noch ganz anderes in der musikalischen Kunst leisten könnten, und es ist ein Unrecht, der Gesellschaft solche Gaben vorzuenthalten! Bitle, zucken Sie nicht so geringschätzig mit den Schultern! Einzelne sind schon immerhin darunter, die es verdienten." „Ich bin in diesem Hause als Gouvernante engagiert, und nicht dazu, die Gesellschaft zu unterhalten mit dem, was ich vielleicht sonst noch gelernt habe," erwiderte Hanna abweisend. AR» (Fortsetzung Wlgl.)