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Ottendorfer Zeitung : 10.06.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190406109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040610
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040610
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-06
- Tag 1904-06-10
-
Monat
1904-06
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 10.06.1904
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potttilcke Kunälckau. Der rusfisch-japanische Krieg. *Bis jetzt war es unmöglich, nach den un kontrollierbaren Nachrichten sich darüber klar zu werden, ob und was etwa die Russen zum Entsatz von Port Arthur unternehmen würden. Es schien eine Meinungsverschiedenheit zwischen Kuropatlin und Alexejew zu bestehen. Ersterer soll Port Arthur ganz sich selbst haben überlassen wollen, letzterer soll auf Entsatz ge drungen haben. Daun hörte man von Truppen entsendungen von Liaujang nach dem Süden. Daran scheint etwas zu sein, wennschon es scheint, als sei nur eine Beunruhigung der Japaner auf Liautung damit beab sichtigt. Zwei russische Divisionen und eine Kavallerie-Brigade unter General Stakelberg find bei Kaipmg vereinigt. Sie haben den Befehl, die Bahn zu decken und durch Reiter abteilungen die Verbindungen und den Rücken der Armee des Generals Oku anzugreisen. Hierdurch sollen die Japaner gezwungen werden, einen Teil der für die Belagerung von Port Arthur bestimmten Streitkräfte zurückzuziehen. * InKorea beunruhigen die noch im Norden zurückgebliebenen Kosakenschwärme fort während die japanische Etappenstraße. Der japanische Konsul in Gensan meldet neuerdings, daß 300 Russen am 2. d. in Hamheung ein getroffen find. Es heiße, daß außerdem noch 300 Russen von der Ostküste her nach Pingjang vorrücken. *An eine Äußerung Kuropatkins, die er bei der Abreise einem Freunde gegenüber tat, wird jetzt in einem russischen Blatte erinnert. Danach soll Kuropatkin gesagt haben: „Im ersten Monat wird man von mir sagen, ich bin untätig. Im zweiten wird man von meiner Unfähigkeit sprechen. Im dritten wird man mich sür einen Verräter halten, denn bis dahin haben wir sicherlich ernste Niederlagen erlitten. Mögen sie reden — ich frage nicht danach. Ich verschmähe es, die Offensive zu ergreifen, bis mein Heer sich bedeutend verstärkt haben wird. Und das kann erst im Juli der Fall sein." (An was jetzt alles die russische Presse erinnert! Sie erinnerte bei der ersten Niederlage ihrer Flotte am 9. Februar (27. Januar a. St.), daß der 27. Januar sür Rußland überhaupt ein Unglückstag sei; dann „erinnerte" sie daran, daß alle Kriege Rußlands im Anfang für Ruß land unglücklich waren; jetzt „erinnert" sie schon wieder. Wie's trifft!) * H- * Deutschland. *Eine Abordnung der deutschen Ansiedler aus Deutschsüdwest afrika trifft am 10. d. in Berlin ein, um mit den maßgebenden Kreisen unmittelbar Fühlung zu nehmen. Eine von dieser Abordnung aus gearbeitete Denkschrift über dieUrsachen des Hereroaufstandes und die Ent - schädignngsansprücheder Ansiedler ver folgt den Zweck, die Reichsregierung und den Reichstag zu einer Nachprüfung der durch den Aufstand geschaffenen Verhältnisse zu bewegen. *Die Einnahmen aus den Ge treidezöllen blieben in den letzten Monaten nicht wenig hinter den Durchschnitts- Ergebnissen in den letzten Jahren zurück. Da die Saaten gut stehen, ist nicht zu er warten, daß in der absteigenden Neigung der Einnahmen aus den Getreidezöllen bald ein Wandel eintritt. *Der Ablösungstransport für die ost- asiatische Brigade, 59 Offiziere 891 Mann, ist am 4. d. mit Loyddampfer „Rhein" von Bremerhaven in See gegangen. * Der ständige Ausschuß des deutschen Landwirt schaftsrats beschloß einstimmig, angesichts der jetzt schwebenden Verhandlungen über den Abschluß eines neuen Handelsvertrages mit Osterreich-Ungarn, „in letzter Stunde an den Reichskanzler und den Bundes rat noch einmal die dringende Bitte zu richten, das bisherige Viehseuchen - Übereinkommen mit Osterreich-Ungarn nicht zu erneuern, vielmehr den Verkehr mit Osterreich-Ungarn in gleicher Weise wie den Verkehr mit den übrigen Vertragsländern uneingeschränkt den Bestimmungen des Viehseuchengesetzes zu unterstellen, da nur hier ¬ durch eine erfolgreiche Bekämpfung der Viehseuchen für die Zukunft möglich sein wird. *Auf deutscher Seite scheint man Anlaß zu haben, sich durch das Verhalten der englischen Be hörden bei vorläufiger Festnahme von Verbrechern beschwert zu fühlen. Durch Ministerialverfügung sind die Preuß. Polizeibehörden angewiesen worden, allen ihnen unmittelbarzugehenden Ersuchen englischer Behörden um vorläufige Festnahme von Verbrechern, die von England aus verfolgt werden, sowie etwaigen Anträgen englischer Behörden auf Beschlagnahme von brieflichen oder telegraphischen Mitteilungen behufs Ermittelung flüchtiger Verbrecher künftighin grundsätzlich nicht mehr nachzukommen, da die Gegen seitigkeit in dieser Hinsicht von englischer Seite nicht sichergestellt ist. Ihrerseits sollen die Polizeibehörden ähnliche Anträge bei englischen Be hörden unterlassen. Österreich-Ungarn. * Prinzessin Marie von Hannover, die sich kürzlich einer Blinddarmoperation unter zogen Halle, ist am 4. d. in Gmunden ge storben. Die Verstorbene, die jüngste Schwester des Herzogs von Cumberland, er reichte ein Alter von 54 Jahren. Sie war unvermählt geblieben. Frankreich. * Mit den Arb eiterunruh en, die in verschiedenen französischen Städten ausgebrochen find, hat sich jetzt auch die Regierung schon befaßt. Ministerpräsident Combes ist eifrig be schäftigt, dieBeilegungderAusstände in Brest, Armentiöres und Lorient herbeizuführen. Ministerielle Beamte sind dorihin abgegangen, haben bisher aber scheinbar nichts erreicht. Spanien. * Der Regierung macht der britisch-fran zösische Marotkoverlrag große Kopfschmerzen. So führt man in Madrider diplomatischen Kreisen die Schwierigkeiten, auf die der Ab schluß des geplanten spanisch-französi schen Marokkovertrages plötzlich stößt, auf den Einfluß der französischen Kolonial partei zurück, der sich der französische Minister des Auswärtigen trotz seines anfänglichen An erbietens, die Sache in Halbwegs günstiger Weise sür Spanien zu regeln, nicht zu wider setzen wage. Die offiziöse ,Epoca' gibt der Be fürchtung Ausdruck, daß die Ver. Staaten die Abtretung eines marokkanischen Hafens verlangen und damit die occiden- talische Frage aufrollen könnten, was eine sehr ernste Lage schaffen würde. (Nun, die Be sorgnis, daß die Union einen Hafen in Marokko erhalten wird, kann wohl als unbegründet gelten; darauf werden die Franzosen sich kaum einlassen. Daß Spanien übers Ohr gehauen wird, ob es nun mit Frankreich einen Marokko vertrag abschließt oder nicht, darauf kann man Brief und Siegel geben.) Balkanstaaten. * Die Pforte lehnt es ab, die Angelegenheit bell. Gewerbe st euer für griechische Untertanen in der Türkei einem Schiedsgericht zu unterbreiten, wie es die griechische Negierung vorgeschlagen hat. Die griechische Gesandtschaft in Konstantinopel ist bemüht, die diplomatische Unterstützung der Bot schafter zu erlangen, um die Einstellung der Erhebung der Gewerbesteuer bis zu einer end gültigen Regelung der Frage durchzusetzen, indessen verhält sich die Mehrheit der Botschafter dem Wunsche gegenüber reserviert. * Der bulgarische Vertreter in Belgrad ist mit dem unterzeichneten Abkommenzwischen Serbien und Bulgarien in Sofia ein getroffen. Der Freundschaftsvertrag bezieht sich nur auf wirtschaftliche Angelegenheiten. In politischer Hinsicht soll mit allen Mitteln gegen eine Änderung des gegenwärtigen Zustandes auf dem Balkan und für das Mürz- steger Reformprogramm eingetreten werden. Amerika. * Endlich scheint Ruhe und Ordnung in San Domingo für einige Zeit wieder hergestellt sein. Die Ver. Staaten find selbst verständlich die Friedensstifter. So hat an Bord des amerikanischen Kriegsschiffes ,Detroit' eine Besprechung zwischen Vertretern der dominikanischen Regierung und der Aufständi schen stattgefunden, bei der der Friedens- schluß vereinbart wurde; es soll bis zur Ge nehmigung desselben durch die Regierung ein dreitägiger Waffenstillstand eintreten. „wie ein Panzerschiff versinkt" hat der Admiral Makarow einst einem größeren Zuhörerkreise erläutert. Nach der ,Revue Russe' hielt am 24. April 1894, d. h. fast zehn Jahre, Tag für Tag vor der Katastrophe des „Petro- pawlowsk", der damalige Konteradmiral Maka row in Petersburg vor einem aus sehr hohen Persönlichkeiten und aus den ersten Heerführem der Hauptstadt bestehenden Auditorium einen interessanten Vortrag. Den Gegenstand des Vortrages bildete die „Submerfibilität" der Panzerschiffe, und als Beispiel nahm der Ad miral das Unglück, das ein Jahr vorher dem englischen Schiffe „Viktoria" zugestoßen war. Obwohl das Gestade ganz in der Nähe und ein ganzes Geschwader zugegen war, sank die „Viktoria" so rasch, daß von der Mannschaft von 659 Mann mehr als die Hälfte umkam, darunter auch der Admiral Tryan. Man konnte fich nicht erklären, wie die Leute nicht Zeit ge habt haben sollten, eine einzige Schaluppe herab zubringen oder fich selbst ins Meer zu stürzen. Makarow zeigte nun seinen Zuhörern ein Modell der „Viktoria" und machte folgenden Versuch: man setzte das Modell ins Wasser, nachdem man den Gips entfernt hatte, der eine dem Leck der „Viktoria" entsprechende Öffnung verstopfte. „Sie werden jetzt sehen," sagte der Vor tragende, „wie das verwundete Schiff kopsüber ins Wasser stürzen mußte, und wie sein Vorderteil sofort unter Wasser gesetzt wurde." Er hatte den Satz kaum beendigt, als das Modell „kopfüber" sank und unterging. Man erneuerte den Versuch mehrere Male: das Unter tauchen trat jedesmal fast plötzlich ein. Man verstopfte nun wieder die Öffnung am Vorder teil und öffnete eine Bresche in der Nähe der Kessel. Das Schiff sank langsamer, aber es kehrte fich um, mit dem Kiel nach oben, und blieb einen Augenblick auf der Oberfläche des Bassins. Auch diesmal hätte man fast keinen Menschen retten können. Schließlich zeigte der Admiral, daß, wenn alle Verschlüge und Scheidewände hermetisch verschlossen gewesen wären, das Panzerschiff wohl sehr tief ins Wasser geraten wäre, aber ohne unterzugehen, und vor allem ohne sich umzudrehen. „Man kann allerdings die Verschlüge nicht immer dicht verschließen," fügte er hinzu, „und es muß auch in Betracht gezogen werden, daß die Wunde der „Viktoria" furchtbar war — acht Dieter lang und zwei Meter breit. Sie ließ in der Minute 3000 Tonnen Wasser ein dringen." Der Admiral Makarow hat fich mit der Frage der Submerfibilität der Panzerschiffe immer viel beschäftigt. Und nun verlor er selbst das Leben bei einer Schiffskatastrophe, die noch entsetzlicher war als der Untergang der „Vikloria". Von und fern. Japans Dank an seine Lehrmeister. Die Japaner vergessen in der Freude über ihre Erfolge jene Lehrmeister nicht, denen sie ihre Schulung für den modernen Krieg verdanken. Zu diesen gehörte neben vielen andern deut schen Offizieren auch der Generalmajor z. D. Meckel, der mehrere Jahre als Instrukteur in Japan tätig war. An ihn nun hat der General stabschef der japanischen Armee Baron Kodama eine telegraphische Meldung über den Sieg am Jalu gesandt, die wie folgt lautet: „Siegreiche Schlacht bei Jalufluß der unter den von Ihnen erzogenen Offizieren stehenden Truppen. Be nachrichtigt jüngeren Bruder (d. h. Kamerad und Schüler) Kodama." Eine Probeschlacht mit Hereros haben die Truppen, die in Kürze nach Südwestafrika abgehen, auf dem Truppenübungsplätze Munster in der Lüneburger Heide ausgefochten. Schon am frühen Morgen erdröhnte die Heide von einem höllischen Gewehrfeuer. DaS Jnfanteriebataillon zu Pferde, das für den Dienst im Hererolande ausgebildet wurde, sollte einmal so üben, wie es im Ernstfälle gemacht werden muß. Die 38. Jnfanteriebrigade stellte, so heißt es in einem Soldatenbriefe, die Hereros vor; sie hatte sich deshalb an verschiedenen Stellen, im Gebüsch und sonstwo, versteckt. Von der „deutschen" Infanterie kam nun erst der Vor trupp, dann das Gros, und zwei Kilometer rück wärts folgte unter Bedeckung die Bagage und eine Vieherde; letztere bestand jedoch nur aus einer Kuh, da sonst die Sache zu teuer geworden wäre. Bald begann der Kampf; nach dem zweiten Gefecht zogen sich die Hereros zurück. Die Deutschen ver folgten sie, machten aber bald Halt, um sich durch ein kräftiges Mittagsmahl zu stärken; die Kuh wurde geschlachtet und das Fleisch verteilt; jeder nahm Reis, der in den Packtaschen am Pferde mitgeführt wird. Es wurde gekocht, und — nun sollte der Schmaus beginnen. Da auf einmal brachen die Hereros hervor — ein Überfall! Schleunigst wurde Alarm geblasen, alles eilte zu den Pferden. Aber diese konnten das Schießen und Blasen nicht ver tragen; sie liefen, trotzdem sie an den Beinen ge fesselt waren, im Galopp davon. Nun waren die Pferde erst mal weg, und die Mannschaften machten große Augen. Auf Kommando eilte alles an die Gewehre; wie der Blitz ging das, und das Gefecht begann. Erst am nächsten Tage hatte man die letzten Pferde wieder, fast alle mit durchgescheuerten Fesseln. Brave Eisenbahner. In Posen wäre unlängst ein die Bahngeleise überschreitender Regierungsrat unfehlbar von einer Lokomotive zermalmt worden, wenn nicht im letzten Augen blicke der Hilfsbremser Krichowicz hinzu gesprungen wäre und den Bedrohten mit eigener Lebensgefahr zurückgerissen hätte. Dem Braven ist für diese mutige Tat die Rettungsmedaille am Bande verliehen worden. — Mit einer Be lohnung von 50 Mk. wurde ferner der Strecken arbeiter Adrian bedacht, dessen tatkräftiges Ein greifen es zu verdanken war, daß ein gefahr drohender Waldbrand rechtzeitig gelöscht werden konnte. Leichenfund in der Remscheider Tal sperre. Ein Verbrechen, das schon Pfingsten verübt worden ist, wurde erst jetzt entdeckt. In der Remscheider Talsperre wurde die Leiche eines 26 jährigen Mannes aufgsfunden. Die Hirnschale war zertrümmert, tn den Taschen fand man Steine. Um den Körper war ein Riemen geschlungen, an dem sich ein Strick be fand, an dem anscheinend mehrere größere Steine befestigt gewesen waren, so daß die Leiche längere Zeit unter Wasser blieb. Aus Vorgesundenen Papieren geht hervor, daß der Ermordete ein Bäcker aus Solingen ist, der zu Pfingsten zum Besuche seiner Braut von Bonn nach Remscheid gefahren war. Seitdem war er verschwunden und ist, wie fich jetzt herausstellt, ermordet worden. Vom Blitz geblendet. Von einem harten Schicksalsschlag ist der Landmann Bruhn in Osterrönfeld betroffen worden, indem er durch einen Blitzstrahl sein Augenlicht völlig verloren hat. Er wollte, vom Felde heimkehrend, sich in den Stall begeben, als ein Blitzstrahl ihn niederstreckte. Der Blitz ging ihm quer über die Brust und verbrannte ihm die eine Seite. Wenn auch die Brandwunden nach einiger Zeit geheilt werden, ist das Augenlicht für immer erloschen. Einen Totschlag im Rausche hat in der Nacht zum 2. d. zu Thorn der 67 jährige Arbeiter Kwaschiniewski an seiner eigenen Ehe frau verübt, indem er derselben 16 Messerstiche befrachte. Die Eheleute lebten in beständigem Unfrieden. Die Frau entfernte sich, sobald sie es nicht mehr aushalten konnte. Erst am 1. d. war sie auf Bitten des Mannes wieder in ihre Wohnung zurückgekehrt. Die Eheleute tranken sich nun einen Rausch an, es kam zum Streit, und in diesem griff Kwaschiniewski zum Messer und verübte die Tat. Er ist verhaftet worden. Eisenbahnunfall. Auf dem Rangierbahn hof in Nürnberg entlief aus unaufgeklärten Ur sachen eine aus 24 Wagen bestehende Rangier abteilung. Da Gefahr bestand, daß die Ab teilung auf eine im Gleis stehende Wagen gruppe auffahren könne, sprang der Stations- zehilfe Wald auf die vorderste Bremse und chloß sie. Dennoch erfolgte ein heftiger Zu- ammenstoß. Das Bremshäuschen wurde zer trümmert und Wald der Brustkorb eingedrückt. Der Tod trat sofort ein. Der Materialschaden ist bedeutend. Hk Auf Kukmesköken. 4s Erzählung von F. Stöckert. (Fortsetzung.! Hoff sagte das alles so leicht hin, wie im Scherze, aber Berko kannte das Herz seines Freundes zu genau, um sich durch diese leichte Redeweise täuschen zu lassen; dieses nervöse Zucken der schmalen Lippen Hoffs verriet Berko zur Genüge, daß die so zur Schau getragene Heiterkeit nur eine erzwungene war. „Gehst du zu deiner Braut?" fragte Berko jetzt. „Ja, natürlich, ich muß mich doch erkundigen, wie der Engel geschlafen hat!" „Hans! Welcher Ton klingt aus diesen Worten!" sagte Berko vorwurfsvoll. „Elvira ist deine Braut, deine künftige Gattin!" „Um Gottes willen keine Moralpredigt, bester Freund!" rief Hoff. „Ich kenne meine Pflichten, ich werde keine verabsäumen, du wirst mir stets ein erhabenes Beispiel sein. Aber im Vertrauen gesagt, ich wollte, das Schicksal hätte diese Hanna Delio jetzt nicht in meinen Lebens weg geführt. Sie ist eine Erscheinung, der man nicht ohne Interesse begegnen kann." Unter diesem Gespräch waren die beiden Herren langsam die Straße hinunter geschlendert und standen jetzt vor der Bergschen Wohnung. Hinter dem mit rotseidenen Gardinen ver hangenen Fenster ihres Zimmers tauchte soeben Elviras blasses Gesicht auf und mit einem herzlichen Abschiedsgruß trennte fich Hoff von dem Freunde, „denn", sagte er mit einem leichten Lächeln: „Dort oben sicht und lächelt mild Ein wundervolles Frauenbild." * * * Hanna Delio hatte unterdes den Brief an ihre Eltern beendet. Den Kopf in die Hand gestützt, schaute sie sinnend vor sich hin, und noch einmal zogen die Bilder des vergangenen Abends an ihrem Geiste vorüber. Dann aber warf sie den Kopf mit einer energischen Be wegung zurück. „Zum Träumen habe ich keine Zeit mehr," murmelte sie. „Jetzt heißt es, den Kampf mit dem Leben ausnehmen und nur noch an die Pflichten denken." Sie erhob fich und trat an das Fenster, und wie sie dort stand, in dem milden Licht der Septembersonne, die junge kraftvolle Gestalt, mit dem Hellen Blick der schönen Augen, da bot sie ein Bild so fester Willensstärke, als wäre nichts auf der Welt im stände, sie aus ihren Bahnen, die so klar vor ihr lagen, zu drängen. Sie wußte ganz genau, was sie, als armes Mädchen, auf ihre eigenen Kräfte an gewiesen, von der Zukunft zu erhoffen hatte, und daß das Schönste vom Leben, eine sorglos ungetrübte Jugend, sür sie für immer vorüber war. Sie wußte aber auch, daß sie trotzdem am Idealen festhalten, daß sie nicht in dem Getriebe der Alltäglichkeit untergehen würde. * * * Die Zeit bis zu Hannas Eintritt als Gou vernante in das Bergfche Haus war dem jungen Mädchen sehr schnell vergangen. Frau Amts richter Berko hatte verschiedene Besuche mit Hanna gemacht, daraus waren Einladungen er folgt, Kaffee- und Abendgesellschaften. Man wußte sich das Leben in diesen Kreisen so an genehm wie möglich zu machen, und wenn das gesellschaftliche Getriebe für tiefer angelegte Naturen auch keinen geistigen Gewinn weiter bot, die meisten Personen waren doch voll kommen befriedigt davon. Die weniger Be friedigten, zu denen Berko, sein Freund Hoff und auch Hanna zählten, tauschten hin und wieder schöne und hohe Gedanken aus, machten auch wohl den wenig lohnenden Versuch, etwas geistigen Schwung in das Einerlei der geselligen Unterhaltung zu bringen, im übrigen aber mußten sie doch, da sie die Minderheit waren, mit dem Strome schwimmen. Das Interesse, das Hanna Delio anfangs in der Gesellschaft er regt, hatte übrigens sehr nachgelassen, als man allseitig wußte, daß sie in Bälde die Stelle der Gouvernante im Bergschen Hause antreten würde. Die junge Dame versuchte auch nicht weiter, ihrer Persönlichkeit Geltung zu ver schaffen. Die Rolle, die ihr das Schicksal hier ange wiesen, war ja doch nur eine untergeordnete. Wie ein Vogel mit gebundenen Schwingen stand sie dem Leben und Treiben der Gesellschaft gegenüber, mit klugen Augen aber diese Welt im kleinen beobachtend. Was war denn eigentlich Zweck und Ziel dieser Menschen, wie sie dieses leere Alltagsleben so dahinlebten, voll kleinlicher Intrigen und Interessen, so fragte sie sich, und dann blickte sie doch wieder wie ver wundert auf, wenn hin und wieder ein geist volles Wort an ihr Ohr tönte, und die Blicke Hans Hoffs mit unverhohlenem Interesse auf ihr ruhten. Was wollte der von ihr, gerade der, der ihr verächtlicher erschien als alle die andern, weil sie, seit sie in dem Bergschen Hause weilte, täglich mit ansehen mußte, wie er seiner Braut gegenüber, die ihn warm und aufrichtig zu lieben schien, offenbar nur Liebe heuchelte. Manchmal erschien es ihr als der reine Spott und Hohn, wie er seine Rolle als Elviras Ver lobter mit schalkhaftem Lächeln spielte. O, daß die Liebe oft so blind sein muß! Daß Elvira nichtdurchschaute, wie grausamHoff mit ihr spielte! * * * „Ach ich bin des Treibens müde," mit diesen wie einen Seufzer hervorgestoßenen Worten trat Hoff zu Hanna Delio heran. Es war heute Gesellschaft bei Bergs, der Salon mit den antiken geschnitzten Möbeln strahlte in einem wahren Lichtmeer. Elvira schwebte wie eine Elfe von einem ihrer Gäste zum andern, sie hatte soeben eine kunstvolle Sonate auf der Geige vorgetragen und nahm nun huldvoll die Anerkennung, die man ihr zollte, entgegen. Als sie jetzt an Hoff vorüber kam, schaute er ihr einen Augenblick nach, mit dem spöttischen Zug um die Lippen, den Hanna schon an ihm kannte. „Haben Sie denn kein Wort der Aner kennung sür Ihre Braut?" fragte sie ihn. „Heute kann ich mir das einmal ersparen, es sind ja genug Kunstverehrer da, die ihr mit faden Schmeicheleien aufwarten. Die Wahrheit wäre meiner Braut wohl zuträglicher, aber die darf ich ihr jetzt nicht sagen!"
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