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Eine Schreckenstat. Der Fleischerbursche Emil Pankraz in Rakonitz in Böhmen schnitt ffich vor den Augen seiner entsetzten Mutter, offenbar infolge einer plötzlichen Geistesstörung, den Hals durch. Mit der Mordwaffe, einem langen Fleischermesser, in der Hand und der furchtbaren, klaffenden Wunde am Halse, sank er in die Arme seiner Mutter, die mit ihm ohnmächtig zusammenbrach. Als sie erwachte, hielt sie die blutüberströmte Leiche ihres Sohnes noch in den Händen. Bahudieb. Aus dem Nachlzuge, der am 26. Mai abends von Nizza nach Paris ab ging, wurde bei Antibes ein Depeschensack, in den drei Säcke mit eingeschriebenen Briefen eingeschlosfen waren, gestohlen. Der zweifellos dem Postsache angehörige Dieb hat sich in dem Waggon, in dem bloß zwei Fächer von der Post benutzt werden, offenbar versteckt; er hat mittels falschen Schlüssels das eine Fach ge öffnet und den für Marseille bestimmten Depeschensack hinausgeworfen. Er stieg dann in Antibes aus, löste postgemäß die Schnüre, nahm fast alle Wertbriefe und ließ die Säcke und Depeschen dort liegen, wo sie am 27. Mai morgens gefunden wurden. Honorar eines berühmten Chirurgen. Der berühmte Pariser Chirurg Doyen hat im vorigen Jahre einen Einwohner in Chestion bei Dinant (Belgien) operiert. Der Patient starb. Die Familie zahlte dem Gehilfen Doyens 2000 Frank und bot diesem selbst 4000 Frank an. Doyen forderte aber 30 000 Frank. Als ihm diese verweigert wurden, klagte er den Betrag ein. Das Gericht wies die Klage mit der Be gründung ab, daß 4000 Frank ein hinreichendes Honorar seien. Doyen wurde überdies in die Kosten des Verfahrens verurteilt. Eine aufsehenerregende Angelegenheit be schäftigt gegenwärtig die Verwaltungsbehörden der Königlichen Bibliothek in Brüssel. In einer der letzten Sitzungen des belgischen Senats machte, ge legentlich der Diskussion über das Budget der schönen Künste, der Senator Alexander Braun die Mitteilung, daß dem Münchener Verleger Rosenthal vor kurzem ein Buch, von dem cs in der ganzen Welt nur zwei Exemplare gebe, zum Kauf angeboten worden sei. Herr Rosenthal machte sofort der bel gischen Regierung Mitteilung von dem Verkaufsan gebot, und eS konnte festgestellt werden, daß das be treffende Buch nebst andern Büchern aus der Brüsseler Bibliothek „verschwunden" war. Der Verdacht richtete sich gegen eine bestimmte Persön lichkeit, die die Bücher angeblich zu wissenschaftlichen Zwecken der Bibliothek entnommen, aber das Zurückbringen vergessen hatte. Ob der Verdacht sich zu einer sicheren Anklage verdichten läßt, das muß erst die eingeleitete Untersuchung ergeben. Soviel konnte aber schon jetzt sestgestellt werden, daß in der Bibliothek in geradezu unerhörter Weise gewirt schaftet worden ist. Von mehreren Beamten sind grobe Unregelmäßigkeiten — um kein schärferes Wort zu gebrauchen — begangen worden. Im Zusammenhang mit diesen Geschichten steht Wohl das Verschwinden des 76 jährigen Sekretärs Petit, der 40 Jahre lang Angestellter der Bibliothek war und sich des größten Vertrauens erfreute. Petit hat, als er sein HauS verließ, einen Revolver mit- genommen, und man glaubt, daß er sich das Leben genommen habe. Ein Brüsseler Blatt will wissen, daß auch das wertvolle Manuskript der belgischen Nationalhymne, der im September 1830 von Jenneval und dem Sänger van Campenhout ver faßten bezw. komponierten Braban^onne aus der Bibliothek verschwunden sei. Eine Doppelhochzeit unter eigentüm lichen Umständen hat kürzlich in Carson City In dem amerikanischen Staate Missouri statt- gefunden. Die beiden Paare gehörten zu einem herumziehenden Zirkus; die Bräute waren Trapezkünstlerinnen und die zukünftigen jungen Ehemänner waren Springer und Akrobaten. Auf die Anregung eines Journalisten hin ent schied man sich dafür, die Hochzeitsfeierlichkeit auf einem schwebenden Trapez zu vollziehen, wobei der Standesbeamte auf einer Pyramide in der Mitte Platz nehmen sollte. Die Zere monie sand in der großen Manege des Zirkus statt, und eine tausendköpfige Menge war bei der Trauung zugegen. Die vier jungen Leute in hochzeitlich prächtiger Kleidung schwangen sich auf die Trapeze. Der Standesbeamte klomm zu seinem hohen Sitze empor, und als er vor den beiden Paaren stand, die auf den Recken saßen, vollzog er die feierliche Hand lung. Als die jungen Eheleuie sich dann herunterließen, wurden sie mit Reis beworfen und wenige Minuten darauf führten die glück lichen jungen Frauen ihre Trapeznummer im Verlaufe der Vorstellung ans. Einer der verwegensten Näuberstreiche, die jemals in Chicago begangen wurden, ist in einem großen Schuhwarengeschäft in unmittel barer Nähe der Hauptpolizei ausgeführt worden. Drei mit Revolvern bewaffnete Männer be traten den Laden, in dem 18 Käufer und sechs Verkäufer anwesend waren. Einer der drei befahl den Anwesenden sich bei Vermeidung der Todesgefahr mit dem Gesicht zur Wand umzu drehen und die Hände hochzuhalten. Alle ge horchten ohne Widerrede, und die Räuber Jaid zu machen. Er folgte mit einem andern Offizier der Fährte des Löwen, als dieser plötzlich aus einem Gras- und Dornendickicht hervorkam und nur ungefähr 20 Meter entfernt vor ihnen stand. Der den Major begleitende Offizier feuerte, verwundete das Tier aber nur, das jetzt gerade auf die beiden Jäger losging. Diese versuchten, dem Ansprung des Löwen seitwärts auszuweichen, Major Ewing ver wickelte sich jedoch mit dem Fuß im Grase und fiel hin, wobei er sein Gewehr verlor. Im nächsten Augenblick stand der Löwe über ihm, riß ihm mit einem Schlage die Schenkel auf und zerfleischte ihn furchtbar. Der Begleiter des Majors feuerte mehrere Schüsse auf den Löwen ab, den er aber erst mit dem vierten Treffer tötete, jedoch zu spät, um den Major zu retten, der fünf Stunden später unter furchtbaren Schmerzen starb. Liaujang, Hauptquartier des russischen GberbefehlshabersUuropatkin. Eine äußerst interessante Terrainkarte sind wir in der Lage, heute veröffentlichen zu können. Die selbe stellt dasjenige Gebiet aus der Vogelschau dar, wo die Entscheidung zwilchen Kuropatkin und den Japanern fallen soll. Noch ist nämlich Kuropatkin, die Hoffnung der Russen, unbesiegt. Ganz Ruß land ist, wie man weiß, davon überzeugt, daß er der beste Feldherr ist, dem der Zar den Oberbefehl über seine ostasiatischen Truppen geben konnte. Ein Steg oder eine Niederlage Kuropatkins muß also geradezu als die Entscheidung im russisch-japanischen Kriege angesehen werden. Liaujana ist nun der Hauptstützpunkt der Russen. Hier sollen sie sich mit den Japanern messen. Auf unserer Karte sehen wir nun in der Mitte die vielgenannte Stadt. Im Norden führen Straße und Eisenbahn nach Mulden, an welchem Ort sich ein zweites Heerlager der Russen befindet. Südlich führen die Straßen nach Haichenh und Niutschwang, wo hin ebenfalls russische Truppen vorgeschoben worden sind. Im Vordergründe erbebt sich ein mächtiges Gebirge, über welches ein Paß führt, den schon die Chinesen als einen wichtigen strategischen Punkt anerkannt haben. Auf alle Fälle bildet diese Karte eine wertvolle Unterstützung zur Orientierung der Leser bei den bevorstehenden Entscheidungskämpfen. leerten darauf die Ladenkafle, die gegen 500 Dollar enthielt. Sie wollten sich eben daran machen, auch die Taschen der Kunden ouszu- plündern, als ein vor der Tür stehender Spieß geselle ihnen ein Warnungszeichen gab, worauf sie alle schleunigst verschwanden. Einen furchtbaren Tod im Kampfe mit einem Löwen fand im «somalilande der englische Major Ewing. Der Major hatte gehört, daß ein Mann und ein Pony von einem Löwen getötet worden waren, nnd ging ins Feld, um auf das Raubtier 6ericktskaUe. Köln. Das hiesige Schöffengericht hatte die Frau eines Schuhmachers aus Köln-Ehrenfeld von der Beschuldigung des Betruges in einer großen Anzahl von Fällen freigesvrochen. Die Staats anwaltschaft meldete Berufung gegen diese Ent scheidung an, und so kam die Angelegenheit vor die Strafkammer. Es handelte sich um Spiritismus. Die Angeklagte hielt in ihrer Wohnung täglich Sitzungen ab und zitierte Geister, die auch, wie eins Anzahl Zeugen und Zeuginnen angaben, wirklich erschienen. Nach der Aussage ihrer Kunden und Kundinnen unterhielten sie sich bei der Angeklagten oft stundenlang mit den Seelen ihrer verstorbenen Anverwandten. Dafür legten die Kunden der Frau meisten« als Geschenk 50 Pf. hin. Nach der Anklage lag darin, daß die Frau angeblich Geister zitierte und dafür Geld annahm, die Vorspiegelung einer falschen Tatsache. Die Angeklagte erklärte in der Verhand lung feierlich, daß sie an die Zitierung der Geister fest und bestimmt glaube. Die Geister erschienen auf Rusen und antworteten auf Klopfen nach dem Alphabet, Buchstabe für Buchstabe, bis die Antwort erteilt worden sei. Man müsse nur Geduld und vor allem Vertrauen zu der Sache und den abgestorbenen Seelen haben. Die Hände müßten auf dem Tische liegen, der dann klopfe. Die Sache wurde lebhaft besprochen und kam so zur Kenntnis des Kriminalkommissars Land schulz, der die Frau aufsuchte. Er bat sie, den Geist seines Vaters herbeizurufen, aber obschon die weise Frau unermüdlich und mit riesiger Ausdauer klopfte, entdeckte man in ihrem Zimmer keine Spur von Geistern. Sonst entdeckte der Beamte aber nichts Verdächtiges, auch nicht, daß das Klopfen etwa durch ein verkürztes Tischbein verursacht wurde. Die An geklagte gab in der Verhandlung an, ein höheres Wesen, mit dem sie verkehre, der Erzengel Gabriel, habe ihr geraten, den Rechtsanwalt Dr. Schreiber als Ver teidiger zu wählen, und dieser hatte dem Wunsche entsprochen. Die meisten Geisterseher, die als Zeugen vernomnien wurden, waren Frauen und junge Mädchen, aber auch Männer zeigten sich besonders überzeugt und verfochten fast fanatisch ihren Glauben an den Spiritismus. Ein Zeuge wollte sogar mit Geistern verkehrt haben, die schon vor mehr als 1000 Jahren dahin gegangen sind, von wo keine Wiederkehr ist, und auf seinen Wunsch rief die Angeklagte die Geister von Goethe, Schiller und Pfarrer Kneipp, mit denen er gesprochen haben will. Der Staatsanwaltschaftsrat Harder stellte den Antrag, die Berufung der Staats anwaltschaft zu verwerfen, da die Zeugen erklärt hätten, sie würden der Frau für ihre Mühewaltung und Zeitverlust auch dann die halbe Mark gegeben haben, wenn sie geahnt oder gewußt hätten, daß alles nicht wahr sei. Der Verteidiger beantragte ebenfalls die Bestätigung des ersten sreisprechenden Urteils, die dann auch erfolgte. Ulm. Einen Ulmer Bilse hatte der frühere Redakteur der ,Ulmer Zeitung', Schönfelder, den früheren Oberst im 14. Feld - Artillerie - Regiment, Hügcr, der eine militärische Broschüre herausgegeben hat, genannt. Der Redakteur wurde deshalb dom Schöffengericht wegen Beleidigung deS Obersten zu 20 Mk. Geldstrafe verurteilt. Das Gericht ging in seiner Urteilsbegründung davon aus, daß Bilse als der Typus eines Mannes aufzufaffen sei, der die in militärischen Kreisen herrschende Abgeschlossenheit und Vertraulichkeit geflissentlich mißbraucht habe, um die Skandalsucht zu besriedigen. Kuntes Allerlei. Die Zeitung als Wärmröyre. Fräulein Hanna Engelken berichtet in den ,Blättern für Volksgesundheitspflege': „Man kocht die Speisen an in Töpfen, deren Deckel gut schließen und deren Griffe nach unten zu legen find. Dann stellt man den Topf vom Feuer schnell auf sechs Bogen Zeitungen, schlägt sofort das oberste Blatt so dicht wie möglich auf allen Seiten um den Topf und dreht das überstehende Papier zu einem Knoten zusammen. Ebenso verfährt man mit den übrigen fünf Bogen. Dieser sechsfache Papiermantel, dessen Knoten man noch mit Bindfaden sichern kann, wirkt als vor zügliches Wärmezurückhaltungsmittel; Reis, Hülsenfrüchte, Gemüse, Schmor- und Kochfleisch, Puddings usw. schmoren stundenlang darin weiter; in drei Stunden sinkt die Wärme viel leicht nur von 100 auf 75 Grad Celsius." Der htneingelegte Redakteur. Viel be lacht wird in London der Neinfall des Redak teurs einer Zeitschrift für Geflügelzucht, der vor einigen Tagen ein fettes junges.Huhn ohne Begleitschrift erhielt. Er nahm daher an, daß irgend ein dankbarer Leser ihm auf diese ver nünftige Weise seine Anerkennung hatte aus drücken wollen, nahm das Huhn nach Hause und ließ es sich wohlschmecken. Am andern Morgen war er jedoch unangenehm überrascht, als er einen Brief folgenden Inhalts erhielt: „Geehrter Herr Redakteur! Ich sandte Ihnen gestern ein totes junges Huhn, um eine darüber hier entstandene Meinungsverschiedenheit zum Aus trage zu bringen. Wollen Sie freundlichst fest- stellen,worandasTiergestorbenist?" (Fortsetzung folgt., „Wenn du das Leben mit idealen Augen an> sehen willst, tue es meinetwegen, ich will es dir gewiß nicht wehren. Aber ein Unsinn ist es in dieser Welt, nicht nach Vernunftgründen zu handeln. Weit wirft du mit deinen Idealen nicht kommen." „Du tust wirklich, als wärest du eine Ma trone, Kind, und hättest schon die größten Er fahrungen hinter dir," sagte Berko lächelnd zu seiner jungen Frau. „Wer das Leben mit idealen Augen ansieht, für den ist dasselbe jedenfalls tausendmal reicher und schöner, als für diejenigen, deren Gedanken sich nur in den trüben Schichten der Alltäglichkeit bewegen." „Wohl wie meine Gedanken," sagte Lucie ärgerlich, „die sich notwendig jetzt auf Küche nnd Speisekammer richten müssen. Tauscht eure idealen Lebensanschauungen nur ungestört noch weiter aus, ich werde unterdes für euer leibliches Wohl sorgen. Schade, daß dein Freund Hoff nicht noch zugegen ist, der ist auch bisweilen ein solcher Schwärmer. Ihm hätte ich es zugetraut, daß er sogar eine Ehe aus idealer Liebe schließen könnte, aber da hat er sich denn doch vorgesehen; denn daß der Reich tum seiner Bram ihn mehr angezogen hat, als ihre sonsügenReize, unterliegt wohl keinemZweifel." Mit diesen Worten rauschte die junge Frau zur Tür hinaus. Ihr Gatte sah ihr finster nach, und dann ruhte sein Blick auf Hannas schönem, aber jetzt erregtem Gesicht, und vor seinen geistigen Augen stand plötzlich dos Antlitz seines Freundes Hoff, der ja nun täglich im Hause des Kommerzienrats Berg mit Hanna zusammen kommen würde. „Beide find jung, selben Stunde wie in Bergs Hause auch an dem Berkoschen Frühstückstisch besprochen. Die Frau Amtsrichter war sehr stolz auf ihr diplomatisches Talent am vergangenen Abend. „Ja, der Kommerzienrat ist ein Kenner; ich wette, er hat noch ganz andre Zukunftspläne für dich, Hanna," scherzte fie. „Paß auf, wenn Elvira erst aus dem Hause ist, rückt er mit einem Heiratsantrag hervor." „Aber Lucie!" rief der Amtsrichter ärgerlich, „daß Ihr Frauen es doch nie lassen könnt, Heiratspläne zu schmieden!" „Mein Gott, was willst du? Kommerzienrat Berg ist Witwer und braucht schließlich eine Frau für sein Haus und seine jüngeren Kinder. Er ist auch noch ein ganz stattlicher Mann und sehr reich. Die beiden kleinen Mädchen Nanny und Lilly sind ganz gutgeartete Kinder. Hanna wäre ja töricht, wenn sie einen solchen günstigen Heiratsantrag, falls er kommen sollte, von der Hand wiese." ltber Hannas blühendes Gesicht hatte sich eine fahle Blässe bei diesen Worten gelegt und die Kaffeetasse klirrte in ihren Händen. „Du meinst, ein armes Mädchen, wie ich es ja nun bin, habe kein Anrecht mehr an die schönen Vorrechte der Jugend, das Leben noch mit idealen Augen anzusehen?" wandte fie sich mit zürnenden Blicken an Lucie. „Das darf nur noch daran denken, wie es sich am besten versorgt!" „Gott im Himmel, wie kannst du meine harmlose Äußerung gleich so tragisch nehmen, Hanna!" rief die Frau Amtsrichter erregt aus. mich aber zu ihr stellen soll, weiß, ich wirktich nicht." „Nun, eine etwas andre Stellung wie dem Fiäulein Culon wirst du ihr wohl in unserem .Hause einräumen müsse," erwiderte der Kom merzienrat mit hochgezogenen Brauen, „Fräu lein Delio ist deine Freundin, ist jung und hübsch und hochgebildet, lauter Eigenschaften, die immerhin berücksichtigt werden müssen." „Bei einer Gouvernante find das eigentlich etwas unbequeme Eigenschaften," sagte Elvira, besann sich al,^ darauf, daß es sehr geraten sei, ihren Vater bei guter Laune zu erhalten, eingedenk ihrer sehr kostspieligen Toilettenrech nungen, deren Bezahlung sie dem Vater in den nächsten Tagen abzuschmeicheln gedachte. „Ich werde ja hoffentlich bald meine eigene Häuslichkeit haben," lenkte sie also ein, .und wenn ich dann nicht mehr im Hause bin, ist es jedenfalls für dich angenehmer, wieder eine Dame im Hause zu haben, die Nanny und Lilly erziehen und das Haus repräsen tieren kann, du wirst mich dann weniger ver missen." „Da hast du recht, Mädchen, und ich kann cs offen gestehen, eine junge Dame, die meiner nun bald in den Ehestand tretenden Tochter an Alter und Lebenslust gleicht, ist mir als Vorsteherin meines Hauswesens zehnmal lieber als eine alte Jungfer. Hübsche junge Gesichter habe ich immer mein lebenlang gern gesehen; in so rin Paar junge, lebensfrohe Augen zu schauen, hat immer etwas Erquickliches für mich ge- Habt." Das Engagement Hannas wurde zu der schön und ideal angelegt," dachte Berko, „und ist die Umgebung auch noch so materiell, irgend wo schlummert doch die Romantik mit ihren dunklen Märchenaugen, und wo kecke Menschen kinder ihren Schlummer stören, da verwirrt sie neckisch deren Lebenspfad, und nicht immer finden sich solche Menschen dann wieder zurück auf die glatten Bahnen der Alltäglichkeit." Hanna hatte sich jetzt auch vom Frühstücks tisch erhoben. „Ich möchte meinen Eltern doch sofort schreiben, daß ich schon eine Stelle habe," sagte sie. „Ich denke, es wird ihnen Freude machen." Berko räumte ihr einen Platz an seinem Schreibtische ein. „An Luciens Schreibtisch würden Sie doch weder Feder noch Tinte finden," meinte er lächelnd und empfahl sich dann, um nach dem Gericht zu gehen. Unterwegs traf er Hoff. „Weißt du schon, daß dein künftiger Schwiegervater Hanna Delio als Gouvernante an Stelle des kranken Fräu leins Culon engagiert hat?" fragte er ihn. Hoff riß die Augen weit auf. „Hanna Delio!? Ach so, ich vergaß ganz, daß sie Gouvernante ist. Sie hat ihr Examen als Lehrerin gemacht und ist arm, natürlich muß sie da Gouvernante werden, das ist ja das LoS der armen, gebildeten Damen hier auf Erden. Übrigens kannst du mir gratulieren, Berko, ich habe den Prozeß der Köhlerschen Erben glück lich durchgesochten, meine Praxis als Rechts anwalt wird sich dadurch bedeutend vermehren. Ich hätte mich wohl am Ende nicht so zu über stürzen brauchen, die reiche Braut zu freien."