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Ottendorfer Zeitung. Die „Vttenbsrfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Lonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag <o Uhr. Inserate werden mit ;o Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderen» Tarts. Druck unö Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 60. Freitag, den 20. Mai 1904. 3. Jahrgang. Donnerstag, den 19. Mai 1904, abends Uhr öffentliche Gemeinderatsfrtzuug. Ottendorf-Moritzdorf, am l8. Mai 1904. Der Gemeindevorstand. Sertliches und Sächsisches. Ottendorf-Vkrilla, H. Mai 1804. — Der von Ceifersdorf nach Grünberg führende Kommunikationsweg wnd in der Flur Seifersdorf wegen Massenschüttung vom 24. bis 26. Mai dsg. Js. für den öffentlichen Verkehr gesperrt. — Unterschied zwischen Pfingst- und Neu jahrskarten. Für die Versendung von Pfingst- grüßen durch die Post läßt die Kaiserliche Ober postdirektion Berlin darauf aufmerksam machen, daß Widmungen, wie sie auf Weihnacht«- und Neujahrskarten hinzugefügt werden können, bei Pfingstkarten nicht zulässig sind, sofern sie gegen die Trucksachentaxe befördert werden sollen. Gemeint sind Zusätze wie „Herrn N. zur freund lichen Erinnerung!". Handschriftliche Zusätze wie „mit herzlichem Gruß", „es grüßt bestens" usw. sind auch an Weihnachten und Neujahr nicht zulässig. Dagegen können ans gedruckten Visitenkarten mit höchstens fünf Worten o er mit den üblichen Anfangsbuchstaben wie „p. f." oder „u. G. z- w." Glückwünsche, Danksagungen oder andereHöflichkeitSsormen hinzugefügt werden. Diese Worte müßen aber in allgemein ver ständlichen Schristzeichen geschrieben sein. Ste. nographische Zeichen sind zum Beispiel nicht hierzu zu rechnen. Bei anderen Drucksachen, insbesondere bei Ansichtskarten als Drucksachen sind solche Zusätze nicht gestattet. Von der Beförderung gegen das Drucksachenporto sind ausgeschlossen die in den Handel gebrachten Karten mit Fächern, kleinen Papierlaterncn, jetzt auch mit Käfern usw. Es liegt im eigensten Interesse der Absender bei dem gesteigerten Briesverkehr zu Pfingsten auf eine möglichst genaue sorgfältige Abschaffung der Aufschrift ihrer Briefsendung Wert zu legen. Auf Brief, n und Karten nachBerlin sollen außer der Wohnung de« Empfängers auch der Postbezirk und die Nummerr der bestellenden Postanstalt angegeben werden, zum Beispiel Herrn Adolf Müller in Berlin 6, Albrecht- Straße 6, 3 Treppen. Es empfiehlt sich, daß der Absender seinen Namen und Wohnung auf der Außenseite der Briefe angibt, damit die Sendung ihm ohne weiteres zurückgegeben werden kann, falls sie unbestellbar sein sollte. Bei Postkarten geschieht dies am besten links auf der Vorderseite auf dem dafür im Vordruck freigelassenen Naum. — Die Verhandlungen der deutschen und österreichischen Kommission in Sachen des deutsch- österreichischen Handelsvertrages werden in Dresden stattfinden. Lommnitz. In der Nacht zur Mittwoch entstand in der dem Gutsauszügler Haase ge hörigen Wirtschaft, welche von dem auswärts in Arbeit stehenden Emil Gärtner nebst dessen 84jährigen Schwiegervater Zumpe bewirtschaftet wird, auf bis sitzt noch unaufgeklärte Ui fache ein Schadenfeuer, welchem bedauernswerter Weise auch zwei Menschenleben zum Opfer fielen. Es verbrannten der in der Wohnstube schlafende 84jährige Zumpe, welcher aller Wahrscheinlichkeit nach im Begriff gewesen ist, sich anzuziehen, aber von dem entstand nen Rauch betäubt umgesunken und das bi/zjährige Söhnchen des Pächters Gärtner, welches die Mutter aus der im Obergeschoß befindlichen Schlafstube nut in die Wohnstube herunter gebracht und auf das Sofa gesetzt halte. Die Frau eilte unterdcß, da sich ihr Mann aus wärts in Arbeit befindet, in den Stall, um das Vnh loszumachen, welches ihr auch gelang, jedoch war es derselben unmöglich, du das Dach zusammcnbcach, bis in die Wohnstube wieder vorzudringen und mußte sie sich durch eine Hintertür ins Freie retten, wobei sie noch ganz erhebliche Brandwunden erlitt. Der kleine Knabe hatte sich zu seinem Großvater geflüchtet und wurde am Mittwoch Nachmittag unter dem Bett desselben aufgefunden. Nur der Frau und dem etwa 12jährigen Sohne war es möglich gewesen, fast obne jede Be kleidung das Leben retten. Sämtliches Haus- und WirlschastSgeräte, 2 Kühe, 1 Kalb, 2 Schweine, Ziegen und Federvieh, überhaupt alles was die Familie besaß, wurde ein Raub der Flammen. Durch das entstandene Flug feuer und die große Hitze geriet die in der Nähe stehende massive Scheune des Besitzers Funke, sowie das mit Stroh bedeckte Wohnhaus des Wirtschastsbesitzers Kretzschmar in Flammen und brannten dieselben trotz der unterdeß zahl reich herbeigeeilten auswärtigen Wehren voll ständig nieder. Dresden. Gestern Vormittag fuhr in der König Johann-Straße ein Radfahrer in einen elektrischen Wagen hinein. Der sehr schwer verletzte Radfahrer, ein Fremder, mußte sofort ins Krankenhaus überführt werden. — lieber die „Bahnhofs-Mission" wurden heute im hiesigen Gastwirtsverein lebhafte Klagen laut Es wurde behauptet, daß vielfach auf den Bahnhöfen ankommende junge Mädchen, die hier in Dienst gehen wollen und bereits Stellung angenommen haben, durch die Send boten der Mission veranlaßt werden, Dienste in Gasthöfen w- nicht anzunehmen. Bei dem Mangel an Dienstboten in den großen Städten würden ganz besonders die Gastwirte durch ein solches Vorgehen unangenehm getroffen. — Am 12, Mai abends gegen 9 Uhr hat ein in Vorstadt Gruna wohnhafter Arbeiter seiner Ehefrau durch unvorsichtiges Umgehen mit einem Revolver eine derartige Verletzung am Kopfe beigebracht, daß sich die Ueberführung der Frau in das hiesige Johannstädter Kranken haus notwendig machte. — Am 7. Mai zog sich ein Privatbeamter durch einen Sturz von seinem Zweirade eine Kopfverletzung zu. Durch nachlässige Behandlung derselben verschlimmerte sich sein Zustand der artig, daß er drei Tage darauf mittels Siech- korbes in das Johannstädter Krankenhaus ge bracht werden mußte, in dem er vorgestern in folge hinzugekommenen Rotlauf und Zitter- Jrrsinnö verstorben ist. — Der Umgebung eines in der Hechtstraße bei seinen Eltern wohnhaften und in einem Uhren- und Goldwarengeschäft am See in Stellung befindlichen 19jährigen Kaufmanns war es ausgefallen, daß dieser viel Geld auf gehen ließ und seine Geliebte, sowie Angehörige von ihm viel Schmucksachen trugen. Die angestellten kriminalpolizeilichen EröterUngen haben ergeben, daß der junge Mensch, der das volle Vertrauen seines Prinzipals genoß, diesem schon seit langer Zeit fortgesetzt Uhren, Ringe, Ketien und der gleichen Schucksachen entwendet hat, die er seinen Angehörigen schenkte und die auch teilweise von seiner Mutter verkauft worden sind. Für über 200 Mk Goldwaren wurden in der betreffenden Wohnung noch vorgefunden. Es stellte sich dabei auch heraus, daß der junge Mensch vor längerer Zeit seinem Prinzipal einen Geldbrief mit bedeutendem I halt gestohlen hat. — Pferdeausstellungslo terie. Die am Montag stattgefundene Lotterie der Pfcrde- ausstellung ist für ungültig erklärt worden. Der Grund dazu soll in einem Formfehler zu suchen sein, der während der Ziehung vorge kommen ist und erst später bemerkt wurde. Seitens des aussichiführenden Rechtsanwalts wurde daraufhin die Ziehung für ungültig er klärt und eine wue Ziehung anberaumt. Sie wird voraussichtlich amDonnerötag, den 1». Mai, vormittags im Ausstellungsgebäude vor sich gehen. Die verkauften Lose behalten selbstver ständlich ihre Gültigkeit. Radebeul. Von dem abends 6 Uhr 3b Minuten von Radeburg nach hier ver kehrenden Personenzuge ist am Montag kurz hinter der Haltestelle Moritzburg-Eisenberg ein Personenwagen infolge Herabfallens beziehungs weise Lösens eines Bremsgehänges mit der Vorderachse entgleist. Glücklicherweise hatte der Unfall keinerlei nachteilige Folgen. Radeburg. Die hiesige über 450 Jahre alte priv. Bürgerschützengesellschaft rüstet sich wieder, um ihr diesjähriges Königs- und Pfingstschießen in althergebrachter Weise abzu- halten. Bei dieser Gelegenheit wird zu dem am zweiten Feiertage nachmittags 3 Uhr statt findenden Festzuge nach dem Schießhause eine alte Fahne, die seit 251 Jahren im Besitze der Gesellschaft ist, mitgeführt werden. Diese alte treue Begleiterin unserer Gesellschaft war vom Zahn der Zeit stark mitgenommen, ist aber nun in der Fahnenfabrik von Robert Träger in Pirna konserviert worden. Eisenberg-Moritzburg. Der Auf trieb auf dem am 13. Mai hier abgehaltenen Roß- und Viehmarkte war sehr stark. Auf dem MnsterungSplatze befanden sich 507 Pferde, hauptsächlich mittlere Gebrauchstiere. Rinder waren 22 und Schweine 669 vorhanden. Es herrschte außerordentlich starker Verkehr, pracht volles Wetter und flotter Handel bei Pferden und Schweinen schon vom Morgen an. Königsbrück. Ein bei dem Luft schaukelbesitzer Nafe hier beschäftigter Arbeiter wollte sich gestern Nachmittag als besonderer Künstler produzieren. Er stellte sich in Ab wesenheit des Schaukelbesitzers auf zwei dieser Lustkähne und schwang sich mit großer Kcaft in die Lüfte. Dabei aber verlor er das Gleich gewicht und stürzte kopfüber in die Tiefe, wo er verletzt liegen blieb und sofort in ärztliche Behandlung genommen werden mußte. Pirna. Ein Mordversuch wurde am Montag Abend in der 7. Stunde gegen eine hierselbst wohnhafte, von ihrem Ehemann ge trennt lebende Frau durch ersteren unternommen. Der Unhold, der in Pobershau wohnhafte 36 Jahre alte Schuhmachergeselle Friedrich Otto Schönherr, war nach Pirna gekommen und hatte zur angegebenen Zeit seine am Kirchplatze wohnhafte Ghefrau aufgesucht, welcher er dann beim Erblicken mit den Worten ent gegentrat: „Jetzt habe ich Dich, jetzt erschieße ich Dich!" Gleichzeitig richtete er ein ge ladenes Doppelpistol auf die Frau und drückte ab. Nur durch den glücklichen Zufall, daß der mörderische Ehemann die Handhabung der Waffe, welche er sich erst gekauft, nicht genau kannte und die Hände derselben Nur in die sogen, erste Ruhe gestellt hatte, wurde das Losgehen des Schusses unmöglich und das unselige Vorhaben verhindert. Die HauS- besitzersehefrau Ryssel, bei welcher sich die mit dem Tod bedrohte Ehefrau des Täters in der Wohnung aufgchalten hatte, stürzte sich nun sofort auf letzteren und schlug ihm das Pistol aus der Hand. Um die Waffe entstand nun ein heißes Ringen zwischen den entsetzten Frauen und Schönherr; während dieses Kampfes rief die mit anwesende Tochter der Frau Ryssel nm Hilfe, worauf Schönherr alsbald durch einen hinzukommenden Schutzmann festgenommen wurde. Auf dem Wege zur Polizeiwache machte Schönherr gar kein Hehl daraus, daß cr die Absicht habe, seine Ehefrau zu erschießen. Vielmehr sprach er die Drohung aus, daß er seine Absicht später doch noch ausführen werde. Pirna. Gegen 200 Brieftauben wurden am Sonntag am hiesigen Bahnhofe in Frei heit gesetzt. Sie waren vom Brieftauben züchterverein „Eilbote" in Plauen i. V- in 12 Körben nach hier gesandt worden. Der Schwarm stieg sofort fast senkrecht in die Hohe und teilte sich dann zunächst in zwei Hälften. Die eine schlug die Richtung nach Prachwitz ein, während sich die andere südlich wandte, Später vereinigten sich die beiden Abteilungen aber wieder und schlugen dann gemeinsam die Richtung nach Plauen ein. Königstein. Zur hiesigen Konkurs- und Wechselfälschungsaffäre schreibt man dem „Pirn. Anz.": Die Firma Adolf Hickmann, Kommissions- und Speditionsgeschäft in König« stein, ist ebenfalls in Konkurs geraten. Der Inhaber ist der Bruder Robert Hickmanns, Adolf Hickmann. Ob auch hier Wechsel fälschungen vorliegen, ist bis jetzt noch nicht bekannt. Tie Wechselverbindlichkeiten der Firma C. E. Hickmann betragen weit über eine halbe Million Mark, wie hoch die Fälschungen sich belaufen, ist gleichfalls noch nicht festgestellt, doch steht fest daß dieselben von bedeutender Höhe sind. Das Fallissement der Firma wird noch eine ganze Reihe Konkurse im Gefolge haben. Rochlitz. Mit einem Revolver erschoß sich heute früh in der neunten Stunde in seiner Wohnung der etwa 65 Jahre alte Oekonom und Ziegelarbeiter Hermann Jakob hier, während seine Frau auf kurze Zeit die Wohnung ver laßen hatte. Jakob galt als ein wohlsituierter Mann. Leipzig. Ein großer Diebstahl ist am Dienstag abend in einer Wohnung in der Eisen bahnstraße in Leipzig - Volkmarsdorf verübt worden. Es wurde dabei eine hölzerne Schatulle gestohlen, in der sich befanden: ein Barbetrag von etwa 450 Mk., ein goldener Ring mit einem Brillanten, ein goldener Trauring, neun Sparkaffenbücher mit Einlagen von 10 bis 700 Mark und ein Kautionsschein über 1000 Mk. von der Gesellschaft „Urania" in Dresden, lautend auf den Namen Fr. Bracke. Baßlitz In der Nacht zum Montag gegen 3 Uhr brannte hier das Seitengebäude des Mühlenbesitzers Altmann vollständig nieder. Die Entstehungsursache ist nicht bekannt. Freiberg. An der deutschen Versuchs anstalt hat ein Offizierskursus begonnen, an dem 9 Herren (1 Oberst, 3 Oberstleutnants, 1 Major und 4 Hauptleute) teilnahmen. ES sind vertreten: Das preußische Kriegsministerium und die Bekleidungsämter zu Berlin, Danzig, Dresden, Hamburg, Königsberg i. Pr., Ludwigs burg und Magdeburg. Chemnitz. Die Direktion der Sparkaffe „Deutscher Konfirmandenfreund", die von der Firma Felix Pisters und Ko. geleitet wird, konnte in den letzten Tagen ihren Verpflichtungen gegenüber den Spareinlegern nicht mehr nach kommen und vertröstete die Leute bis zum 15. Mai. Die Behörde ließ am Mittwoch das Lokal schließen und versiegelte alles. Zwickau. Gestern früh wurde die allein wohnende 76 Jahre alte Handelsfrau Wutzler in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Die Leiche zeigte im Gesicht und Halse Verletzungen, die auf ein Verbrechen schließen lassen. Die Un tersuchung ist im Gange. Treuen i. V. Bei einem Spaziergänge durch den Pechtelsgrüner Wald wurde ein Arbeiter von einer Kreuzotter in die Hand gebissen. Ob wohl seine Ehefrau sofort die Wunde aussog, schwoll doch die Hand heftig an und der Mann verfiel in Starrkrampf. Inzwischen wirkte da» Gift auch bei der opfermutigen Frau, die wahr scheinlich eine offene Lippe hatte. Beide mußten ins Krankenhaus gebracht werden; befinden sich jetzt außer Lebensgefahr. Wermsdorf. Am Montag vormittag hat die Geschirrführers-Ehefrau Geßner hier ihre beiden Mädchen im Alter von 8 und 13 Fahren erdrosselt- Die Frau ist zur Be obachtung ihres Geisteszustandes in dieLandeS- Heilanstalt Hubertusburg eingeliefert worden. Lengenfeld. Im Staatsforstrevier un weit Börnichen bei Grünhainichen wurde am Sonntag früh ein böhmischer Arbeiter im Slraßengraben sterbend anfgefunden, er hotte im Gesicht vier Wunden und starb bald nach seiner Auffindung.