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Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends, Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Gttendorf-Okrilla mit Rioritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag zo Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 68. Sonntag, den 16. Mai 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Vkrilla, Mai 1SV4. — Am Himmelfahrtstage beging der Turn verein Ottendorf - Moritzdorf sein übliches Sommer-Anturnen in Form einer öffentlichen Turnstunde auf seinem Turnplätze im Gasthof „zum schwarzen Roß", der sich abends im Saale daselbst ein gemütliches Tänzchen anschloß. — Landtagsabgeordneter Günther-Plauen ist zum Vorsitzenden de« Landesvereins der freisinnigen Volkspartei im Königreich Sachsen gewählt worden. — Dem in die seinerzeitige unliebsame Bautzner Schlägerei-Affäre verwickelten Haupt mann und Kompagnie-Chef im 4. Infanterie- Regiment Nr. 103, Lindner, wurde laut K- S. Militär-Verordnungsblatt unterm 7. Mai der Abschied mit Pension bewilligt — Bei der I. Kammer ist folgender Antrag des Abgeordneten Dr. v. Frege-Weltzien und 22 anderen Abgeordneten zu demselben Kapitel eingegangen: Die Kammer wolle beschließen: die Königliche Staatsrcgierung zu ersuchen, im Bundesrate nachdrücklich dafür einzutretcn, daß bei künftigen Beratungen von Gesetzes vorlagen im Reichstage und bei Beschlußfassungen über dieselben: 1) feder Versuch, auf dem Gebiete der direkten Steuern in die Rechte der Einzelstaaten einzugreifen um Ausgabe vermehrungen mit ungedeckten Matrikular- beiträgen zu bestreiten, anstatt für Deckung durch ordentliche Reichsmittel zu sorgen seitens der verbündeten Regierungen zurückgewiesen werde; 2) hinsichtlich der Aufbringung der ver bündeten Regierungen jede Maßnahme, die den Anschein einer Stellungnahme gegen das System der indirekten Besteuerung erwecken könnte, ver mieden werde; 3) die hohe Zweite Kammer zum Beitritt zn dem Beschlusse aufzufordern. — Die Königl. Staatsregierung hat die mit Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß j.L., Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen - Koburg - Grtha und Schwarzburg- Sondershausen eingegangenen Staatsverträge Staatsverträge wegen Aufnahme von An gehörigen dieser Staaten in Königl. sächsischen Landesanstalten gekündigt. Dieser Schritt ist in Rücksicht auf die Tatsache geschehen, daß die vereinbarten Verpflegsätze nicht mehr den Ver hältnissen entsprechen. Außerdem haben die Vertragsstaaten Sachsen - Weimar, Sachsen- Meiningen, Sachsen-Koburg-Gotha und Schwarz burg-Sondershausen von ihren Verträgen keinen Gebrauch mehr gemacht und die Zahl der Pfleglinge aus Sachsen-Altenburg ist auf I, aus Schwarzburg-Rudolstadt ebenfalls auf 1 und aus Reuß j. L. auf 3 zurückgegangen. Nur die Zahl der Pfleglinge aus Neuß ä. L. ist von 39 auf 47 gestiegen. Eine Erneuerung des Staatsvertrages mit der Regierung des Herzogtum» Sachsen-Altenburg wegen Mit benutzung der Anstalt für sittlich gefährdete Kinder zu Bräunsdorf und mit der Regierung zu Reuß ä. L. wegen Benutzung der Korrek tions-Anstalten zu Grünhain und Sachsenburg und der Anstalt für sittlich gefährdete Kinder zu Bräunsdorf steht zu erwarten. In diese Verträge soll ein Passus ausgenommen werden, wonach die zu zahlenden Verpflegsätze der gegenwärtigen Höhe entsprechen und jede künftige Aenderung des regulativmäßigen Ver pfleglatzes die Aenderung der von den ge nannten Regierungen zu zahlenden Verpfleg- , sätze von selbst zur Folge haben soll. — Daß der Frühling seinen Einzug gehalten, zeigt sich in dem Tier- und Pflanzenreiche. Der Menschheit zur Freude und dem Schöpfer zur Ehre ist überall Leben und Regen. Unsere heiligste und vornehmste Pflicht ist es aber, die in unsern Schutz gestellten Geschöpfe zu pflegen und suchen zu erhalten. Unsers liebe Jugend kann in Schule und Haus, durch Wort und Schrift nicht renug ermahnt werden, Schmetter linge, Käfer, Amphibien nicht zu quäleu, sondern sich doch ihres Lebens freuen zu lasten, den Vögeln nicht nachzustellen, ihre lauschigen Plätzchen unberührt zu lasten und sie in jeglicher Weise suchen zu halten. Wir sind Schutz den Vögeln schuldig, denn traurig und öde wäre der sonnigste Frühlingstag ohne sie. Auch der größeren Zugtiere sei gedacht daß bei ihrer jetzigen größeren Arbeitsleistung sie gut gefüttert und getränkt werden. Letzteres gilt auch von dem Hof- und Zughunde. Die Stallungen sollen kühl, aber nicht zugig, und Hundehütten im Schatten sein. Dem Zugvieh gebe man bei großer Hitze gutsitzende Geschirre und schmiere öfters die Wogen. Auf Tierquälerei habe man ein wachsames Auge und erstatte bei den Behörden oder Geflügelzüchter- und Vogelschutz vereinen Anzeige. Dresden. Der Gesamtvorstand des Verbandes ächsischer Industrieller nahm in s iner am Montag hier abgehaltenen Versammlung Stellung zu der Begründung eines deutschen Arbeit geberbundes. Allseitig wurde zunächst bedauert, daß die Begründung eines allgemeinen Arbeit geberverbandes, unabhängig von jedem wirt- chaftöpolitischen Verein, als gescheitert ange sehen werden müsse, jedoch zugleich betont, daß der von der gesamten deutschen Industrie so lebhaft begrüßte Gedanke des Zusammenschlusses aller deutschen Arbeitgeber nicht an der mehr äußerlichen Frage des Vorranges dieses oder encs Verbandes scheitern dürfe. Der Vorstand wird daher der Aufforderung des Zentral verbandes deutscher Metallindustrieller zu er neuten Verhandlungen über die Bildung einer reien Vereinigung derjenigen Verbände, welche ich der Hauptstelle des Zentralverbandes deutscher Industrieller nicht direkt anschließen wollen, Folge leisten in der Hoffnung, daß ein Weg gefunden werde, um ein einheitliches Zusammen wirken aller deutschen Verbände in dieser Frage zu ermöglichen. Da ein Teil der Mit glieder des Verbandes Fachverbänden angehört, welche sich besonders der Streikabwehr widmen, so wurde ferner beschlosten, durch Rundfrage an die Mitglieder festzustellen, welcher Teil der Mitglieder einem hierfür tätigen Fachverband oder Arbeitgeberverband Noch nicht angehört, für welche Mitglieder alsdann der Verband sächsischer Industrieller die Vertretung auch in dieser Frage übernehmen würde. — Auf dem Wettiner Bahnhofe sind zwei Burschen von 14 und 16 Jahren ausgegriffen worden, welche mit Revolver, Infanterie-Seiten gewehr und einem Fleischermester bewaffnet waren und angaben, nach Amerika flüchten zu wollen da man sie beschuldige, eine strafbare Handlung begangen zu haben. Anderen gegen über hatten sie auch die Absicht kundgegeben, an dem japanisch-russischen Kriege teilzunehmen. In einem Briese an ihre Eltern haben sie jedoch zu erkennen gegeben, daß sie sich aus obigem Grunde das Leben Nehmen wollen. Der Jüngere ist seiner Mutter zugesührt worden, während der Aeltere wegen begangener Straftaten in Haft geblieben ist. — In der Person eines 19jährigen stellen losen Kellners und in der eines 24jährigen Monteurs sind diejenigen Diebe ermittelt und f.stgenommen worden, welche seit langer Zeit aus Hausfluren Fahrräder gestohlen und sie nach auswärts, Berlin, Elsterwerda und Großen hain verkauft haben. — Der Ausflugsverkehr am Donnerstag war ein reger, namentlich auf dem hiesigen Hauplbahnhofe. Von ihm wurden zur Ent lastung der Personenzüge 8 Sonderzüge ab gefertigt, von denen je 4 nach und von Tharandt und nach und von Pirna, verkehrten. Be deutend war auch der Besuch Rennplatzes bei Reick. Die dahin ebenfalls vom hiesigen Hauptbahnhofe abgefertigten zwei Sonderzüge wurden von über 1260 Personen benutzt. — Ein hier wohnhafter Apothekergehilfe hat mche>en Bäckern Flaschen mit Zwieback-Essenz im angeblichen Wette von 8 Mk. unter dem Vorwande für 6 Mk. verkauft, daß :r von hier fortziehen und daher die Ware gern ver- mifen wolle Es hat sich später herausgestellt, daß die Essenz ganz minderwärtig ist und die Abnehmer infolgedessen betrogen worden sind. — Maßnahmen gegen Hochwassergefahr. Im Auftrage des Königlichen Ministerium des Innern bereisen Herr Oberbaurat Göbel und sie Bauräte Grosch, Schmidt II und Lindig das Land, gegenwärtig die Regierungsbezirke Chemnitz und Zwickau, behufs Aufstellung eines Kostenplanes über die systematische Regulierung der Wasserläufe und die zur Abminderung der Hochwassergefahren erforderlichen Maßnahmen. — Der Selbstmord eines älteren Mannes der vor einigen Tagen von hier gemeldet wurde, ist bis jetzt nicht aufgeklärt worden. Da sich in den Kleidertaschen des Verstorbenen keine Papiere vorfanden, die seinen Namen und seine Herkunft enthielten und ihn auch 'onst niemand erkannt hat, so ist er jedenfalls zier ganz fremd gewesen. Seine Leiche ist daher an die Anatomie der Universität in Leipzig abgesandt worden. Radeburg. Mittwoch, den 18. Mai wird in Radeburg Roß- und Viehmarkt ab- gehaltcn. Wilsdruff. In der am Sonnabend ab gehaltenen Versammlung der Streikenden siieben die Stimmen, welche sich für Wieder aufnahme der Arbeit bereit erklärten, in der Minderheit. Auch die Holzarbeiter, die bisher in einzelnen Fabriken fortarbeiteten, haben sich zum Teil dem Ausstand angeschlossen. Meißen. Hier, wo 80 Kegelklubs be gehen, ist jetzt ein Lokalverband des sächsischen Keglerbundes gegründet worden- Aller Voraus- 'icht nach wird das 9. sachs. Bundeskegelfest 1905 in Meißen stattfinden. Oschatz Von besonderer, allgemein interessierender Bedeutung war in der gestrigen Sitzung des Bezirksausschusses der hiesigen königl. Amtshauptmannschaft die Behandlung einer Vorlage des Eisenbahnfiskus, der gegen seine Veranlagung zu den Gemcindeabgaben in Zschöllau für das Jahr 1903 Rekurs er hoben hat. Der Oschatzer Bahnhof liegt be kanntlich auf Zschöllauer Flur und hatte diese Gemeinde den Eisenbahnfiskus mit seinem Ge bäuden nach Maßgabe des Einkommensteuer gesetzes mit einem schätzungsweisen Einkommen von 3200 Mk. zu den Gemeindeabgaben herangezogen. Gegen die Höhe dieser Ab schätzung hat der Fiskus bisher nichts einge wendet, während er nun neuerdings die Ansicht vertritt, daß jene Abgaben nach dem Ver hältnis der Verzinsung der Staatshauptkasfen schulden zu den Nutzungen des Eisenbahnbe triebes zu zahlen sind, er sonach von der Ver anlagung die aus dem angeführten Verhältnis sich ergebenden 69 o/g abzuziehen berechtigt ist, mithin also nur 31 °/y seines Einkommens zu versteuern hat. Der Bezirksausschnß beschloß nach längerem Meinungsaustausche hierüber, den Rekurs zu verwerfen, da der Fiskus zu dem erwähnten Abzüge vom Einkommen nicht berechtigt wäre. Wie der Staat sich zu dieser Entschließung stellen wird, darauf kanu man mit Recht gespannt sein. Leipzig. Noch immer gehen die Wogen hoch bezüglich des durch Verfügung der königl. Kreishauptmannschaft zwangsweise beendeten Aerzte- und Krankenkastenstreites. Gegen diese Verfügung hat der Kastenvorstand beim königl. Ministerium Beschwerde erhoben und die Mit glieder wollen am Mittwoch in drei großen Versammlungen ebenfalls gegen dieselben protestieren. Man beabsichtigt, die früheren Aerzte gewissermaßen zu boykottieren, d. h. es wird die Parole ausgegeben, sich im Krank heitsfälle nur von den neuen Aerzten behandeln zu lasten. Ohne Zweifel wird diese Ordre be folgt werden, allein die Zeit und der oftmals dringende Bedarf wird sie bald durchlöchern. Um den früheren Aerzten nichts verdienen zu lasten, wird man voraussichtlich auch davon abgesehen, die freie Mitgliederfamilien- Be handlung sofort wieder einzuführen. Allein, wer krank wird, braucht doch ärztliche Hilfe, und dem Prinzip zuliebe wird er nicht für seine Familienmitglieder zahlen, wenn er die Behandlung aus Kaffenmitteln haben kann. — Obwohl^der Konflikt zwischen der Orts krankenkasse und den Aerzten formell beigelegt ist, dauert er tatsächlich und zwar in ver schärfter Tonart fort. Die Kaffe will sich nicht werfen lasten und hat gegen die Ver fügung der Oberaufsichtsbehörde Rekurs beim Ministerium des Innern eingelegt. Es fragt sich jedoch sehr, ob sie Glück damit hat, da nach Z 56 des Krankenversicherungsgesetzes die Verfügungen der höheren Verwaltungsbehörde endgültig ist. Die Kaffe behauptet, die Be fugnis der Kreishauptmannschaft beschränke sich darauf, weitere Aerzte zu beschaffen; alle An ordnungen, die sie dabei über die Organisation der Kaffe, sowie über das System der ärztlichen Versorgung getroffen habe, unterlägen nach Z 45 des angezogenen Gesetzes der gesetzlichen Anfechtung. Der Kaste wird voraussichtlich entgegengehalten werden, daß die "weitere Be schaffung von Aerzten", die eine dringende Notwendigkeit war, sich lediglich unter Annahme der ärztlichen Bedingungen ermöglichen ließ. — Der 25jäbrige Buchhändler und HandelS- hochschüler Friedländer, der in einem sogenannten „Grönländer" auf der Pleiße fuhr, stürzte in» Wasser und ertrank. Leipzig. In einer Sitzung, die Mittwoch im Buchgewerbehaus zwischen den Prinzipalen und Gehilfen des Schrislgießsrgewerbes stattfand, wurde die Beendigung des bald ein halbes Jahr währenden Streiks beschlossen. Die Gehilfen ließen sämtliche Forderungen fallen. Die Wiederaufnahme der Arbeit erfolgt auf grund eines neuen, gemeinsam beratenen Tarifs. Niederzwönitz. Einem Kleinknecht passierte dieser Tage das Malheur, daß er seine schöne silberne Uhr beim Reinigen des Schweinetrogs in diesen fallen ließ, ohne den Verlust gleich zu bemerken. Als er am andern Tage nach suchte, fanden sich nur noch Deckplatte und Zifferblatt vor, die ganzen „edlen Teile", das Werk, hatte sich das Borstenvieh schmecken lasten. Ob der Käufer des Schweines die Uhr mitbezahlen wird, ist fraglich. Klaffenbach. Von den drei verkommenen Burschen, die aus der Anstalt Bräunsdorf ent sprungen waren und auf der Landstraße am 9. Febr. d. I. den Schriftenhändler Kretschmar aus Reitzendorf bei Pillnitz erschlugen, haben je 14 Jahre Gefängnis, der ältere unter ihnen, ein gewisser Thiemig, vom Chemnitzer Schwur gericht 15 Jahren Zuchthaus erhalten. Obervogelgesang. Aus dem Zuge ge stürzt ist auf der Bodenbacher Linie in der Nähe von Obervogelgesang ein sechsjähriger Knabe. Das Kind hatte, während der Vater desselben sich mit einem Fahrgast unterhielt, an dem Türdrücker des Wagenabteils gespielt, bis schließlich die Tür aufging und der Knabe hinausstürzte. Zum Glücke ist der Zug wegen der unmittelbaren Nähe der Haltestelle schon in langsamerer Gangart gewesen, sodaß der Sturz des Kindes keine schweren Folgen hatte. Der Vorfall bildet aber eine Mahnung an alle Eltern, die Kinder strengstens von den Wagentüren fernzuhalten. Flöha. Gestern vormittag wurde auf der Bahnstrecke Flöha—ErdmannSdorf ein entsetzlich verstümmelter Leichnam, welchem Kopf, Hände und Beine gänzlich zerquetscht waren,aufgefunden. In dem Toten wurde der 15^/, Jahre alte Handelsschüler Ludwig Otto Heinrich Richard Lohr, hier wohnhaft, rekognosziert. Ob Selbst mord oder Unglücksfall vorliegt, ist noch nicht bekannt. Zwickau. Außer dem kommandierenden General Graf Vitzthum von Eckstädt traf am 12. Mai der Divisionskommandeur General leutnant Baste, Exzellenz, aus Chemnitz hier ein. Beide Generale und Generalmajor Clausen, hier, wohnen heute der Bataillons besichtigung bei,