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Ottendorfer Zeitung : 12.05.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190405122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040512
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040512
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-05
- Tag 1904-05-12
-
Monat
1904-05
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 12.05.1904
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polirilcke Kunälcbau. Ter russisch-japanische Krieg. *Die Meldung bestätigt sich, nach der die Nüssen auch ihre zweiteVerteidigungs- liuie hinter dem Jalu, Fönghwangt- scheng nach blutigem Kampfe haben räumen müssen. Port Arthur ist völlig ein- geschlossen und seit Freitag ohne Ver bindung mit der Außenwelt. Ihren nördlichsten Stützpunkt auf der Liautung-Halbinsel, Niut- s chwang, haben die Russen ebenfalls g e - räumt, nachdem sie zuvor die Befestigungs werke niedergelegt hatten. Außer in Port Arthur stehen auf Liautung keine russi schen Truppen mehr. Die Zusammen ziehung aller russischen Streitkräfte dürfte bei Mulden in der Mandschurei, der alten Residenz stadt des Kaisers von China, erfolgen. *übcr die tatsächliche Stärke der russischen Truppen, die in der Man dschurei und den benachbarten Gebieten jetzt verwendungsbereit find, gehen die Angaben immer noch weit auseinander. Der Vizekönig der chinesischen Provinz Schantung Juanschikai hat von Vertretern, die er zu diesem Zweck nach der Mandschurei gesandt hatte, über die russischen Truppen trügende Auskunft erhalten: In den drei Provinzen der Mandschurei stehen 12 000 Mann Kavallerie, 150 000 Mann Infanterie und 224 Geschütze; in Ostsibirien 5000 Mann Kavallerie, 20 000 Mann Infanterie und 92 Geschütze. *Der angebliche Ankauf von acht dem Norddeutschen Lloyd gehörigen Dampf schiffen durch Japan wird amtlich von Japan bestritten. Ein Ankauf deutscher Schiffe durch Japan habe überhaupt nicht statt- gefuuden. "Von diplomatischer Seite wird berichtet, daß trotz aller gegenteiligen Nachrichten Ruß land zur Verwendung der Schwarze Meer-Flotte in Ostasien entschlossen sei und dieselbe bereits in Kriegszustand setzen lasse. Bezüglich der Durchfahrt durch die Dardanellen sei eine Verständigung mit der Türkei erfolgt. (Die Verständigung mit der Türkei wird Rußland wenig nützen. Es fragt sich nur, ob England die Durch fahrt russischer Kriegsfahrzeuge durch die Dar danellen gestatten wird. Sehr wahrscheinlich ist es nicht, daß John Bull Rußland diesen Ge fallen tun wird.) * * * Der Herero-Aufstand. "Gouverneur Leutwein soll ernstlich entschlossen sein, nach Übergabe der Geschäfte an General v. Trotha nach Deutschland zu rück; »kehren. Die Deutschen in Süd westafrika erblicken in diesem Entschluß eine ernstliche Gefährdung der Interessen der Kolonie. Gerade das vermittelnde Entgegenkommen Leutweins gegenüber den Eingeborenen, das man in Berlin zu bemängeln scheint, hält die deutsche Herrschaft. Leutweins Abgang würde, so fürchtet man, den Abfall aller bisher treu gebliebenen Stämme, einschließlich derjenigen m Süden, bedeuten. Die Truppen verlören damit zugleich ihr unentbehrliches Treiber- und Wächterpersonal, das von uns trefflich bewaffnet ist; dieses Personal würde außerdem zu den verwegensten Taten gegen uns bereit sein. * Welche militärischen Aufgaben dem Generalleutnant v. Trotha hauptsächlich bevorstehen, das wird davon abhängen, ob sich an die Bekämpfung der Hereros ein Feld zug gegen die noch gar nicht unter deutscher Botmäßigkeit stehenden Ovambos anschlietzen wird. Wünschenswert wäre es, daß die Truppenstärke dazu benutzt werde, ganze Arbeit zu machen und die Verhältnisse im ganzen Schutzgebiete — soweit militärische Machtmittel dazu nötig sind — endgültig zu regeln. Die Ovambos sind auf 80 000 Köpfe zu schätzen. Sie sind jetzt erst in geringem Maße mit taug lichen Gewehren versehen, und ihr offenes, glattes Land würde, besonders in der guten Jahreszeit, die Kriegführung für europäische Truppen im Gegensatz zu der gegen die Hereros wesentlich erleichtern. * Wenn auch über Zahl und Art der V e r- stärkungen, die nach Südwestasrika abgehen sollen, endgültige Entschlüsse noch nicht gefaßt sind, so verlautet doch, wie der ,Berl. L.-A.' schreibt, in gut unterrichteten Kreisen, daß nunmehr in großem Maß stabe vorgegangen werden soll, um die Niederwerfung der aufständischen Eingeborenen sicher und möglichstbald zu erzwingen. Insbesondere wird versichert, daß eine erhebliche Vermehrung der berittenen Truppen geplant sei, so daß man wohl in der Annahme nicht sehlgehen wird, daß die Zahl der hinausziehenden Truppen 1500 Mann erheblich über steigen wird. * * Deutschland. * Zu dem Fernbleiben desGrafen Bülow von den Verhandlungen über die Kanalvorlage im Preuß. Abgeordneten hause schreibt die,Nordd. Allg. Ztg/: Es werde übersehen, daß Graf v. Bülow in den letzten Tagen durch die südwest afrikanischen Vorgänge stark in Anspruch ge nommen worden ist. Im übrigen bot auch der bisherige Gang der Verhandlungen dem Ministerpräsidenten keinen Anlaß zu per sönlichem Eingreifen. "Zur Errichtung einer bulgarischen diplomatischen Agentur in Berlin hat die deutsche Regierung ihre Einwilli gung erteilt. "Wie berichtet wird, hat der Deutsche Fleischerverband eine Eingabe wegen Aufstellung einer Reichsstatistik über die Schlach tungen an das Reichsamt des Innern ge richtet und damit einem Wunsche Ausdruck ge geben, der auch in der Deutschen Landwirtschaft geteilt wird. Als dritter im Bunde gesellt sich zur Fleischerei und Landwirtschaft die Gerberei. Der Zentralverein der Deutschen Lederindustrie hat schon vor einiger Zeit gleichfalls in einer Eingabe an das Reichsamt des Innern darauf aufmerksam gemacht, welchen Wert eine amtliche Statistik über die Schlachtung der Tiere für die verschiedensten Erwerbszweige haben würde und um die Einführung derselben gebeten., Nachdem inzwischen das Gesetz über die Fleisch beschau eingeführt ist, ist auch die Voraussetzung für die Durchführung einer solchen Statistik gegeben. "In deutschen Münzstätten sind im Monat April für 4 318 920 Mk. Doppelkronen und für 398 200 Mk. Kronen, beide auf Privatrechnung, für 1988 780 Mk. Fünfmarkstücke, für 1309 566 Mk. Zweimarkstücke und für 3560,65 Mk. Einpfennig stücke geprägt worden. Amerika. "Der Präsident von Peru, Cau - damo, der seit längerer Zeit erkrankt war, ist am Freitag in Lima gestorben. Asten. * Die Tibetaner setzen dem Vordringen der Engländer heftigen Wider stand entgegen, werden aber von diesen infolge ihrer schlechten Bewaffnung stets zurück geschlagen. So hat eine Abteilung der englischen Expedition am vergangenen Freitag 1500 Tibetaner unterhalb des Kharo-Passes an gegriffen und nach einem sechs st findigen Gefecht in die Flucht geschlagen. Die Engländer verloren 25 Tote und Ver wundete, darunter einen Offizier, die Tibetaner hingegen an 200. Aus ciern Aeickstage. Der Reichstag erledigte am 7. d. in zweiter Lesung die Finanzreformvorlage nach den Kom missionsbeschlüssen. Die Abgg. Richter <frs. Vp.) und Südekum ssoz.) sprachen gegen die Regierungs vorlage wie gegen die Kommissionsvorschläge. Schatz sekretär Frh. v. Stengel gab seiner Verwunderung Ausdruck über die Haltung der Freisinnigen Aolks- partei, die doch seinerzeit gegen die Franckcnsteinsche Klausel gestimmt hätte. Abg. Richter erwiderte, daß die Franckcnsteinsche Klausel damals die Brücke zur Annahme des neuen Zolltarifs bildete. Gegen die von der Kommission vorgcschlagene Resolution, die den Reichskanzler ersucht, dem Reichstage bald- tunlichst einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Maijchbomchsteucrrückoergülung auf eine ent ¬ sprechende Höhe herabgesetzt wird, sprachen die Abgg. Holtz und v. Kardorff (freikons.). Die Resolution wurde gegen die Stimmen der Rechten und National- liberalen angenommen. Am 9. d. tritt das Haus in die dritte Beratung des Gesetzentwurfes über Änderungen im Finanzwesen des Reiches (Lex Stengel) ein. In der Generaldiskussion erklärt Schatzsekcetär Frh. v. Stengel namens der verbündeten Regierungen, daß wegen Belastung der schwankenden Erträge der Stempelabgaben bei den Überweisungssteucrn sowie wegen Streichung des 8 3 des Gesetzentwurfes schwere Bedenken gegen die in zweiter Lesung beschlossenen Form des Ge setzes borlägen. Dennoch sehen aber die verbündeten Regierungen in diesen Beschlüssen des Reichstages die Grundlage für eine weitere Finanzreform und sind demnach bereit, ihre Zustimmung zu dieser Fassung zu geben. Nach kurzer Debatte wird die Finanzreform vorlage gegen die Stimmen der Freisinnigen und Sozialdemokraten in dritter Lesung angenommen. Sodann folgt die dritte Lesung des Reichs- haushaltsctats. Abg. Bebel (soz.) kommt auf die Äußerungen des Reichskanzlers über dis Stellung Deutschlands im europäischen Konzert zurück. Preßorgane aller Parteien stimmten darin überein, daß Deutschland in der Tat isoliert dastche. Aus dem Empfang des Kaisers durch das italienische Volk scheine hervorzu- gchen, daß Italien mehr Shmvathie für Frankreich als für Deutschland habe. Das Telegramm des Kaisers nach Petersburg „Rußlands Trauer ist auch Deutschlands Trauer" entspreche nicht den Stim mungen des deutschen Volkes, dessen Sympathien viel mehr auf feiten der Japaner als auf feiten der Rusten seien. Die Erklärung des Reichskanzlers, daß wir in der Mandschurei keine Interessen hätten, entspreche wohl nicht den Tatsachen. Wir hätten die Pflicht, uns von jeder Annexionspolitik fern zu halten, damit das Verlangen nach neuen Rüstungen schwinde und unsere Finanzpolitik auf eine bessere Grundlage gestellt werden kann. Unter der jetzigen Finanzpolitik leiden die Kulturaufgaben der Einzel staaten. So werde Jena, doch unstreitig eine der her vorragendsten Städte deutschen Geisteslebens, nur durch eine jährliche Unterstützung von 80 000 Mk. der Firma Zeiß unterhalten. Andere deutsche Universitäten be fänden sich in einer ähnlichen finanziellen Notlage. Redner geht dann ausführlich auf den Herero-Aufstand ein. Seine Voraussage, daß 50 Mtllivnen Mark nicht genügen würden, um sämtliche durch den Aufstand hervorgerufcnen Kosten zu decken, sei eingetroffen. Es sei zu bedauern, daß soviel Blut vergossen werden mußte, weil die Weißen dort so unmensch lich gehaust hätten. Redner sucht durch Verlesung von Briefen von Deutschen aus Südwestafrika den Beweis zu führen, daß die dort lebenden Deutschen allein die Schuld an dem Ausbruche des Aufstandes trügen. Reichskanzler Graf Bülow stellt den Inhalt des Telegrammes an den russischen Kaiser dahin richtig, daß Kaiser Wilhelm nur der warmen Teil nahme an dem schweren Unglücksfall Ausdruck ge geben habe. Er bedaure, daß die Presse das Unglück eines befreundeten Landes zum Gegenstand gehässiger Artikel gemacht habe. Darin sei keine Verletzung der Neutralität zu erblicken. Dagegen sei der offen ausgesprochene Wunsch nach einer Niederlage Rußlands eine Abweichung von der ehr lichen Loyalität, die Deutschland nach beiden Seiten einnehme. Herr Bebel habe auch die Lage in Süd westafrika kritisiert. Unseren Offizieren dort könne man keinen anderen Vorwurf machen, als daß sie ihr Leben zu rücksichtslos in die Schanze geschlagen hätten. Herr Bebel habe den Aus bruch des Ausstandes auf die Grausamkeit der Weißen zurückgesührt. Gewiß werde mancher sich unter dem Einfluß des Klimas zu Ausschreitungen haben hinreiben lasten. Das seien aber nur Aus nahmen gegenüber der großen Zahl von Lands leuten, die dort in Selbstzucht ihre harte Arbeit ver richteten. Den Missionaren könne er das Recht, als Ankläger oder Richter zu fungieren, nicht zugestehen. Zum Schluß rechtfertigt der Reichskanzler die mili tärischen Maßnahmen gegen die Hereros und fährt fort: Sparsamkeit, wo es sich um die Rettung so Vieler in Gefahr befindlicher Deutscher, um unser Ansehen und den militärischen Erfolg handelt, wäre in meinen Augen im höchsten Grace unangebracht, geradezu ein Verbrechen. Es sind denn auch genau so viele Truppen mit äußerster Beschleunigung nach Südwestafrika geschickt worden, als von uulitärischer Seite für notwendig erklärt und verlangt wurden. An diesem Standpunkte werden wir auch weiter fest- halten und hoffen dabei auf die Zustimmung dieses hohen Hauses. Was die Enlsenoung des General- leumants von Trotha betrifft, so ist der Sachver halt ein sehr einfacher. Ler jeüherige Leiter der militärischen- Operation, Oberst Leutwein, der ge zwungen rst, vielleicht in den Grenzgebieten zu operieren, kann nutzt gleichzeitig auch als Gouverneur in Windhoek sitzen. Der Abg. Bebel hat gemeint, daß in der Welt so viel Antipathie, so außerordentlich viel Neid und Haß gegen uns vorhanden wären. Ich bestreite, daß diese Antipathie in so hohem Grade vorhanden sein soll, wie es der Abg. Bebel behauptet. Wenn das aber wirklich zuträfe, so würde es nur ein Grund mehr sein, unsere Rüstungen so zu erhalten, daß wir allen Eventualitäten der Zukunft mit Ruhe entgcgcnsehcn können. Tenn ein anderes Mittel, unberechtigten Haß und Neid — und der Haß und Neid gegen uns sind unberechtigt, denn wir haben seit 33 Jahren eine eminent friedliche Politik ge macht — zu entwaffnen, als dadurch, daß man sein Schwert scharf erhält, ist noch nicht gesunden worden. Kolonialdirektor Stübel ergänzt die Rede des Reichskanzlers in bezug auf die südwestafrikanischen Vorgänge durch eine Reihe von Mitteilungen; dar unter befindet sich eine telegraphische Auskunft des Gouverneurs Leutwem, welche die vom Abg. Bebel im Reichstage wiederholt ausgestellten Behauptungen über angebliche Grausamkeiten Lügen straft. Für eine zivilisierte Kriegführung sei uns bisher Oberst Leutwein eine unbedingte Bürgschaft gewesen. Wir haben keinen Zweifel, daß auch Genera! v. Trotha in den Fuß stapfen des Obersten Leutwein wandeln wird. Nachdem noch die Abgg. Gamp und Arendt streik.) gegen Bebel polemisiert, wird der Spezialetat des Reichstages in dritter Lesung debattelos bewilligt) ebenso nach kurzer Debatte die Etats des Reichs kanzlers und des Auswärtigen Amtes. Beim Kolonialetat, und zwar bei den Ausgaben für das südwestasrikanische Schützgebiet, sind nach dem Beschlusse zweiter Lesung zu dem Ergänzungsetat zwei Millionen „zu Darlehen an Geschädigte sowie zu Hilfeleistungen an Bedürftige aus Anlaß der Verluste infolge des Eingeborenen- Aufstandes" eingestellt. Abg. Patzig (nat.-lib.) beantragt, im Dispositiv die Worte „an Bedürftige" zu streichen. Abg. Lattmann swirtsch. Vgg.) schließt sich dieser Bitte an, wünscht aber die Landgesellschaften vom Bezüge dieser Entschädigungen ausgeschlossen zu sehen. Kolonialdirektor Stübel: Wir müssen für den wirtschaftlichen Aufbau in der Kolonie die volle Arbeitskraft und -sreudigkeit der Ansiedler wiedcr- herstellen. Ach bin aber nicht in der Lage, namens der verbündeten Regierungen eine Erklärung über die Art und Weise der Verteilung abzugebcn. Be züglich der Lgndgesellschaften sei es" ja noch sehr zweifelhaft, ob überhaupt.-von ihrtr"Seite an das Kolonialamt Entschädigungsansprüche gestellt werden würden. ,, .. , . , Der Llntrag Patzig wixd abgelehnt. Der Etat für Südwestafrtkä und die Etats für Neu-Guinea, die Verwaltung der Karolinen, Palau- und Marianen-Inseln, für das Schutzgebiet Samoa und für das Schutzgebiet Kiautschou werden debatte los in dritter Lesung endgültig bewilligt. Darauf vertagt sich das Haus. Vr«uzNch«r zandtaa. Das Herrenhaus trat am Montag wieder zu einer Sitzung zusammen, in der zunächst einige Petitionen erörtert wurden und die Interpellation des Oberbürgermeisters Becker-Köln in betreff der Abänderung des Fleischbeschaugesetzes zur Verhand lung kam. Minister v. Podbielski erklärte namens des Staalsmiuisteriums, daß zur Zeit eine Vorlage bctr. Abänderung des Schlachtvieh- und Fleischbe schaugesetze» nicht beabsichtigt sei. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 7. d. Wies Landwirtschaftsminister v. Podbielski einen Angriff zurück, den der Redner der konservativen Fraktion gegen ihn richtete, weil die Novelle zum Jagdpolizeigesetz das Institut des Jagdvorstandes nicht vorsehe. In der folgenden Debatte sprach sich die Mehrzahl der Redner für eine Abänderung der Vorlage aus. Man überwies sie an eine Kommysion. Dasselbe Schicksal hatte der Entwurf eines Wild- schongesetzeS. Nach rascher Erledigung kleinerer Ent würfe trat das Haus in die Verhandlung der Tei lung des Oberlandesgerichts Köln durch Errichtung einer solchen in Düsseldorf ein. Gegenüber einer Kritik des Abg. Schölze-Pelkum skons.) trat Justiz minister Schönstedt enlschieden für die Vorlage ein. In der folgenden Debatte sprach Abg. Elchstadt streikons.) sür, der Abg. Trimborn (Ztr.) gegen die Vorlage. Das Abgeordnetenhaus überwies am Montag den Gesetzentwurf betr. Errichtung eines Ober- landcsgerichts in Düsseldorf einer. Kommission. Der Nachtragsetat, der drei Millionen für Wohlfahrts zwecke für die Eisenbahnbediensteten fordert, wurde in zweiter Beratung angenommen. Zum Schluß begründete noch Finanzminister Frh. b. Rheinbaben den Gesetzentwurf betr. die Bestrafung des Spiels in äußerpreußischen Lotterien und des Vertriebs von Losen solcher Lotterien. Hk Sine 6eläkeirat. 5j Erzählung von M. Tellmar. lForyetzun«.» „Gar. nicht," erwiderte Anna dem Haupt mann. Feodora hatte etwas Ätherisches, als wenn sie auf der Erde nicht recht zu Hause wäre. Olga aber gehört mitten ins Leben hinein." „Befehlen Sie weiß oder rot?" fragte Alfred und griff nach der Weißweinflasche, wäh rend Frau Anna „bitte, rot," sagte. „Ah, punckon, meine gnädigste Frau." Er verwendete auf das Einschränken große Sorgfalt, goß trotzdem das Glas zu voll und ließ einen Tropfen auf das Tischtuch fallen, korkte langsam die Flasche zu und bemerkte leichthin: „Fräulein Olga ist wohl zum Besuch hier?" „Vorläufig, ja, bei ihrer Tante," versetzte freundlich seine Nachbarin, indem sie ihr Glas geschickt bis an die Lippen balancierte. „Aber denken Sie nur, wie reizend," fügte sie hinzu und nippte so lange, bis sie das Glas ohne Gefahr wieder hinsetzen konnte. „Ja, wie reizend! Olgas Eltern wollen sich hier in der Nähe ankaufen. Es ist schon so gut wie ab gemacht, Buchenau, das Familiengut, das nach dem Tode des alten Grafen verkauft wird. Das Schloß soll wundervoll sein und der Park entzückend. Und wenn ich mir dazu die herr lichen Kunstsachen von Sedladczeks denke, und die Salon-Einrichtung von gelbem Damast mit Streusblumen. . ." „Sind denn Sedladczeks so reich?" fragte der Hauptmann und dreckte sich nach links um zu den Trümmern des Lachses, die ihm soeben präsentiert wurden. „Sehr reich," sagte Anna, während Alfred Majonaisensauce auf seinen Teller träufelte. „So, also wirklich?" meinte er. „Darf ich Sie wohl um das Salz bitten, meine gnä digste Frau?" „Wollen Sie nicht lieber erst kosten?" er mahnte Anna, indem sie gefällig nach dem Ver langten griff, „ich glaube, die Sauce ist salzig genug." „Ja, Sie haben recht, vollkommen salzig genug. — Und doch ist die kleine Olga so natürlich geblieben?" „Die kleine Olga! Das lassen Sie sie ja nicht hören. Olga hat einen ausgeprägten und ziemlich festen Charakter." „Trotz ihrer harmlosen Freude an den Kunst genüssen des heutigen Abends?" „Ja, wie können Sie denn wissen, ob sie sich an denen gefreut hat?" fragte Anna er staunt und sah den Hauptmann aufmerksam von der Seite an. „Ich habe Sie doch eben erst ihr vorgestellt, und Sie haben noch gar nicht Zeit gehabt, mit ihr zu reden." „Aber ich habe sie beobachtet," bekannte Alfred, „selbstverständlich ohne zu ahnen, wer sie ist. Und ich habe mir gewünscht, sie kennen zu lernen. — Es war ein solcher obarmo, ihr zuzusehen, wie das Spiel sie interessierte, und wie ihre schönen — wie ihre Augen immer größer wurden. Nein wirklich, meine gnädigste Frau, es war zu reizend. Da ist doch noch Natur, unverfälschte Natur!" Er hatte sich in eine ordentliche Begeiste rung hineingeredet, und Anna hatte nicht ver sucht, ihn zu unterbrechen. Sie hatte nur die Gabel hingelegt und keinen Blick von ihm ver wandt. Jetzt sagte sie mit mehr Nachdruck, als ihr sonst eigen war: „Hm, ja! Aber diese Natur gehört einem erklärten Weltkinde!" „Wie wäre das auch anders möglich!" be gütigte der Hauptmann. „Wenn man reich ist und hübsch und gefeiert! Aber ich bin über? zeugt, daß sich daraus etwas machen ließe." „So? meinen Sie? Was denn?" — „Daß sie sich bilden ließe und erziehen und veredeln und . . ." „Mit einem Worte: Heiraten!" unterbrach ihn Anna beinahe brüsk. „Ein alter Junggeselle muß sich dergleichen Scherze gefallen lassen, aber das ist Fall B, der nicht vorkommt," beteuerte der Hauptmann etwas betroffen und mit leisem Erröten. „Ich hatte nur so ein allgemeines Interesse daran. Es müßte eine schöne Aufgabe sein, diese natürliche Heiterkeit zu vertiefen, diesem harm losen Kinde Freude an edleren Genüssen beizu bringen. Glauben Sie nichr, daß dieser Versuch sehr lohnend wäre?" „Ich habe Ihnen schon einmal gesagt," ver setzte Frau Balder ernst, „daß Olga gar kein harmloses Kind ist. Das war sie schon vor fünf Jahren nicht, obgleich sie oft genug tolle Streiche machte und kindische Einfälle hatte. Ihr Trotzkopf aber regierte das ganze Haus, und selbst die engelsgute kranke Schwester litt unter dem Eigensinn der kleinen Tyrannin." „Dann muß man den Trotzkopf eben auch erziehen," sagte Alfred mit einem Lächeln, in dem die Vorahnung der geträumten Erfolge lag. „Mein lieber Freund," belehrte ihn Anna nachdenklich, „je bedeutender die Frauen sind, desto leichter lassen sie sich erziehen, und je un bedeutender, desto schwerer." „Das ist eine etwas gewagte Behauptung," warf der Hauptmann ihr vor, „und überdies — Sie wollen doch .nicht sagen, daß Fräulein Sedladczek unbedeutend ist?" „Sie hat ziemlich viel gelernt, weil ihre Eltern reich find. Und das Lernen ist ja eine brave und nützliche Anwendung von Geld und Zeit. — Eigenen Trieb, sich zu bilden, hat Olga, so viel ich weiß, nie gehabt, und ich glaube nicht, daß sie in sich zu verarbeiten imstande ist, was ihr von außen gebracht wird." „Nun, wir werden ja sehen," meinte Alfred etwas ungeduldig, „aber es ist eigentlich sonder bar, daß wir soviel über die fremde junge Dame gesprochen haben." Damit war der Übergang zu einem anderen Thema gegeben. „Ich will dir etwas prophezeien," sagte auf dem Nachhausewege, den sie trotz eines heftigen Schneetreibens zu Fuß zurücklegten, Frau Assessor Balder zu ihrem Gatten. „Doch nichts Schlimmes?" erkundigte sich dieser, indem er ihr sorglich über eine glatte Stelle hinweg half. „Wie man's nehmen will," erwiderte sie. „Gewöhnlich pflegt man das, was' uns bevor steht, ein frohes Ereignis zu nennen. Ich
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