Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 01.05.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190405018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-05
- Tag 1904-05-01
-
Monat
1904-05
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 01.05.1904
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
politische Kunälcbau. Der russisch-javanische Krieg. *Eine javanische Truvpen-Abteilung ver suchte am Mittwoch bei Widscku den Jalu zu überschreiten, wurde aber von den Russen zurückgeschlagen. *Die Befestigungswerke von Niu- tschwang find, wie aus Tientsin berichtet wird, in der Montag-Nacht von den Japanern beschossen worden. * Versuche, die von den Russen in Port Arthur mit Unterseebooten angestellt wurden, find angeblich glänzend gelungen. In dem Rayon herrscht Ruhe. * Uber den kurzen Besuch, den das russtscheWladiwostok-Geschwader im Hafen von Gensan abgestattet hat, werden noch verschiedene Einzelheiten gemeldet. Beim Erscheinen der Schiffe flohen die in der Stadt anwesenden Japaner, namentlich die Frauen und Kinder, ins Innere des Landes. Die Russen landeten eine Abteilung in Gensan, die jedoch bald wieder an Bord zurückkehrte, worauf das Geschwader aus dem Hafen ab- damvste. In Tokio ist man sehr besorgt, daß die Russen Transportschiffe und Handelsfahrzeuae in den koreanischen und japanischen Gewässern abfangen könnten. *Der Gesundheitszustand des Groß fürsten Kyrill soll besorgniserregend sein. Er fiebert stark, man befürchtet allgemein, daß die Nervenerschütterung andauern und in eine ernste Krankheit ausarten wird. Der Herero-Aufstand. * Unsere braven Truppen in Süd West afrika haben nun auch unter dem Klima zu leiden. Bei der Kolonne v. Glasenapp find 7 Todesfälle an Typhus vorgekommen und auch bei den M ari n e t ru p p e n in Otjihanena ist die Krankheit in bedenk lichem Umfange ausgebrochen. * Halbamtlich wird mitgeteilt, daß die Rückkehr des Oberst Dürr aus Südwest afrika aus Gesundheitsrücksichten erfolgt. * * Deutschland. *Der Kaiser ist unerwarteterweise am Mittwoch nachmittag von Venedig im Sonder zuge über Basel nach Schlcttstadt abgereist, wo er die H o h k ö ni g s b u r g besichtigte. *Nach einer'Meldung der Prager,Bohcmia' wird Kaiser Wilhelm an den in der Gegend von Stakonitz stattfindenden diesjährigen österreichischen Kaisermanövern teilnehmcn. * Das Kaiser-Kriegsgedenkblatt ist jetzt in farbiger Reproduktion fertiggestellt und wird den Hinterbliebenen der im Kriege gegen die Herero gefallenen deutschen Heeres angehörigen bereits übermittelt. Auf Anordnung des Reichsmarineamtes erfolgt die Überreichung persönlich durch den zuständigen Bezirks kommandenr. Uber die Verleihung wird stets erst verfügt, wenn für das Ableben des Sol daten ganz genaue amtliche Berichte in der Heimat eingetroffen find. * Der Gesundheitszustand des Posener Erz bischofs v. Stablewski soll sich derart Verschlimmert haben, daß er zu Besorg nissen Anlaß gibt. *Die Wahlprüfungskommission des Reichs tages hat die Wahl des radikalpolnischen Abg. Korfanty für Beuthen-Kattowitz-Zabrze zu beanstanden beschlossen. * Für Einführung einer deutschen E i n- heitspo st marke in Bayern trat in der bayrischen Kammer der Abgeordneten am Diens tag bei der Beratung des Postetats der liberale Abg. Diehl im Interesse derPfalz ein, wobei jedoch im übrigen das bayrische Post reservatrecht beiz n behalten sei. Die Geschäftswelt in der Pfalz empfinde das Fehlen einer Einheitsmarke mehr als das rechtsrheinische Bayern, ebenso habe sich auch die pfälzische Handels- und Gewerbekammer für die Ein führung einer Einheitsmarke ausgesprochen. Der Zentrums-Abg. Schirmer betonte, sein? Partei sei nach wie vor gegen die Einführung einer Einheitsmarke. Die Schwierigkeiten für die Geschäftswelt seien nicht so groß, wie der Vor redner annimmt. Im gleichen Sinne sprgch sich auch der Zentrums-Abg. Giehrl aus. Öft-rreich-Ungarn. *Nach Mitteilungen aus bester Quelle wird die Reise des Kaisers Franz Joseph nach London unterbleiben, da die Arzte dagegen find, daß der Kaiser sich im Juni solchen Strapazen aussetze. Der Monarch müßte seine Reise in Frankreich oder Belgien unterbrechen und das ist wieder aus diplomatischen Rücksichten nicht durch- sührbar. *Jn Ungarn ist der Streik der Spanien. * Aus den Ministerpräsidenten Maura ist schon wieder ein Attentat versucht worden, indem auf einen Bahnzug, den er benutzte, geschossen wurde. Maura ist unversehrt davon gekommen. Balkanstaaten. * Die zur Beaufsichtigung der Reformen in Mazedonien bestimmten fünf öster reichisch-ungarischen, fünf englischen und drei russischen Gendarmerie-Offiziere find bereits in Salonichi eingetroffen. General de Giorgis weilt zur Instruktion in Monastir. Afrika. *Ganz vernichtet scheint die Armee des tollen Mullah doch noch nicht zu sein, Tur Silberhochzeit Peter Koteggers. Der Dichter mit seiner Frau. Peter Rosegger begeht dieser Tage mit seiner zweiten Frau, umgeben von seinen Kindern, nebst Schwieger- und Enkelkind das Fest der silbernen Hochzeit. Rosegger ist im Laufe der Jahre zu einer der beliebtesten Erzähler des deutschen Volkes geworden. Er liebt seine Heimat, nirgends fühlt er sich so wohl wie im Kreise seiner Familie. Im Sommer wohnt er in Krieglach in Obersteiermark, in dessen Nähe in NlpI er geboren wurde, und im Winter lebt er in Graz. Wenn er im Kreise seiner Fa milie, seiner guten Frau, seiner Tochter, mit den Freunden seinen Jubeltag feiert, kann er mit Stolz und Freude auf ein wohl geratenes Dichterleben zurück- blickcn, das ihmTausende ehrliche Freunde gebracht, das von keinem Feind und Neider verbittert wird. Eisenbahuan gestellten tatsächlich zu Ende. Die Direktion gab am Dienstag bekannt, daß der Personen- und Frachtverkehr auf sämtlichen Linien der Staatsbahnen Tag und Nacht regelmäßig vor sich geht. Der Orientexpreßzug, der Schnellzug Ostende- Konstantinopel, ferner die Konventionsschnell züge verkehren wie gewöhnlich. Der Damr- dienst in der Eisenbahndirektion ist aufgelöst worden. Gegen 7 Mitglieder des Streik komitees ist nach ihrer Verhaftung Anklage er hoben worden wegen Aufforderung zur Ver weigerung der Amtspflichten. Ferner wurden 39 Beamte des Bahnhofs in Rakocz-Spalato, der den Ausgangspunkt des Ausstands bildete, der Staatsanwaltschaft vorgesührt. «nftkand. *Jm Unterhause fragte Rash an, ob dem deutschen Kaiser gestattet wurde, die Galerien, die Forts und die Verteidi gungswerke in Gibraltar zu be sichtigen, die gewöhnlichen englischen Be suchern zu sehen nicht erlaubt sei, ferner welche Galerien der Kaiser gesehen habe. Der Staats sekretär des Krieges erwiderte, den königlichen Anordnungen gemäß sei dem kommandierenden General die Verantwortlichkeit für Wahrung des Geheimnisses der Verteidigungswerke an vertraut. Es seien keine Mitteilungen über die in der Anfrage erwähnten Punkte dem Kriegs- ministerium zugeaangen, und man habe nicht beabsichtigt, die Diskretion des Generals White in Frage zu stellen. Italien. *Jn Rom dauern die Festlichkeiten zu Ehren Loubets an. Am Dienstag vormittag fand eine große Parade statt. In Neapel ist das französische Ge schwader eingetroffen und hat mit dem italie nischen Geschwader Salutschüsse gewechselt. Nuhland. * Zur Verhütung von Unruhen in Warschau hat der General-Gouverneur vom Zaren die Erlaubnis erhalten, während des Arbeiterfeiertages und des auf den 3. Mai fallenden polnischen Nationaltages vom 30. April bis 4. Mai den Belagerungszustand zu verhängen. denn es wird gemeldet: Die Stadt Illig (am Roten Meere) ist beschossen worden, der Sultan von Illig wurde gefangen genommen. (Er hatte zu dem Mullah gehalten.) Zwischen dem Mullah und dem Midiarten-Stamme fand ein heftiger Kampf statt. Asien. *Jn Australien hat der Führer der Arbeiterpartei Watson ein Ministerium gebildet, das, abgesehen von dem Attorney- General, nur aus Mitgliedern der Arbeiter partei besteht. Zus dem Keicbstage. Der Reichstag erledigte am Dienstag in dritter Lesung das Abkommen über Fragen des inter nationalen Privatrechts und in zweiter Lesung die Vorlage betr. Krankenfürsorge für Seeleute unter Ablehnung der sozialdemokratischen Adänderungs- anträge. Dann begann die erste Lesung der Novelle zum Börsengesetz. Preuß. Handelsminister Möller leitete die Beratung ein, indem er betonte, es handle sich vor allem darum, Treu und Glauben im Börsen verkehr wiederherzustcllen, Börsenregister und Verbot des Terminhandels im Getreide aber aufrecht zu halten. Eine lebensfähige Börse sei eine absolute Notwendigkeit für die gesamte Volkswirtschaft. Abg. Graf Kanitz (kons.) bekämpfte die Vorlage. Er ist der Ansicht, daß ma» den Getreideterminhandel durch eine Hintertür wieder einfiihren wolle: lieber solle man den Bestimmungen über dis Zusammensetzung des Ausschusses ändern und die Strafbestimmungen verschärfen. Nach einer Erwiderung des Geheim rats Wendelstadt wurde die Weiterberatung vertagt. Am 27. d. stehen auf der Tagesordnung zu nächst Wahlprüfungen. Die Wahlen der Abgg. Will (kons.), Horn (soz.), Bauermeister streikons.) unv Himburg (kons.) werden nach den Vorschlägen der Kommission für gültig erklärt. Uber die Wahl des Abgeordneten v. Brochhausen werden nach dem Anträge der Kommission Beweiserhebungen beschloßen. Die Wahl des Fürsten Bismarck beantragt die Kommission für gültig zu erklären. Abg. Goldstein (soz.) bezeichnet, obwohl er als Berichterstatter der Kommission spricht, diesen Antrag als unbegreiflich. Präsident Gras BaIlestrem macht den Redner daraus aufmerksam, daß diese Meinungsäußerung unstatthaft sei. Abg. Goldstein (soz.) erwidert, daß er den Standpunkt der Minderheit in der Kommission zum Ausdruck gebracht habe. Abg. Goth ein (frs. Vgg.) beantragt, die Be schlußfassung auszusetzen und Erhebungen über die Behauptungen des sozialdemokratischen Protestes anzustellen. Abg. Geyer (soz.) befürwortet diesen Antrag. Die Abgg. Well sic in (Ztr.) und Walla« (nat.-lib.) treten für den Kommissionsantrag ein. Nach weiteren Bemerkungen wird die Wahl für gültig erklärt. Uber die Wahl des Abg. Becker lnat.-Iib) be schließt das Haus entsprechend dem Kommisstons- antrage Beweiserhebung, ebenso bezüglich der Wahl des Abg. Höffel (freikons.). Die Wahl des Abg. Osel (Ztr.) wird für gültig erklärt. Es folgt die Besprechung der Wahl des Abg. Blumenthal-Straßburg (südd. Vp.), die die Kommission für ungültig zu erklären beantragt. Abg. Payer (südd. Vp.) befürwortet einen An trag, die Wahl für gültig zu erklären. Die Kom mission habe ihren Beschluß darauf gestützt, day ein Wahlaufruf für den Kandidaten Blumenthal von 13 Bürgermeistern unterschrieben worden sei. . Dem gegenüber erbringt Redner aus Berichten über Wahlversammlungen im Organ des klerikalen Gegen kandidaten Hautz den Beweis, daß eine annähernd ebenso große Anzahl von Bürgermeistern in viel schärferer Weise für den Gegenkandidaten eingetretcn feien. Dazu komme, daß die Stellung der Bürger meister in Elsaß-Lothringen ehrenamtlicher Nalur sei. Abg. Wellstein (Ztr.) bittet, dem einstimmigen Beschlusse der Kommission gemäß, die Wahl für un gültig zu erklären. Nach einem Referat des Berichterstatters Abg. Kalkhos wird die Wahl des Abg. Blumenthal für ungültig erklärt. Die Wahl des Abg. Höffel (freikons.) ist von der Kommission beanstandet und Beweiserhebung beschlossen worden. Das Haus beschließt gemäß dem Anträge der Kommission. Die Wahl des Abg. Braun (soz.) ist von der Kommission für ungültig erklärt worden. Die Wahl wird gegen die Stimmen der Frei sinnigen, Sozialdemokraten und Wirtsch. Ver einigung für ungültig erklärt. Das Haus setzt sodann die erste Beratung der Börsengesetznovelle fort. Slbg. Schmidt (soz.): Seine Partei sei stets der Ansicht gewesen, daß das Verbot des Termin- handels in Getreide nicht gerechtfertigt gewesen sei. Der Kurssturz der Reichsanleihe sei keine Folge deS Börsengcsetzes gewesen, sondern des allgemeinen wirtfchaftlichen Niederganges, der zur Folge halte, daß das Kapital sich von den Jndustriewerten zurück zog und sich andern Werten zuwandte. Infolge des Börsengesetzes sei aber das Kapital veranlaßt worden, ausländische Märkte aufzusuchen. Abg. Bur läge (Zentr.): Seine Partei sei bereit, in der Kommission ernstlich zu prüfen, in welcher Weise den angeblichen unmoralischen Wir kungen der Börsengesetze in bezug auf Treu und Glauben entgegengetreten werden könne; dazu müßten aber Tatsachen vorgelegt werden. Die 100 Seiten lange Begründung der Novelle zeige, wie schwer der Nachweis der Notwendigkeit einer Abänderung sei. Auch seine Partei sei dagegen, daß dem Bundesrat die Befugnis zum Erlaß von Bestimmungen überlassen werde, unter welchen Be dingungen ein Geschäft als legales Zeitgeschäft zu betrachten sei. Preuß. Handelsmiuister Möller erklärt, daß an den Grundpfeilern des Börsengesetzes von 1896 nicht gerüttelt werden soll- Den Outsiders gegen über sollen die bestehenden Erschwerungen erhalten bleiben. Aber der Kaufmanns stand muß vor ehr losen Leuten geschützt werden. Der Bundesrat muß eine Befugnis haben, legale Zeitgeschäfte zu ge statten, damit wir unsern Kaufleuten Gelegenheit geben können, die Konjunkturen zu benutzen und sich gegen Schwankungen zu schützen. Das Jahr 1891 mit seinen abnormen Preisschwankungen sei nicht beweiskräftig. — Darauf vertagt sich das Haus. Landtag. Das Abgeordnetenhaus verwies am Dienstag den Antrag der Abgg. v. Savigny (Zentr.) u. Gen., die Regierung möge die Frage prüfen, ob 8 65 deS Berggesetzes eine ausreichende Handhabe bietet, das freiwillige, die beteiligienGemeinden schwer schädigende Entlegen von Bergwerksunternehmungen zn ver hindern, und nötigenfalls, und zwar noch in dieser Session, einen Gesetzentwurf dem Landtage vorzu legen, welcher das Berggesetz dahin ergänzt, daß gegen jene Schädigungen wirksame Vorkehrungen getroffen werden, an eine Kommission. Darauf wurde die dritte Etatsberatung zu Ende geführt. Angenommen wurde ein Antrag Busch (Zentr.) betr. reichsgesetzliche Regelung der Zigeunerfrage. Beim Kultusetat wurde auf Antrag des Abg. Frh. v. Zedlitz der Ostmarken-Remunerationsfonds für Volksschul lehrer und -Lehrerinnen von 200 000 Mk. auf 250 00E Mark erhöht. — Am Mittwoch fand keine Sitzung statt. O Vie Mläern scheu Grben. 24) Roman von M. Brandrup. lSchwka Rasch erhob sich der junge Herrschaftsbesttzer nun und eilte dem Doktor entgegen. „Guten Morgen, Herr von Grön," rief der alte Herr. Und sich die Hände reibend, setzte er hinzu: „Hab' zu meiner Freude soeben von Schwester Margarete gehört, welche gesegnete Nacht unser Leutnant hinter sich hat. Na, be halte ich nun recht und dürfen wir jetzt auch Frau von Hagel zu dem Patienten lassen und ihm gestatten, sich ihrer Gegenwart für längere Zeit zu erfreuen? — Zu erfreuen," wiederholte der greise Mediziner in seiner polternden Weise. „In diesem Wort liegt schon meine Gewährung. Freude ist jetzt nämlich die beste Arznei für unseren lieben Pflegling. Wenn er sich nur freuen kann, trotzdem er zum Krüppel geworden, so währt es auch nicht lange und er steht wieder auf seinen zwei Beinen. Freilich zuerst jeden falls ein bißchen wackelig, aber er steht doch! — — — Und nun auch hinein zu unserm Sappermentskerlchen. . . Nein," setzte der alte drollige Herr dann, doch wieder stehen bleibend, hinzu, „Sie glauben gar nicht, meine Herr schaften, wie ich mich freue, diesen Patienten durchgebracht zu haben! . . . Wenn er nur nicht so mit Leib und Seele Soldat gewesen wäre!" fuhr er darauf fort und strich wieder seine Haare; „ich weiß nicht recht, wie er es jetzt ertragen wird, den bunten Rock für immer an den Nagel zu hängen." „Nun, leicht wird ihm der Abschied von seiner militärischen Karriere nicht werden. Aber ich denke, es gibt ein gewisses Etwas, das ihn auch hiermit aussöhnt." „Aha," schmunzelte der Doktor. „Versteh schon, woher der Wind bläst und weiß, wo der Hase im Pfeffer liegt. Na aber — das muß ich sagen, Ihr Herr Bruder hat einen beneidens wert guten Geschmack. Die junge Wittib ist ja förmlich zum Anbeißen. Doch auch Ihre Wahl in Ehren, Herr von Grön! Ich weiß nicht, wenn ich noch so ein junger Kerl wäre wie Sie oder der da drinnen, von dem wir bereits glaubten, er pfeife auf dem letzten Loch — wen ich reizender fände: das zarte blonde Püppchen, mit dem Sie Riese von einem Mann sich ver einen wollen, oder die schlanke Frau mit dem bleichen Gesicht und den dunkeln Augen, aus denen sie schaut, als wenn . . . Nein, was fasele ich aber da zusammen!" unterbrach sich der alte Herr. Mit einer Bewegung, als stieße er gewaltsam irgend etwas von sich, setzte er darauf hinzu: „Das paßt doch alles gar nicht mehr für meine fünfundsechzig Jahre und stört mich auch in meiner Pflicht! Also hurtig zu dem Kranken gegangen! Eigentlich ist es wohl besser, Sie lassen mich diesmal ein paar Worte unter vier Augen mit ihm wechseln." „Wie Sie denken, Doktor, wie Sie denken." Kaum war der greise Badearzt in der Tür zu dem Krankenzimmer verschwunden, als ein Wagen vor das Haus rollte. „Die Damen," sagte Schwester Margarete nun. Horst aber eilte den Kommenden ent gegen. Er begegnete Fanny und deren Stief tochter bereits auf der teppichbelegten Treppe. „Er hat geschlafen, geschlafen, geschlafen!" brach es sich schon von weitem über die Lippen des jungen Riesen. Dann erst sprang er vollends die Treppenstufen hinab, die ihn noch von den Kommenden trennten und streckte vorerst beiden die Hände entgegen. „Gott sei Dank!" hörte er es dabei von Fannys Lippen kommen. Dann aber erwischte er auch schon seine holde Braut und flüsterte ihr tausend Kosenamen ins Ohr. Eine Stunde später saß Fanny am Bett des geliebten, dem Leben wiedergegebenen Mannes. Horst und Ada waren im Salon, während Schwester Margarete in der Küche allerlei Vorbereitungen zu einem kleinen Gabel frühstück traf, das die lieben Gäste des Leutnants heute in seinem Logis einnehmen sollten. Fanny hatte es mit ihrem stillen Lächeln gestattet, daß Leo ihre Hände faßte. „Ein Gottesgericht ist über mich gekommen, würde man vor hundert Jahren gesagt haben," flüsterte der Rekonvaleszent nun. „Kaum hatte ich mich der Feigheit schuldig gemacht, darein zu willigen, meiner Offizierssrellung halber dich, du beste, edelste, schönste deines Geschlechts aufzugeben, als mich das Schicksal zum Krüppel machte. Min ist es auch ohne meinen Willen vorbei mit der Karriere. Und des Königs Rock, den ich so geliebt, daß ich seinetwegen sogar mein Herz zertrat und auch vielleicht das deine, wird nun in den verborgensten Winkel meines Schrankes wandern. Ich aber — ich —" Er konnte nicht weiter, und schluchzend deckte er die Hand über das Gesicht. Da drückten sich jedoch weiche Frauenlippen auf seine Finger, und eine liebe sanfte Stimme flüsterte: „Du aber wirst versuchen, dich auch im schlichten Kleide des Zivilisten glücklich zu fühlen, wenn ich dir als treue Gefährtin zur Seite stehe. Und du weißt, daß du mir heute noch wie immer, das Ideal verkörperst, das ich von dem Manne meiner Liebe im Herzen trage." „Fanny, einzige, teure, so wolltest du...?" „Dir angehören für Zeit und Ewigkeit," hauchte sie. Ende. Gestohlene Gründungen. Wenn eine Geschichte der vielen Versuche geschrieben würde, Geheimnisse von Erfindungen von ihren eifersüchtigen Besitzern zu stehlen, so würde man, wie eine Londoner Wochenschrift schreibt, ein höchst romantisches Buch erhalten. Der Schauplatz einer dieser Geschichten liegt in dem wilden Moorland um Sheffield herum, wo ein Uhrmacher namens Huntsman eine Fabrik gebaut hatte, um nach einem von ihm erfundenen Verfahren Stahl zu machen. Das Geheimnis war sehr wertvoll, denn es war das einzige Verfahren, durch das Stahl eine gleich mäßige Qualität bekam. Aber Huntsmann fürchtete keine Entdeckung durch seine Kon- lurrenten; er beschäftigte nur ausgesuchte Arbeiter, und die Portale seiner Fabrik wurden fast ebenso streng gegen Fremde bewacht, wie die Türen eines Geldgewölbes. An einem bitterkalten Winterabend jedoch, als der Wind
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)