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Ottendorfer Zeitung : 15.04.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190404153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040415
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040415
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-04
- Tag 1904-04-15
-
Monat
1904-04
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 15.04.1904
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poUtilcke K,MLiscbau. Ter russisch-japanische Krieg. * Vom Kriegsschauplatz imfernen Osten liegen nur dürftige Nachrichten vor. JapanischerseitS wird nach wie vor Stillschweigen über die weiteren Truppenbe wegungen in Nordkorea beobachtet, und die russischen Meldungen aus der Mandschurei geben auch keinen genauen Aufschluß über das, was russischerseits geschieht, um einem etwaigen Vorstoß der Japaner über den Jalu zu be gegnen. Nach in London aus Niutschwang eingegangenen Privatmeldungen sollen angeblich die Japaner bereits den Jalu überschritten haben. Zwischen den Vorposten sollen auch schon auf dem Nordufer des Jalu einige Ge plänkel ftattgefunden haben. *K einer! ei Verluste im See kriege wollen die Japaner angeblich bis her erlitten haben. Der Kommandant ves japanischen Torpedobootes Oshima", Hirose, dessen Bruder bei Port Arthur gefallen ist, hat gelegentlich eines Empfanges an Bord des von ihm befehligten Torpedobootes erklärt, daß der Gefechtswert der japanischen Flotte unvermindert sei; nicht ein einziges Torpedoboot sei verloren. — So ohne weiteres wird man das nicht glauben können, die Quelle dieser Nachricht ist zu einseitig. *Die Kosaken betrugen sich, nach Berichten amerikanischer Augenzeugen, bei ihrem Aufenthalt in Korea muster- haft und bezahlten alle Lebensmittel, während sie nach japanischer Aussage geplündert haben sollten; dasselbe sagen indessen die Koreaner den Japanern nach. Diese leiden viel unter Erkältungen, namentlich an Halskrank heiten, obwohl das Wetter jetzt unerwartet warm ist. Die beiderseitigen Patrouillen haben augen scheinlich Befehl erhalten, Zusammenstöße zu vermeiden. Der japanische Train ist enorm groß. Auf jede Division kommen 6000 Be dienstete, meistens Kulis, wodurch natürlich die Schlagfertigkeit und Beweglichkeit des Heeres sehr verringert wird. * Auf dieNeutralitätChinas scheint wenig Verlaß für die Russen zu sein. Trotz des Protestes von russischer Seite stehen immer noch 25 000 Mann europäisch geschulte Chinesen marschbereit unter dem Oberbefehl von General Ma, dessen Hauptquartier derzeit Tschaojang ist. Dahin begeben sich einer,Herald'-Meldung zufolge unausgesetzt verkleidete japanische Offi ziere zur Ausbildung neuer Mannschaften. Der Vizekönig von Nanking hat beschlossen, die Befestigungswerke am unteren Jangtse zu ver mehren und die Besatzungen durch Truppen zu verstärken, die von europäischen Militärs ausgebildet find. * * * Der Herero-Aufstand. * über ein neues unglückliches Ge fecht mit den Hereros meldet Ober leutnant Techow aus Windhoek: Die Ab teilung Glasenapp im Vormarsch von Owikokorero hatte am 2. April ein schweres, aber siegreiches Gefecht bei Oka- harui. Der Gegner zog in nordöstlicher Richtung ab. Major v. Glasenapp war am 4. April auf Odjikuara marschiert und griff die Hereros an, von denen 92 fielen. Die Ver luste der Abteilung Glasenapp sind: 1 Offi - zier und 31 Manntot und 1 Offizier und 15 Mann verwundet. * Dagegen hat, wie ein neueres Telegramm meldet, am 9. d. Gouverneur Leutwein mit der vereinigten Hauptabteilung unter Oberst Dürr und der Weftabteilung unter dem Oberleutnant v. Estorfs unter einem Ver lust von 2 Offizieren und 2 Reitern und 6 schwer und 5 leicht Verwundeten die Haupt macht der Herero bei Onganjira zurückgeworfen. Okaharui, der Schau platz des Gefechts der Abteilung Glasenapp, liegt etwa 70 Kilometer nordöstlich von Oka- handja, das Gefecht bei Onganjira hat etwa 30 Kilometer östlich von Okahandja stattge funden. * * * Deutschland. *Zu Ehren des in Malta eingetroffenen Kaisers Wilhelm wurde der Montag zum öffentlichen Feiertag erklärt. *Zur Frage der Mosel- und Saar kanalisierung haben die Mitglieder des Preuß. Landtags aus dem Mosel- und Saar- Revier in einer streng vertraulichen Besprechung beschlossen, sich zu bemühen, daß bei Beratung der wasserwirtschaftlichen Vorlage seitens der Regierung auch die Einbringung eines weiteren Gesetzentwurfs betr. die Kanalisierung von Mosel und Saar derart sichergestellt werde, daß die Vollendung derselben mit der des H an - nover-Rhein-Kanats möglich werde. Exkönigin Isabella von Spanien ch. * Hinsichtlich der Behandlung der Für sorge-Erziehung von Zigeuner kindern greift augenscheinlich bei den Pro vinzialverwaltungen eine weniger strenge Auf- sassnng Platz, als bisher. Nach einer Mit teilung der ,Köln. Ztg/ wurden durch Beschluß des Amtsgerichts in Malmedy, ohne die Staats angehörigkeit einer weiteren Feststellung zu unterziehen, zwei Zigeunerkinder im Herbste v. der Fürsorge - Erziehung überwiesen. Dieser Beschluß hat Rechtskraft erlangt, ohne daß vom Landeshauptmann Beschwerde erhoben worden wäre. Dieser Ausgang gibt den Behörden nun mehr Mittel und Wege an die Hand, mit Er folg an die Bekämpfung der Zigeuner plage heranzutreten. *Die Verstaatlichung der Pfalz bahnen wird voraussichtlich schon vor dem 1. Ja nuar 1907 zustande kommen, da das Zentrum an geblich nicht gewillt ist, den Termin so weit hinaus- zurücken, und zudem auch die bayrische Regierung zur Übernahme unter gewissen Umständen zu einem früheren Termin, ja sofort bereit sein soll. Frankreich. *Es war zu erwarten, daß die jüngsten Anordnungen der Regierung bezüglich der Ent fernung der Kruzifixe aus den Gerichtssälen nicht ohne Einspruch bleiben würden. Der konservaiive Deputierte Groussau teilte dem Justizminister mit, daß er ihn über die Maßnahme in der Deputierlenkammer be fragen werde, da die Gerichtsgebäude den Departements gehörten, weshalb die Verfügung des Justizministers eine Rechtsverletzung bedeute. * Der Marineminister Pelletan empfing am 8. d. die Admirale Bienaimö und Ravel, um ihre Aufklärungen über die jüngst veröffentlichten vertraulichen Schriftstücke der Seepräfektur von Toulon ent- gegeuzunehmen. Bienaimö versicherte dem Minister seine volle Ergebenheit. Er gab zwar zu, daß die Indiskretion nur von der See präfektur von Toulon ausgegangen sein könnte, erklärte jedoch, daß nicht er der Urheber dieser Indiskretion sei. Ravel bedauert-, daß die Zeitungen seinen Bericht für ihren Feldzug gegen den Minister ausgenützt hätten. — Matin' will wissen, daß der Marineminister von den Erklärungen beider Admirale nicht befriedigt gewesen sei, und daß diese demnächst zur Disposition gestellt werden. Schweden-Norwegen. "Der schwedische Reichstag hat einen Gesetzentwurf betr. die Einführung der zulässigen Zivilehe auch für den Fall, daß Mann und Frau Mitglieder der Staats kirche find, angenommen. Spanien. * Exkönigin Isabella von Spanien ist am 9. d. im Alter von 74 Jahren ge storben. Die Spanier verjagten ihre Königin im Jahre 1868, die seitdem in Paris lebte, dem Asyl abgedankter Staatsoberhäupter. Seit dem Sturz des zweiten französischen Kaiser reichs war Isabella vollends politisch tot, niemand kümmerte sich mehr um die einst so hochstehende Frau, deren Tod erst wieder ins Gedächtnis rust, welch unheilvollen Einfluß sie einst auf die Geschicke ihres" Landes ausübte. Der jetzt regierende jugendliche König Alfons, der Enkel der Verstorbenen, beabsichtigt, die Leiche in den Escurial überführen zu lassen. (Die großen Toten des Escurial sind um ihre jüngste Nachbarschaft nicht zu beneiden.) *König Alfons ist am 9. d. an Bord der „Giralda" nach Barcelona wieder zurückgekehlt. Die aus Anlaß der Anwesen heit des Königs in Aussicht genommenen Fest lichkeiten unterblieben wegen des Ablebens der Königin Isabella. Balkanstaatcn. *Den sremden Gendarmerieoffi zieren in Mazedonien ist nunmehr ge stattet worden, ihre Kopfbedeckung nach Belieben zu wählen. Der Sultan, der anfänglich darauf bestanden hatte, daß die fremden Otfiziere den türkischen Fes trügen, hat nunmehr nachgegeben. (Es wäre auch gar zu schrecklich, wenn die in der türkischen Provinz Mazedonien bediensteten Gendarmerieosfiziere den türkischen roten Fes tragen sollten. Der Sultan, der dies wohl er kannt haben mag, hat nun wenigstens einmal nachgegeben — wenn auch nur die Kopf bedeckung seiner Polizeibeamten betreffend.) Amerika. * Auch in diesem Jahre scheint die Republik Haiti ihr kalendermäßiges Revolutiönchen zu bekommen — gegen den Präsidenten „General" Nord ist eine Verschwörung im Gange. Die Verschwörer beabsichtigen, in Haiti eine Revolution hervorzurufen. Der be drohte Präsident ist vor den gegen ihn gerichte ten Plänen gewarnt worden. Der UriegzenthustaMUS der Japaner ist im Abnehmen. Diese Nachricht, die man, wenn sie einem russischen Blatte entstammte, in London als lächerlich und zwecks Beeinflussung der öffent lichen Meinung erfunden bezeichnen würde, läßt sich der ,Daily Expreß' von seinem Korrespon denten in Kobe telegraphieren. Allerdings heißt eS weiter, das Volk sei immer noch so patriotisch wie je zuvor, aber man wolle wissen, was auf dem Kriegsschauplätze vorginge, und der Mangel an Nachrichten habe einen lähmenden Einfluß. „Als der Krieg begann und täglich Nachrichten von den Erfolgen des Admirals Togo ein- trafen, herrschte überall Befriedigung und En thusiasmus. Aber jetzt, da Woche auf Woche verstreicht, ohne daß irgend etwas vom Kriegs schauplätze berichtet wird, macht sich ein Rück schlag bemerkbar, und anstatt des einstimmigen Lobes der Generale beginnt man sie zu kritisieren. Obwohl den Kriegskorrespondenten mitgeteilt worden ist, daß sie sich am 6. April nach dem Schauplatz der Operationen begeben dürfen, sind in den letzten Tagen wiederum verschiedene Andeutungen gefallen, dahingehend, daß ein erneuter Aufschub notwendig werden könne. Infolgedessen herrscht arge Mißstimmung unter den Korrespondenten. — Es ist eine merk würdige Erscheinung, daß die einheimische Presse in Japan schlimmer daran ist, als die europäische, und viele japanische Zeitungen helfen sich jetzt damit, daß sie lange Artikel aus europäischen Zeitungen, Ansichten mili tärischer Sachverständiger, und sonstige Kommen tare reproduzieren." — Folgender, der japanischen Zeitung Mainichü entnommener Artikel läßt ersehen, daß die aktuellen Kriegsnachrichten den Raum für Lesestoff nicht allzusehr beengen: „. . . Der japanische Korrespondent," heißt es da, „ist ungefähr ebenso ausgerüstet wie der gewöhnliche Soldat, ausgenommen, daß er an statt des Gewehrs Papier und Bleistift bei sich führt. Aber bei den europäischen Korrespon denten ist das ganz anders. Ungefähr ein Dutzend derselben haben ihre Frauen mit gebracht, aber wir wissen nicht, ob sie die selben wirklich nach dem Kriegsschauplatz mit nehmen wollen. Jeder hat außer den Pferden zwei Dienstboten, und viele haben sich auch die Dienste eines guten Kochs gesichert, der ihnen während des Feldzuges schmackhafte Mahlzeiten zubereiten muß. Um sich vor Erkältungen zu sichern, hat jeder ein oder zwei Gummiflaschen bei sich, die mit heißem Wasser gefüllt werden. Die meisten sind der japanischen Sprache un kundig und müssen einen Dolmetscher zu Hilfe nehmen, aber diese sind schwer zu beschaffen, und ihre Gehälter sind oft höher als die eines erstklassigen Bureaubeamten." Obwohl sich das japanische Blatt hier offenbar über die euro päischen Korrespondenten lustig macht, hat ihm der Unternehmungsgeist der letzteren doch Respekt eingeflößt, denn der Mainichi' berichtet im Tone höchster Anerkennung, „einige derselben hätten tatsächlich um die Erlaubnis gebeten, der japanischen Flotte in ihren eigenen Dampfern folgen zu dürfen, nachdem ihnen nicht gestattet worden sei, mit auf ein japanisches Kriegsschiff zu gehen." Von unä fern. Besuch bayrischer Königsschlösser. Wie die Münch. N. Nachr.' melden, hat die Verwaltung des Vermögens des unglücklichen Königs Otto von Bayern den Entschluß gefaßt, während der Hauptreisezeit an allen Sonn- und Feiertagen den Eintrittspreis in die Schlösser Linderhof und Neuschwanstein auf die Hälfte herabzusetzen. 3V0UV0 Mk. innerhalb 24 Stunden verdient hat ein Kaufmann an einem Grund stück am Alexanderplatz in Berlin. Eine Waren hausfirma wollte schon vor Jahren den Häuser- komplex am Alexanderplatz erwerben, doch zerschlugen sich die damals angeknüpften Ver handlungen. Nun sicherte sich der betr. Kauf mann das Verkaufsrecht an dem Grundstück, das ihm auch gegen einen Preis von 2 400 000 Mark angestellt wurde. Bereits am folgenden Tage übertrug der Kaufmann seine Anrechte an das kauflustige Warenhaus, das für das Grundstück 2 700 000 Mk. zahlte. Die deutsche Weinernte hatte im Jahre 1903 nach der amtlichen Reichsstatistik einen Wert von mehr als 100 Millionen Mark. Die gesamten im Ertrage stehenden 119 649,0 Hektar deutschen Reblandes haben also im Jahre 1903 einen Mostertrag von 3 785 607 Hektoliter und einen Erlös von 104 390 340 Mk. gebracht, mithin durchschnittlich 872,5 Mk. auf 1 Hektar. Im Vorjahr dagegen betrug bei unerheblich größerer Fläche (119 922,0 Hektar) der Most ertlag nur 2 475 699 Hektoliter mit einem Erlös von 80 243 129,2 Mk. oder von durch schnittlich 669,1 Nik. auf 1 Hektar. Jugendlicher Selbstmörder. In Braun schweig sprang ein 13 jähriger Knabe in die Oker vorm Wendentore und ertrank. Der Knabe halte ein Fahrrad aus dem elterlichen Hause mitgenommen und war damit so gegen ein Fuhrwerk gerannt, daß das Rad zertrümmert wurde. Bald darauf sprang der Knabe aus Furcht vor Strafe in die Oker. Nachdem er wegen Urlaubsüberschrei- tung eine geringe Strafe erhalten hatte, hat ein Soldat vom 1. Infanterie-Regiment in Köln aus dem Fort Stammheim Selbstmord verübt. Drei Deserteure vom 156. Infanterie- Regiment in Brieg wurden bei Kosel festge nommen und der Militärbehörde überwiesen. K Vie Mläernleben Erben. 27j Roman von M. Brandrup. (ForNedung.I Aber als Leo hernach mit der vollen Innigkeit seines starken männlichen Emp findens Fanny an sich zog und fragte: „Aber nickst wahr, jetzt — nun uns nicht mehr elende Armut trennt, willst du mir gehören für Zeit und Ewigkeit?" riß sie sich mit einem Schrei, den er nie zu vergessen vermochte, aus seinen Armen und rief mit dem ergreifenden Blick eines zu Tode getroffenen Rehs: „Es ist unmöglich, Leo, ganz unmöglich!" „So trägst du mir mit Weibestrotz nach, daß ich dir damals — vor Jahren — nicht meine Stellung opferte, Mutter und Bnider zugrunde richtete, um glücklich an deiner Seite zu sein?" „Leo, solche Beurteilung verdiene ich nicht!" rief sie vorwurfsvoll. „Das also ist es nicht, was dich so ab lehnend macht?! — Dann habe ich also — deine Liebe verloren. — Sprich," stieß er nun mit voller Leidenschaft hervor: „Ist es so? Bin ich dir gleichgültig geworden?" „Nein! Bei allem, was mir heilig ist, nein I Und trotzdem —" Er ließ sie nicht ausreden. Mit einem Jubellaut zog er sie von neuem an sich. „Es gibt kein Trotzdem, wenn du mich nur noch liebst, mein Weib — mein Glück!" Sie vermochte es nicht zu hindern, daß seine Lippen die ihren mit Küssen bedeckten... Gerade in diesem Moment aber ward die Tür geöffnet und Ada flog in das Gemach. „Mama, um Gotteswillen!" rief das reizende junge Wesen jedoch voll Entsetzen, als seine Blicke auf die Gruppe der beiden Liebenden fielen. Fanny glaubte in die Erde sinken zu müssen. Schamhaft erglühend löste sie die die schlanke Gestalt von der Brust des Leutnants. Dieser schaute indessen lächelnd zu Ada hinüber: „Sie kommen gerade in der rechten Minute, liebes Fräulein, um als Erste ein neuverlobtes Paar zu beglückwünschen!" „Ein neuverlobtes Paar? — Willst du meinem Vater einen Nachfolger geben, Mama?" rief das junge Mädchen, an die Stiefmutter ge wendet. Fanny bedeckte das Gesicht mit den Händen. An ihrer Stelle aber antwortete Leo. „Aber einen, dem auch Sie bald Ihr volles Vertrauen schenken werden. Tun Sie es schon jetzt," setzte er dann bittend hinzu, mit heißer Zärtlichkeit aus die erschütterte Geliebte neben sich blickend. „Und vor allem finden Sie sich vorurteilsfrei in die Tatsache, daß Ihre Mutter sich zu einer zweiten Heirat entschließt, denn sonst versetzen Sie die Seele derselben in Kon flikte, die ihr, statt ihr bräutliche Befriedigung zu bringen, nur die innere Ruhe rauben. Das wäre nicht recht von Ihnen nach allem, was meine Braut während ihrer Ehe und der daraus folgenden Witwenschaft durchgemacht hat." Ada v. Hagel senkte das blonde Köpfchen. Aus dem süßen Gesicht aber sprach es deutlich, wie sie mit sich rang. Nur eine Minute jedoch, dann hob sie die Stirn wieder und entgegnete, wenn auch mit vibrierender Stimme: „In der Tat, das wäre nicht recht!" Sich die feucht gewordenen Augen wischend, reichte sie gleich darauf ihrem künftigen Stief vater die Hand. „Seien Sie mir als Ver lobter Mamas gegrüßt," sagte sie dabei, „und seien Sie versichert, daß ich mich bemühen werde, den zweiten Vater in Ihnen zu ehren und zu lieben, wenn ich im Moment auch noch gar nicht weiß, wer Sie eigentlich find und welchen Namen Sie tragen obgleich mir ist," fuhr der kleine rote Mund fort, „als ob ich Sie irgendwo im Leben schon einmal, wenn auch nur ganz flüchtig gesehen hätte." „Da hast du recht, Kind," sagte Fanny jetzt, indem sie sich mit Gewalt zur Ruhe zwang. Vielleicht dachte sie auch: „Weshalb kann ich mich nicht wenigstens für Stunden den Wün schen des teuren Mannes anpassen? Für Stunden! denn morgen muß ja doch alles wieder zusammenbrechen, was Leo heute auf zubauen meint. Muß!" hätte sie in über menschlichem Weh rufen mögen. Aber sie wollte sich beherrschen, für diesen einen Nachmittag vergessen, daß Geschehnisse hinter ihr lagen, die es ihrer Anficht nach ganz unmöglich machten, daß sie die Braut, die Gemahlin eines Offiziers sein konnte. „Da hast du recht, Kind," wieder holte sie, „und zwar war das an dem Tage, an welchem wir in Hohenburg zur Feier meiner Verlobung mit deinem Vater eine kleine Aus fahrt machten. Schon damals hörtest du übrigens den Namen meines nunmehrigen Ver lobten," beendete sie mit gesenkten Augen ihre Rede. „O!" rief Ada nun aber in sichtlich ange nehmer Überraschung, „also Leo von Grön, den die Groditter heute früh erwarteten, und den ich nur nicht erkannte, weil der Herr Zivil an gelegt hat! In Uniform hätten Sie mich nicht in die Irre führen können," sagte sie darauf zu dem Leutnant, „denn auch Ihr Bild sah ich oft im Herrenhaus draußen." „Wo mein Bruder jetzt als Gebieter schaltet," setzte Leo hinzu, indem er mit eigenem Lächeln in die unschuldigen Kinderaugen des jungen Mädchens blickte. Uber das reizende Gesichtchen desselben flog glühendes Rot. In grenzenloser Verlegenheit entzog Ada jetzt auch dem Offizier die Hand und war im Nu aus dem Gemach. „So ist es recht," sagte Leo, als sich die Tür hinter der Kleinen geschlossen, indem er sich an Fanny wandte. „Wie soll ich dich verstehen?" „Das fragst du, Geliebte? — Nun, das Benehmen deines Liliputchens zeigt mir deutlich, daß es ebenso verschossen in Horst ist, wie er selbst in das anmutige junge Ding. Eine An nahme die . . ." Er kam nicht weiter. Von neuem öffnete sich nämlich die Tür. Diesmal aber war es Frau Erna, die aufgeputzt wie eine Puppe in das Gemach rauschte. „Was sehe ich? Herr von Grön?" rief sie, sich leicht verneigend, während sich der unver kennbare Ausdruck des Unmuts über ihre Züge lagerte. „Ich wußte nicht, daß du Besuch hattest, wandte sie sich dann an die Nichte, „und wm durchaus nicht stören."
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