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Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Zonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendsrf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis »»rmittag ;o Uhr. Inserate werden mit p Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 44. Mittwoch, den 13. April 1904. 3. Jahrgang. Ktemeschlagen bete. Donnerstag, den 14. d. M. halb 1 Uhr soll im Gemeindeamt das Schlagen von 20 obm Hermsdorfer Steine an den Mindest fordernden vergeben werden. Gttenchorf-Htsritrchork, am 10. April 1904. Ier Geineindevorstand. Linke. Oertliches und Sächsisches. Otlendorf-Dkrilla. p. April 1804. ---- Die am 8. d. M- abgehobene General versammlung der Landwirtschaftlichen Feuer- velsichrrungs - Genossenschaft im Königreich Sachsen zu Dresden genehmigte den Jahres abschluß und die Verleitung einer Dividende von l5«>/g an die Versicherten. Ferner wurden die neue Satzung und die neuen Bedingungen angenommen, durch welche den Versicherten wieder ganz erhebliche neue Vergünstigungen «ingeräumt werden. Neber das laufende Jahr wurde berichtet, daß dasselbe zu den besten Hoffnungen berechtigt, indem tue Einnahmen sich erfreulich erhöht, dagegen die Schäden be deutend vermindert haben. — Der Königlich Sächsische Militarvereins- bund hält am 3. Juli d. I. in Dresden seine Bundes-Generalversammlung ab. Aus der Tagesordnung ist ein Antrag der vier Lausitzer Bezirke betreffs der dauerenden Ehrung Sr. Majestät des hochseligen Königs Albert durch Gründung einer Stiftung hervorzuheben. — Das Radfahren, welches einige Zeit an scheinend im Abnehmen begriffen war, hat in jüngster Zeit wieder einen ganz bedeutenden Aufschwung genommen. Die maßgebenden Fabriken sind vollauf beschäftigt und können teilweise keine weiteren Aufträge mehr an nehmen. Wie denn auch der bekannte Professor Pettenkofer I treffend ausgefüht, ist mit Radfahren ein Drittel geschaffen, welches dazu angetan ist, die soziale Frage in einfachster Weise zu lösen, weil hierdurch dem Alkohol-Genuß in unauffälliger Form der Boden entzogen wird, Diese kolossale Zunahme des Radfahrens ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß heute ein großer Teil der Arbeiter sich des Radfahrens bedient. Die großartige Verbreitung hat erst dann ihren Anfang genommen, als das Fahrrad als nützliches Verkehrsmittel erkannt, und die Fabrikbesitzer der großen Jndustriewerke den Nutzen de» Radfahrens ihren Arbeitern zu gänglich machten und denselben unter den günstigen Bedingungen die Anschaffung der Fahrräder ermöglichten. Die Roland Maschinen- Gesellschaft, G. m. b. H. Köln, Rolandstr. Nr. 6, welche die bekannten Noland-Räder liefert, hat zum Zwecke der leichten Anschaffungsweise ein bequemes Teilzahlungs-System eingeführt, wodurch es fast jedermann möglich ist sich des nützlichen Beförderungsmittel zu bedienen. Das hier und da noch vorhandene Vorurteil, daß durch diese Verkaufsweise die Preise ganz erheblich höher sein, trifft hier nicht zu, weil die genannte Gesellschaft infolge ihrer bedeutenden und günstigen Abschlüsse, gegen bequeme Teilzahlung ebenso billig liefern kann, als wie teilweise anderwärts derartige Räder gegen bar verkauft werden. Unsere Leser erhalten den hochinteressanten Pracht katalog Nr. 855 auf Verlangen kostenlos zugesandt. Dresden. Die Einbrecher, welche in den frühen Morgenstunden der Sonn- und Feiertage in Uhrwarengeschäften Einbrüche ver übten, scheinen nach anher gelangten Mit teilungen neuerdings auch Einbrüche in Göttingen, Halle und Rostock ausgeführt zu haken. Die gegebenen Beschreibungen über die Ausführung der dortigen Einbrüche stimmen wenigstens mit der Art und Weise der hiesigen Ausführungen vollständig überein. Radeburg. Am Sonnabend, Nachmittag 3 Uhr erfolgte hier die feierliche Uebergabe des für die hiesige Stadt angelegten Wasser werks. Der Herr Bürgermeister Manschatz und sämtliche Stadtverordnete, sowie mehrere Herren, an die besondere Einladungen ergangen waren, darunter Herr Gerichtsrat Zinner und Herr Dr. Oberpfarrer Ruppel, waren zu dem Ubergabeakt an dem neuerbauten Maschinen» zaus auf der Hospitalstraße erschienen. Kurz nach 3 Uhr kam auch der Herr Amishaupt- mann Dr- Uhlemann aus Großenhain an gefahren. Er wurde von der Verfammlung auf das freudigste begrüßt. Hierauf wurde unter der Führung und Erläuterung der Er lauers des neuen Wasserwerks Herrn Ingenieur C. Jensen aus Freiberg die Besichtigung der angelegten 2 Brunnen und des Maschinen- jauscs vorgenommen; zugleich wurde der neu angelegte Springbrunnen in hiesiger Pcomenaden- Anlage am Wasserwerk in Bewegung gesetzt. Mit Staunen sah die Versammlung, mit welch enormen Druck das Wasser über 20 Meter in Vie Höhe geschleudert wurde. Dieser Spring brunnen gibt unsern Promenaden-Anlagen einen ganz besonderen Reiz. Es wurde von den Versammelten der Weg auf den Meißener Berg angetreten, um nunmehr das dort an- gelcgie Hochwasser-Reservoir zu besichtigen. Auch von dieser Anlage war man allseitig befriedigt. Herr Ingenieur Jensen überreichte dann Herrn Bürgermeister Manschatz den Schlüssel zum Werk- Er verband damit den Wunsch, daß das neu geschaffene Wasserwerk für die Stadl Radeburg zum Besten sein und zum Wohle der Einwohner sich bewähren möge. Nach seiner üchmännischen wissenschaftlichen Ueberzeugung und Nach menschlichem Ermessen hätte sich mil )em Werke die Stadt Radeburg eine vorzügliche Wasserversorgung geschaffen. Nach Empfang des Schlüssels dankte der Herr Bürgermeister Herrn Jensen für seine schnelle, energische Aus führung des Baues und verband damit den Wunsch, daß es Herrn Jensen auch anderen Orts gelingen möge, eine so gediegene und funktionierende Wasserleitung, wie sie Radeburg dank seiner Bemühungen jetzt habe, zur Aus führung zu bringen. Seinen Glückwunsch zu dem Werke, was den Einwohnern viele Mühe und Opfer gekostet hat, entbot der Stadt Herr Amtshauptmann Dr. Uhlemann. Noch wurde die freiwillige Feuerwehr alarmiert, um auch bei Feuerlöschversuchen das Funktionieren der Wasserleitung zu probieren. Es wurden an 3 Zwillings-Hydranten 4 Wasserschläuche un- geschraubt, das hohe Stadthaus diente als Brandobjekt, die 4 Schläuche warfen ein enormes Wasser über das Gebäude und weit über dessen Höhe hinaus. Auch hierbei war!» der Beweis tadellosen Funktionierens der Wasserleitung erbracht. Gräfenhain. Ein schwerer Unfall ist dem Wirtschaftsbesitzer Bruno Bergmann zu gezogen. Er war im Begriffe, Steine, die ihm bei Bestellung seines Feldgrundstücks hinderlich waren, wegzusprengen, wobei ein Schuß versagte. Als sich B. von der Ursache des Versagens überzeugen und dabei den Zünder mit dem Messer abschneiden wollte, explodierte die Sprengladung. Hierbei wurde B- im Gesicht nnd am Oberkörper stark ver brannt und am Kopf und Beinen schwer ver wundet. Das eine Auge ist ganz erblindet, während die Sehkraft des anderen fast er loschen ist. Der Verletzte wurde in da» Carolahaus in Dresden überführt. Großenhain. Am Sonntag früh gegen 1/28 Uhr kam es auf hiesigen Berliner Bahn hofe insofern zu einem kleinen Betriebsunfälle, als von einem im Rangieren begriffenen Güterzuge etliche Wagen aus dem Geleise prangen. An Materialschaden war nur die Zerstörung einer Weiche, an Personalschaden nichts entstanden. Die Wiedereingleisung der ausgesprungenen Wagen konnte erst nach langer angestrengter Tätigkeit erfolgen. Kamenz. Der in den hiesigen Schamotte- und Tonwerken Tonberg beschäftigte Arbeiter Joh. Schmiedel verunglückte dadurch, daß er mit seinem Oberkörper zwischen die aufsteigende Förderschale und die absteigende Schutzvorrichtung eines Fahrstuhls geriet und dabei eine schwere Lungenzerreißung davontrug, die zur aus gedehnten Blutung in den Brustraum geführt satte. Man hofft, sein Leben zu erhalten. Riesa. Schwere Haverie erlitt der mit 260 000 Kilogramm böhmischer Braunkohle beladene Kahn des Schiffseigners M. Ilgner aus Dresden dadurch, daß er unterhalb Mühl berg aus der Fahrtrinne geriet und mit großer Gewalt auf den Döbeltitzer Steindamm auf fuhr. Um das Fahrzeug nickt versinken zu lassen, mußte ein Teil der Ladung über Bord geworfen werden. Beim Losziehen des Kahnes durch einen Schleppdampfer riß dessen Schlepp tau das Steuer herunter und ein Stück der Hinterkaffe weg, zum Glück nur bis zum Wasserspiegel, so daß der Kahn nach Not reparatur weiter schwimmen kann. Nossen. Auf hiesigem Bahnhof kam der Wagenrücker Rüdiger beim Rangieren von zwei Lowries zu Fall und erlitt hierbei einen Schlüsselbeinbruch, auch wurde ihm hierbei die rechte Hand zermalmt, welche später amputiert werden mußte. Chemnitz. In dem Augenblicke, als sie falsches Geld verausgaben wollten, verhaftete die Polizei einen etwa 20 Jahre alten Eiscn- bohrer und einen etliche Jahre älteren Schmiede gesellen. In ihrem Besitze befanden sich falsche Zweimarkstücke, Fünfmarkstücke, Zehnpfennig- und Lünfpfennigstücke. Waldenburg. In Braunsdorf grassiert gegenwärtig unter den Pferden die sogenannte Bornaische Pferdekrankheit. Es sind schon mehrere der Tiere von dieser heimtückischen Krankheit hinweggerafft worden. Aus der Woche. Vor vierzehn Tagen fand bei Vigo die Be gegnung zwischen Kaiser Wilhelm und König Alfons statt. Der Kaiser hat dabei an eine der Prinzessinnen des 50 Köpfe starken bay rischen Königshauses eine Depesche gerichtet, in der er seine Sympathie für den charmanten jungen Mann, den König ausdrückte. Aber dieser junge König wird seines Lebens nicht froh. Die Monarchie, die er vertritt, hält sich nur, weil man sich von der Republik in Spanien auch nicht viel verspricht. Die Groß mutter des jetzt regierenden Königs ist vor sechsunddreißig Jahren aus dem Lande gejagt worden. Dann hatten es die Spanier vorüber gehend mit der Republik versucht und als sie durch den Einspruch Frankreichs nicht den Prinzen von Hohenzollern zum Könige be kommen konnten, nahmen sie den Bruder Viktor Emanuels zu ihrem Herrscher; dec aber kriegte die Geschichte bald dick. Nach drei Jahren verließ er schließlich friedlich das Land wieder; die Nepublick war damit von selbst zurück gekehrt, aber zugleich wütetete im Norden der Karlistenkrieg und so wurde im Dezember 1874 der Sohn Isabellas als Alfons XII. zum König ausgerufen. Aber schon 11 Jahre später starb er an der Schwindsucht. Seine zweite Gattin trug damals den jetzigen König unter dem Herzen. Welch eine schreckliche Zeit hat dann die „Oesterreicherin" Maria Christine durch machen müßen! Im Mai 1886 wurde der junge König geboren und in einer Zeit, in der Karlisten, Republikaner, Förderalisten, Anar chisten und andere extreme Elemente aufs heftigste die bestehende Ordnung der Dinge be kämpften, mußte sie in treuer Mutterliebe den Thron für ihren Sprößling bewahren. Das st denn auch durch sechzehn lange und bange Jahre hindurch geschehen — König Alfons ist jetzt großjährig und verfassungsmäßig berufen, 'slber zu regieren. Und nun war er mit dem oeutschcn Kaiser zusammengetroffen, der auf chn einen tiefen Eindruck gemacht hat. Jetzt wollte sich auch König Alfons als ganzer Mann und Held zeigen, er wollte auf morali« chem Wege die seinem Reiche innerlich ent» 'remdete Provinz Katalonien zurückgewinnen. Er hat persönlich den Hauptherd der Un zufriedenen in Spanien aufgesucht: Barcelona wo sich unausgesetzt die Feinde der Monarchie, die Karlisten, die Föderalisten, Republikaner und Anarchisten ihre Stelldicheins geben und wo die Massenstreiks und Arbeiterkrawalle fast mmer auf der Tagesordnung stehen; und auf diesem heißen Boden ist denn auch geschehen, was man fast hätte erwarten dürfen. In der Nähe des Königs ist am Donnerstag eine Petarde geplatzt. Es sind dabei allerdings nur zwei Landleute verwundet worden und eS cheint sich daher wohl weniger um ein ernst- tches Attentat als um eine Kundgebung gegen die verhaßte Regierung, gegen das Ministerium Mauro, zu handeln- Die Zensur ist streng und der offiziöse Telegraph hat die immerhin unangenehme Tatsache mit drei Zeilen abgetan; im übrigen weiß der Draht nur von dem jubelvollen Empfang des jungen Königs zu be richten, besonders auch in den Arbeitervierteln, die geflaggt hätten. Und dabei soll der König zu Arbeitern gesagt haben, „es sei sein größtes Vergnügen, die Arbeiter zu beschützen." Da» ist jedenfalls königlich empfunden, aber nicht so leicht ausgeführt. Wenn Kaiser Wilhelm solche Warte spricht, so hat er auch die Macht, sie zur Wahrheit zu machen und in dieser Hinsicht ist ja auch gerade auf Anregung des Kaiser in Deuschland schon manches geschehen, wenn» gleich sich in dem großen Widerstreit der sozialen Interessen nicht sofort alle guten Vor sätze verwirklichen lassen. Wenn aber der arme König Alfons seinem gewiß guten Herzen in solchen Worten Luft macht, so wird man wohl mit dem spanischen Arbeitern sagen können: Was du da sprichst, junger Könip, ist zweifel los gut gemeint und schon deine Absicht ist dankenswert; bei uns Spaniern aber bedarf der Herrscher mehr des Schutzes als der Arbeiter, der selbst seine Ellbogen zu brauchen versteht. — Es wird nicht nur dem Schreiber, sondern auch dem Leser widerstreben, die ost asiatischen Dinge zu spiegeln oder spiegeln zu sehen. Die Angelegenheiten sind dermaßen in das Stadium der Langenweile geraten, daß man sie am besten garnicht bespricht. Indessen scheint auch in Rußland der Wind umgeschlagen zu sein. In den Kreisen, mit denen man dort rechnen muß, werden schon Stimmen gegen die Fortsetzung eines Krieges laut, der Rußland empfindlich schwächt. Im Innern ist so ziemlich alles unzufrieden: Finnen, Polen, Juden, Armenier, Bauern, Arbeiter, Studenten — in allen Kreisen liegt Zündstoff genug angehäuft. Geht die Sache in Ostasien schief, dann ist ein allgemeiner Ausbruch der öffentlichen Un zufriedenheit zu erwarten. In dem Riesen reiche können die Kosaken, die Hüter der Ordnung, nicht überall anwesend sein. Dazu kommt noch Geldmangel, dem man durch außerordentliche Ersparnisse am Budget (es heißt 160 Millionen Rubel sollen für den ordentlichen Dienst weniger zur VerauSpabung gelangen!) etwas zu dämpfen beabsichtigt. Man wird sich möglicherweise zwar mit den Japanern schlagen, um die militärische Ehre zu reiten, dann aber zu einem billigen Abkommen zu gelangen trachten. Der „FriedenSzar" würde damit diesem seinem Beinamen nur gerecht werden.