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Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Gkrilla, ?. April IS04. — Aus dem Bericht der Gesetzgebung - Deputation der Zweiten Kammer über den Gesetz entwurf betr. die Organisation des ärztlichen Standes, der, wie erwähnt, die Annahme des gesamten Entwurfes beantragt, sei noch folgendes mitgeteill: Die Ehrenräte werden nicht mehr an die Bezirksvereine, sondern an die KceiSvereine angeschlossen. Es wird künftighin anstatt der jetzigen fünf Ehrengerichtshöfe ein einziger für das ganze Land eingerichtet. Dem Ehrenrat wird ein juristischer Beirat zugewiesen. Dem Vorstände steht das Recht zu, Anfechtungsklagen beim Oberverwaltungsgericht zu erheben. Für den Ghrenrat war von der Regierung zunächst die Beschränkung der Wählbarkeit auf männliche Ärzte vorgesehen. Diese Beschränkung ist jedoch auf Veranlassung der Deputation fallen gelassen wotden. Auch beschloß die Deputation, ja recht ausdrücklich Hervorzuheden, daß ein Arzt, welcher die ärztliche Hilfe in sehr dringlichen Fällen ver weigere, unter Umständen einer Verletzung der Standesordnung sich schuldig machen kann. Die Deputation entschied sich für Beibehaltung der Anfechtungsklage. — Es steht heute fest, daß sich eine Durch schnittsgeschwindigkeit von 100 Kilometern in der Stunde ohne Bedenken bei genügenden Unterbau in unseren Babnverkehr einsühren läßt. Auf der vielgenannten Militärbahn Lichterfelde- Zossen wurde jetzt die Lokomotive probiert, die den Amerikanern in St. Louis zeigen soll, was die Deutschen im Lokomotivenbau leisten. Die Lokomotive ist 27 Meter lang und gleicht einem langgestreckten Güterwagen. Die schmalen Seiten gänge neben dem Dampfkessel, der sogenannte Umlauf, enden vorn in dem Führerraum, dessen Fenster den Ausblick die Strecke gestatten. Von hier aus verständigt sich der Führer mit den Heizern durch ein Sprachrohr. Der an beiden Enden konisch geformte Lokomotivkörper vermag den Luftwiderstand während der Fahrt natürlich besser zu überwinden als unsere offenen Ma schinen. — Das in Sachen „Dr. Aschke" ergangene Urteil des Ehrengerichtshofes zeigt, daß dessen Auffassung von dm Naturhcilvcreinen eine we sentlich andere ist, wie die des Ehrengerichts. Der Ehrengerichtshof hat zwar die Berufung des Dr. Aschke verworfen, aber nur, weil schon in dessen Person ein ausweichender Grund liege, ihm sein Auftreten in einem Nalurheilverein als einen Vorstoß anzurechnen, namentlich hinsichtlich seiner geschäftlichen Verbindung mit einem Manne wie Bilz, dem Verfasser des bekannten, im säch- fischen Landtage auch von Nichtärzten nach Ver dienst gebrandmarkten Buches. Er hebt aber hervor, es würde geradezu eine Beeinträchtigung ebenso des Gemeinwohls als auch der ärztlichen Interessen bedeuten, wenn die Ärzte unter allen Umständen verhindert sein sollten, auf die Mit- Donnerstag, den 7. April 1904, abends 1,9 Uhr öffentliche Gememöerntsfchrmg. VitendorWoritzims, am 6. April 1901. Der Gememdevorstand. Hekanntmachnng. Hiermit wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß das von Herrn Köhlereibesitzer August Leonhardt in Geoldokritta verwaltete Aöniglieke 8tanckessmt für die Einwohner Ottenclork-I^lorltrclsrfs Dienstags, Donnerstags u. Sonntags Von mittags 12 bis 2 Uhr nachmittags sonst aber unbestimmt, geöffnet ist. Ottendorf-Moritzdorf, am 31. März 1904. Der Gemeindevorstand. Lincks glieder der Naturheilvereine unmittelbaren Ein fluß zu gewinnen. Königsbrück. Durch Fahrlässigkeit des Handelsmanns Göllner aus Thierbach bei Borna sind dieser Tage in der Laußnitzer Heide etwa drei Acker 15 —20jühriger Fichtenbestand zum Teil abgebrannt, zum Teil vollständig ver nichtet worden. G. hatte sich im Walde niedergesetzt, eine Zigarre angebrannt und das noch brennende Zündholz von sich ge worfen, das indes Feuer gefangen hat. Seine Bemühungen, das Feuer zu löschen, ,blieben ohne Erfolg, weshalb er sich auf und davon machte, jedoch bald darauf vom Königsbrücker Gendarm betroffen und festgenommen wurde. Dresden. Der am Aufgang der Augustus- brücke stehende Posten der Neustädter Haupt wache ist mit dem 1. April auf Verfügung dcs Ministeriums eingezogen worden, nachdem er bereits in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einmal auf längere Zeit einge zogen war. Da das Kriegszahlamt nach dem neuen Jntendanturgebäude, Wasserstraße, ver legt worden ist, ist der Wachtposten hier nicht mehr nölig. — Der Fremdenzufluß während der Oster- feicrtage nach der sächsischen Residenz war außer ordentlich stark. Die zahlreichen großen und kleineren Hotels wiesen volle Besetzung auf und in den Sammlungen sowie den sehenswerten Kircken herrschte zeitweise ein übermäßiger An drang. Die Theater waren völlig ausverkauft. — Eine zweite Heilstätte für Alkoholkranke zu errichten, plant der Vorstand des Dresdner Bezirksvereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke, nachdem die verfügbaren elf Plätze seiner ersten öffentlichen sächsischen Heilstätte für Alkoholkranke „Seefrieden" in Cunnertswalde bei Moritzburg schon seit längerer Zeit voll be legt sind. Der Verein hofft, das neue Heim in unmiitelbarer Nähe des ersten entstehen zu sehen und wie dieses gleichfalls der geistlichen und wirtschaftlichen Fürsorge der Moritzburger Brüderanstalt unterstellen zu können. Erneut wendet sich daher der Vorstand des Vereins an gemeinnützige Männer und Frauen in allen Teilen Sachsens mit der herzlichen Bitte um Unterstützung. Dem ganzen Lande kommt dieses Unternehmen zu gute. — Herrenlose Grundstücke. Es mehren sich die Fälle, in denen Dresdner Grundstücke als herrenlos versteigert werden; so gelangen am 12. April das seither auf den Namen desBau- gewerken Josef Wehowsky eingetragen gewesene Eckwohnhaus Hüblerstraße 8 im Taxwerte von 145 300 Mark und am 16. April zwei an der Burkhardlstraßs gelegene Baustellengrundstücke, auf je 40 500 Mark taxiert, welche auf den Namen des Apothekers A. Rillich seither ein getragen waren, zur zwangsweisen Versteigerung durch das Kgl. Amtsgericht. — Ein bis jetzt noch unbekannter Mann ist in der Nähe von Coschütz von dem 10 Uhr Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich z Mark. Durch die Host bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag zo Uhr. Inserate werden mit zo Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 42. Freitag, den 8. April 1904. 3. Jahrgang. 55 Minuten vormittags von Dresden - Haupt- bahnhof nach Tharandt verkehrenden Personen zuge erfaßt und in den Bahngraben gestoßen worden. Anscheinend liegt ein Selbstmordver such vor. Der Verunglückte, der sich wieder erhoben hatte, suchte sich seiner Festnahme durch einen Sprung in die Weißeritz zu entziehen. Er wurde dem nassen Element wieder entrißen und nach dem Krankenhause Dresden-Friedrichstadt überführt. — Gestern früh gegen 5 Uhr fuhr der be frachtete große Dampfer „Prag" der Oester- reichischen NordwestdampfschiffahrtS - Gesellschaft durch das dritte Fahrjoch der Augustusbrücke. Kaum hatte das auf der Bergfahrt begriffene Dampfschiff die Brücke passiert, als die Steuer kette riß und der Dampfer nach dem rechten Elbufer zu drehte, wo er sich vom siebenten Strombogen an schräg vor die Brücke auf Neu städter Uferseite sestlegte. Ein herbeigerufener Schleppdampfer der Gesellschaft („Aussig") ver mochte das anscheinend schwer belastete festge kommene Schiff nicht abzuz-ehen, so daß man sich genötigt sah, eine große Elbzille an den Dampfer „Prag" anzulegen und die Überladung der Frachtgüter mit Hilfe von zwei Dampf hebezeugen vorzunehmen. Einen Schaden hat der Schiffskörper der „Prag" nicht erlitten, auch versperrt das gewaltige Schiff glücklicher weise die Fahrjoche der Brücke nicht. Die Be amten der Elbstrombehörde waren sofort zur Stelle und haben die nöligen Anordnungen so fort. getroffen, um die Elbe möglichst bald wieder frei zu bekommen. Der zum Abbringen herbei gerufene Schleppdampfer „Aussig" bleibt bis zur Hinwegführung der beladenen Zille bezieh ungsweise des festgefahrenen Frachtdampfers berg wärts in Bereitschaft verankert. Niederlößnitz. Zu den wenigen Orten, welche in der angenehmen Lage sind, zur Zeit die Steuern zu erniedrigen, gehört der hiesige Villenort, denn der hiesige Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung, am 31. März be schlossen, die im Verhältnis zu den meisten anderen Gemeinden bereits niedrigen Steuern für 1904 von 12*/z auf 11'/, Steuereinheiten zu ermäßigen, sodaß die Gemeindesteuer im Jahre 1904 durchschnittlich nur 50 Prozent der Staatseinkommensteuer betragen wird. Glückliches Niederlößnitz! Radeburg. Der Verein der Gast- und Schankwirte hat in seiner kürzlich stattgefundenen Generalversammlung an Stelle des Herrn K. Gommlich, welcher sein Amt freiwillig nieder legte, Herrn Ratskellerwirt R. Richter zum 1. Vorsitzenden gewählt. Bautzen. Dienstag nachmittag hat der Maurer Lowke seine 40jährige Ehefrau bei ei nem Streite erstochen. Der Täter wurde sofort verhaftet. Lichtenberg bei Pulsnitz. Bei einem am Osterheiligenabend niedergegangenen Gewitter schlug der Blitz in der Kirche, in der gerade Beichte abgehalten wurde. Glücklicherweise war es nur ein sogenannter kalter Schlag, dessen einzige Folge in vorübergehender Betäubung einiger Anwesender bestand. Zöblitz. Einen entsetzlichen Tod fand in Finsterau derBesitzer des Restaurants „Kamerun", Max LooS. Als er nach Schluß sich zur Ruh begeben wollte, wurde er in dem Hausflur von Krämpfen befallen. Loos stürzte bewußtlos zu Boden und, da keine Hilfe zur Hand war, ent zündete dir von ihm in der Hand getragene brennende Lampe seine Kleidung, wodurch Loos furchtbare, seinen Tod rasch herbeiführende Brand wunden erlitt. Am andern Morgen wurde er, schwer verbrannt, als Leiche mit noch glimmen den Resten seiner Kleidung aufgefunden. Öderan. Am Dienstag mittag wurde im hiesigen Walde an einem 12jährigen Mädchen aus Falkenau bei Flöha ein SittlichkeitSver- brechen verübt. Als Täter wurde der 26jährige Arbeiter Franz Loße aus Bischofsboinitz in Böhmen ermittelt und in das Königliche Amts gericht Augustusburg eingeliefert. Grimma. Ein Unfall, hervorgerufen durch einen unvorsichtigen Automobilfahrer, trug sich hier auf der Bahnhofstraße zu. Das Pferd einer mit vier Personen besetzten Kutsche wurde durch das Geräusch eines ihm folgenden Auto mobils stark beunruhigt, trotzdem überholte der Lenker des Automobils in schnellem Tempo das Geschirr, Das Pferd ging dnrch; sämt liche Insassen, darunter ein Kind, wurden her ausgeschleudert, der Wagen umgestürzt und zertrümmert. Wunderbarerweise kamen die Insassen bis auf eine Dame, die einen Schlüssel beinbruch erlitt, mit nur leichten Verletzungen davon. Hainichen. Der Former Gersdorf, der am 14. Februar einem Techniker mit einem Bierglase eine gefährliche Verwundung zufügte, wurde vom Schwurgericht zu Freiberg zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Sayd a. Hier schlug am Mittwoch ein Blitz in die Wirtschaft des Erbgerichtsbesitzers Ehrich und äscherte zwei Scheunen ein, in denen sich viele Erntevorräte und auch land wirtschaftliche Maschinen befanden. Wurzen. Hier hat der Kartonnagenarbei ter Friedrich Robert Schaal den Tod in der Mulde gesucht und gefunden. Auf einen Zettel in seinen Sachen standen die Worte: „Lieber tot als wahnsinnig!" Sch. ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Coswig. Die von verschiedenen Zeitungen gemeldete Überwachung der Irrenanstalt Linden hof durch Gendarme wegen der angeblich beab sichtigten Entführung der Prinzessin Luise von Koburg durch Mattachich wird von zuständiger Seite als Erfindung bezeichnet. Leipzig. Der Kampf zwischen der Orts krankenkasse und den Ärzten hat dadurch be sonders an Schärfe zugenommen, daß nicht bloß die bisherigen Kassenärzte die Behandlung der Kassenmitglieder, mit Ausnahme einmaliger Hilf« in dringender, Fällen, verweigern, daß sich viel mehr sämtliche Leipziger Arzte, also auch die jenigen, welche mit der Kasse in keinem Ver hältnis gestanden, ehrenwörtltch zu dergleichen Zurückhaltung verpflichtet haben. Die einmalige Hilfe wird unentgeltlich geleistet, weiter aber selbst gegen eigne Bezahlung der Patienten ab gelehnt. Der Zudrang zu den ärztlichen Be ratungsanstalten war bereits am 1. April sehr stark. Obwohl sie wegen des Feiertags nur zwei Stunden geöffnet waren, fanden insgesamt 340 Konsultationen statt. Lichtenstein. In Callnberg hat der Fabrikant Paul Zierold der Stadt einen 6000 Quadratmeter großen Bauplatz unentgeltlich zur Verfügung gestellt; außerdem hat er sich zur Errichtung von zehn Arbeiterwohn häusern auf von ihm erworbenen Bauareale bereit erklärt. Meerane. Eine angesehne Persönlichkeit Herr Richard Quaas, Mitinhaber der Firma Louis Quaas L Ko. hier, hat sich gestern im Rosenthal zu Leipzig erschossen. Private pe kuniäre Schwierigkeiten sollen den erst in den 30er Jahren stehenden Mann in den Tod ge trieben haben. Reichenbach i. V. Der Tichler Angust Grunert wurde dabei betroffen, als er sich und seinem Jahr alten Kind das Leben nehmen wollte. Beiden waren Stricke um den Hals geschlungen an Haken in der Wand be festigt. Der Mann wnrde festgenommen. Annaberg. Das erste FrühjahrSgewitter entlud sich am Ostersonnabend nachmittag gegen 3 Uhr unter Blitz und heftigem Donner bei wechselndem Sonnenschein, Regen und Scknee über unsere Gegend. Gegen ^4 Uhr trat eine unheimliche Finsternis ein, so daß in den Woh nungen wie in den Arbeitsräumen Licht ange zündet werden mußte. Der Himmel zeigte eine gelbgraue, ins Violette gehende Beleuchtung. Es trat ein dichter, graupelartiger Schneefall ein. Eine Viertelstunde später schien die Sonne wieder. Das Gewitter ist in Plauen und an deren Orten des VoglandeS ausgetreten.