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Vie „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Poft bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend, Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten dis vormittag m Uhr. Inserate werden mit 10 Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 32. Mrtttvvch, den 16. Mär; 1904. 3. Jahrgang. Deutliches und Sächsisches. Vttendorf-Gkrilla, März 1904. — Die am vergangenen Sonnlag statt gefundene Vorführung des Feuerlösch-Apparates Minimax, zu welcher sich eine große Anzahl von Personen von hier und der näheren Um gegend eingefunden hatten, zeigte die geradezu staunenswerte Wirkung des Apparates. — Am gestrigen Montage nahmm die aus ständigen Tischler der Möbelfabrik zu Cunners dorf, nachdem eine Einigung erzielt worden war, die Arbeit wieder auf. — Der neue Sommerfahrplan bringt für unsere Bahnlinie Dresden—Klotzsche—Königs brück eine Erweiterung, durch welche ein lang jähriger Wunsch der Anwohner berücksichtigt und einem wirklichen Bedürfnisse entsprochen wird. Die Erweiterung besteht in der Einrichtung neuer Personenzüge, welche nachmittag 5 Uhr 40 Min. vom Dresden-Neustädter Bahnhofe, 5 Uhr 56 Minuten von Klotzsche abgehen und 6 Uhr 56 Minuten in Königsbrück ankommen, in der um gekehrten Richtung aber Königsbrück abends 7 Uhr 10 Min. verlassen und 8 Uhr 29 Min. abends auf dem Dresden-Neustädter Bahnhofe eintreffen sollen. Dieser Zug erreicht hier noch Anschluß an den Abendpersonenzug nach Döbeln- Leisnig, der kurz nach 9 Uhr von hier abfährt. Der Abendpersonenzug nach Königsbrück und Schwepnitz wird alsdann etwas spätergelegt. Er wird künftig erst 7 Uhr 10 Min. abends von Dresden-Hauptbahnhof, 7 Uhr 22 Min. von Dresden-Neustadt absahren und 8 Uhr 46 Minuten in Königsbrück und 9 Uhr 20 Min. in Schwepnitz eintreffen. Da nun in seiner späteren Lage auf dem Dresdner Hauptbahn hofe die wichtigen Anschlußverbindungen von Reichenbach i. V.—Chemnitz (6 Uhr 49 Min.) und von Wien—Prag—Bodenbach bezw. Tet- schen (Ankunft 6 Uhr 53 Min ) von ihm selbst ausgenommen werden, entfällt in Klotzsche der gegenwärtige längere Aufenthalt. In umge kehrter Richtung wird der letzte Tagespersonen zug erst 9 Uhr 55 Min. von Königsbrück ab gelassen die Ankunft auf dem Dresden-Neu städter Bahnhofe findet 11 Uhr 9 Min. nachm. statt. Angenehm empfunden dürfte werden, daß der 11 Uhr 10 Min. vorm. von Klotzsche ab gehende Personenzug etwas beschleunigt wird; er trifft schon 12 Uhr 11 Min. in Königsbrück und 12 Uhr 52 Min. nachm. in Schwepnitz ein. Ferner wirb einem Wunsche der Schwepnitzer Einwohnerschaft entsprochen insofern, als der Zug früh 4 Uhr 56 Min. von Königsbrück nach Schwepnitz auch Sonn- und Festtags der Per sonenbeförderung (in 3. Klaffe) dienen soll. An zwei Tagen im Monat wird außerdem ein Zug nachls 1 Uhr 48 Min. von Schwepnitz Fahr gelegenheit nach Königsbrück bieten. — Schulprüfung und Versetzung. „Wenn Du nicht versetzt wirst, erlebst Du etwas I" Das ist ein Elternwoit, welches in diesen Wo chen vor dem Schluß deü Schuljahres nicht so selten gehört wird und einem Teil unserer Ju gend das heitere Leben schwer macht. Ängst liche Kinder denken tagaus tagein an die War- nung, die schon mehr eine Drohung als eine Mahnung ist, und mit Zittern und Zagen schreiten sie dem Zensuren- und VersetzungSlag entgegen Die Eltern sollten es so gut wissen wie die K'nder selbst, daß sich ein bisher nicht bewäl tigtes Schulpensum auch vor dem Beginn der Osterferien nicht mehr bewältigen läßt, und da- her vermeiden, die jungen Gemüter aufzuregen. Es ist ganz zutreffend, daß Trägheit und Nach lässigkeit bestraft und nicht geduldet werden sollen, aber darauf ist fortwährend zu achten und es ist nicht erst im letzten Monat vor dem großen Versetzungstermin damit zu beginnen. So sehr dürfen Tagesarbeit und Tagessorgen kein Eltern paar in Anspruch nehmen, daß nicht wenig stens einmal in der Woche Zeit wäre, sich von dem Forlschreiten der Kinder zu überzeugen, damit eventuell mit dem Lehrer, der gern dazu bereit ist, Rücksprache genommen werden kann. Zur rechten Zeit ermahnt ober belobt, das macht seinen Einfluß geltend, zu spät ist oder bleibt zu spät. Es gibt ja doch auch Kinder, bei wel chen es nicht am Wollen, sondern am Können liegt, die beim besten Willen nicht so leicht oder nicht in allen Fächern so leicht begreifen wie andere. So erleben wir es gar nicht selten, daß Kinder z. B- im Rechnen und in der Ma- tematik nur mittelmäßiges leisten, während sie als Sprachtalente erstaunlich sind. Es ist nicht immer möglich, alles in einem Kopf zu ver einen; es ist auch gar nicht erforderlich und nicht möglich, daß jeder etwas Großes wird. — Welche Uhr ist maßgebend, die Gerichts uhr oder die Taschenuhr des Vorsitzenden? Die Berufung eines Angeklagten war von einer Strafkammer verworfen worden, nachdem der Gerichts - Vorsitzende nach seiner, nach der Normalzeit richtig gehenden Uhr fest gestellt hatte, daß die Terminsstunde gekommen und der Angeklagte trotz Aufrufes nicht erschie nen war. Der Strafsenat des Oberlandes gerichts zu Naumburg bewilligte jedoch, wie die Zeitung der dortigen Auwaltskammer mitteilt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil glaubhaft gemacht wurde, daß zurzeit des Auf rufes di« Uhr im Gerichtsgebäude, die etwas nachgind, noch nicht die Terminsstunde gezeigt hatte. Die Gerichtsuhr ist darnach als maß gebend eingesehen worden. — Auf Veranlassung des Gesamtvorstandes des Sächsischen Saalinhaberverbandes werden sich Mcktwoch, den 16-März nachmittags 2 Uhr die Saalwirte des gesamten Landes zu einer Protestkundgebung gegen die neue Gemeinde- steuervorlagc der Regierung vereinigen. Ein ladungen hierzu sind auch an Landtagsabgeord nete und Gcmeindevertreter erfolgt. Jeder Saalwirt Sachsens hat Zutritt. — Eine lustige Geschichte wird vom Dorfe L erzählt: Im Gasthof hatten sich eines abends die Gemeinderätsmitglieder zur Sitzung ver sammelt, und in der allgemeinen Vertiefung in die Beratungen über des Dorfes Wohl und Wehe hatte man garnicht beachtet, daß auch der wohlbestallte Hüter der nächtlichen Ruhe des Dorfes sich in dem Beratungsz'mmer eingefun den, die Zeichen seiner Würde, den schweren Spieß und die unförmige Laterne, in eine Ecke gestellt hatte und nun die Pfeife im Munde, mit großer Behaglichkeit und noch größerem Wissensdurste den weisen Reden der löblichen Dorfbeherrscher lauschte. Endlich konnte sich ein dicker runder Herr nicht mehr halten und mit großer Entrüstung in der Stimme fragte er mitten in einer wichtigen Beratung: „Na, Goodlieb, was willst Du denn hier? wer paßt denn da uff, wenn se draußen stehlen?" Und während noch die anderen Räte in wortlosem Staunen die unvermutete Rede ihres Kollegen auf sich wirken lassen, antwortet schon Good lieb, während er die Pfeife sorglich aus dem einen Mundwinkel in den andern schob, mit bewundernswerter Seelenruhe: „Ja, wer soll denn stehlen? Mer sein ja alle Hierl" Dresden. Der hiesige Fliesenlegerstreik ist beendet, nachdem der strittige Tarif mit ei nigen Abänderungen von den Unternehmern an erkannt und auch die Dresdner Fliesenleger die Abmachungen vom Gewerbegerichte in einer Versammlung gutgeheißen haben. — Die Heilsarmee hat jetzt auch in Dresden in der Josephinen - Straße ein Standquartier errichtet. Kötzschenbroda. Einem Diebe, der sich schon am Abend in die Wohnung eingeschlichen hat, sind in der Nacht zum Sonntag im Restaurant „Zum Kalkulator" beträchtliche Geldsummen in die Hände gefallen. Aus den Kleidern des Wirtes Herrn Roßberg stahl er, als dieser sich mit Frau zur Ruhe begeben hatte, eine Geldtasche mit 420 M. Inhalt, so wie zwei Uhren mit Ketten, in der Schlafstube der Töchter 20 M. und in dem Gastzimmer die Wechselkaffe und eine Kegelgesellschaftskaffe. Radebeul- Mit Hinterlassung zahlreicher Verbindlichkeiten sind die hiesigen Färbereidesitzer Volkeschen Eheleute angeblich nach der Schweiz geflüchtet. Meißen. In Witten stellte sich Johannes Greschel unter der Angabe der Polizeibehörde, in der vorigen Woche seinen in Meißen als Prokurist tätigen Bruder Kurt Greschel durch Cyankali vergiftet zu haben, und zwar weil dieser sich geweigert habe, ihm weiter in seinem Fortkommen behilflich zu sein. Der Bruder mörder wurde in Haft genommen. Großenhain. Der Bezirksausschuß der Königlichen Amtshauptmannschaft Großenhain beabsichtigt die Erbauung eines Bezirks-Siechen- hauses. Die Mittel hierfür sollen aus einer einzusübrenden Lustbarkeitssteuer aufgebracht wer den. Bisher wurden die Stechen des Bezirks mit in dem Arbeits- und Versorghause zu Dippol diswalde untergebracht. Die Stadt Großenhain hat sich erboten, einen Bauplatz unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, während die Stadt Riesa die Verlegung des Baues des neuen Siechenhauses nach Riesa anregen will. Mühlberg a. d. E. Der Grubenarbeiter Herbst aus Bockwitz war auf der dortigen Mühl grube in gebückter Stellung beschäftigt, als von oben eine Eisenstange, welche zum Aufhängen von Grubenlampen dient, herabgeworfen wurde. Dis Eiscnstange traf den Unglücklichen am Schulterblatt, durchbohrte ihm den Brustkasten und fuhr vorn an der Brust wieder heraus. In hoffnungslosem Zustande wurde der Be dauernswerte, der eine starke Famile besitzt, in das dortige Krankenhaus Bergmannstrost übergeführt. Döbeln. Von dem vormittags 10 Uhr 10 Minuten von hier nach Mügeln b. O. ver kehrenden Personenzuge mit Güterbeförderung ist am Sonnabend ein beladener Güterwagen mit einer Achse entgleist. Verletzt wurde Niemand, auch erlitt der Betrieb keinerlei Störungen. Lug au- Die Aufhebung von Z 2 des Jesuitengesetzeö hat dem hiesigen Zweigverein des evangelischen Bundes an einem einzigen Tage 70 neue Mitglieder zugesührt- Glauchau. Hier wurde eine ungefähr 60 Zentimeter lange Kreuzotter am Eingangs des Rümpfwaldes beim Forsthause gefangen. Meerane. Seit Mittwoch Nachmittag ist der ungefähr 28 Jahre alte, verheiratete Markt helfer Wunderlich verschwunden. Ec war be auftragt worden, Rechnungen zu begleichen, wozu er ca. 300 Mark erhalten hatte. Wunderlich hat die Rechnungen aber nicht bezahlt. Da er bis jetzt noch nicht zurückgekehrt ist, nimmt man an, daß W. das Geld unterschlagen und die Flucht ergriffen hat. Plauen. Von der großen Zahl der Sachsen gänger konnte man sich heute hier und auf ei nigen Stationen von Plauen überzeugen. Die Bausaison hat noch nicht ordentlich begonnen, aber schon ziehen die böhmischen, kroatischen, italienischen Arbeiter und Arbeiterinnen, ganze Familien, in Scharen nach Sachsen ein. Heute vormittag benutzten den Eger-Plauenschen Psr- sonenzug von Eger aus allein 600 solche Ar beiter und Arbeiterinnen. — Von einem schweren Unglücksfalle ist der in Plauen i. V wohnende, 43 Jahre alte Maschinenreisende Kaufmann Louis Strobel be troffen worden. Als er sich dieser Tage abends von einem Geschäftsgänge in Oelsnitz auf dem Rückwege nach Plauen befand, kam er vor Oberlosa zu Falle und erlitt einen Bruch. der Röhre des rechten Beines oberhalb des Knöchels. Er schleppte sich mit Aufbietung aller Kräfte noch etwa 40 Meter vorwärts, mußte aber dann bei Schnee und Kälte nicht weniger als vier Stunden liegen bleiben. Aus der Woche. Man wird sich erinnern, wie allgemach die Nachrichten über die Blockade in Venezuela den Aufstand in Marokko und über die mazedonischen Wirren „versandet" sind und es kann daher auch nicht wunder nehmen, wenn es mit Ost asien ebenso geht. In Ermangelung wirklicher Tatsachen machen sich die nach Japan und die nach China entsandten Berichterstatter der großen Zeitungen mit Erfindungen bezahlt, die zwar Wippchens Witz und Chenie nicht verraten, im übrigen aber wenigstens Lesestoff enthalten. „Die Nachricht über (folgt nähere Angabe) ist zwar gänzlich unbegründet," so schrieb vor kur zem eine größere Pariser Tageszeitung, „aber wir sind stolz darauf, sie zuerst gebracht zu haben." Man kann wirklich bei aller journa listischen Schaumschlägerei nicht bescheidener sein. Soweit der Krieg deutsche und europäische In teressen berührt, ist die wichtigste Meldung, daß Kaiser Wilhelm seine Seereise angetreten hat. Denn vor vier Wochen wurde berichtet, diese Reise sei wegen der diplomatischen Lage aufge geben worden. Diese muß sich denn doch in zwischen soweit geklärt haben, daß keine Zwischen fälle mehr befürchtet werden und der Kaiser seine Fahrt nun antreten konnte. Haben sich doch alle Großmächte zu der Ansicht geeinigt, daß Japan die Schuld an dem Kriegausbruche trage und mit dem Beginn der Feindseligkeiten das Völkerrecht gebrochen habe. Diese Sckuld wird die Japaner nicht allzuschwer drücken. König Eduard wollte — so schien es wenig stens — feurige Kohlen auf dem Haupte des ihm verschwägerten Zaren sammeln; er gedachte eine Vermittelung seitens der Mächte herbeizu führen. Nun kommt aber die in diesem Falle etwas ungeschickte englische Presse und verrät die eigentlichen Beweggründe des einst so lebens lustig gewesenen Königs. Man sagt sich in England: Wenn Rußland niedergerungen wird, dann erlangt das uns so verhaßte Deutschland eine zu große Macht! Diese Anschauung mögen sich alle diejenigen merken, die den neueren deut schen Militärerziehungs-Romanen einen über hohen Wert beizumessen geneigt sind. Daß sich in einem so großen Apparat, wie die deutsche Armee, infolge der langen Friedenszeit hier und da 'mal Stock- und Rostflecke zeigen, ist be greiflich; es ist sogar gut, daß sie ans Licht der Öffentlichkeit gezogen und schonungslos kri tisiert werden, damit die Wachsamkeit der Auf- sichlsbehörde nicht einschlummert und die Schä den gebessert werden. Hat auch kein Vaterlands freund seine Freude an den Skandalen, so muß er sich doch sagen, daß es immer bester ist, wenn die Sonde in die offene Wunde gelegt werde, als daß man alles mit dem Mantel der Vater landsliebe zudeckt und die Schwären im gehei men weiter um sich greifen. Übrigens ist Väter chen Zar nicht unzugänglich; außer französischen Offizieren hat er auch deutschen, aber einst weilen keinen andern fremden Generalstäblern gestattet, im russischen Hauptquartier zu weilen. Ferner aber hat er für sich und sein Haus ohne jeden Entschädigungsanspruch auf die even tuellen Erbansprüche an Oldenburg verzichtet. Allerdings ist diese Frage noch nicht sehr drän gend, denn Oldenburgs Großherzog ist noch jung und hat auch einen sechsjährigen Sohn; aber die Möglichkeit, daß doch vielleicht ein russischer Kaiser infolge verwandtschaftlicher Beziehungen auf einen deutschen Thron gelangen könnte, ist dem Empfinden der jüngeren Generation Deutsch lands, die zu nationalem Fühlen erwacht ist, sehr zuwider, wie sich schon einmal in einem ähnlichen Falle gezeigt hat. Das russische Kaiser- Haus ist zwar völlig deutscher Abstammung; denn Peter III. war vor seiner Adopüon durch Elisabeth von Rußland Herzog von Hnlstein- Gottorp und seine Gemahlin war eine Prin zessin von Anhalt-Zerbst; auch das Jeverland, dessen skatfremde Kibitze bis zu Bismarcks Tode alle Jahre zu Ende März ihre patriotischen hundert Eier legten, und das heute zu Olden burg gehört war Kunkellehen dieser Prinzessin, der nachher so berüchtigten Katharina II. Aber das sind „olle Kamellen" — sie liegen hundert und mehr Jahre zurück und der Zar ist kein deutscher Fürst mehr. — Die sonstigen Ereig nisse der Woche werden ohne Nachwirkungen im Zeitenstrom untergehen.