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Ottendorfer Zeitung. Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Leid und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis »»rmittag zo Uhr. Inserate werden mit 40 Pf. für die Sxaltzetle berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 27. Freitag, den 4. Mär; 1904. 3. Jahrgang. Freibank Ottendorf-Moritzdorf. Donnerstag, d. 3. März, nachm. 3 Uhr aelanat das Fleisch eines Rindes in rohem Zustande zum Verkauf. Preis pro Pfund 35 Pfg. Grund der Beanstandung: Tuberkulose. Ottendorf-Moritzdorf, am 3 März 1904. Der Gemeindevorstand. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, z. März 1904. * Am heutigen Tage beging Herr Gasthafö- besitzer Gustav Schönert in Hermsdorf das Fest der silbernen Hochzeit. — Wir sind im „Lenzmonat". Bisher sehen wir aber noch recht wenige Anzeichen da für, daß es dem lachenden Frühling entgegen geht. Die Natur hat sich in einem großen Teile Deutschlands noch einmal in ein richtiges Winter kleid gehüllt. Eine selten schöne Sch.erlaub schäft breitet sich vor unseren Augen aus — Und es wird noch immer kälter: Schneebedeckt bleiben die Felder, FrühlingSjubel war zu früh! Ja nun kann man wohl begreifen, Warum jetzt die Stare pfeifen: Auf den Frühling pfeifen sie I — In der Einschnittsböschung der nur dem Güterverkehre dienenden Eisenbahnlinie Chemnitz- Obergrüna (Flur Borna) droht infolge des an haltenden nassen Wetters uni« der ungünstigen Bodenbeschaffenheit der Einsturz der Böschung; es hat infolgedessen der Verkehr zwischen den Ladestellen Borna b. Eh und Chemnitz-Alten dorf auf einige Tage eingestellt werden müssen. Gütersendungen für Niederrabenstein, Rottluff und Chemnitz Altendorf werde» v-nübergehend über Wüstem, am geleitet. — Üver das Ei gebniS der Besprechung von Vertretern verschiedener Bundesstaaten über die Umleitung des Güterverkehrs teilte der preußische Eisenbahnministcr soeben mit: Man ist einig, daß Umwege von mehr als 20 Prozent im Wechselverkehr der deutschen Bahnen als zu ei nander nicht entsprechend ohne Entschädigung alsbald zu beseitigen sind. Es wurde anerkannt daß grundsätzlich der wirtschaftlich beste Weg im Güterverkehr zu wählen ist. — Die Beförderung von Postpaketen narb Port Arthur und Wladiwostok (über Schanghai) ist bis auf weiteres eingestellt worden. Pirna. Die Pirnaer Duellaffäre wird am nächsten Dom erStag (3. d- M ) nachmittags dos Kriegsgericht der 32. Division beschäftigen. Die Verhandlung finden im Offizierskasinogebäude in Pirna statt. Bautzen. In der Nacht zum 28. Februar entstand auf der Steinstraße eine größere Men schenansammlung dadurch, daß ein Offizier mit einigen Z vilpersonen in Differenzen, gekommen war. Daß hier schon seit längerer Zeit Reibungen, zwischen Militär und Zivil bestehen, darauf deuteten die mehrfachen Reisen des Kom mandeurs des 12. Armeekorps, zu dem das 103. Regiment gehört, Sr. Kgl. H. des Kronprinzen Friedrich August nach Bautzen hin, die wobl nicht Nur zu Besichtigungszwecken unternomm-n wur den. Nach einer von uns bisher nicht rep o- duzierten Preßnotiz dürfen die Herren Offiziere des Bautzner Regiments neuerdings eine ganze Anzahl gerade sogenannter dortiger besserer Lo kale nicht mehr besuchen. Was eigentlich in der sonst sehr militärfreundlichen, uralten Garnison stadt vorgckommen ist, entzieht sich vor der Hand noch der allgemeinen Kenntnis. Hoyerswerda. Der in voriger Nummer äks „gestreckt" gemeldete „Tiger von Subrodl" wurde nach nun vorliegenden genaueren Mit teilungen am vergangenen Sonnabend bei der Unter Leitung des königl. pr. Oberförsters von Gronefeld abgehaltenen sog. Palizeijagd unter Aufgebot der königl. Forstbeamten der obenge- Uaünten Oberförsterei und einiger Privatforst beamten erlegt, und zwar wurde dieser stattliche Wolf männlichen Geschlechts, als den sich der „Tiger" bei seinem Tode entpuppte, durch Privat- sörster Bremer aus Weißkollm in der Nähe des königlichen Revierförsterbezirks Neustadt an der gräflich Arnimschen Reviergrenz« auf zirka 40 Schritt mit einem Schrotschuß zur Strecke ge bracht. Dieses ungewöhnlich seltene Raubtier hatte sich trotz eifrigster Verfolgung stets den Jägern zu entziehen gewußt und dem Wild stande während dieser Zeit großen Schaden zu gefügt, sowie bekanntlich auch dem Publikum mannigfachen Schrecken eingejagt. Oschatz. Der Duellgegner des Freiherrn von Ompteda, der hiesige Manen-Rittmeister Huppfeld, hat den Abschied erhalten. Chemnitz. Von dem vormittags 5 Uhr 10 Minuten von Hilbersdorf nach Reitzenhain verkehrenden Gülerzuge ist heute auf der Halte stelle Leubsdorf beim Rangieren der Stations- aspirant Weiß überfahren und bedauerlicherweise tödlich verletzt worden. Leipzig. In den Steinbrüchen bei Beucha werden jetzt gewaltige Felsmassen ge'prengt, um die Verblendquater für den Bau des Völker schlacht-Denkmals zu gewinnen. Mit der An lieferung soll schon im Monat März begonnen werden. Die Werkstücken des unteren Sockels für die Stützmauer haben vielfach die Schwere von 200 Zminern. Auch die Abräumunasar- beiten zur KieSgewinnung sind bereits im Gange, so daß beim Eintritt günstiger Witterung mit dem weiteren Bau begonnen werden kann. Die Ziehung der vierten Geldlotterie zum besten des Denkmals findet vom 14. bis 18^März statt. — Sehr scharf geht der in Leipzig vor we nigen Jahren begründete Verein für unentgelt lichen Arbeitsnachweis gegen die privaten Stellen- vermittlerinnsn vor; trotzdem ist die Zahl dieser „Bureaus" in drei Jahren nur wenig zurück gegangen. Zur Zeit bestehen in Leipzig noch 77 solcher Institute und man berechnet, daß im Jahre mehr als 64 000 Mark durch den Ge schäftsbetrieb derselben den Herrschaften und der dienenden Mädchen entzogen werden. Reichenbach i. V. Das große Fabrik- etalissemcnt der Firma Gebrüder Walther in Oberreichenbach (Färberei und Appretur) ist gestern abend ein Raub der Flammen geworden. Das Feuer war kurz nach Beendigung der Ta gesschicht, etwa r/z8 Uhr abends, im obersten Stockwerk im Trockenraum höchstwahrscheinlich durch Selbstentzündung zum Ausbruch gekom men und äscherte trotz sofortigen energischen Ein greifens mit allen verfügbaren Mitteln die lan gen Fronten des Etablissements in kurzer Zeit ein. Gegen 11 Uhr stürzte das Gebäude in sich zusammen. Die Besitzer haben zwar ver sichert, trotzdem ist der Schaden groß. Die Fabrik b schäfnate über hundert Arbeiter, die dadurch brotlos sind. ver japanische „pantnsngoikniuz". Welches der AuSgang des russisch-japanischen Krieges auch sein mag, die Entwickelung des „Panmongolismus" wird sich bald als eine Frage von allerhöchster Bedeutung für die Zu kunft Europas erweisen. Diese Anschauung ver tritt der bekannte Forscher und Orientalist Al x. Ular in einem höchst bemerkenswerten Artikel, den er auf Grund seiner Studien in China und Japan in „La Revue" veröffentlicht. Er weist darin auf die „gelbe Gefahr" hin, deren sich die Vereinigten Staaten trotz der schärfsten Ab- wehrmaßregeltt gegen die Einwanderung der Chinesen kaum erwehren können und die in nicht geringem Grade Australien, Holländisch- Jndien, Birma, Assam, Indochina und Sibirien bedroht, und er verfolgt dann die Rolle, die Japan in dieser Ausbreitung der gelben Raffe zu spielen sich berufen glaubt. Japan ist der Organisator dieser Bewegung, und die organi sierte gelbe Gefahr wird der Panmongolismus sein. Und gerade indem Japan China gegen über diese Stellung einnahm wie ein europä ischer Staat und dieselben Konzessionen: Öff nung der Handelshäfen, Konsulate, Schiffahrts konzessionen usw. erhielt, wurde es die Macht, die den größten Einfluß auf China gewann. Kaum genoffen die Emissäre des jungen Reiches diese Privilegien, als sie die Fehler der abend ländischen Konkurrenten erkannten und ausnutz ten. Die Japaner sind ein „Volk von Spionen", ihr altes Staatswesen beruhte ganz auf einem Spionagesystem, das seinesgleichen in der Ge schichte nicht hat. Jeder einzelne Japaner liebt es, Informationen zu liefern und deren Erfolge zu beobachten. Und so lieferten auch alle Ja paner, die in China beschäftigt waren, ständig Material, das die Grundlage für die Bearbei tung des chinesischen Reiches bieten konnte. Das neue japanische System besteht darin, sich den Chinesen vollkommen anzupaffen. Die japanische Regierung hat erkannt, daß die kriegerische In vasion nach europäischem Muster der größte Fehler war, den Japan begehen konnte. Jetzt bildet sie auf Grund ihrer neuen Erkenntnis ihre neuen Methoden aus, die auf der Betonung der Verwandtschaft beider Völker beruhen. Und um die Riesenaufgaben dieses „Panmongolis- muS" zu leiten, wurde ein großes Zentralorgan gebildet, eine Art heimliche Regierung an de ren Sp'tze der Prinz Konoye, der Bruder des japanischen Kaisers steht: der „Toadoboun-kai" oder chinesisch „Tung-ya-tung wen-houi", di« „Kongregation der Kultur des Ostens." Dies- mächtige Organisation ist nach dem Muster der chinesischen Kongregationen mit einer Kunst ge gliedert, für die das Abendland vielleicht kein Beispiel außer dem der Jesuiten bietet, und sie hat sich sofort an ihre Aufgabe gemacht, die sie unter einem dreifachen Gesichtspunkt, dem kommerziellen, politischen und intellektuellen, in Angriff nimmt. Die wichtigste Tätigkeit wurde auf dem ersten der drei Gebiete entfaltet; wir geben Mars Ausführungen hierüber wieder, um an einem Beispiel zu zeigen, wie die Japaner es verstanden haben, sich in China festzusetzen. Wenn man die Entwickelung des „Tung-wen- houi" verfolgt, so kan man von den Ereignissen des Jahres 1900 fast ganz absehen, denen in Europa eine Bedeutung zugeschrieben wird, die sie in Wirklichkeit nie gehabt haben. Nur hat durch dieselben die panmongolische Vereinigung die chinesische Armee leichter beschlagnahmen können. Die Beeinflussung in kommerzieller und geistiger Hinsicht hat nur indirekt eine Förder ung durch die Tatsache erfahren, daß die euro päische Expedition Haß und Verachtung gegen die Abendländer in ganz China erregt hat. Die ökonomischen Fragen haben bei den beiden gelben Nationen mehr als anderswo den Vor rang vor andern Fragen, eine Handelsgemein schaft würde das panmongolische Zusammenge- höngkeitsgesühl Hervorrufen. In diesem halb kommerziellen, halb volitischen Feldzüge sind die Japaner weit geschickter als selbst die Englän der verfahren. Sie sahen gänzlich vom Groß handel ab; sie drängten dem Chinesen nicht den Ankauf großer Maschinen, ungeheurer Waffen- mcngen, riesiger Produktionsmittel auf. Sie vermieden es wie dis Pest, die geringste Menge Opium in den Handel zu bringen, dessen Ver kauf alle abendländischen Unternehmungen befleckt. Neuheiten, aber nur solche, an denen Bedarf vorhandenwar, wurden durch ihrs unzähligen Agenten eingeführt; durch die kleinen Bedürf nisse des täglichen Lebens drang ihr Einfluß ein, begünstigt durch die gleiche Schriftsprache. Eine Schachtel englischer oder schwedischer Streich hölzer ist für den Chinesen ein unheimliches Gerät; eine japanische Schachtel, die mit dem japanischen Etikett versehen ist, das sofort auf chinesisch zu lesen ist, ist fast ein chinesischer Gegenstand: sein Inhalt ist nicht mehr geheim nisvoll und sein Gebrauch wird zu einer na tionalen Gewohnheit. Der japanische Agent, der in chinesischer Tracht reist, gleicht dem Chi nesen wie ein Ei dem andern; er spricht, oder jedenfalls liest und schreibt er die Sprache sei ner Kunden vollkommen. Die kleinen Gebrauchs artikel, die die Zivilisation und den Panmon golismus dem Mann aus dem Volke einimpfen sollen, preist er nicht an, sondern er läßt sie als wünschenswert erscheinen, wie sein eigener Gebrauch derselben demonstriert. Er zieht eine hübsche Schachtel japanischer Zigaretten aus der Tasche, er steckt eine davon an; er nimmt eine Selterflasche aus dem Gepäck und zeigt sich be friedigt über ihre durststillende Wirkung, er blickt nach seiner Uhr, er beobachtet den Um kreis mit seinem Krimstecher. Er hat humo ristische und Handelszeitungen bei sich, lacht laut über die erstere und zeigt seine Erregung über die Nachrichten der zweiten rc. Da der Chinese sehr begierig nach neuen Dingen ist, so folgen solchen Beispielen die Fragen, den Fragen die Auskunft, und fast immer der Auskunft Be stellungen und Aufträge. Auf diese Weise er obert d»r Japaner den Markt und überhaupt die Bevölkerung seiner Zivilisation. Wo die Kanonen, die in den Dienst der Missionare und Handelsvertreter gestellt wurden, unwirksam ge blieben sind, trotz der Unterstützung von unzäh ligen Millionen, hat die kindliche Gutmütigkeit d-ö „Dop", die in den Dienst einer Aufgabe gestellt war, die er von Grund au« kennt, die glänzendsten Siege errungen. Der Handelsrei sende kommt immer öfter wieder, bis er bleibt und infolge eines allgemeinen Bedürfnisses ei nen Laden eröffnet und so ein neues Zentrum x>r eindringenden japanischen Kultur und der panmongolischen Idee bildet. So arbeiten 130 japanische Detailhändler in Tientsin, 400 in Peking und Hunderte oder Tausende verteilen sich auf Tschili, Schantung und die Küstenpro vinzen, die allein durch ihre Zahl einen Enfluß haben, den die Europäer ihnen nie nehmen können. Der Ursprung der modernen Industrie, die auf diese Art eindringt» wird in 9 Fällen unter 10 für japanisch ausgegeben. Da der Großhandel großes Kapital verlangt, und Japan sich dieses in Amerika oder England verschaffen muß, so ist die etwa vorhandene japanische Han delstätigkeit im großen Stil nur nach außen hin eine solche, ausgenommen natürlich an den Orten, wo der Großhandel nur der unmittel bare Lieferant des triumphierenden Ladenkauf manns ist. Von dem Moment ab aber, wo Japan die fehlenden Kapitalien entweder bei sich oder bet den ökonomischen Gesellschaften Chinas findet, wird auch der abendländische Großhandel sich einem außerordentlich gefähr lichen Konkurrenten gegenüber sehen. Die Ge wohnheit, auf das kleinste zu achten, wird Ja pan auch dort den Sieg verschaffen. Man sieht ein Beispiel davon in der Art, wie Japan schon den Großhandel in Baumwolle — und noch mehr den Kleinhandel — in Korea monopoli siert hat. Da das einzige Transportmitel in Korea das Pferd ist, das die Last sehr schmale Pfade entlang trägt, waren die englischen und amerikanischen Ballen zu groß, sie mußtrnjgeöffnet und in zwei Ballen verpackt werden, wa» Zeit- und Geldaufwand bedeutet. Der „Tung-wen-houi", der über diese Verhältnisse Bescheid weiß, lenkte die Aufmerksamkeit auf diese Tatsachen, und Japan überschwemmte sofort den Markt mit Warenballcn, die ganz in der Form verpackt waren, wie sie auf den Rücken des Pferdes ge laden werden — die japanische Baumwolle wurde im Innern Koreas billiger als die eng lische, alle Welt kaufte bei den Japanern, die oft ihre Baumwolle selbst bei den Engländern gekauft hatten, — das Abendland hat sich, ohne es Japan darin nachzutun, vom Markt zurückgezogen.