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Ottendorfer Zeitung. Dir „GttenLorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag un> Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „öpiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag z» Uhr. Inserate werden mit ,o Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 22. Sonntag, den 21. Februar 1904. 3. Jahrgang. Oertlichrs und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, 20. Februar 1904. — Die hiesige Volksschule gibt in diesen Tagen Fragebogen aus, durch die sie die Ansicht der Eltern über die Schularbeiten der Kinder näher kennen lernen will. Da die Arbeit der Schule nur dann von Erfolg sein kann, wenn Elternhaus und Schul« Hand in Hand gehen, werden die Eltern oder Erzieher ersucht, ihre Ansichten und Wünsche bezüglich der Hausauf gaben auf jenen Fragebogen zum Ausdruck zu bringen. — Auf die von uns in einer der letzten Nummern gebrachten Mitteilung über die so genannte» Freß-, Mast- und Milchpulver für das Vieh weisen wir nochmals mit dem Be merken besonders hin, daß auch der Deutsche Landwirtschaftsrat zu Berlin bei seiner kürzlich stattgesundenen Tagung sich mit dieser Ange legenbeit beschäftigt hat. So gab in der Sitzung desselben am t1. d. M. Prof. Dr. Soxhln aus München einige Bilder von dem Freßpulver- markte, von der unerhörten Reklame, Schädlich keit usw- 1 Pfund der „Bauernfreunde" kostet z. B. 90 Pfg., der wirkliche Wert beträgt höch stens 30 Pfg. Das „Mastin" kostet 1 Mark 40 Pfg. (Wert 20 Pfennig). Wer mit der „Bauernfreunde" gar Knochenbrüchigkeit vor beugen will, zahlt für das Pfund phosphor sauren Kalk darin 7 Mk-, in Form von Futter kalk kauft man es für 16 Pfg. — Im Herbst« 1904 soll eine größere An zahl tropendienstfähiger Dreijährig - Freiwilliger für die Besatzung von Kiautschou eingestellt werden. Hierbei werden namentlich Bauhand werker jeder Art, ferner Schuhmacher. Schnei der, Sattler re. berücksichtigt. Die Mannschaf ten erhalten in Kiautschou neben der Löhnung und Verpflegung eine tägliche Ortszulage von 50 Pfg., die Kapitulanten eine tägliche Orts zulage von 1 Mk. 50 Pfg. Bewerber, die vor dem 1. Oktober 1885 geboren sind, haben ihr Einstellungsgesuch entweder an das Kaiserliche Kommando der Stammkompanie des III. See bataillon« in Wilhelmshaven oder an das Kaiserliche Kommando der III. Matrosenartllerie- abteilung in Lehe zu richten. Ersteres nimmt Meldungen für das III. Seebataillon und die Mariiiefeldbatterie, letzteres für die Küsteuar t'llerie entgegen. — Das „Dresdner Journal" schreibt: „Eine Anzahl von Tagcsblättern hat die Mitteilung gebracht, daß sich in Sachsen Theologenmange bemerkbar mache. Von zuständiger Seite wird uns hierzu mitgeteilt, daß dies, trotz des Rück ganges der Zahl der an der Landesuniversität Theologie Studierenden, zurzeit durchaus nicht der Fall ist, daß vielmehr der Bedarf an geist lichen Kräften sowohl für den kirchlichen Hilfs dienst, wie für das ständige geistliche Amt für das nächste Jahr noch als gedeckt anzuschen sei. Nichtsachsen können deshalb Aussicht auf Ver wendung im hierländischen Kirchendienste gegen wärtig nicht eröffnet werden. — Bei denjenigen Fernsprechteilnehmern, die nicht eine jährliche Pauschgebühr, sondern Grund gebühr und Gesprächsgebühren entrichten, be stehen häufig Zweifel üb'r die anzurechnenden Gespräche. Die betreffenden Bestimmungen sind daher wie folgt ergänzt worden: Auf die Mindestzahl von 400 Gesprächen, die von die sen Teilnehmern jährlich zu bezahlen sind, wer den nur solche Gespräche angerechnet, für die die Gebühr von 5 Pfg- zu entrichten ist, mit hin nicht die einer höheren Gebühr unterliegen den Gespräche im Nachbar-, Vororts- und Fern verkehr, sowie zur Nachtzeit im Ortsverkehr.— Im Nachbarortsverkehr dürfen die Teilnehmer, welche Grundgebühr und Gesprächsgebühren ent richten, gegen die Gebühr von 5 Pfg. für jede Verbindung von nicht mehr als drei Minuten Dauer sprechen; wollen sie von dieser Befugnis Gebrauch machen, so haben sie falls die Grund gebühr in einem der Nachbarorte höher ist als diejenige in ihrem eigenen Netze, an Stelle der etzteren jene höhere Grundgebühr zu zahlen de gegen die Gebühr von 5-Pfg. geführten Nachbaroltsgespräche werden dann auf die von den Teilnehmern jährlich zu bezahlenden 400 Ortsgespräche mit angerechnet. — Vorgestern vormittag ^10 Uhr fand die zweite Probefahrt mit dem neuen elektrischen Motorwagen auf der Strecke Dresden—Cosie baude statt. Außer Organen der Staatseisen bahnverwaltung wohnten ihr einige Herren des Königlichen Finanzministeriums bei. Radeberg. In der Stadtverordnetensitzung am Mittwoch wurde endgültig über das schon ängere Zeit bestehende Krankenhaus-Bauprojekt Beschluß gefaßt. Die Kosten des Krankenhaus baues werden sich nach dem Voranschlag auf 270 047 Mark belaufen. Hierzu kommen die Herstellungskosten einer Schleuse in Höhe von 150 000 Mark. Von dieser Bausumme sollen 200 000 Mark der 1900er Anleihe entnommen, der Rest aber durch eine eventuell bei der Lan desversicherungsanstalt aufzunehmende Hypothek gedeckt werden. Für Zinsen und Amortisation ist jährlich eine Summe von ungefähr 13 060 Mark notwendig. Die Deckung dieses Bedarfs wird von einer für Radeberg geplanten Bier steuer erwartet. Dresden. Der Fabrikwächter Bienert aus Meißen, welcher kürzlich seine 6 Kinder und seine Ehefrau im Einverständnis mit der letz teren vergiftet halte, ist gestern aus dem Kran kenhause in Meißen entlasten und dem Unter suchungögefängnis in Dresden zugsführt worden. Vor seinem Transport nach Dresden wurde Bienert in seine Wohnung geführt, wo im Bei sein des Staatsanwaltes Petri, des Untersuchungs richters Schulze, sowie des Königlichen Bezirks- arzteö, Medizinalrat Dr. Erler eine Besichtig ung vorgenommen wurde. Bienert wird sich nun wegen Mordes zu verantworten haben. — Ein Aufsehen erregender Kesiellransport bewegte sich gestern morgen in Dresden von der Leipziger Straße durch die Neustadt über die Albertbrücke. Auf dem äußerst stark und breit gebauten Wagen, der von 14 Pferden gezogen wurde, ruhte ein Koloß von einem Kessel im ungefähren Gewicht von 700 Zent nern. Dieser Riesenkessel, ein sogenannter Drei flammenrohrkessel, war für die Fabrikanlage der Dresdner G. rdineu-Spitzen-Manufaktur-Aktien- gesellschaft in Dobritz bei Niedersedlitz bestimmt. Er stammt aus der Dresdner Maschinenfabrik und Schiffswerft auf der Leipziger Straße. Den Transport deö Kessels führte das Kon sortium für Güter-An- und Abfuhr Pfütze L Ko. aus. Gleich am Anfänge des Transportes, noch auf dem Fabrikgrundstücke, sank übrigens der Wagen mit einem Rade ein und seine He bung konnte nur unter Anwendung von Winden geschehen. Es mußten 20 Pferde vorgespannt werden, ehe es gelang, den Transport wieder ins Rollen zu bringen. — Der 61 Jahre alte Privatus Philipp von Dresden, der seit dem 20. Dezember v. I. vermißt ward, wurde gestern bei Dautzschen (unterhalb Torgau) als Leiche aus der Elbe gezogen. Für die Auffindung des Vermißten waren 500 Mark Belohnung ausgesetzt, die nunmehr den beiden Fischern, welche die Leiche geborgen haben, zufallen. L o s ch w i tz. Die im Hafen befindliche Schlfferwache der Sächsisch-Böhmischen Dampf- schiffuhrts-Gesellschaft hatte Mittwoch nachts in oer 12. Stunde zwei Individuen vom Körner- W?g aus in ein Grundstück einstcigen sehen. Zweifellos handelte es sich um einen Diebstahl. Die Schiffer benachrichtigten sofort die Polizei und dieser gelang cS nach längerem Suchen und hestigcr Gegenwehr, zwei Vagabunden aus der Veranda dieser Villa zu holen und festzu nehmen. Kreischa. Der Strohhutfabrikant Schn, versuchte nachts seine Frau, seine Tochter und seinen Sohn mit einem Revolver, den er erst kurz vorher gekauft, zu erschießen. Die in höch ster Gefahr befindlichen Angehörigen des Schn. riegelten sich ein und flüchteten schließlich durch ein Fenster. Die nur notdürftig gekleideten Leute fanden bei Verwandten Unterkommen. Aussig. Der Elbcverkehr ist bis heute noch ein minimaler und sind bisher erst sehr wenige mit Kohlen beladene Kähne von Aussig abgeschwommen. Eine sehr große Zahl der Schiffahrer ist trotz der allgemeinen Eröffnung der Schiffahrt noch immer sehr zurückhaltend. Der Geschäftsgang ist äußerst flau und es lie gen heute auch noch fast gar keine Aufträge vor. Für Magdeburg ist bis heute auch noch nicht ein einziger Auftrag eingelangt. Seitens der Aussig - Teplitzer Eisenbahn wurden denn auch am Dienstag nur 307, und am Mittwoch nur 419 Waggons Kohle beigestellt. Auch der Stückgutverkehr ist bis heute nur sehr gering. Bei dem heute plötzlich erfolgten Wechsel der Temperatur ist es nicht ganz unwahrscheinlich, daß eine abermalige Einstellung der Schiffahrt erfolgen dürfte Der Wasierstand zeigte am Dienstag am hiesigen Pegel 129 om über Null; obere Stationen melden zusammen 60 am Fall. Freiberg. Ein hier wohnhafter anslän discher Sattler spielte mit einem Revolver. Beim Laden der Waffe explodierte eine Patrone. Der Unvorsichtige zog sich erhebliche Verletzun gen an einer H-nd zu. Er fand Aufnahme im dortigen Stadtkrankenhause. Döbeln. Ein 30jähriger Kaufmann aus Leipzig kaufte sich in einer hiesigen Drogerie ein Fläschchen Lysol und trank es in selbst mörderischer Absicht. Nachts wurde der Lebens müde, auf der Zimmerstraße liegend aufgefun- ven und in einer Krankenbahre nach der Polizei wache gebracht. Auf dem Wege dahin war er gestorben. Zschopau. Heute früh wurde der in Dien sten des Freiherrn v. Könneritz auf Erdmanns dorf stehende Waldwärter Viehweger, der seil Donnerstag früh vermißt wurde, an der Wald grenze nach Euba zu ermordet aufgefunden. Der Hund, der den Wärter begleitete, lag er schlagen neben der Leiche seines Herrn. Der Ermordete hinterläßt eine Frau und 6 Kinder. Zschopau-Marienberg. Bei der im hiesi gen Wahlkreise an Stelle des verstorbenen Abg Rosenow vorzunehmenden Ersatzwahl will man von refornüscher Seite den Landtagsabgeordne- ten Zimmermann als Kandidaten aufstellen. Wie verlautet, wird die konservative Partei die reformerische Kandidatur unterstützen. Burgstädt. Als Stellvertreter des Bürger meisters für die nichtjuristischen Geschäfte für das Jahr 1904 wurde in der jüngsten Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums Stadtrat Robert Schreyer einstimmig Wiedergewählt. — In der Angelegenheit des Eisenbahn- projektes Limbach—Burgstädt—Mittweida hatte sich am Montag eine aus Vertretern der in teressierten Orte bestehende Abordnung nach Dresden begeben, wo ihnen vom stellvertreten den Vorsitzenden der Eisenbahndeputation, Oko- nomierat Horst-Mulda, mitgeteilt wurde, daß zur Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung des Projektes sei, da noch 133 Kilometer genehmigte Strecke auszubauen seien. Sobald dies ge schehen, würde die Finanzdeputation L die Sache in wohlwollende Berücksichtigung ziehen. Pausa. Der in letzter Zeit wiederholt genannte Veteran und wohl älteste Soldat der sächsischen Armee, Herr Kopp, beging hier am Freilag seinen 90. Geburtstag. Der alte Soldat wurde vielfach geehrt. Oelsnitz i. E. Tödlich verunglückt ist auf dem Hedwigschicht hier der Bergarbeiter L. Er geriet zwischen einen Hunt und wurde so schwer verletzt, daß er tot vom Platze getragen ward. Oberplanitz. Ein hiesiger 30 Jahre alter Maurer wurde deshalb in Haft genommen und an die Staatsanwaltschaft abgelieferi, weil er neuerdings wiederholt seine Eltern auf die ge meinste Art und Weise belästigt und sogar ei nen tätlichen Angriff auf seine Mutter unter nommen hat. Zittau. In Warnsdorf geriet gestern der Gastwirt Sitte mit seiner Ehefrau in einen hef tigen Streit. Dabei regte sich die Frau der artig auf, daß sie kurz darauf den Gashahn aufdrehte und sich durch die ausströmenden Gase tötete. Zwickau. Heute mittag ereignete sich in der Apotheke zu Schedewitz bei der Verarbei tung von Petroleumäther eine Explosion, durch die der Apotheker Starke, Provisor Petersen, Markthelfer Schmiedeberger und Fräulein Tzirr o schwere Brandwunden erlitten, daß alle vier Personen in das hiesige Kreiskrankenhaus ge- wacht werden mußten. Dahlen. Am Montag entstand in einer stetigen Schankwirtschaft zwischen einem Ge werbetreibenden und einem Auswärtigen in ei ner Geloangelegenheit eine Differenz, die zu Tätlichkeiten führte, wobei ersterer von letzterem durch einen Messerstich verletzt wurde. Der Stich war glücklicherweise nicht gefährlich, der Täter wurde verhaftet. Leipzig. Gestern Nachmittag wurde an der nördlichen Mauer des Friedhofes in GohliS ein unbekannter Mensch erschaffen aufgofunden. Ter Tote ist etwa 18 bis 20 Jahre alt und anscheinend dem Arbeiterstande angehörig. — Zum Besuche des Königs Georg in Leipzig. Sr. Maj. wurde heute früh durch die Kapelle des 77. Feldartillerie-Regiment eine Morgenmusik dargebracht. Im Laufe des Vor mittags erteilte der König zunächst um */,10 Uhr einer Deputation des Bezirksvorstandes des Bundes Kgl. S. Militärvereine eine Audienz und begab sich sodann zu einer Besichtigung des Typographischen Instituts von Giesecke L Devrient m Leipzig. Nachmittags stattete Se. Maj. der Kammgarnspinnerei und Wollkämmerei von Stöhr L Comp. in Leipzig-Kleinzschocher ei nen Besuch ab. Um 5 Uhr fand königliche Tafel im Palais und nach derselben ein Besuch der Oper statt. Annaberg. Eine hiesige 18jährige Kell nerin versuchte sich in der Nacht zum Mittwoch zu vergiften. Ihr Vorhaben wurde noch recht zeitig bemerkt. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht und durch Gegenmittel ins Leben zurück gerufen. Schöneck. Der Brandstiftung verdächtig, wurde am Montag der blinde Korbmacher G. Meyer von hier in das königl. Amtsgerichts gefängnis Oelsnitz eingeliefert. Meyer geriet Ende vorigen Monats in Konkurs; in der Nacht zum Sonntag brach nun im Erdgeschoß des von Meyer bewohnten Bernhardtschen Hau ses Feuer aus, welches eine größere Menge Korbflechtmaterial vernichtete, dann aber bemerkt und unterdrückt wurde. Die Feuerwehr mußte die in den oberen Räumen schlafenden Men schen wecken, sonst wären sie erstickt. Der mut maßliche Brandstifter, in dessen Besitz zwei Nachschlüssel vorgefunden wurden, befand sich zur Zeit des Brandes (morgens 2 Uhr) nicht im Hause. Mühltroff. Des Verbrechens der Doppel ehe war der 40 Jahre alte Fabrikarbeiter Ed. Edmund Lenk aus Loso bei Elsterberg, zuletzt hier wohnhaft, angeklagt. Lenk hatte sich am 16. Juni 1888 mit der Dicnstmagd Anna Luise Strobel zivilrechtlich und kirchlich trauen lasten. Mehr als neun Jahre waren vergangen, ohne daß Lenk etwas von seiner Frau gehört hatte. Am 2. Oktober 1897 nun fiel es ihm ein, ohne sich zu erkundigen, ob seine Frau noch am Leben sei oder nicht, eine zweite Frau, eine gewisse Kaufmann, zu ehelichen. Mit dieser lebte er bis zum Tage seiner Verhaftung, am 18. Januar d. I., durch seine Schuld in einer nicht glücklichen Ehe. Das Verbrechen der Doppelehe war dadurch entdeckt worden, daß seine erste Frau Erkundigungen über den jetzi gen Aufenthalt ihres Ehemannes eingezogen hatte, wodurch sie von der zweiten Verheiratung desselben Kenntnis erhielt- Lenk wurde zu ei nem Jahr Gefängnis und fünfjährigem Ehren- rrchtSverlust verurteilt.